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Kam sie darauf mit sanft geröteten Wangen heim, so leuchteten des guten Papas Augen und die Mama sprach von der Wunderkur des von ihr gewählten Arztes. Aber nur zu schnell wurden die roten Rosen zu bleichen Lilien, und Doktor von Hartung fand immer von neuem Grund, in das ihn so sehr anziehende Haus zu kommen. Inge verhielt sich zwar sehr ablehnend gegen ihn, aber diesen Mädchentrotz würde er schon brechen. Merkwürdig aber lvar's, daß auch keines seiner zahl reichen Mittel anschlug I Er ahnte es freilich nicht, daß alle die Flaschen und Fläschchen, Pulverschächtelchen und Dosen mit Einreibungen uneröffnet in Inges Schränkchen standen. Sie schämte sich Awar vor den Eltern, besonders vor dem Papa, der sie oft so gramvoll anfah, aber lieber sterben, als ohne Erhard leben, gar noch die Gattin Doktor von Hartungs werden I Sie las seine Empfindungen, seine Wünsche in seinen flimmernden Augen, erkannte sie aus mancher An deutung und war seitdem noch kühler, noch wortkarger gegen denselben. Matt schlich sie durch die Tage, mit fiebernden Pulsen lag sie schlaflos in der Nacht, die Hände gefaltet, im Gebet für den Geliebten auf den Lippen, im Herzen. O, daß sein großes Talent endlich anerkannt würde, ihm Ehre und Mit tel zuteil würden. Es schien, als sollten ihre Gebete erhört werden. Eines Morgens empfing sie ein Billett, in dem Erhard seiner „angebeteten Inge" mitteilte, daß ein vor nehmer Engländer, den er im Künstlerklub kennen gelernt, sich seine Entwürfe und Gemälde angesehen und sein Porträt bei ihm bestellt habe. »Es ist ein Anfang, mein Lieb, ein Anfang, der mir (Gelegenheit macht — Liebe.) Belitz l Inges Herz schlug stark vor Seligkeit. Rosenglut über flog ihre Wangen. In diesem Augenblick trat Doktor von Hartung ein und Ivar entzückt von ihrem Aussehen. „Endlich üben meine Mittel eine gute Wirkung aus, gnädiges FräuleinI" rief er triumvhierend. „Sie haben völlig recht, Herr Doktor," erwiderte sie mit einem Lächeln, das ihn beinahe befremdete. Aber sicher ent sprang es dem angenehmen Gefühle, Wohler zu sein oder der Freude, ihm ihr besseres Befinden danken zu können. Zum ersten Male ging Inge auch auf ein von ihm angeregtes Ge spräch ein und bezauberte Hn durch ihre klugen, oft schalk haften Antworten völlig. Oft empfing Inge nun gute Botschaft. Das Porträt des Engländers glückte dem Geliebten, Lord Western war entzückt davon und hatte bereits einen Freund bei Erhard eingeführt, der wahrscheinlich sich und seine Gattin von ihm porträtieren lassen würde. „Es geht aufwärts mit mir, bald kann ich um Dich werben, meine Inge," schrieb Erhard Wulffen jubelnd Nun wollte Inge auch leben, gesund sein! Die Medi zinen des ihr unsympathischen Doktors nahm sie zwar nicht, aber sie machte weitere Spaziergänge, aß mit wachsendem Appetit und schlief besser. Beglückt beobachtete sie ihr Vater. Er konnte Doktor von Hartung allerdings nicht leiden, aber wie dankbar würde er ihm fein, wenn er sein Kind heilte! Der eifrige Arzt kam nach wie vor häufig, um die glänzenden Fortschritte seiner Kur mit neuen Mitteln zu unterstützen und mit seiner reizenden Patientin zu plaudern. Bald würde sie nicht nur seine Braut, soiwern auch die beste Reklame seiner Heilmethode sein. Eines Tages erhielt Inge ein Stadttelcgramm; sie las es und stieß einen Jubelschrei aus. Erhard hatte den ersten Preis in der Münchener Konkurrenz erhalten. Nun wurde sie sein!" „Herr Doktor von Hartung sind da, gnä dige Frau lassen gnädiges Fräulein Herunter bitten." „Ich komme." Selig vor sich hinsingend, eilte Inge hin unter und trat mit elastischen Schritten in den Salon. „Es ist eine Freude, Sie so völlig ver ändert zu sehen," rief der Doktor. „Nur der Puls ist ein wenig schnell — vielleicht durch eine angenehme seelische Erregung erzeugt." Natürlich dachte er, die Mitteilung von seiner Anwesenheit hatte sie beglückt. Sie durchschaute ihn, lächelte und erklärte, jetzt völlig gesund zu sein. „Noch entlasse ich Cie nicht aus meiner Behandlung," protestierte er, „aber was werden Sie mir zum Dank für Ihre Genesung schenken, Fräulein Inge? Ich habe einen heißen Wunsch!" Geschickt wich sie ihm aus. „Man muß nicht zu neugierig sein, Herr Doktor. Alles zu seiner Zeit!" Wie beflügelt schritt der Arzt heim. Nach wenigen Tagen würde er um Inge werben. Aber ein anderer kam ihm zuvor. Wenige Stunden nach des Doktors Besuch stund Ehrhard Wulffen vor dem Oberstaatsanwalt und sprach feurig von seiner Liebe zu Inge und von seinem jungen Ruhm. Wie hätte Herr von Wächter widerstehen können? Endlich fügte sich auch die Mama, wenn zwar mit bittersüßem Lächeln. Doch sie tröstete sich. Es mochte ganz angenehm sein, einen berühmten Künstler zum Schwieger sohn zu haben. Vermutlich wurde er auch einmal geadelt und reich! Inge war in ihrem Glück heiter bis zum Uebermut. „Jetzt will ich auch dem selbstbewußten Herrn Doktor von Hartung den versprochenen Dank senden!" rief sie. Schnell besorgte sie «ine hochelegante Reiseapotheke aus echtem Juchten und schrieb einen höflichen Brief voll Freude über die wiedergewonnene Gesundheit. Von Dieben keine Spur, Es singt ein Troubadour. goldene Hoffnungen einflößt, als die erste die arif Deinen