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Mts- M Aiizeigeblatt für den Ätzirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Abonnement mertelj. 1 M. 2b Pf. einschlteßl. de» „Jllustr. Unterhaltung-bl.* u. der Humor. Beilage .Seifen blasen* in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Trlrgr.-Adreste: Amtsblatt. «»scheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Frrnsprrcher Nr. 2Ift. ISS — 54. Jahrgang. Dienstag, den 22. Oktober Der Rechtsanwalt vr knal Slartln HVlncklsol» ist heute infolge Fortzugs in der Liste der Rechtsanwälte gelöscht worden. Eibenstock, am 1b. Oktober 1907. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister ist heute auf Blatt 86 für den Stadtbezirk, betreffend die Firma Lkokvrt tHiiHvr L v». in Eibenstock das Ausscheiden des Mitinhabers Oulcko Dtrsoclor Alüllsr eingetragen worden. Eibenstock, den 17. Oktober 1907. Königliches Amtsgericht. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Stickereifabrikanten <>iv«rx ^Ikrvck LvinrtoL in Eibenstock ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis der bei der Verteilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht ver wertbaren Vermögensstücke — sowie über die Erstattung der Auslagen und die Gewährung einer Vergütung an die Mitglieder des Gläubigerausschusses — der Schlußtermin auf den 15. Wovemver 1907, vormittags 10 Mr vor dem hiesigen Königlichen Amtsgerichte bestimmt worden. Eibenstock, den 18. Oktober 1907. Königliches Amtsgericht. Des Kanzlers Hlückkeyr. In diesen Tagen kehrt der Reichskanzler von seinem mehrmonatlichen Erholungsurlaub zur Stätte seiner Wirk samkeit zurück; freilich haben auch während dieser sogenannten Ruhepause die Geschäfte nicht geschwiegen, denn eine so große und wichtige Maschinerie kann angesichts ihrer Kompliziert heit nicht gänzlich ohne Oberleitung sein, und so mußte denn Fürst Bülow auch in Norderney und Kleinflottbek einen großen Teil des Tages seinen Dienstobliegenheiten widmen, diesmal sogar noch viel mehr als sonst. Man weiß, daß der Kanzler Geselligkeit liebt und daß zahlreiche Gäste auch im sommerlichen Aufenthaltsort bei ihm aus- und eingehen; in diesem Jahre handelte es sich dabei aber um eine ganz be trächtliche Reihe von Besuchen, die nicht privater Natur waren, sondern politische Bedeutung hatten. Der Gang der inneren wie der äußeren Politik erheischt es, daß der Kanzler seine Wissenschaft nicht lediglich aus den ihm vorliegenden Depeschen schöpfte, sondern persönliche Besprechungen schienen dringend am Platze. So hatte denn Fürst Bülow eine Reihe von Konferenzen mit deutschen Diplomaten, die ihm eingehend Bericht zu erstatten hatten, aber auch die aus ländische Diplomatie fehlte nicht und neben dem rumänischen Minister Sturdza war es vor allem der Berliner französische Botschafter Cambon, der dem Fürsten Bülow in Norderney einen aufsehenerregenden Besuch abstattete. Von nicht min derer Bedeutung waren aber auch eine Reihe von Besuchen, die ihre Gründe auf innerpolitischen Gebiete hatten: die zahlreichen Besprechungen mit Führern der Blockparteien, wobei selbst die kleinsten Fraktionen Berücksichtigung sanden und auch Politiker herangezogen wurden, die dem Parlament nicht angehören, aber in der Publizistik eine einflußreiche Rolle spielen. Bülow hatte die schwere Aufgabe zu bewäl tigen, die Herren für seine weitere Politik geneigt zu machen, bei den weitdifferierenden Anschauungen der betreffenden Parteien wahrlich ein hartes Stück Arbeit. Wie man sagt, soll ihm dies auch gelungen sein, und dafür spricht vielleicht auch der Verlauf der Parteitage der Linken, wo man sich wenn auch nicht allzu begeistert für das Festhalten am Block entschied. Trotz alledem hat der Reichskanzler keinen Grund, allzu rosig in die Zukunft zu blicken, denn die Situation ist zweifellos eine ernste und unsichere, und es muß abgewartet werden, ob die Dinge auch wirklich in den Parlamenten so laufen werden, wie man es auf Seiten der Regierung und des Blocks erhofft. Eine Reihe zugesagter Gesetzesvorlagen sind allerdings schon dem Bundesrate überwiesen, um sie dem in Monatsfrist zusammentretenden Reichstag vorzulegen, aber einige derselben werden nicht so leicht unter Dach und Fach gebracht werden können, es wird nicht an lebhaften Ausein andersetzungen fehlen, die leicht zu einem unerwünschten Re sultat fuhren könnten. Dann vor allem steht, fast wie ein Schreckgespenst, dem Fürsten Bülow die Frage der preußischen Wahlreform gegenüber, welche letztere nut Ungestüm von der Linken gefordert wird. Gerade diese Frage kann ausschlag gebend auch für die Reichspolitik werden, da es leicht dahin kommen könnte, daß ein großer Teil der Linken sich aus Un lust über das der Reichspolitik wenig entsprechende Verhalten Bülows als preußischer Ministerpräsident absplittern würde. Fürst Bülow wird umso eher an sein Werk herantreten können, da andere Staaten, eben erst Sachsen, vorangegangen sind. Ein ideales Wahlrecht, welches allen Wünschen entspricht, wird sich ja niemals schaffen lassen, aber wenn die Vorlage weit hinter berechtigten Wünschen zurückbleiben sollte, wäre eine schwere Krisis unvermeidbar. Wie die Frage zu lösen sein wird, das ist die schwere Aufgabe, die jetzt an den Fürsten Bülow nach seiner Rückkehr herantritt. TageSgeschtchte. — Deutschland. Ueber die Reisedispositi- onen des Kaisers verlautet von einer den Hofkreisen nahestehenden Seite, daß mit der Möglichkeit eines Be suches am Wiener Hofe zu rechnen sein dürfte, sofern im Befinden des Kaisers Franz Joseph eine entschiedene Wendung zum Besseren eingetreten sein wird. Kaiser Wilhelm habe den lebhaften Wunsch nach einer nochmaligen Rücksprache mit seinem treuen königlichen Freunde und Verbündeten zu erkennen gegeben. Die täglich mehrmals aus Wien am deut schen Kaiserhofe eingehenden Berichte über den Stand der Krankheit ließen bisher noch keine Entscheidung zu. Man ziehe auch in Rücksicht die Absicht des Königs von Spanien, besuchsweise nach Wien zu reisen. Die Erwartung, es werde sich eine Fahrt Kaiser Wilhelms nach Schönbrunn in der ersten Hälfte des November, in Verbindung vielleicht mit einem Jagdausflug nach Oberschlesten, ermöglichen lassen, glaubt man in Hofkreisen nicht mehr aufrecht erhalten zu dürfen. Jedenfalls wird die warme Anteilnahme des ge samten Deutschland auf Fürst und Volk im habsburgischen Reiche wohltuend wirken. — In der Kapelle des Königlichen Schlosses zu Berlin hat die Konfirmation des jüngsten Kaiser- sohnes, des Prinzen Joachim von Preußen, in Gegen wart des Kaiserpaares und vieler anderer Fürstlichkeiten durch den Oberhofprediger Exzellenz v. Dryander stattgefunven. — Kolonial-Wirtschaftliches. Ein aus der „Berliner Morgenpost* Nr. 237 in den „Vorwärts* und in die „B. Z. am Mittag" übergegangener Reisebericht des Herrn Konrad Alberti vom 27. August fällt über sämtliche Kulturen Deutsch-Ostafrikas ein Urteil, das alle bisherigen kolonialgegnerischen Kritiken an Pessimismus übertrifft. Hin sichtlich der aussichtsvollen Baumwollkulturversuche behauptet der Herr Berichterstatter: „Es ist nichts mit der Baumwolle in Deutsch-Ostafrika.* Dem gegenüber verdient der folgende telegraphische Bericht des „L.-A.* über die am 3. Oktober durch den Staatssekretär des Reichs-Kolonialamtes stattge habte Besichtigung des Baumwoll-Gebietes Sadani Be achtung: „Gestern nahm Exc. Dernburg mehrere Baum wollplantagen in Sadani in Augenschein und sah den Dampf pflug des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, welcher den Interessenten gegen eine feste Rate zur Verfügung gestellt wird, in voller Arbeit. Er sprach sich dahin aus, daß Baum wollplantagen, namentlicher bei künstlicher Bewässerung, sehr rentabel sein dürften. Wenn Herr Alberti weiter behauptet: „Der Vertrauensmann des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees hat seinen Auftraggebern den Rat erteilt, den großen Dampf pflug in Sadani zu verkaufen und die Baummollpflanzung eingehen zu lassen," so stellt das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee fest, daß diese Behauptung den Tatsachen in keiner Weise entspricht. Das Komitee beabsichtigt vielmehr durch aus nicht, seine Baumwollversuchspflanzung bei Sadani ein eingehen zu lassen. Ueber den heutigen Stand der deutsch kolonialen Baumwoll-Unternehmungen ist ein Bericht des Komitees in Vorbereitung, der noch im Laufe des Oktober zur Veröffentlichung gelangen wird. Nach den amtlichen Feststellungen hat die Ausfuhr von Baumwolle aus Deutsch- Ostafrika wie folgt zugenommen: 1902 1903 1904 1905 1906 371 9292 188540 188785 183085 kx Für die produzierte Baumwolle wurden folgende Höchstpreise erzielt: 1903 1904 1905 1906 55 Pf. 63 Pf. 90 Pf. 106 Pf. pro '/, kss Vorstehende Zahlen sprechen für sich selbst. Seitens des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees ist immer wieder betont worden, daß die Einführung des Baumwollbaues aussichts voll ist, aber jahrelanger zäher und ernster Arbeit bedarf. Das Komitee hat stets vor Optimismus, aber auch vor Pessimismus gewarnt. Bedauerlich aber ist es, daß eine Veröffentlichung in einer vielgelesenen Zeitung das aussichts volle und für unsere heimische Volkswirtschaft bedeutungsvolle Kulturwerk stört. — Karlsruhe, 20. Oktober. Zur Kolb-Frank-Affäre veröffentlicht der Reichs- und Landtagsabgeordnete vr. Frank folgende Erklärung: „Nach meiner Ansicht steht die Bedeu tung der Beerdigungsaffäre in keinem Verhältnis zu dem von vielen Seiten gemachten Aufwand von Worten und Entrüstung. Ich selbst beteilige mich nicht an der öffentlichen Diskussion, weil ich zur weiteren Aufbauschung der Sache nicht beitragen will. Diesen Standpunkt zu verlassen, bieten mir auch die unrichtigen und verletzenden Bemerkungen des Genossen Bebel keinen Grund. — Oesterreich-Ungarn. Noch immer machen sich die Nachwirkungen des österreichischen Eisen bahnerstreiks bemerkbar. Die normalen Verkehrsver- hältnisse find noch keineswegs wieder hergestellt. In den Kohlenrevieren Nordwest-Böhmens herrscht so großer Waggon- mangel, daß sich teilweise ein Schachtstillstand notwendig macht; die Folge davon ist Kohlennot. Die unzureichende Materialzufuhr schränkt naturgemäß sämtliche Fabrikbetriebe ein. — Rußland. Petersburg, 20. Oktober. Gestern nachmittag ist die Zarenfamilie nach Peterhof zurückgekehrt. Die Rückkehr ist um 2 Tage früher erfolgt, als im Reise programm vorgesehen war. Wie in Hofkreisen verlautet, be absichtigt die Zarenfamilie gegen die Weihnachtszeit nach dem Winterpalais überzusiedeln, in dem sie seit der japanischen Kriegserklärung nicht mehr überwintert hat. — Holland. Im Haag ist die Friedenskon ferenz geschlossen worden. In der letzten Plenar sitzung setzte Renault den Generalbericht über die Redaktion der Schlußkonvention fort. Sodann wurde die Schlußakte ein stimmig, abgesehen von einer Reserve der Schweiz, genehmigt. Die Unterzeichnungen erfolgten Freitag abend und am Sonn abend. — Frankreich. In einem Maueranschlag haben die französischen Sozialdemokraten des Pariser Stadtrats erklärt, daß jeder Sozialdemokrat wegen Nichtswürdigkeit aus der Partei ausgeschlossen werden würde, wenn er im Kriegsfall nicht seine Bürgerpflicht der Landes verteidigung ohne Zögern erfüllen würde. Erst nach dem Friedensschluß sei es angebracht, die Verantwortlichkeit der Regierung zu prüfen. Jede Propaganda gegen die Landes gesetze zugunsten der Gewalt sei als anarchistisch anzusehen und habe keinen Platz in der sozialistischen Organisation. — Vielleicht senden die französischen „Genossen* Herrn vr. Lieb knecht ein Exemplar dieses Maueranschlages. — Serbien. Man schr»ibt aus Wien: Der Kronprinz Georg von Serbien, dessen exzentrisches Wesen schon so oft die Oeffentlichkeit beschäftigt hat, scheint jetzt der Zielpunkt einer ernsten Gefahr zu sein, die auch zugleich die ganze Dynastie Karageorgewltsch bedroht. Wie aus Belgrad ge meldet wird, ist die dortige Polizei nämlich zur Kenntnis eines Ko mplotts gelangt, welches die „Entfernung" des Kronprinzen Georg bezweckt. Die Verschwörer sind zu meist Offiziere, die an dem Königsmord vom 11. Juni 1903 beteiligt waren. Da sie jeder Zeit in der Lage sind, den König Peter vor aller Welt aufs ärgste zu kompromittieren, indem sie Geheimdokumente über die Mitschuld des Königs an der Ermordung des letzten Obrenowitsch besitzen, so wagt weder die Regierung noch die Polizei gegen die neuen Ver schwörer vorzugehen. Kronprinz Georg, der für sein Leben fürchtet und ein Attentat gegen seine Person erwartet, befindet sich in permanenter hochneroöser Erregung und verbrachte in seinem kleinen Palais in der Kronenstraße seit Wochen schlaflose Nächte. Um ihm wenigstens die Nachtruhe zu sichern, räumte ihm der König Peter drei Appartements im Konak ein. Trotz dieser ihn umgebenden Gefahr unterläßt Kronprinz Georg nichts, was in seinen Kräften steht, um sich neue Todfeinde zu schaffen. So berichtet ein Belgrader Blatt jetzt über eine Affäre des Kronprinzen mit dem Kommandanten der Leibgarde, Major Dunjic. Der Kronprinz soll dem Major schon von früher her nicht gewogen sein. Als dieser jüngst in der Abendstunde nach dem Hofdiner das Palais durch das sogenannte Gendarmentor verlassen wollte, fuhr an ihm ein Hofwagen vorbei, in welchem der Kronprinz saß. Der Major bemerkte den Kronprinzen nicht und grüßte deshalb nicht. Der Hofwagen blieb stehen, der Kronprinz stieg aus und fragte den Major in drohendem Ton: „Warum grüßt Du nicht?" Der Kommandant nahm die vorschriftsmäßige Stellung ein und entschuldigte sich, er habe den Kronprinzen nicht bemerkt, da es finster sei. „Marsch, belle nicht, Hund!" soll nun der Kronprinz geantwortet haben, worauf der Major sich erlaubte, den Kronprinzen auf die ungebührliche Aus drucksweise gegenüber einem hohen Offizier aufmerksam zu machen. Der Kronprinz reagierte jedoch nicht, sondern stieg mit einem derben Fluch gegen den Major in den Waaen und fuhr davon. — Vielfach kommentiert wird auch in Bel grad die Tatsache, daß der Oberhofmeister des Königs, Herr Duschan Wuitsch, plötzlich seine Stelle niedergelegt hat und Serbien verläßt, um sich dauernd in Paris niederzulassen. Allgemein wird dieser Entschluß damit erklärt, daß Duschan Wuitsch, der in allen politischen Kreisen beliebt ist und gute Verbindungen besitzt, die Zeit einer neuen Katastrophe in