Suche löschen...
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190603208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19060320
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19060320
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-20
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— England. Zur Marokkos» n ferenz meldet der Korrespondent des Londoner „Standard" in Algeciras seinem Blatte, er wisse aus bester Quelle, England habe die Ansicht ausgesprochen, Frankreich tue gut daran, zu über legen, ob cs nicht ratsam sei, den von Qesterreich-Ungarn gemachten Vorschlag in der Polizeifrage mit gewissen Ad änderungen anzunehmen. Auch die „Daily Mail" konstatiert bitter, das; in der gegenwärtigen Phase der Verhandlungen nut Ausnahme von England und Spanien sämtliche neu tralen Mächte, also auch Rußland und Amerika, auf deut scher Seite stehen. — Amerika. Der Gedanke einer Union der s ü d- amerikanischen Staaten soll wieder einmal verwirk licht werden. Und zwar soll dies, so verkünden Newyorker Blätter, auf dem panamerikanischen Kongreß geschehen, der im Juli dieses Jahres in Rio de Janeiro zusammentritt. Auch das gilt schon der nordamerikanischen Presse imperia listischer Richtung als feststehend, daß Argentinien die Vor macht in der neuen Staatenbildung sein würde. Mit be sonderer Sorgfalt wird deshalb, zumal Staatssekretär Root eine Teilnahme an der Konferenz abgelehnt hat, die Frage behandelt, wer die Regierung der Vereinigten Staaten in Rio de Janeiro zu vertrete« habe. Die Regierung in Washington dürfte darüber weniger beunruhigt sein, denn ihr ist es ebenso wie jedem, der die Voraussetzungen einer solchen Koalition vorurteilslos prüft, unzweifelhaft, daß die zahlreichen und großen Verschiedenheiten in der Bevölkerung der einzelnen südamerikanischen Staaten, ihre oft genug un vereinbaren, nicht selten einander bekämpfenden politischen Ambitionen, endlich ihre widerstreitenden wirtschaftlichen In teressen die Bildung eines Staatenbundes, wie er in der nordamerikanischen Union verwirklicht ist, ausgeschlossen er scheinen lassen. — Wie wir binem Teil unserer Leser noch in letzter Nummer telegr. melden konnten, hat sich in Amerika durch Aufeinanderfahren zweier Personenzüge wieder ein großes Eisenbahnunglück ereignet, bei welchem zahlreiche Menschenleben vernichtet wurden. Dieser Zusammenstoß der beiden Eisenbahnzüge bei Pueblo in Colorado gehört nach allen bisher vorliegenden Beschreibungen zu den furcht barsten. An 40 Personen sollen getötet und IM verletzt sein. Nur 17> Passagiere entkamen unverletzt. Einer der Züge hatte zwei Lokomotiven, und da beide Züge mit voller Gcschwindig keit aufeinander stießen, wurden alle drei Lokomotiven zer trümmert. Sämtliche Wage«, entgleisten und zersplitterten. Bei dem furchtbaren Schneesturm konnten die Beamten auf den Lokomotiven die Züge erst auf 200 Meter sehen und leicht vermuten, daß sie auf verschiedenen Gleisen waren. Viele Passagiere wurden sofort getötet. Eine große Zahl lag unter den Trümmern festgcklemmt, die sofort danach Feuer fingen. Das Geschrei der zahlreichen lebendig verbrennenden Opfer war entsetzlich. Viele verbrannten zu Asche. Andere entkamen halb verbrannt und vergruben sich, von wahnsinnigen Schmerzen gequält, im Schnee und erfroren. Die Neber- lebenden fanden sich im heftigsten Schneesturm, 17» Meilen von jeder Unterkunft entfernt. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 17. März. Zur diesjährigen Musterung stellten sich aus Eibenstock 142 (1'305: 143) Militärpflichtige. Davon wurden 26 (48) zum aktiven Militärdienst ausgehoben, 73 (72) zurückgestellt, 16 (7) der Ersatz-Reserve und 10 (14) dem Landsturm überwiesen, 11 (2) aber als dauernd untaug lich zum Heeresdienste erklärt. Die Zahl der Ausgehobenen ist also diesmal verhältnismäßig gering. — Eibenstock, II). März. Mit dem kommenden Mittwoch nimmt der Frühling kalendermäßig — seinen Anfang. Dessen ungeachtet kann jedoch der gestrige Sonn tag als ein rechter Frühlingstag bezeichnet werden, denn die Hellscheinende Sonne hatte mit ihren wärmenden Strahlen eine echte Lenzesstimmung hervorgerufen: nach dem langen, ziemlich unfreundlichen Winter atmete scheinbar alles wie von einer unbequemen Last befreit erleichtert auf. In den Gärten und in den Wäldern kann man jetzt so recht das neue, keimende Leben betrachten; die Bäume beginnen zu knospen und eine große Anzahl unserer gefiederten Sänger, auch die Wachtel, lassen ihre Weisen, jeder nach seiner Art, ertönen, überall, wohin das Auge sich wendet, ein frohes Schaffen und Treiben. Ein reger Verkehr herrschte infolge des herrlichen Wetters gestern bereits ini Gebirge, und bald wird wieder die Zeit beginnen, wo der Wald der beste Freund des Menschen ist. — Die Launen des Wettergottes sind je doch noch unbeständig, denn seit heute früh fällt nach voraufgegangenem Nebel — wieder Schnee und macht die Frühlingsfreude wieder zu Wasser. — Schönheide. Während des Gottesdienstes wurde am Sonntage bekannt gegeben, daß unsere Kirche im Besitze einer neuen Turmuhr ist. Die Anschaffung derselben ist ermöglicht worden durch hochherzige Stiftungen der Herren Eduard Flemming hier und weil. Paul Viewcg in Dresden. Dieselbe ist geliefert vom Uhrmacher Hahn, Zwickau. - Dem Bericht des hiesigen Erz g e b i r gs zw e i g Vereins ist am Schluffe des Geschäftsjahres 1'307» folgendes zu entnehmen. Der Verein erhielt erfreulicher Weise einen Zuwachs, denn 22 Personen traten bei, während 13 ausschieden, darunter 4 infolge Ablebens. Ter Verein zählt gegenwärtig 11'3 Mit glieder, einschließlich fünf Ehrenmitglieder. Verkauft wurden aus dem Prinz Georg-Turm '3657 Postkarten, besucht wurde derselbe von 387'.) erwachsenen Personen und 1052 Kindern. Die Vereinsbibliothek enthält 46 Nummern. Ausgeführt wurde eine neue Abortanlage, am Turme machten sich kleinere Reparaturen notwendig, die Lrientierungszeichen auf der Plattform wurden erneuert, neue Markierungssäulen aufgestellt, Ruhebänke ausgebessert, die Wegemarkierung durch Herrn Rendant Schreckenbach in umfassender Weise ausgeführt und der Turm erhielt die Aufschrift „Prinz Georg-Turm". Das geplante Sommcrsest mußte leider infolge des Regens im Saale des Hotel Schwan abgehalten werden, immerhin wurde noch ein kleiner Ueberschuß erzielt. Für das Blockhaus wurde von einem Mitglieds eine König Albert-Büste, von einem andern ein Betrag zur Beschaffung von Liederbüchern ge stiftet. Auch die Bibliothek wurde durch Schenkungen be rührt. Im Laufe des Jahres wurden mehrere gesellige Zu sammenkünfte auf dem Kuhberge abgehalten. Der gegen wärtige Vorstand, welcher auf 3 Jahre gewählt ist, besteht aus folgenden Herren: Vorstand Schuldirektor Grohmann, Vizevorstand Rendant Schreckenbach, Kassierer Kanflnann G. F. Baumann, Schriftführer Sprunk, Vizeschriftführer Lehrer Flath — Dresden, 16. März. Nach Schluß der gestrige» öffentlichen Sitzung der Zweiten Kammer hielt der Präsident Geheimer Hofrat vr. Mehnert die Mitglieder noch zu einer vertraulichen Aussprache zurück, um verschiedenfache geschäftliche Angelegenheiten zu besprechen. Nach Schluß dieser Besprechung wies er noch darauf hin, in wie glänzen der Weise in diesen Tagen deutsche Bergarbeiter durch ihre über alles Lob erhabene Tätigkeit in den Gruben von Courrmres den deutschen 'Namen durch die Welt tragen. Diesen Helden der selbstlosen Aufopferung für ihre Brüder müsse bei ihrer Rückkehr in die Heimat eine Ehrengabe angeboten werden, zu welcher er die Mitglieder der Kammer den Grundstock darzubringen bitte. Die Sammelbogen füllten sich im Laufe des Nachmittags mit ansehnlichen Beiträgen, so daß die Summe von CM) Mk. schon weit überschritten ist. Dieses Beispiel wird gewiß überall im Reiche Nach ahmung finden. — Dresden, 17. März. Freitag abend ereignete sich im Residenzthcarcr, als die Operette „Nanon" zu Ende geführt war, ein aufregender Fall. Ein Herr brach im Parkett zusammen und starb, als man ihn nach der Garderobe krachte. Es war ein Geheimer Baurat aus Osnabrück, der zurzeit hier wohnte. Der Theaterarzt stellte einen Schlaganfall fest. — Meerane, l7. März. Der H a u s d i e n e r Abt, der kürzlich nach Unterschlagung eines 4 Wechsel über lOOO Mark enthaltenden Briefs und l 70 Mark baren Geldes von hier die Flucht ergriffen hatte, ist gestern in einem Orte bei Erfurt verhaftet worden. Uebrigens führt der Durch brenner den Namen Abt fälschlicher Weise, er heißt vielmehr Heinrich Ochs und stammt aus Homberg i. Pr. Man scheint es daher mit einem ganz geriebenen Gauner zu tun zu haben. — Schneeberg. Die hiesige Kgl. Gewerbe- Ze i ch e n S ch u l e feiert am 21. Mürz das Fest des 25jähr. Bestehens. Gegründet wurde sie 1881. Bis 1004 war Prof. Claus Direktor der Schule. Seit 1'307» ist Gewerbelehrer Lorenz Leiter der Schule. Außerdem sind noch 2 Fachlehrer tätig. Unterrichtet wird in 2 Abteilungen: Kunstgewerbliche — Gewerbliche Abteilung. Es werden Musterzeichner und Zeichner für das Kunstgewerbe ausgebildet. Der Kursus ist dreijährig, in der Kunstgewerblichen Abteilung werden wöchent lich 43 Unterrichtsstunden erteilt. Bclr. Ausstellung s. Inserat. — Schwarzenberg, 16. März. Der Obererz gebirgs - Sängergau hat durch den aus Gesundheits rücksichten erfolgten Rücktritt seines langjährigen, verdienstvollen ersten Liedermcisters, des Herrn König!. Musikdirektors Semi- uaroberlehrer Dost aus Annaberg, einen sehr schmerzlichen Verlust erlitten, um so mehr, als auch der zweite Liedermeister, Herr Lehrer Schlegel-Buchholz, aus gleicher Ursache eine Wiederwahl ablehnte. Der am Sonntag in Schwarzenberg stattgefundene Sängcrtag wählte nun Herrn Kantor Wagner- Buchholz als ersten und Herrn Kantor Viertel-Eibenstock als stellvertretenden Liedermeister. Die übrigen Vorstandsmit glieder mit Herrn Lehrer Wünsche als Vorsitzenden wurden wiedergewählt. Dem Gausängerbund gehören 58 Vereine mit 1582 Sängern an. Er hält (wie schon berichtet. Red.) am 1. und 2. Juli in Eibenstock sein diesjähriges Sängerfest zu gleich mit der Feier des 50jährigen Bestehens des dortigen Bundesvereins „Orpheus" ab. Die Bundeskasse hat einen Bestand von 347 Alk., die Rödler-Stiftung einen solchen von 466 Mk. Herr Musikdirektor Dost wurde zum Ehren-Lieder- meister ernannt. — OelSnitz i. V., 16. März. Der 20jährige Fabrik arbeiter Albin Stemel von hier ist in der Nacht zum Donners tag auf dem Rückwege vom Wirtshause in Theumaer Flur im Freien liegen geblieben und erfroren. — Netzschkau, 16. März. 8<>o Mark in Gold und Papier in den Ofen gesteckt und verbrannt hat eine Frau von hier, die namentlich in der letzten Zeit Spuren von Geistesgestörtheit zeigte. Der auswärts in Stellung befind liche Mann fand in dem Ofen noch das geschmolzene Gold. — De:- Gesamtvorstand des E r z g e b i rg s v e r e i n s wird einem ihm unterbreiteten Wunsche entsprechen und die Veranstaltung von W i n t e r s p o r t f e st e n, wie solche in verschiedenen deutschen Mittelgebirgen in Aufnahme gekommen sind, auch im Erzgebirge vorbereiten. Die diesjährige Abge ordneten- und Hauptversammlung des Vereins findet in Oberwiesental in Verbindung mit der Feier des 27, jährigen Bestehens des dortigen Zweigvereins statt. Die Leitung des letzteren wünscht die Abhaltung des Jahresfeftes für die Sommerferien, nicht wie gewöhnlich erst im Herbste. — Die sächsische R e g i c ru n g s p r e s se. In der Zweiten Kammer sind die Würfel über das Schicksal des „Dresdner Journals" und der „Leipziger Zeitung" gefallen. Das „Dresdner Journal" wird vom 1. April d. I. ab als „Staatsanzeiger und Verordnungsblatt für die Ministerien und Mittelbehörden" erscheinen, während die „Leipziger- Zeitung" als ein Blatt weiter bestehen wird, das in unab hängiger Weise ebenso wie bisher die Regierungspolitik ver treten wird. Um das Defizit herabzumindern, werden die redaktionellen Ausgaben verkleinert und der Inhalt der wissen schaftlichen Beilage wird beschnitten. Mm fremde Schutd. Roman von Reinhold Ortmann. (27. Fortsetzung). 12. Kapitel. Vor den Geschworenen. Es war an einem Vormittage in der zweiten Hälfte des Dezembers und an einem der unfreundlichsten Tage des ganzen Winters, als sich in dem großen Audienzsaale des Geschworenengerichts das Tribunal zusammenfand, welches über den des Mordes angeklagten Doktor Oswald Eichstedt urteilen sollte. Der Zuschauerraum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Dieser Prozeß erregte im Publikum Sensation und der 'Andrang zum Gerichtssaale ivar eilt ungewöhnlich großer. Jetzt waren die Namen der Geschworenen festgestellt morden und diejenigen, welche weder von dem Ankläger noch von dein Verteidiger abgelehnt worden waren, hatten die ihnen zugewiesenen Plätze eingenommen. Eine feierliche Stille all gemeiner Erregung herrschte im Auditorium und ein Glocken zeichen des Präsidenten gab das Signal zur Einführung des Angeklagten. Unwillkürlich wendeten sicb alle Augen nach der kleinen Scitentür hin, aus welcher Doktor Eichstedt, gefolgt von einem Konstabler, den Saal betrat, und ein leises Murmeln der Uebcrraschung durchlief die Reihen der Zuschauer, als man die elegante und graziöse Erscheinung eines Mannes erblickte, auf dessen edel geschnittenem Antlitz alles andere eher zu finden gewesen wäre, als der Ausdruck von Leidenschaften, die ein Verbrechen, wie es das vorliegende war, hätten veran lassen können. Aussage auch jetzt noch daß Sie. dieses Mannes Ergriff bei ihn vermiet Blicke i bei eini Lächelr durch e ZW sür G dekorat ung. ' nahm Tchne und al zögernd aller B Aussag mußte» M dem R Vorsitze zeigte,' seiner dieser : der St mit Du folge i Hand ; die Po bereits daß in oder R der Sc der sell viel di den aui Tage r das An ge findung hoffte, ganzen Oswald No ob er fi zu erlai rufung den Ga Zeugen: De Minute begeben her Jei nicht gc stimmth nämlich Uhr n< in welci vorgefu er nich freilich er sich können, G< welchen schweig: dieser f nehme, Erregu Uebrigc fremde, Di nichts i eine B Die Ai Potter lastung Di andere, D< Türe Eintr Man «ich?' Cante Lttcke sind vo Lid aus cu sehr gi 1'306 n gesucht, heit ge Malers zu besr Deki Festen Schrittes und mit stolz emporgerichtetem Haupte legte der Angeklagte den kurzen Weg von der (Nngangspforte bis zur Anklagebank zurück, beim Betreten derselben einen flüchtigen, stummen Gruß mit seinem Verteidiger wechselnd. Als er Platz genommen Halle, wurde die eigentliche Verhand lung durch den Präsidenten eröffnet und der das Protokoll führende Referendar erhielt zur Verlesung der Anklage das Wort. Es war ein sehr umfangreiches Aktenstück, welches der Oberstaatsanwalt persönlich ausgearbeitet hatte. Mit un »erkennbarem Scharfsinn waren alle bei der Voruntersuchung zu Tage geförderten Momente, so weit sie auch nur im Ent ferntesten einer Auslegung zu Ungunsten des Angeklagten fähig waren, zu einem für Oswald wahrhaft vernichtenden Ganzen zusammengefügt und das ganze Gebäude dieser meisterhaften Anklage erschien so unantastbar, daß kaum noch irgend einer der Anwesenden an den Ausgang des Prozesses zu zweifeln vermochte, wenngleich schon bei manchem bisherige Gefühl der Voreingenommenheit gegen den geschuldigten einer Regung warmer Teilnahme Platz macht hatte. Der Verlesung der Anklage folgte die Vernehmung wald's durch den Präsidenten. Mit sicherer, fester Stimme beantwortete der Doktor die an ihn gerichteten Fragen. „Geben Sie zu, zu der Gemahlin des Ermordeten in intimen Beziehungen gestanden zu haben?" fragte der Vor sitzende plötzlich, von dem bisher verfolgten Gegenstände ablcnkend. „Nein, ich bestreite es vielmehr ganz entschieden. Im übrigen aber muß ich zu meinem Bedauern auf alle Fragen, welche Frau von Trysen betreffen, jede weitere Auskunft verweigern." „Aber bedenken Sie auch, daß Sie durch ein solches Schweigen den Vermutungen der Geschworenen den weitesten Spielraum eröffnen und daß man kaum geneigt sein wird, dasselbe zu Ihren Gunsten auszulegen." „Bedenken dieser Art vermögen meinen Entschluß umso weniger zu erschüttern, als ich mit voller Bestimmtheit darauf rechne, daß sich meine Unschuld auch ohne mein Zutun Heraus stellen werde." Dieselbe stolze und selbstbewußte Antwort erhielt der Präsident auch, als er dem Angeklagten vorhielt, daß es vielleicht ein triftiger Beweis für seine Schuldlosigkeit sein könne, wenn er nachzuweisen vermöge, daß er sich in jener verhängnisvollen Nacht während der ganzen Dauer seines heimlichen Aufenthalts im von Trysen'schen Hause an einen, anderen Orte desselben befunden habe, als in dem Zimmer des Ermordeten. „Der Verdacht bleibt aber durch Ihr Schweigen auf Ihnen umsomehr haften. Sie hatten die Absicht, sich an, nächsten Morgen mir von Trysen zu schlagen und wußten, daß er Ihr erbittertster Feind war," sagte der Präsident endlich. „Ich wußte das und hatte mich dementsprechend darauf vorbereitet, aus den, Leben zu scheiden. Die letzwilligen Ver fügungen, welche ich meinem Freunde Potter eingehändigt habe, werden es beweisen." »Ihr Freund hat die ihm übergebenen Briefe leider ver nichtet, als er von ihrer Verhaftung erfuhr, die er irrtümlicher weise für eine Folge des beabsichtigten Zweikampfes hielt." „Nun, um so besser!" „Was wollen Sie damit sagen?" „Ich will sagen, daß durch das Nichtvorhandensein dieser Briefe wenigstens die Hincinziehung von Personen unterbleibt, deren Namen, wenigstens mit meinem Willen, hier nicht ge nannt werden sollen." In dieser Weise ging die Vernehmung fort und selbst Oswalds Verteidiger schüttelte bei Viesen, Verhalten seines Klienten mehr als einmal unzufrieden den Kopf. Beim Durchblättern des vor ihm auf dem Tische liegen den voluminösen Aktenbandes stieß der Vorsitzende auch auf die in einer der ersten Vernehmungen von Oswald getane Erwähnung eines Mannes, der ihm an jenem Abend beim Verlassen des Hauses aus der offenen Gartenpforte entgegen gestürzt sein sollte. Da sich diese Aussage später nirgends wiederholte, so war sie seiner genaueren Aufmerksamkeit bis her entgangen und mit einer gewissen Uebcrraschung wendete er sich deshalb jetzt zu dem Angeklagten. „Sie haben in der Voruntersuchung von einem 'Manne erzählt, der, Ihrer Wahrnehmung nach, an jenem Abend unter verdächtigen Umständen das von Trysen'sche Haus verlassen habe. Wollen Sie diese aufrecht erhalten?" «r „Gewiß!" „Wie geht es denn aber zu, später nicht weiter gedachten?" „Ich harte bemerkt, daß man damals meiner Erzählung keinen Glauben schenkte und erachtete es deshalb meiner nicht für würdig, noch einmal auf dieselbe zurückzukommen." „Und' Sie sind nicht im Stande, eine ausführlichere Personalbeschreibung des Mannes zu geben?" „Nein. Es war dunkel und der Unbekannte eilte außer dem schnell an mir vorüber, sodaß ich nur einen sehr flüchtigen Eindruck von feinem Aeußern empfing. Er trug einen großen, weiten Mantel, dessen Kragen in die Höhe geschlagen war, so daß ich von seinem Gesichte nichts zu sehen ver markte. Zudem befand ich mich in einer Gemütsstimmung, die „sich wenig Aufmerksamscit sür einen beliebigen Vor übergehenden fassen ließ." „Wodurch aber waren Sie in dem Hause von Trysen's in diese Gemütsstimmung versetzt worden, wenn es nicht durch ein Zusammtreffen mit Ihrem Feinde geschah?" „Ich bin außer Stande, darauf eine Antwort zu geben." So bildete überall da, wo sich ein Ausweg für den Angeklagten zu öffnen schien, seine eigene scheinbar hart näckige Verschlossenheit immer wieder ein Hemmniß für eine Wendung der Dinge zu seinen Gunsten. Die Erwähnung des geheimnisvollen Unbekannten aber hatte doch bei der stolzen Bestimmtheit und Sicherheit, mit welcher sie vorgetraaen wurden, auf einen Teil der Ge schworenen und des Publikums ihren Eindruck uicht verfehlt, wenn auch die überwiegende Mehrheit beider geneigt schien, sie für eine Erfindung zu halten. Namentlich ein junger Mann, der mit sehr ernstem und teilnahmsvollen Gesicht in der ersten Reihe des Zuschauer raumes saß und der kaum ein Auge von dem Angeklagten abwandte, war den letzten Antworten desselben mit der ge spanntesten Aufmerksamkeit gefolgt. Dieser Mann war der Freund des Angeklagten, der Staatsanwalts-Substitut Doktor Harder, der, trotz aller scheinbar dagegensprechenden Schuldbeweise, felsenfest auf seine Unschuld baute und deshalb noch immer auf die Auf-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)