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- Erscheinungsdatum
- 1907-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190706064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19070606
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19070606
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1907
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Monat
1907-06
- Tag 1907-06-06
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Monat
1907-06
-
Jahr
1907
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hat. Dieses Faktum allein dürfte, abgesehen von den übrigen gediegenen Darbietungen, Veranlassung zu einem starken Be such dieser Veranstaltung sein. Alle patriotisch gesinnten Männer jeden Standes von hier und auch aus der Umgegend sind mit ihren Angehörigen dazu eingeladen und herzlich willkommen. Die Festlichkeit findet im Saale des Deutschen Hauses statt. Es sei auch an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß der Eintritt vollständig frei ist. Wenn wir auf die von edler vaterländischer Begeisterung getragenen Feiern vom 18. Januar und 14. Februar d. Js. während und nach der Reichstagswahlbewegung zurückblicken, so dürfen wir wohl erwarten, daß das bevorstehende erste Debüt des jungen Ver eins ebenfalls einen gleichen erhebenden Verlauf nehmen wird. — Eibenstock, 5. Juni. Der remunerierte Schreiber beim Amtsgerichte Eibenstock, Herr Karl Kurt Heydel ist vom 8. d. Mts. ab als Grundbuchführer an das König!. Amtsgericht Lengefeld versetzt worden. — Zwickau. Das unvorsichtige Hantieren mit Brenn spiritus hat im nahen Wilkau wieder einmal ein Opfer gefordert. Die 51 Jahre alte Henriette Steinbach war damit beschäftigt, frischen Spiritus m einen Spiritus kocher, der kurz zuvor in Gebrauch gewesen war und in dem jedenfalls noch etwas Spiritus brannte, nachzufüllen. Sofort explodierte der Kocher und im Augenblick stand die Unvor sichtige in Flammen. Sie wurde sofort ins Kreiskranken stift geschafft, wo sie ihren Verletzungen, einer völligen Ver brennung des ganzen Körpers, erlegen ist. — Freiberg, 3. Juni. Die Siebenlehner Brandstifterprozesse vor dem hiesigen Schwurgericht ziehen immer weitere Kreise, so daß ein Ende noch gar nicht abzuschcn ist. Bei Durchführung der bereits anhängig ge machten Prozesse hat sich herausgestellt, daß auch vielfach Zeugenbeeinflussungen vorgekommen sind. Dem Rattenkönig von Brandstifterprozessen dürfte sich ein Ratten könig von Meineidsprozcssen anschließen. In den heute und morgen anstehenden Hauptvcrhandlungen gegen den Schuh macher und Wirtschaftsgchilfen Julius Richter aus Obergruna bei Sicbenlehn wegen Meineides und wegen vorsätzlicher Brandstiftung wurden dessen Ehefrau und der Agent Ehelebe bereits wegen Verdachts der Verleitung zum Meineid rcsp. Begünstigung dazu sofort in Haft genommen. Weitere Ver haftungen stehen noch bevor. Es ist versucht worden, be sonders den Versicherungsagenten und Rechtskonsulenten Schmidt aus Meißen zu einer für Richter günstigen Aussage zu beeinflussen. — Aue, 3. Juni. Der hiesige König!. Sächs. Mili tärverein Kavallerie, Artillerie, Pioniere und Train feierte gestern unter reger Beteiligung der Militärvereine von nah und fern sein 10 jähriges Stiftungsfest, verbunden mit der Fahnenweihe. Se. Majestät König Friedrich August stiftete für die neue Fahne einen goldenen Fahnennagel nebst Schleife, der vom Vorsteher des Bezirks Schwarzenberg des Militärvereinsbundes, Herrn Stark-Schneeberg, überreicht wurde. Die Weiherede hielt Herr Pfarrer Temper-Aue. In dem Festzuge wurden 27 Fahnen und Banner geführt. — Aue, 3. Juni. Tödlich verunglückt ist am Sonnabend in Auerhammer der Gcschirrführer Emil Epper- lein. Er stürzte eine Treppe herab und zog sich durch den Fall eine so schwere innere Verletzung zu, daß er am Sonn tag früh starb. — Schneeberg, 31. Mai. Die Landsmannschaft der Erzgebirger in Großenhain Hal sich dem Erzgebirgs vereine als Zweiqverein angeschlosscn. Der Erzgebirgs verein zählte im vorigen Jahre rund 100s-0 Mitglieder. Durch den Verkauf von Wanderkarten und Sommerfrischen verzeichnissen wurden 3339 Mk. vereinnahmt. Die Ausgaben des Vereins betrugen 13600 Mk. Das Vereinsblatt „Glück auf" erforderte einen Zuschuß von 4502 Mk. Die Unter stützungen an die Zweigvereine betrugen 025 Mk. Der Ver mögensbestand weift 3245 Pik. in Mobiliar und Bibliothek, 704 Mk. Glauchauer Jubiläums-Stiftung, 1523 Mk. Rück lagen, 4798 Mk. Wegemarkierungskasse auf. Das Fichtel- berghaus hatte eine Einnahme von 11233 Mk. und eine Ausgabe von 11231 Mk. Der Erlös aus Turmkarten (13800 St.) betrug 1640 Mk. und der aus Postkarten (44385 St.) 4081 Mk. Der Wirt zahlt 1600 Mk. Pacht, erhielt aber 1144 Mk. Entschädigung für den Verlaus der bezeichneten Karlen. Für Bauten wurden allein 3534 Mk. ausgegeben. Für das Heuer zu erbauende Auersbcrghaus war ein Kassenbestand von 2538 Mk. vorhanden. — Schwarzenberg, 3. Juni. Eine große Messer stecherei Hal sich in der vergangenen Nacht auf dem hie sigen Marktplatze abgespielt, wobei der Fleischergeselle Lein hier von dem 17 Jahre alten Fabrikarbeiter Stiehler hier durch eine Anzahl Messerstiche ziemlich schwer verletzt worden ist. Er trug 6 Wunden davon, die teils 10 Zentimeter lang waren und vom Arzt genäht werden mußten. Der Täter wurde noch in der Nacht festgenommen. — Lichtenau, 4. Juni. Entseelt aufgefunden wurde gestern früh in seiner Wohnung der beinahe 81 Jahre alte Altersrentenempfängcr Bachmann hier. Der alte Mann war auf beiden Augen erblindet und hatte aus Lebensüber druß seinem Leben durch Erhängen ein Ende bereitet. — Die Dichtigkeit der Bevölkerung in Sachsen und im Reich. Das industriereiche König reich Sachsen, das mit seinen 14 992,!» Ouadratkilometern Flächeninhalt nur 2,- Prozent des Deutschen Reiches aus macht, stellt nach dem Stande vom 1. Dezember 1905 einen Anteil von 7,5 Prozent der Gesamtbeoölkerung des Reiches. Auf einen Quadratkilometer kommen in Sachsen 30l Be wohner. Damit steht es außer der Stadt Berlin und natürlich auch Hamburg, Bremen und Lübeck allen anderen deutschen Staaten und auch sämtlichen preußischen Provinzen weit voran und fast dreimal so hoch als der Reichsdurchschnitl, der nur 112 auf einen Quadratkilometer beträgt. Es folgen von den größeren Staaten Baden mit 133, Württemberg mit 118, Preußen mit 107, und Bayern sogar nur mit 86 pro Quadratkilometer Fläche. Auch die industriereichsten Provinzen Preußens erreichen bei iveitem nicht den sächsischen Durchschnitt. So zählt das Rheinland nur 238, Westfalen 179 und Schlesien gar nur 123 Personen aus einen Quadrat kilometer. Am wenigsten bevölkert sind Mecklenburg-Strelitz mit 35, Mecklenburg-Schwerin mit 45, Waldeck mit 53, dann folgen die preußischen Provinzen Ostpreußen mit 55, Pom mern mit 56, Westgreußen mit 64. In Sachsen selbst ist die Kreishauptmannschaft Chemnitz am dichtesten bevölkert. Es kommen dort auf einen Quadratkilometer 410 Bewohner, es folgen Leipzig mit 321, Zwickau mit 314, Dresden mit 296, Bautzen mit 172. Von den großen Städten ist Leipzig am dichtesten bevölkert. Es zählt 8830 Köpfe auf einen Quadratkilometer, dann folgen Dresden mit 7659, Chemnitz mit 6149 und Plauen i. V. mit 3361. — Eine groß« Ehrung und Förderung ist dem Fürsorgeverein für Taubstumme dadurch geworden, dab Se. Exz. Herr StaatSmini- ster von Schlieben den Ehrenvorsitz im Verein übernommen hat. Diese außerordentliche Ehrung wird wohl von allen, die ein Herz für die Taubstummen haben, dankbarst und freudigst empfunden werden- Hat doch der Fürsorgeverein in allen Schichten der Bevölkerung freundwillig« Aufnahme gesunden. Viele Landgemeinden und Städte sind dem Ver eine korporativ beigetreten; die Behörden unterstützen in jeder Weife die umfängliche Arbeit des Vorstandes und auch hochgestellte Persönlichkeiten, an der Spitze Ihre Exz. Frau Gräfin von Hohenthal und Bergen mit an deren Damen der Gesellschaft in Leipzig, stellten sich mehrfach in den Dienst der guten Sache. Nun gibt den, Vorstande die Förderung, die dem Vereine durch die Uedernahme deS Ehrenvorsitzes seitens Sr. Exz. des Herrn Staats ministers von Schlieben geschehen ist, von neuem die Zuversicht, daß der Verein seinem schönen Ziel inimer näher kommt, Not und Sorge da zu mil dern, wo ein Gebrechen es doppelt schwer macht, wirtschaftlich selbständig zu bleiben. — Karlsbad, 2. Juni. In vergangener Nacht hat der eben erst aus der Haft entlassene Arbeiter Franz Hopf aus Lobs bei Falkenau vier an der Straße zwischen Karls bad und Elbogen gelegene Anwesen angezündet. Zwei sind total niedergebrannt, bei den anderen beiden konnte das Feuer rechtzeitig gelöscht werden. Als der Strolch ein fünftes Anwesen in Brand setzen wollte, wurde er festgenommen und, iveil er sich wie rasend gebürdete, gefesselt. Er sagte, daß es, sobald er wieder frei sein werde, gleich wieder an vielen Stellen zugleich brennen werde. Hopf ist ein vollständig verkommener Mensch, der in der ganzen Gegend gefürchtet ist. -- Bärringen, 2. Juni. Unsere Stadt besitzt einen Bürgermeister, den vielleicht keine andere Stadt auf zuweifen hat. Bürgermeister Adalbert Meine hat nämlich auch dieses Jahr, wie stets in seiner 17 jährigen Amtswirk samkeit, sein Gehalt dem Erhaltungsfonds der Armenhaus stiftung gewidmet. Theater in Eibenstock. Der Besuch der gestrigen Benefiz-Vorstellung des Herrn Paul Schmidt hätte sicherlich etwas besser sein können, doch scheint bereits eine Theater müdigkeit Platz gegriffen zu haben. Die Anwesenden erfreuten sich an der wohlgelungenen Aufführung und über die drollige Wiedergabe des „Mil- lionen-Schulz e." Frl. Elfriede Heyden, als seine Tochter Margarethe, gefiel besonders gut nicht nur im Spiele sondern auch mit ihren Gesängen; auch di« übrigen Rollen ivurden gut durchgeführt, was seitens des Publikums gebührend anerkannt wurde und durch reichen Beifall zum Ausdruck kam. — Kommenden Freitag wird das Schauspiel „Der Hüttenbesitzer" aufgeführt. Kriegserinnerungen von G. Th. (Nachdruck verdaten.) Wir hatten uns freiwillig gemeldet, hinauszuziehen nach dem fernen Südwestafrika, wo der Aufstand tobte und so viele deutsche Farmer und Soldaten durch Mörderhand um ihr Leben kamen, ehe wir ihnen zu Hilfe eilen konnten. Am 7. April 1904 bestiegen wir den Dampfer „Lucie Wör mann" und gingen abends desselben Tages unter den Klängen der Hamburger Regimentskapelle in See. Ein jeder hoffte, seine Heimat später wiederzusehen, doch vielen ist es nicht vergönnt gewesen. Schon am zweiten Tage wurden, da die See hoch ging, viele von der Seekrankheit befallen. Wir waren 600 Mann, auch hatten wir 50 Pferde an Bord. Und so gab es immer Zeitvertreib; zumal für uns Infan teristen war die Pferdepflege etwas neues und interessantes. Nach einer Woche stürmischer Fahrt erreichten wir die Kanarischen Inseln und warfen bei dem paradiesisch gelegenen „Las Palmas' Anker, um Kohlen einzunehmen. Hier herrschte ein reges Leben und Treiben. In wenigen Minuten war unser Schiff von einer Menge kleiner Boote umgeben, welche mit allerhand Sachen beladen waren. Es wurden Papageien, Kanarienvögel, kleine Hunde, Zigarren, Zigaretten, Oelsar- dinen, Kokosnüsse, Wein, Obst, Ansichtskarten und verschiede nes mehr feilgeboten. Beim Kaufe solcher Sachen muß man sehr vorsichtig sein, sonst wird man von den Spaniern übers Ohr gehauen, was sie Fremden gegenüber mit Vorliebe tun. Man darf z. B. hier nie das bezahlen, was verlangt wird. Denn schließlich bekommt man den Gegenstand auch für die Hälfte des ursprünglich verlangten Preises. Sobald das Signal zur Abfahrt ertönt, werden die Händler von der Schiffsmannschaft unter Fluchen und Schelten vom Schiff gewiesen. Nach weiteren sieben Tagen liefen wir Monrovia an, welches an der Nordküste Afrikas liegt. Hier nahmen wir 100 Kruneger an Bord, die dann beim Einnehmen und Löschen der Ladung halfen und gut und billig arbeiteten. Ein wirkliches Schauspiel war es, was uns hier geboten wurde. Sobald die Anker niedergelassen sind, und die Schiffspfeife ihr markerschütterndes Gebrumme hat ertönen lassen, ist zugleich das Signal gegeben für zahlreiche Kanoes der Eingeborenen, schleunigst dem Schiffe zuzurudern. Und so naht denn eine förmliche Flottille. Es sind Fahrzeuge — zum Teil primitivster Art — aus Baumstämmen ver- ertigt. Erstaunlich ist es, wie die schwarzen Kerle in den chmalen Fahrzeugen Balance zu halten verstehen. Die Jn- assen sind männlich kräftige Gestalten mit durchaus nicht unschönen Gesichtszügen. Nur mit einem Schurz ist der nackte Körper bekleidet. Am Schiffe angekommen, klettern sie furchtlos und katzengewandt an den ihnen zugeworfenen Tauen, an der Ankerkette und am Fallrep empor. Jeder will der erste sein, um zu handeln. Sie sind gutmütig, aber zudringlich und inan merkt ihnen an, daß sie an den Ver kehr mit Europäern gewöhnt sind. In einem eigenartigen Gemische von Lauten ihrer Sprache, mit Worten der deutschen, der holländischen und englischen Sprache suchen sie sich ver ständlich zu machen. „Fo, Bismarck well," sagt ein mächtiger Kanake und klopft mir vertraulich auf die Schulter, „Dütsch- sründl* Und er hatte auch richtig kalkuliert der Spekulant, denn nach solcher Freundschaftsoersicherung kaufte ich ihm seine paar Bananen ab. Ändere wieder bedeuteten uns, Geld in das Wasser zu werfen, was wir dann auch taten, und sofort sprangen sie wie Frösche in die kalte Flut und kamen an ganz anderer Stelle, das Geldstück im Munde haltend, wieder zum Vorschein. Frauen bekamen wir hier nicht zu Gesicht. Wir blieben etwa vier Stunden, dann ging die Fahrt bis Swakopmund ununterbrochen weiter. Während der ganzen Fahrt vertrieben wir uns die Zeit mit Karten spiel, Schinkenklopfen und Lesen, sahen auch ost den Kru- negern bei der Arbeit zu, die sie immer mit ihren eintönigen schwermütigen Gesängen begleiteten. Mitunter erblickten wir auch einmal einen Schwarm fliegender Fische, welche die Größe eines Herings haben. Sie tauchen plötzlich auf, schweben wie die Schwalben UberS Wasser hin, um alsbald wieder zu verschwinden. Einen drolligen Anblick gewährten die etwa meterlangen Schweins- oder Schwertfische, welche bogenförmige Sprünge machten und sich immer zu beiden Seiten des Schiffes forttollten. Zwei Tage vor Swakopmund bekamen wir auch Walfische zu Gesicht. Swakopmund seihst erreichten wir am 28. Äpril. Wie groß war unser Erstaunen, als man unS mitteilte, „dies sei Afrika, unser Bestimmungsort". Kein Baum und Strauch, überhaupt nichts Grünes, weiter nichts als Sand, ein paar einzelne Häuser und ein kahler Leuchtturm. Wie ganz anders war doch unsere Vorstellung, die wir uns als Kind von Afrika mit seinen schönen Palmen, Südfrüchten und was es sonst sein mochte, gemacht hatten. In Swa kopmund müssen die Schiffe gleichfalls wie in Monrovia ziemlich weit entfernt vom Lande ankern, da der Hafen hier zu seicht ist und so wird alles, Menschen, Fracht und Tiere, mit Booten oder Flößen ans Land gebracht. Da die Brandung hier ziemlich stark ist, ging derzeit eine Moole (Steinbrücke) etwa 200 Meter lang ins Meer hinaus, auf der alles aus gebootet wird. Die heftige Brandung hat aber die Moole stückweise weggerissen, weshalb man eine neue aus Holz baute, aber auch eine solch hölzerne Brücke ist nicht ungefährlich, denn der Holzwurm ist ein arger Feind derselben. Wie verlautet, soll jetzt eine Brücke aus Eisen gebaut werden. In Swakopmund galt es nun für die Infanteristen, reiten zu lernen; daß wir dabei natürlich oft in weitem Bogen aus dem Sattel flogen, und mit dem Sande Bekanntschaft machten, blieb nicht aus. Unsere Pferde waren meistens unzugerittene Argentinier-Pferde, welche in ihrer Heimat frei leben und nur mit Lassos eingefangen werden. Sie sind daher sehr scheu. Als nun das Reiten einigermaßen ging, rückten wir landeinwärts, immer längs der Bahnlinie nach Karibik und Okahandja, welcher Marsch ungefähr sieben Tage in Anspruch nahm. Ueberall fanden wir Spuren von Verwüstung. In Okahandja verließen wir die Bahnlinie und nahmen unsere Marschrichtung nördlich, um nach Owikokorero zu kommen. Hier hatte vor einigen Wochen der verlustreiche Ueberfall von Glasenapps Abteilung statt gefunden. Welch ein fürchterlicher Änblick bot sich uns hier; die Gefallenen waren von den Hereros wieder ausgegraben, entkleidet und den Hyänen und Schakalen preisgegeben morden. Wir konnten nur die traurigen Ueberreste der Erde zum zweiten Male übergeben. Je weiter wir landeinwärts kamen, desto mehr Vegetation begegneten wir, doch war leider überall alles abgeweidet durch die voraufziehenden Feinde mit ihren ungeheuren, großen Viehherden. Wir mußten längere Zeit in Owikokorero verweilen, um auf neue Truppenverstärkungen zu ivarten. Das Warten an dieser Wasserstelle sollte jedoch recht verhängnisvoll für uns werden. Es gab hier sehr stacheliges Gras, welches unfern armen Pferden sehr zu schaffen machte dadurch, daß es sich in das Zahnfleisch ein stach und nicht wieder entfernen ließ. Hierdurch entstanden gefährliche Kieserentzündungen, sodaß die Tiere nicht mehr fraßen und nach und nach zugrunde gingen. An dieser Wasserstelle war es auch, wo ich zum erstenmal den alten Schlaufuchs Hendrik Witboi sah, wie er noch friedlich zu uns stand. Er besichtigte gerade seine, uns gegen die Hereros zur Verfügung gestellte Witboikompanie, welche stets eine gute Disziplin besaß, was ich auch später bei der Gefangen nahme derselben beobachtete. Es war in Otjosondu, das damals mit einem Offizier, 15 Mann und einem Geschütz besetzt war. Obenerwähnte Kompagnie war gerade an dem Tage dort eingetroffen und hatte sich am Wasser gelagert, als die Nachricht wie ein Blitz aus heiterm Himmel kam: „Im Süden sind die Hottentotten aufständisch, die Witboi kompanie ist sofort zu entwaffnen und gefangen zu halten." Kurz entschlossen läßt der Leutnant das Geschütz auf die Wasserstelle richten, welche ungefähr 150 Meter von der Station entfernt lag und ging selbst zum Führer Samuel Isaak (Hendrik Witbois Sohn) und erklärte ihm die Ge fangennahme. Auf sein Kommando legten sofort sämtliche die Waffep nieder. — Das ganze Hererooolk hatte sich nach dem Gefechte von Okanjire, Owiumbo, Owikokorero usw. am Waterberg zusammengezogen und blieb dort auf einem für ein großes Nomadenvolk verhältnismäßig engen Raume bis in den August hinein sitzen. Aus den bisherigen und den neueingetroffcnen Truppen wurden verschiedene Ab teilungen formiert und ein Einkreisungsverfahren eingeleitet. Nachdem alle Abteilungen bis auf einen kurzen Tagesmarsch an den Waterberg herangerückt waren, begann am 11. August früh von allen Seiten der allgemeine Angriff. Unsere vom Süden heranrückende Abteilung v. Mühlenfels (dieser hatte für den mit dem Pferd gestürzten Oberstleutnant v. Müller das Kommando übernommen,) stießen bei Hamakari auf einen sehr zähen und energischen Widerstand der Hauptmasse, der Orlogsleute (Krieger). In kurzer Zeit waren meine Kameraden links und rechts tot oder verwundet. Ein Freund erhielt einen Schuß in die Schulter, mein Nebenmann holte sein Verbandzeug hervor, um zu verbinden, im selben Augen blick zerschmetterte eine Kugel ihm das Handgelenk und dem schon_Verwundeten auch noch das Bein. Ich mußte weiter vorgehen und sie dem Sanitätsunteroffizier überlassen. Ich sah beide nie wieder. Der eine starb noch auf dem Trans port, der andere bekam noch den Typhus dazu und starb im Lazarett Watcrberg. Von unserer Nachbarkompanic waren in wenigen Stunden sämtliche Offiziere, bis auf einen schwerverwundeten, tot. Etwas rechts von mir lag unser Fahncnschmied und mein BeriltsÜhrer, Sergeant B. Am Nachmittag merkten wir deutlich, wie der Feind Verstärkung erhielt, denn er schritt zweimal zum Sturm, sodaß ein Ge schütz und ein Maschinengewehr auf unserem linken Flügel ernstlich bedroht waren. Infolge des Durstes und der sengenden Glut lagen bereits mehrere Leute am Hitzschlag darnieder, dazu höhnten die schwarzen Gesellen noch „Hier moy Amewal" (gutes Wasser), dann wieder „Dütschmann sticf Owihamka?" (haben die Deutschen noch viel Patronen?) Hier zeigte sich besonders tapfer unser Kompaniechef, Haupt mann W. Trotz seiner Korpulenz, durch die er dem Feinde ein ziemlich großes Ziel bot, bewahrte er seine Ruhe und ging mit gutem Beispiel seinen Leuten voran. Ebenso großes Lob gebührt Herrn Hauptmann St. von der 5. Batterie, welcher mit großer Unerschrockenheit ein Geschütz, bei dem sämtliche Leute tot oder verwundet waren, mit einem Manne selbst bediente. So wurde am 11. August 1904 an vier verschiedenen Stellen bis tief in die Nacht hinein gekämpft. Als es schon dunkel wurde, gingen wir mit aufgepflanztem Bajonett zum Sturm über. Um '/,10 Uhr abends war die Wasserstelle unser und Mensch und Tier konnte sich nach zweitägiger Entbehrung laben. Die darauffolgende Nacht war sehr kalt; früh war eine Eisschicht auf dem Wasser. Es kam der Befehl, kein Pferd abzusatteln und kein Feuer anzumachen, da wir jede Minute auf einen Ueberfall gefaßt sein mußten. Das Gesamtergebnis konnte erst am andern Tage übersehen werden. Wir hatten schwere Verluste er litten, doch die der Hereros mußten auch bedmtend gewesen
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