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Vie prakttrcften KriMer. Wippen und Wiegen Macht Dreien Vergnügen. Herr Oskar rächt fich. Humoreske von Alois Ulreich. Durchaus unrichtig ist die Anschauung, das; nur geist reiche junge Männer beliebt sind. Auch beschränkte haben ihren Wert. Ein kleines Minus an Verstand ist oft ein Vorzug, der sehr geschätzt wird, wenn er in Verbindung mit einer angenehmen Jahresrente oder einer anderen vorteilhaften Eigenschaft steht. Besonders Mütter , sehen die beschränkten jungen Männer gerne, denn sie lassen sich viel leichter in das Gewebe eines Heiratsplanes ein spinnen, als geistreiche junge Leute, die über die wichtigste soziale Einrichtung — oie Ehe — meist witzeln und spötteln. Darum ladet man die Beschränkten auf allen Seiten ein, kommt ihnen entgegen und macht sie zum Gegenstand zahlreicher Aufmerksamkeiten, wie etwa meinen Freund Oskar von Bleiwald, einen kurzsichtigen jungen Mann, der in einem Ministerium sehr warm saß und außerdem über ein stattliches Bankdepot verfügte. Die jungen Damen warfen ihm verliebte Blicke zu und die Mamas protegierten ihn. Mehrere Familien führten einen förmlichen Wettkampf um ihn. Er kam aus dem Smo king und Frack nicht heraus, da er öfters an einem Tage zwei oder drei Einladungen absolvierte. Ein anderer hätte sich bei diesen gesellschaftlichen Verpflichtungen aufgerieben, wäre das Opfer eines Magenkatarrhs geworden. Herr Oskar von Bleiwald gedieh dabei trefflich. Er sah glänzend aus und wurde sogar dick. Diese Tatsache machte auf sein Gemüt übrigens einen tiefen Eindruck. Als er vor dem Spiegel eines Morgens entdeckte, daß sein Kinn einen Fettpolster bekam und seine Wangen allmählich die an mutige Form von Hängebacken annahmen, da sagte er aus der harmlosen Einfalt seines kindlichen Gemütes: „Nun muß ich doch zum Heiraten schauen." Er erinnerte sich nämlich an den Ausspruch eines tiefsinnigen Onkels, der in der Familie Bleiwald im Rufe eines Philosophen stand: „Ein junger Mann soll heiraten, wenn ihm die Natur das Zeichen dazu gibt." Herr Oskar glaubte nun dieses Zeichen von der Natur erhalten zu haben. Das Dickwerden sah er als solch ein Zeichen an. Es deutete auch auf Bequemlichkeit und Ge mächlichkeit, zwei Dinge, die bekanntlich nur zwischen den ehelichen Grenzpfählen zu finden sind. So hielt er in den nächsten Tagen unter den Damen seiner Bekanntschaft nochmalige Umschau, wobei er fand, daß einzig Fräulein Elsa Wenckheim, jene Eigenschaft besitzt, die er für sein künftiges eheliches Glück als notwendig erachtete. Wäh rend sich zahlreiche andere junge Damen nach der Aus zeichnung sehnten, Frau Bleiwald zu werden, kam sie dem Fräulein Wenckheim gerade nicht sehr willkommen, da sie ihr Herz bereits anderweitig vergeben zu haben glaubte. Doch Elsa war ein kluges Mädchen. Sie nahm die Aus sicht auf die Position einer Frau von Bleiwald an, gab dem beschränkten Oskar einen Kutz und schickte ihn zu Mama. Es verlief alles programmmäßig. Am nächsten Tage flatterten bereits die beliebten Karten in die Welt und so und so viele töchtergesegnete Familien sahen sich vor die Notwendigkeit gestellt, ihre Erwartungen auf, andere, verläßlichere junge Männer zu übertragen. Der beschränkte Oskar war entzückt, eine so liebens würdige Frau zu bekommen, Fräulein Elsa sah mit Be friedigung der Zukunft entgegen, in der sie über ein Bank depot wird disponieren dürfen und die befreundeten Fa milien beeilten sich, dieses interessante Brautpaar in der üblichen Weise zu glossieren. Selbstverständlich ging Herr Oskar mit Braut in alle möglichen und auch in einige unmöglichen Gesellschaften, um sein Glück vor aller Welt spazieren zu führen. Elsa war nicht sehr überschwänglich und zärtlich, was ihm einigermaßen mißfiel. Sie er klärte, daß diese romantischen Gefühlsduseleien für ein modernes Mädchen, dessen Empfindungsleben sich zwischen vesonnen. Mann: „Jetzt habe ich einen Zorn, ich könnte das ganze Kaffeeservice zerschlagen." Frau: „So, dann warte nur noch einen Augenblick, ich hole Dir dafür ein paar schlechtere Tassen aus der Küche." — Ibsen, Skifahren und Wohltätigkeitsbazare bewegt, nicht passen, daß es im Lichte des zwanzigsten Jahrhunderts nichts Lächerlicheres gäbe als die Romantik und die Zärt lichkeit. Der beschränkte Oskar nahm diese Erklärung mit bittersüßer Miene hin, da ihm nichts einfiel, wodurch er sie hätte entkräftigen können. Ihren näheren Be kannten gegenüber, die sie oft in boshafter Weise befragten, weshalb sie den jungen Mann mit den sanften Augen und dem schwachen Gehirne zum Gatten nehme, betonte Fräulein Elsa stets die materiellen Vorteile, die ihr aus dieser Verbindung erwachsen würden. Sie wies ent schuldigend auf das Bankdepot. Dieses Bankdepot wurde allmählich berühmt. Es sprach sich herum und schließlich hieß es nur mehr: „Ah, da kommt Fräulein Elsa mit Ihrem Bankdepot!" — wenn die junge Dame mit ihrem Bräutigam in Gesellschaft erschien. Das hätte aber alles nichts gemacht, wenn nicht der Zwischenfall bei dem Souper gewesen wäre, das der Generalkonsul irgend einer mittelamerikanischen Republik am Tage.des Freiheitsfestes gab, ein Souper, zu dem auch