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- Erscheinungsdatum
- 1902-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190206072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19020607
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19020607
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-06
- Tag 1902-06-07
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Monat
1902-06
-
Jahr
1902
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gegen andren Picldungen aus mindesten« ', Prozent, höchsten» ein Prozent schätze. — Hohenstein-Ernstthal, 4. Juni. Der Fabrik- arbciler Petzold, der mit seinem .'«jährigen Kinde während der Pfingstfeierlage verreiste und seitdem verschwunden war, hat, dem „Hohenstein - Ernstthaler Tageblatt" zufolge, sein Kind und sich selbst im Walde von Hund-grün bei Adorf im Vogtland erschossen. Seinen hier wohnenden Schwiegereltern schrieb Petzold gestern Bormittag, daß er nicht'wieder in seine Heimath zurückkchrcn wolle. Man solle er unterlassen, nach ihm zu forschen. Von dem mitgenommenen Geld hat Petzold 800 M. zurückgesandt. Nachmittag« tras dann ein Telegramm ein, welche« die Ange hörigen von der Thal in Kenntniß setzte. — Oel« nitz i. V., 3. Juni. Ein Opfer der Nächstenliebe wurde am Montag der hochbejahrte Gut«besitzer Georg Chem nitzer in Bobenneukirchen. Er betheiligle sich an den Rettungs arbeiten beim Brande de« Künzclschen Gute«, versuchte eine wild gewordene Kuh, welche durchaus in Len brennenden Stall zurück wollte, sestzuhalten, wurde aber von dem Thiere zu Boden ge- worsen und derart getreten, daß er noch am Abend unter schreck lichen Schmerzen verschied. — OelSnitz i. V. Vom 7.—10. Juni findet hier das VI. sächs. B u n d c «k e g e l s e st mit BundeSbannerweihc statt. Die Kegelhallc, welche allein für 5 - 600 Kegler Platz bietet, wurde soeben sertiggestellt und wirkt außerordentlich imposant. Sie enthält 9 der schönsten Asphaltbahnen mit Wellenbahn, Kugelrinnen und Anzeigescheiben ic. Diese liegen direkt neben einander und werden infolge ihrer praktischen Einrichtung den lebhaften Beifall aller Kegelbrüdcr finden. Nächst dieser Halle dürfte der Gabentempel bank seiner außerordentlichen Reichhaltigkeit das lebhafteste Interesse erregen. Es sind bisher nicht weniger als für ca. lb 000 Mark Geld- und GczenstandSpreise vorhanden. — OelSnitz. Einem hiesigen Schweine-Großhändler NameS Winterling erwuchs dadurch beträchtlicher Schaden, daß von 160 fetten Schweinen, die au« Ostpreußen gesandt wurden, am Sonntag Abend nicht weniger al« 32 tobt, erstickt, eintrafen. W. erleidet dadurch einen Verlust von über 4000 Mk. «aufmäunischer Verein fleibenftock. Am 2. Juni beging der Kaufm. Verein sein diesjährige« Stiftungsfest im Saale de« FeldschlößchenS. Gefeiert wurde dieses Fest durch eine Recitation und durch Ball. Für diese Recitation waren geworben worden der Recitator Paul Struve au« DreSdcn-Klotzschc und dessen Gattin, Frau Käthe Struve. Al« Thema hatte sich Herr Struve gewählt „Frau Holde", Ge dicht von Rudolf Baumbach, mit eigens dazu kvmponirter Musik von A. Sticler. Rubols Baumbach, « Bruder de« ehemaligen ReichStagSvice Präsidenten Adolf Baumbach» geboren am 28. Septeniber >840 zu Kranichfeld in Sachsen-Meiningen, ist un« Deutschen durch seine tiefempfundenen Dichtungen außerordentlich lieb geworden. Seine Werke zeichnen sich durch Formvollendung und Frische au». Mil Vorliebe behandelt er Stösse au« dem Gebiete der Sage. In „Frau Holde" hat der Dichter in meisterhafter Sprache und Form die germanische Göttersage von der großen german ischen HimmelSgöttin, der Tobtcngöttin Hulda oder Holda (in der mitteldeutschen Volksüberlieferung als Frau Holle fort lebend» bearbeitet. Al« Todtengöttin sind die Elfen ihre sie immer begleitenden Geister; zu ihr kehren die Seelen der sterbenden Kinder zurück. Wie ihr Gemahl Wodan fährt sie mit ihrem Ge folge durch die Lüfte, den Guten Glück, den Bösen Unglück bringens So wird sie die Göttin de« Segen« der Erde und de« Hause«. Ilse, de« Schäfer« liebreizende« Töchterlein, liebt Frieder, den jungen Bergmann, der, in dem Verdachte stehend, Gold au« der Grube entwendet zu haben, da« ihm Frau Holde zum Danke für seinen Gesang gespendet, in den Kerker geworfen wird. Junker Konrad, der Stadtschreiber, der Ilse liebt, theilt ihr mit, daß Frieder geblendet wird, daß er, Konrad, die Strafe abwcnren könne, wenn sie ihm ein Stelldichein gewähre. Nach langem Jeelenkampfe giebt sie da« Versprechen, nur durch die reine Liebe zu ihrem Frieder getrieben. In innigem Gebete Wendel sie sich an Frau Holde, die zur festgesetzten Abendstunde de« Stelldichein- Junker Konrad von einem hohen Felsen stürzt. Frieder wird geblendet und in« Hau« zurückgeschickr, wo ihn Ilse mit rührender Sorgfalt und Aufopferung pflegt. Auf ihre« Vaters Geheiß, der al« Schäfer alle heilbringenden Kräuter und Blumen kennt, sucht sie Augentrost. Mi« Hilfe von Frau Holde findet sie diese« Wunderkräutlein, da« ihrem Frieder Heilung bringt. Der glück liche Frieder führt seine treue Ilse heim; an irdischen Glücks gütern hat sie Frau Holde reich gesegnet. Herr Struve recitirte mit feinem Verständniß und tiefer Empfindung. Besonders kam sein Talent zum Ausdruck im Vor trage der Lieder und der Gebete, in welche er sein ganze« tiefe« Empfinden legte. Sein Organ ist durchaus sympatisch berührend, wenn e« gleich auch etwa« mehr Modulationsfähigkeit besitzen könnte. Gesteigert wurde die Wirkung de« Inhalte« und de« Vor trage« durch die Musik, die der Recitator sich hat eigen« von dem ihm befreundeten Komponisten komvoniren lassen, und die erst nur im Manuskript vorhanden ist. Dem Komponisten, der ein Annaberger ist, kann man nur Lob spenden für diese gediegene Musik, die so einfach und schlicht und doch so tief zu Herzen gehend ist. Frau Struve spielte dieselbe mit Fertigkeit und tiefem Gefühl auf dem vorzüglichen Thürmerschen Instrument, da« de« Erbauer« eigene kunstgeübte Hand wieder zu der alten Klang fülle und reinen Intonation zurückgebracht, nachdem es vorher durch falsche Behandlung an Stimmung und Tonsülle eingebüßt hatte. Der Gesang de« Herrn Struve war ein schlichter, aber durch tiefe« Gefühl ein durchaus angenehm berührender, li. 4. Theater i» Eibenstock. Die gestrige Premieren- und Benefiz-Vorstellung für Herrn Emil Fel« hatte ihm ein volle« Hau» gebracht. Ist cs schon interessant, irgend einer Erft-Aufführung beizuwohnen, so hat e« noch einen viel größeren Reiz, da» Werk eine« zu gleicher Zeit mitwirkcnden Schauspieler« zur Uraufführung sehen zu können. Die Spannung, wa» wird un» geboten werden, löste sich bald, und da« dreiaktige Lustspiel „LiebeStoll" errang durchweg einen zu beachtenden Erfolg. Der Inhalt ist kurz folgender» Die bei Verwandten in der Stadt erzogene Tochter Rosa de» Bauern Laßbcrg lernte den Maler Fritz Berger kennen und lieben, stößt aber bei dem Vater, der von Farben Klexern nicht« wissen will, auf heftigen Widerstand. Dafür soll sie den Bauernburichen Christian Heiraihcn, so ist c« de« Vater- und der jungen Bäuerin Helene (der Muhme Christian») Willen, die den etwa« tölpel haften Burschen gern lo« haben möchte. Nachdem ein reizende» Mißverstänvniß geklärt ist, erfährt Rosa durch den Burschen hier von und läßt ihn zur Abkühlung seiner Leidenschaft in dem au»- getrockneten Brunnen sitzen, aus dem er da« bineingefallene Kreuzchen Roia's bolcn sollte. Währenddeffen wird Rosa von ihrem Vater im traulichen letn-ü-tele mit dem inzwischen ein getroffenen Fritz überrascht. Nach etwa« langer Zeit wird der Bursche vom Bauer heraufgezcgen und für die erlittene Hafk durch die Miltheilung zu trösten gesucht, seine Muhme liebe ihn. Natürlich läßt der Christian die Rosel sitzen und wendet sich der Lene zu, Hai aber auch damit wenig Glück und nur durch eine ebenfall« hübsche Verwechslung wird ihm die Einwilligung der Braut, die ihm dann gleich die ehelichen Pflichten de« Manne- recht energisch begreiflich macht. Nun diese« Projekt zerfiel, soll Rosel den au« Amerika zurückgekehrteu Sohn de« reichen Huber hcirathcn und Fritz, der am Hose inzwischen sein Glück gemach«, kommt gerade recht, um mit Hilfe de« Schneider» Clau» den Huber zu spielen. Der Bauer merkt diese Verwechslung viel zu spät, um sein Jawort wieder zurückzuziehen und macht schließlich gute Miene zu der ihm gespielten Komödie. Auch die Lene giebt sich mit ihrem Christian zufrieden, da mit einem erhofften An deren doch nicht« wird, aber pariren muß der Christian. „Da ist doch komisch!" Im Genre Lustspiel ist in den letzten Jahren so viel, man kann sagen, fabricirt worden und manche einfache und schwierige Liebesgeschichte mußte man über sich ergehen lassen. Auch Herr Fel« hat sich dieser Art zugcwandk, wie schon der Titel seine neuen Werke« sagt, nnd doch hat er einen Erfolg gehabt, der nicht jedem Lustspiel zutheil wird. Woran da« liegt, ist einfach. Herr Fel« vermeidet glücklicherweise lange Dialoge, dafür herrscht in seinem Stück rege« Leben und die kleinen Mißverständnisse und Verwechslungen, die er reizend einzuflechten versieht, klären sich bald und währen nickt zu lange. Da« aber ist die Haupt sache bei jedem Bühnenstück: Da« Mögliche nicht überschreiten. Ich will nicht einmal sagen, daß „Liebe-toll" äußerst spannend ist, die Handlungen auf der Bühne aber erwecken da« Interesse in dem Maße, daß man ihnen mühelos mit Vergnügen folgt. Noch einen Vorzug hat „LiebeStoll", der Autor hat in seinem Stücke nur klar gezeichnete Charaktere geschaffen. Wir gratuliren Herrn Fel« zu seinem neuesten Werke und zweifeln nicht, daß er auch anderwärts einen guten Erfolg zu verzeichnen haben wird. De« Platzmangel« wegen muß ich mir versagen, wa« ich in diesem Falle gern thnn würde, auf die Leist ungen der Mitwirkenden einzugehcn. Selten aber ist ein Stück so nett zur Aufführung gelangt, wie da« gestrige. Jedenfalls ist ganz im Sinne de« Verfasser« gespielt worden und Herr Fel« hat mit der Besetzung der Rollen sich keine« Fehler« schuldig gemacht. Wie uns mitgetheilt wird, muß da« sehr interessante Werk Sudermann « „Johannisfeuer" leider auSsallen, da der Tanzstunde wegen (e« ist nicht schön, daß sich die Betreffenden nicht zur Ver legung derselben herbeilicßcm der Saal nicht frei ist. Wir be dauern da« umsomehr, al« un« damit für jetzt eine mit Spann ung erwartete Neuheit verloren und gleichzeitig Fräul. Kürch, die hier sehr beliebte Liebhaberin, ihre« Benefizes verlustig geht. Amtliche Alittheilungen aus der 7. iiflentlichn» Sitzung des Stadtverordneten - Collegiums vom 30. Mai 1902. Anwesend: Stadtverordnete. Entschuldigt fehlen 4 Stadtverord ¬ nete, unentschuldigt I Stadtverordneter. Vorsitzender: Herr Stadtverordneten- Vorsteher Dierscb. Der Rath ist vertreten durch Herrn Bürgermeister Hesse. Bor Eintritt in die Tagesordnung gedenkt der Herr Vorsitzende des verstorbenen, um die Stadt hochverdienten Herrn Carl JuliuS Dörffel in Plauen und spricht auch an dieser Stelle dem Verblichenen seinen Dank aus. Da- Coll.'.num erhebt sich zu Ebren des Verstorbenen von den Plätzen, ist mit den d»:r: Verstorbenen bezeugten Ehrungen einverstanden und nimmt endlich Keiu.rnitz oon den: Dankschreiben der Hinterbliebenen des Herrn Dörffel. 1) Hiernach verschreitet man zur Berathung. bez. Beschlußfassung über die Zum OrtSgesetze selbst regt Herr Männel nur an, ob der Be stimmung, daß die Entscheidung über das Bedürfniß mr Anlegung von Füßchen dem Stadtrath zustebe, nicht noch der Zusatz angesügt wer den möchte, „nach Gehör des Stadtverordneten Collegiums" und ob nicht rn Uebereinstimmung mit dem bei Wasserleitungsbeiträgen be Man spricht sich über diese Anregungen aus, sieht dann aber von besonderen Anträgen ab, da das Abänderungsverfahren wieder viel Zeit fordern würde und genehmigt einstimmig das Ortsgesetz in der nunmehr vorliegenden Fassung und Erweiterung. 2) Von der Uebers cht der Sparkasse auf das Jahr l901 nimmt das Colle gium Kenntniß, »vorauf es 3) dem Rathsbeschlusse über die Vertheilung des Svarkassenreingewinnes vom Jahre 1901 einstimmig bcitritt. 4) In Herbergsangclegenheiten trägt der Herr Vorsitzende die Zuschrift des Herrn Pfarrers Gebauer und den Beschluß des Stadtrathes vor. Herr Bürgermeister giebt eine gedrängte Uebersicht der gesammten Entwickelung der Herbergsangelegenheit. Nachdem noch zu dem Gegenstände Herr Vicevorsteher Fritzsche und die Herren Stadtverordneten Bach, Männel, Hirschberg und Hertel gesprochen haben, ersucht das Collegium den Stadtrath, Erörterungen darüber anzustellen, auf welche Weise die nach Abzug etwaiger städtischer Beiträge erforderlichen Kapitalien aufgebracht werden sollen. 5) Ueber daS Verbreiterungsprojekt des Magazingäßchens referirt Herr Stadwerordneter Bach. Nach weiterer Aussprache beschließt man, dem Rathsbeschlusse beizutreten, sich im Nothfalle aber auch damit einverstanden zu erklären, daß der ganze provisorische Weg auf städtisches Magazinareal verlegt werde, wenn Herr Commerzienrath Dörffel von seiner Bedingung nicht Abstand nehme. Ein Drittel der entstehenden Kosten übernimmt man auf die Stadt. 6) Die Aussprache und Berathung über mehrere BeschleußungSprojekte setzt man von der Tagesordnung ab. 7) Die nachgeprüften Rechnungen u. der Schul-, si. der Feuerlösch , e. der Armen- und «l. der Kochschul-Kasse werden zur Nachprüfung vergeben und zwar zu ». an Herrn Männel, zu b. an Herrn Herklctz, zu i:. und <l. an den Herrn Vorsitzenden. 8) Man nimmt hiernach den für die Winklerstraße aufgestellten Flucht linienplan einstimmig an. 9) Kenntniß genommen wird von der erfolgten Feststellung deS Flucht linienplanes für die Lohgasse, sowie genehmigend 10) von den oberbehördlich verfügten Abänderungen deS Regulativ- über daS Schankwesen und einem Zusätze de- Stadtrathes. Höhe Hold. Von ». Bargstede. <2. Fortsetzung.» Der Handelsherr strich seufzend mit der beringten Hand über die hohe Stirn und sagte dann ernst: „Ist da« Dein Ernst, Leonie? Oder wähnst Du, Dein Mädchenherz verbiete Dir, Deine Neigung cinzugestehen, die sicht bar an Deinem Leben zehrt? Ich bin nicht so blind, al« Du meinst; Dein Leiden schmerzt mich: sei offen, Kind! Du weißt, ich bin kein Tyrann; aber ich bringe einem Mann, dessen Vor leben mir Dein Glück garantirt, ungern Deine Absage." „Zürne mir nicht, Papa," schluchzte Leonie aus, sich an de« Vater« Brust schmiegend, „ick> wollte Dich nicht kränken, aber—" „Lassen Sie mich für Sie sprechen, Leonie," unterbrach da Fräulein Bertram da« Mädchen in ihrem gewohnten gütigen Ton; .e« scheint mir, al« hätte ich e« längst sollen, länger bindet mich mein Versprechen nicht, und so will ich Ihnen denn gestehen, Herr Parson, Leonie liebt, aber nickt den Mann, der um sie wirbt, sondern einen Mann, den sie nicht kennt, ja, der ihrziem- lick fern steh». Lassen Sie mich kurz sein: c« ist Herr Feldbach!" .Feldbach! Mein Buchhalter!" fuhr der alte Herr, auf» Höchste erstaunt, vom Stuhl auf. „Ist da« wahr, Leonie?" „Papa, ich bitte Dich!" flehte da« Mädchen bebend. Herr Parson lief einiae Male mit erregten Schritten im Gemach auf und ab, dann blieb er vor seiner Tochter stehen und erfaßte ihre Hände. „Sprich, mein Kind," sagte er im Ton jener herzlichen Zärtlichkeit, wie sie nur ein Vater für sein Kind empfinde«, „sprick, Leonie, habe Vertrauen zu mir! Liebst Du Feldbach in der Thal?" „O, Papa," und ein Lächeln der Verklärung flog über Leonie« leidende« Antlitz, „ich liebe ihn! Er erscheint mir al ber Edelste, Beste, al» der Einzige, mit welchem ich gehen könnte!" In schweren, ernsten Gedanken saß Herr Parson lange da, dann erhob er sich und sprach im Ton ernster Güte: „Du weißt, meine Tochter, wie sehr ich Dich liebe. Du wirst mir also glauben, daß ich Dein Wohl will. Ich werde den Mann Deiner Liebe in unser Hau« einführen, und gleickt sein Charakter seiner äußeren Erscheinung, werde ich nicht« gegen Eure Vereinigung haben." „Papa, mein geliebter, theurcr Papa," jubelte Leonie, „wie un beschreiblich gut Du bist! Und wann darf ich Feldbach er warten?" „Sobald er von OstsrieSland zurückgekehrt ist, bis dahin habe Geduld. Jetzt aber muß ich Dich verlassen, ich bin bereit unpünktlich gewesen. Auf Wiedersehen!" Herr Parson stieg in die unteren Räume hinab, während Leonie sich, noch immer freudig erregt, ihrer alten, mütterlichen Freundin näherte nnd leise fragte: „Wird er bald kommen, Tante Bertram, und wenn er kommt, wird er mich lieben können?" Die alte Dame drohte tadelnd mit dem Finger: „Sie haben ein eigene« Talent zur Selbstquälerei, liebe Leonie, diese Zweifel sind ganz unberechtigt. Warten und hoffen Sie, e« wird Alle« gut werden." — Erwin iveilte noch immer im Psarrhause, Sein ganze« bi«- herige« Leben schien hinter ihm versunken zu sein, er lebte nur der Gegenwart mit ihrem Zauber. Wie hatte er jemals La« Leben ermüdend und leer finden können, wa« so unsäglich schön und wonnevoll war! Er begriff e« selbst nicht mehr, er fühlte und dachte überhaupt nur da« Eine: Erdmuthe! Da« junge Mädchen freilich wich au« und schien ihm zu zürnen; aber er war sich keiner Schuld bewußt. Seine Liebe zu ihr war kein Fehl, nein, gewiß nicht, deshalb wollte er sie auch fragen, ob sie ihm wieder gut sein könnte, und da« zwar bald; denn Herr Parson wurde bereit« ungeduldig, und dann? — Weiter dachte Erwin nicht! Die Zukunst mußte so herrlich sein, al« die Gegen wart war, daran konnte kein Zweifel mehr sein! Erwin wußte, daß Erdmuthe zur alten Anke gegangen war, und beschloß, am Strande seine Fragen an da« Mädchen zu richten. Er schritt zwischen den Dünen hindurch, der Hütte der Alten zu. In dem feuchten Sande krochen Krabben, die die Fluth zurückgelassen hatte, bunte, wie au« Schaum geformte Quallen lagen daneben, Schnecken, Tang und all' jene Bewohner de« Meere«, die die Ebbe sichtbar machte, boten sich seinem Auge dar. Von der Hütte her nahten sich zwei Gestalten, Erdmuthe mit der alten Anke, und kamen auf ihn zu. Da« junge Mädchen blickte fragend in sein Antlitz hinauf, al» er jetzt grüßend an ihre Seite »rat und halblaut sagte: „Ich muß Sie sprechen, Fräulein Erdmuthe, wollen Sie mich hören?" Eine hohe Röthe stieg in Erdmuthe« Wangen, dann ent gegnete sie zaghaft: „Ja!" worauf sie mit der alten Frau weiter schritt und sich aus den Dünen niederließ. Anke stieß abgebrochene, unverständliche Laute au« und be wegte die Hände Lurch die Lust. „Sieh', dort ist da» Meer, Mutter Anke," sagte Erdmuthe freundlich; „ist Dir jetzt besser?" „Wann wird der alten Anke besser?" fragte die Frau klagen den Ton«, da« graue Haupt in die Hand stützend. „Geh', Kind, wa« willst Du bei mir?" „Dir helfen. Dich trösten. Dir von dem erzählen, der sich aller Geschöpfe erbarmt." „Schweig'!" herrschte die Alle hart, „schweig'. Wer hat in jener schrecklichen Nach«, wo der Sturm heulte und tobte, wo die Wellen himmelhoch stiegen, stundenlang auf den Knieen gelegen und sich die Hände wund gerungen um Hilfe? Ich war «, Kind, ich! Und woher kam die H'lfe, ich frage Dich, woher? Von oben etwa? Hier an der Küste trieben die Trümmer der Boote und — und die Leichen. Da lag er, den ich liebte, kalt und leblo«, da hingen meinen beiden lieben Jungen die feuchten Haare in den stillen Zügen, — wirst'« auch noch lernen, Kind, daß kein Retter lebt." „O, Anke," bat Ermuthe traurig. Aber der Strahl der Vernunft war bereit« in Anke« Auge erloschen, sie stieß die weiche Hand der Jungfrau zurück und richtete sich mit irren Blicken empor. „Hörst Du?" fragte sie flüsternd mit vorgcneigtem Haupt und gefurchten Brauen. „Hu, der schrille, angstvolle Schrei. Da« ist mein Dirk! Ich helfe Dir! Ich komme!" Beide Arme ausbreitend, wollte sie dem Meere zueilen, aber Erdmuthe klammerte sich in Todesangst an sie. „Bleib', bleib," flehte sie; „wohin willst Du? Anke, höre mich an, ich bin e», Erdmuthe!" Die alte Frau blieb in horchender Stellung stehen, dann sagte sie klagend, in da« weiße Mädchengesicht starrend: „Weshalb weinst Du, Kind? O, diese bitteren Thränen. Weshalb ringst Du so Deine Hände? Ist der Adler 'schon ge kommen? Der Adler!" schrie sie laut auf und fiel auf die Dünen zurück, ihre Finger in den Sand grabend. Erdmuthe war bewegt, aber thränenlo« gewesen; der Aus ruf der Armen erschreckte sie abermals heftig, sie zitterte plötzlich. Es war da« zweite Mal, daß Anke sie vor dem Adler warnte, wa« mochte sie meinen?" „Ich sehe keine Gefahr," flüsterte da« Mädchen, Du täuschest Dich, Anke!" Aber die Alte antwortete nicht, gedanken und verständnißlo« starrte sie vor sich nieder und ließ sich willenlos emporziehen und zur Hütte führen. Drinnen bettete Erdmuthe sie auf ihr Lager, stellte ein Gefäß mit Wasser neben sie und verließ sie dann Zögernd. Ihr war so bange, so ahnung-voll zu Muthe, al« stehe sie am Vorabend einer großen Entscheidung; hohe Röthe färbte ihre Wangen, ihr Herz pochte beängstigend ungestüm. Am liebsten wäre sie geflohen, weit, weit fort, um einer Au-sprachc mit Er win zu entgehen. Doch da stand er bereit« neben ihr und be gann zu ihr zu sprechen von seiner Hoffnung, seiner Liebe, seinem Zukunftttraum; er neigte sein blonde« Haupt tief zu ihr herab und blickte ihr in die Augen. „Erdmuthe, nur ein Wort. Nur ein Wort, daß Sie msr nicht zürnen, daß Sie mich ein wenig lieb haben."
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