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- Erscheinungsdatum
- 1900-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190010042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19001004
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19001004
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
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Monat
1900-10
- Tag 1900-10-04
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Monat
1900-10
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1900
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eintreffen werde, da nach seiner Ernennung zum Oberbefehl«- Haber der britischen Armee seine Anwesenheit im Land unbedingt erforderlich sei. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide, 1. Oktober. Der neulich unter dem Verdachte der Brandstiftung verhaftete Konsumverwalier Kitzka hier ist wieder in Freiheit gesetzt worden, E» scheint somit sich der Verdacht, daß er da« Flemming'sche Konsum- und Nieder- lag«gebäude vorsätzlich in Brand gesetzt habe, nicht zu bestätigen. — Johanngeorgenstadt, l. Oktober. Der wegen Er mordung seiner Ehefrau beim Landgericht Zwickau in Unter suchung befindliche Handarbeiter Möckel von hier ist, wie da« »Zwick. Wochen bl." schreibt, au« der Hast entlassen und dem dor tigen Krankenhause zugesührt worden, La sich herau«geftellt hat, daß er geistig nicht normal ist und bei Verübung der Thal sich in einem unzurechnungsfähigen Zustande befunden hat. — Dresden, 30. September. An der Stätte in Wölkau bei Nossen, wo Prinz Albert tödtlich verunglückte, wird Prinz Georg ein Denkmal in Form eine» Kreuze« errichten lassen. — Leipzig, l. Oktober. Auf einen seltsamen Besuch be reiten un» preußische Blätter vor. Der »Naturmensch- Nagel wird vermuthlich auch Leipzig aufsuchen. Er läust fast nackt mit einer Fahne herum und hat nur die Lenden mit einem weißen Tuche umgürtct. Sein Brot erwirbt er durch den Handel mit Ansichtskarten. Diesem schnurrigen Kauze und GesunvheitShuber ist bei seinem Aufenthalt in Magdeburg sein Postkartenvorrath (im ganzen 4800 Stück) zur Deckung der Strafe für Steuer hinterziehung (er wird außerdem de« Unsug» und Landstreichens beschuldigt) beschlagnahmt worden. Von den Orten, die der sonderbare Mensch während seiner letzten Wanderung besucht hat, soll, wie verlautet, eine nachträgliche Besteuerung seine» Post- kartenverkaufs vorgenommen werden. Da der Postkartenverkauf sortgefallen ist, so sind seine Einnahmen sehr geschmälert; manche Besucher geben ihm au» freien Stücken 10 oder 20 Pf., wofür er ihnen von seiner Lebensweise erzählt. Er beabsichtigt, sich in Magdeburg nur wenige Tage auszuhasten, sich dann nach Halber stadt und Halle zu begeben und von da au» die größeren Städte im Königreich Sachsen zu besuchen, um sich im Winter nach der Schweiz und Italien zu begeben. — Zwickau, 29. Septr. Der frühere Fabrikbesitzer Loui« Werner au» Werdau, der seine eigene Fabrik in Brand ge setzt hatte, in Folge dessen im April verhaftet und wegen Betrug» bereit» vor vier Wochen zu 2 Jahren 4 Monaten Gesängniß verurthcilt worden ist, wurde heule vor der Strafkammer wegen weiterer Betrügereien zu noch sechs Monaten Gesängniß vcr- urtheilt. Die Anklage wegen Brandstiftung wurde an das Schwurgericht verwiesen. — OelSnitz i. V., 2. Oktober. Ein Opfer seines Berufes wurde am Montag abend der zwischen OelSnitz und Hundsgrün (bei »Drcihös-) stationirte Bahnwärter Wilhelm Lippert, etwa 52 Jahre alt, verhcirathet und Vater mehrerer Kinder. Nach dem er auf der einen Seite de» WegübcrgangeS die Barriere geschlossen gehabt hat, überschritt er wahrscheinlich die Geleise, um nach der anderen Seite zu gelangen. Ehe dies geschah, brauste der Personenzug II Uhr 24 M. heran, warf Lippert zu Boden und trennte ihm den Kopf vom Rumpfe. — Geringswalde, 2. Oktober. Noch ist die Thal de» Mörder» Beuchet, der im April 1898 in hiesiger Gegend ein Mädchen in scheußlicher Weise umbrachte, in aller Erinnerung, und wieder ist über ein ähnliche« unerhörtes Verbrechen aus der Umgegend von Geringswalde zu berichten. Ueber die grauenvolle Thal wird nach den Angaben einer Augenzeugin, der TischlerSehcsrau Arnold au» Großmilkau, da» Nachstehende be richtet: Frau Arnold hatte am Montag Nachmittag mit ihrer 13jährigcn, also noch schulpflichtigen Tochter Frieda den Jahr markt in Geringswalde besucht. Um 7 Uhr Abend» etwa traten Beide in Gemeinschaft mit zwei Mädchen aus Großmilkau, den GutSbesitzerSiöchtern Frieda Hammer und Ella Hinkelmann, die beide Ostern diese» Jahre» au» der Schule entlassen worden sind, den Heimweg an. Ihr Weg führte etwa '/« Stunde hinter dem Dorfe Arra« eine größere Strecke durch den Wald, die »Arraser Neiden" genannt. E» mochte N.8 Uhr sein, al« Frau Arnold, die mit der Ella Hinkelmann Arm in Arm ging. Jemand hinter sich kommen Hörle und beim 'Näherkommen einer Manns person noch die Bemerkung machte: »Da kriegen wir wohl noch einen Gefährten?" Nicht» Gute» ahnend, wich die Hinkelmann dem von rückwärl» Kommenden au», al» dieser sie plötzlich am Arme erfaßte und mit etwa den Worten: »Kannst mich sehen?" die Angefallene zur Seile in den Graben am Walde riß. Die von einer Krankheit noch geschwächte Frau schrie nach Hilfe, während die beiden anderen, einige Schritte vorau»gegangencn Mädchen wiederum ängstlich nach Frau Arnold riefen. Alle Drei eilten nun vorwärts nach dem etwa Stunde entfernten Großmilkau zu, al» ihnen nach einigen Minuten ein Radfahrer entgegenkam. Auf die ihm gewordene Mittheilung von dem Uebersalle fuhr dieser sofort nach Großmilkau zurück, um Alarm zu schlagen. Mehrere Personen au« diesem Dorfe, unter ihnen der Gemeindevorstand, eilten sofort an die Stelle de« Uebersalle«, die man auch bald an einer Blutlache erkannte. Von hier führte die Spur etwa 80 Schritte in den hohen Fichtenwald hinein, und dort entdeckte man dann in schrecklichem Zustande da» un glückliche junge Mädchen. Der Mörder hatte seinem Opfer an beiden Seiten de» Halse» tiefe Schnittwunden beigcbracht, sie auch im Gesicht schwer verletzt. Offenbar hatte der Schurke sein Opfer, nachdem er ihm am Waldrande die Verletzungen beigc bracht, bi» zur Fundstelle geschleppt. Die Röcke de» Mädchen» waren von unten bi» zur Taille ausgerissen. Im Portemonnaie hatte e» noch 5 M. Geld bei sich. Vom Uebersall bi» zur Auf findung der Leiche war nicht viel mehr al« eine Viertelstunde Zeit vergangen, vom Mörder aber keine Spur zu finden. Die Untersuchung wird mit allem Eifer geführt. Hoffentlich sind die kingeleitcten Nachforschungen recht bald von Erfolg. E« bleibt zunächst noch zweifelhaft, ob ein Lustmord, oder ein, vielleicht durch eine Verwechselung herbeigeführter Racheakt vorliegt. Ver dacht hat sich bi«her auf ein Individuum gelenkt, da« sich seit zwei Tagen in der Nähe von Arra» herumgelrieben hat. Der Unbekannte soll etwa 30 Jahre alt und von mittlerer Statur sein, sowie böhmischen Dialekt sprechen. — Rothenkirchen. Am Sonntag Abend brannte die Scheune nebst Futterschuppen de» WirthschasiSbesitzer» Reinh. Möckel nieder. — Am 1. Oktober vollzog sich bekanntlich die Thrilunx der Krci»hauplniannichast Zwickau in die Krei»hau ptmann- schasten Zwickau und Chemnitz Hierzu wird au» Zwickau geschrieben : Einen Wendepunkt in der Geschichte de« Regierung», bezirke« Zwickau und speziell der Schwancnstadt Zwickau bedeutet der 1. Oktober d. I. infolge Theilung der Kreilhauptmannschasl Zwickau berw. Errichtung einer 5. KreiShauptmannschaft mit dem Sitze in Chemnitz. Die Eintheilung unsere« Königreich« in 5 Rcgicrung«bezirke ist eigentlich nicht neu; bereit« im Jahre 1815, al« Sachsen zufolge der Beschlüsse de« Wiener Eongresse« den größten Theil seine« Lande« an Preußen und außerdem einen kleineren an da» Großherzogthum Sachsen-Weimar abtreten mußte, erfolgte die Eintheilung de« Lande« in 5 Kreise: den Lausitzer, den Meißner, den Leipziger, den erzgebirgischen und den vogtländischen Krei». Die Einrichtung erfuhr jedoch im Jahre 1835 eine Aenberung dadurch, daß der vogtländische Krei» seine Selbstständigkeit verlor und mit zum erzgebirgischen geschlagen wurde, sodaß der allen Hauptstadt de» Vogtland«», Plauen, nur noch der Titel al» Kreisstadt verblieb. Die vier Regierungsbezirke Sachsen» erhielten nunmehr die Bezeichnung Kreisdirektionen, und zwar waren e» folgende: Bautzen, Dresden, Leipzig und Zwickau, die später Kreirhauptmannschaften genannt wurden. Die stete Bevölkerung»;unahme de» ganzen Lande«, die in der Krei»haupttnannschasl Zwickau infolge der blühenden In dustrie diese» Regierungsbezirk« eine besonder» große war, sührte zur Errichtung mehrerer neuer AmtShauptmannschaften, sodaß deren Zwickau schließlich 10 besaß, gegenüber 7 in der Krei»- hauptmannschast Dresden, 6 in Leipzig und nur 4 in Bautzen. Daß dementsprechend der Verwaltungsdienst de» Zwickauer Re gierungsbezirk» ein sehr umfangreicher wurde, dessen Erledigung trotz mehrfacher Vermehrung de» Beamtenpersonal» im Lause der Zeit die Leitung der Regierung»geschäfle von einer Stelle au» merklich erschweren mußte, ist wohl klar. Man hatte sich deshalb schon seit Längerem mit dem Gedanken getragen, eine fünfte Krei-Hauptmannschaft zu errichten, und die einfache Theil ung der KreiShauptmannschaft Zwickau erschien an maßgebender Stelle da» Bequemste, wenn c« auch für Zwickau schmerzlich sein mußte, von dem so lange behaupteten Range und Ansehen einer ersten Kreishauptstadl einen Theil abzugeben an seine Nachbarin, die, früher kleiner al« Zwickau, sich im Laufe der Jahre in ganz gewaltiger Weise vergrößerte, Zwickau weit über flügelte und sich zur Metropole der sächsischen Industrie empor- schwang. Von zehn AmtShauptmannschasten de» Zwickauer Re-, gierungSbezirk» scheiden jetzt fünf, Chemnitz, Flöha, Annaberg, Marienberg und Glauchau, um die neue Krei-Hauptmannschaft Chemnitz zu bilden. Für Chemnitz bedeutet der I. Oktober einen doppelten Fest- und Ehrentag, insofern Kappel der Stadt noch einverleibt wird, wodurch der BevölkerungSzustand de» sächsischen Manchester» auf mehr al» 200,000 Einwohner gehoben wird. — Zu den neuesten Veränderungen bei der Königl Sächsischen Landeslotterie, die kürzlich mitgetheiltwurden bringt der »Vogtl. An;." ein Eingesandt, dem man in manchen Punkten zustimmen wird. ES heißt darin: Diese Veränderungen fallen keineswegs mit den Wünschen aller Lotteriespieler zusammen. Man ist in weitesten Kreisen der Ansicht, daß der Hauptge winn von 500,000 M. reichlich groß genug war, um dic nöthige Anziehungskraft auszuüben. Warum man auf die halbe Million noch 100,000 M. darauflegt, da« will Niemanden so recht ein leuchten. Genau so verhält e» sich mit der Prämie, die be stimmungSgemäß am letzten ZiehungStage gezogen wird. 200,000 Mark erfüllten sicher auch den Zweck, die Spiellust bi» zum letz ten Tage rege zu halten. Warum die Verdoppelung? Nun kann allerdings ,im günstigsten Falle" der Spieler eine» ganzen Lose» Millionär weiden; damit ist aber den anderen Spielern nicht gedient. Viel mehr Stimmung wäre dafür gewesen, den 300,000 M. Gewinn etwa in 20 15,000er umzuwandcln, als Ersatz für die verloren gegangenen 15,000 M.-Gewinne bei der vorletzten Veränderung. Auch damals hat man e« in Spieler kreisen nicht einsehen können, warum man die sogenannten Ein sätze, die niedrigsten Gewinne, um wenige Pfennige aufbesserte aus Kosten der 100,000 M.-Gewinne. Wer einmal weiter nicht« gewinnt al« den Einsatz, dem ist mit 50 oder 80 Pfg. mehr auch nicht geholfen. Die Masse der Einsätze aber beanspruchte eine ungeheure Summe, die an den beliebten mittleren Gewinnen ge kürzt wurde. Für die neueinzuführende Auszahlung ohne Abzug tauscht man dagegen die Erhöhung des Preise« ganz gern ein. Auch der Ausfall der 30,000 M.-Gewinne u. de» 100,000er» wird leb haft bedauert. Wenn daß so fortgcht, dann haben wir in unserer LandeSlottciie, die in aller Welt, auch da, wo man eigentlich ihre Lose nicht sp'elen darf, in höchstem Ansehen steht, ähnliche Ver hältnisse wie in Lolterieunternehmungen untergeordneter Art, die außer einem g-oßen Haupttreffer nicht viel anderes > ufzuweisen haben. — Von der böhmischen Grenze, 30. September. In GotteSgab sand kürzlich eine Versammlung statt, welche sich da mit befaßte, eine Eisenbahnlinie von Ichmiedeberg — An schluß an die Buschliehrader Bahn — über GotteSgab und auf den Kamme de» Gebirge» nach GraSlitz oder Schönbach zu bauen. Die Angelegenheit ist nun soweit gediehen, daß im Laufe der vergangenen Woche ein Komitee gewählt wurde, welche» die nöthigen Vorarbeiten sofort zu erledigen und auSzuarbeiten hat. Bor hundert Jahren. 4. Oktover. DaS Mitleid ist zu allen Zeiten in der Volksseele vorhanden gewesen, auch in der aufgeregten Zeit vor hundert Jahren. In Augsburg wurde am genannten Tage daS vom Kriegsgericht gefällte Unheil an vier Baiern vollzogen, alle vier waren wegen Mordes und Beihilfe zu diesem verurtheilt worden. Dem Rathhause gegenüber war ein Pranger mit vier Schandpfählen errichtet. An dem einen Pfahl wurde der Name deS Mör ders, der entwischt war, angeschlagen, an die drei anderen wurden die drei des Straßenraubes und Beihilfe zum Morde Ueberführten und zu vierzehn Jahren Kerker Verurteilten angebunden und mit der Unterschrift ihres Verbrechen- zur Schande ausgestellt. Während nun die drei Baiern an den Pfählen sieben, natürlich unter großem VolkSzulauf, fällt es einem franzö sischen Bäcker ein, ihnen eine Gabe zuzuwerfen; sogleich folgte Jung und Alt diesem Beispiele und in kurzer Zeit waren die Verurteilten mit einer beträchtlichen Summe Geldes beschenkt. 5. Oktober. Po st wesen 1800 (I). Bekanntlich gab es vor hundert Jahren eine eigentliche StaatSpost nicht, die Fürsten von Thurn und Taxis waren die Besitzer der sogenannten Reichsposten. Ihr Wirkungskreis erstreckte sich auf die südwestlichen Staaten, die Rheinlande, sämmtliche Reichsstädte und die nördlichen Bisthümer Münster, Paderborn, Osnabrück und HildeSheim. Ferner gehörten ihnen auch alle von Brüssel, Antwerpen, Gent, Mastricht, Lüttich, Aachen, Straßburg und Schaffhausen nach den nördlichen Handels städten Hamburg, Bremen, Lübeck usw. führenden Curse. Oesterreich hielt sich streng abgesondert; eine landesherrliche Post gab es aber in Preu ßen, Sachsen, Hannover, Hessen und Braunschweig. Es ist klar, daß Thurn und TaxiS über die wichtigsten Postcurse Deutschlands zu verfügen hatten; da aber dieses PosthauS außerdem zur Vermittelung der einzelnen Curse unentbehrlich war, so gab eS bald keinen Landesherrn in Deutschland, der nicht zu Verträgen mit den Inhabern deS ReichSpostwesenS genöthigt ge wesen wäre. Ein eiserner Kekd in eiserner Zeil. Zum 70. Todestage de» Generalseldmarschall» :')ork. Grasen von Wartenburg, f- am 4. Oktober lSS0. Von vr. W. I. Wietzel. Di« eisernste Zeil, die Deutschland, namentlich Preußen, durchgemachl hat, war neben den 7 Jahren de« großen Kriege«, unstreitig die Zett von 1806—1813. Einer der eisernsten Helden au» dieser eisernen Zeit war der Feldmarschall Han» David Ludwig Jork, Gras von Wartenburg. Die Person diese« Helden spielt in den Jahren 1812 und 1813 eine so eigenartige und dabei glänzend« Rolle, daß wir un« heute, da fein 70. Tode»tag ist, seiner gerne und dankbar erinnern. General Jork, unter welchem Namen er am bekanntesten geworden ist, wurde am 26. Geptbr. 1759 in Potldam geboren. Seine Familie leitete ihre Herkunft wohl von einem vornehmen englischen Hause ab, gehörte indessen dem kleinen kassubischen Adel an und hieß richtiger Jarken, worau« dann da« Wort Jork, al« wohlklingender, entstanden sein mag. Schon Jork'« Vater David Jonathan schrieb sich ,von Jork" und trat 1747 in die preußische Armee ein. In Königsberg und BraunSberg verlebte der Knabe in dürftigen Verhältnissen und harter Zucht seine Kinderjahre, bi« er 1772 dem Regiment von Borke al» Junker zugetheit wurde und 1773 in da» Füsilier regiment von Luck überging. 1778 zog er in den bayrischen Erbfolgekrieg, wo er sich sehr au»zeichnete. Von der Selbst ständigkeit seine« Urtheil» wie seine» Willen» gab er sehr bald Zeugniß. Er gab seiner Verachtung gegen einen Vorgesetzten, vem ein unehrenhafte« Verhalten im Kriege nachgesagi wurde, in so unverhohlener nnd subordination-widriger Form aus der Wachtparade Ausdruck, daß er zu 1 jähriger Festung-Haft und Kassation vom Kriegsgericht verurtheilt wurde. Ws» sollte nun, nach abgebüßter Haft, der mittellose junge Mann beginnen? Er verstand nicht» al» da» Soldatenhand werk; er mußte versuchen, mit dem Degen sich durch die Welt zu schlagen. E» glückte ihm, 1781 al» Kompagnieches bei dem Schweizerregiment Meuron 1783—1784 al» holländischer Offizier die Feldzüge in Ostindien mitzumachen. 1785 kehrte er, mit Ruhm bedeckt, nach seinem Vaterlande Preußen zurück, wohnte al« Major dem Feldzug in Polen bei und zeichnete sich 1794 in der Schlacht bei Szekoczyn au». Im Jahre 1805 sehen wir ihn al» Brigadier bei der preu ßischen Armee und al« solcher deckte er am 26. Oktober 1806 bei Altenzaun den Elbübergang ve« Corp» de« Herzog» von Weimar gegen eine sehr überlegene Abtheilung de« Soultschcn Corp». Auf dem weiteren Rückzug führte er die 'Nachhut de« Blücherschen Corp» bi» Lübeck, wo er schwer verwundet in Ge fangenschaft fiel. Mit Blücher gleichzeitig im Frieden von 1807 au»gewechselt, wurde er in Königsberg zum Generalmajor er nannt und erhielt nach dem Frieden von Tilsit da« Kommando von Memel, Ende 1808 da« der westpreußischen Brigade und 1810 auch die Generalinspektion über sämmtliche leichte Trup pen, um deren Ausbildung er sich die größten Verdienste erwarb. Al« im Dezember 1812 da» Macvonaldsche Armeecorp» nach der großen Armee auch den Rückzug antrat, erhiet Aork die Führung der Nachhut. Al» Führer dieser Nachhut Hai er nun die größesle patriotische Thal seine» Leben» gethan, die wir ein wenig eingehender betrachten wollen: Am 18. Dezember erhielt nämlich Macdonaib die Weisung Berthier'», die ihm den Rückmarsch de» 10. Corp» hinter den Riemen vorschrieb, gleich zeitig kam die Kunde von dem Vordringen der Russen auf Tilsit. Die franz. Armee war vernichtet, die russische erschöpft, e» war die Frage, wie sich da» preußische HülfScorp», da» sich im besten Stande befand, verhalten würde; die» war nach der Bereinigung mit den franz. Ueberbleibseln stark genug, den Vormarsch der Ruffen zu hindern und c» den Franzosen zu ermöglichen, wenig sten» die Weichsellinie zu halten, und konnte umgekehrt, wenn e» sich mit den Russen vereinigte, dahin wirken, daß nur ge ringe Reste der Franzosen sich au» der allgemeinen Auflösung retteten. Welcher Preußische Patriot hätte nun nicht einen Bruch mit dem Erbfeinde sehnlichst erwünscht? Die Bedeutsamkeit der Lage Jork'» war augenfällig und er selbst war sich der Größe de» Moment« vollauf bewußt. Allein sein König war in der Gewalt der Franzosen. Wer bürgte ihm ferner für Hardenberg, der sich zur Zeit den Anschein gab, al» kenne er nicht» Höhere», wie da» Einvernehmen mit Frank reich zu pflegen? Und er, Jork, war nicht» al« Soldat, den der Alliance-Vertrag unter die Befehle Macvonald'« gestellt hatte. Andererseits: hob nicht die Einzigartigkeit der Verhältnisse über jede» Bedenken hinweg? Wahrlich e» war ein Augenbiick, so verantwortungsvoll und zugleich so weittragend für die gesammte Weltlage, wie er kaum je von einem untergeordneten General einen Entschluß gefordert Hal! Jork'« Zögern giebt ein schöne» Beispiel von der Strenge der Zucht und der Subordination, die der große König mit seinem Vater im preußischen Heere zur Geltung gebracht hatte; wenige Feldherrn anderer Nationen mö gen so lange gezögert haben wie Jork. Endlich siegte sein glü hender Patriotismus und er cntschlog sich zu der ewig denkwürdigen Konvention in der Poscheruner Mühle bei Tauroggen am 29. und 30. Dezember 1812! In dieser wurde noch kein Bündniß mit den Rusten geschlossen, sondern nur abgemacht, daß da preußische Corp» den Landstrich um Tilsit al« einen neutralen besetze, daß e«, wenn der König die Rückkehr zum französischen Heere befehle, sich verpflichtete nicht gegen Rußland zu dienen. Der Wortlaut dieser welthistorischen Konvention wurde in einem Berichte nach Berlin abgeschickt, dem nach dem Einmärsche in Tilsit ein zweiter folgte, in welchem die herrlichen Worte stehen: »Majestät, wenn der General Jork gefehlt hat, so wird er auf dem Sandhaufen ebenso ruhig wie aus dem Schlachtfeld- die Kugel erwarten!" Daraufhin ließ Jork seinen Hecrtheil zunächst nach König«, berg vorrücken, womit er die Linien, welche er sich selbst in der Konvention gezogen hatte, unfraglich überschritt und zu verstehen gab, wie er sie auffable. Den Einwohnern der Provinz aber gab er damit die Richtung aus da» Ziel, da» er im Auge gehabt hatte und da» erreicht werden mußte, wenn der Abschluß der Konvention nicht ein Fehler oder gar ein Vergehen weiden sollte. Erst im März 1813 erhielt Jork die kgl. Entscheidung über sein Verfahren in Poscherun. Er hatte, um der Form zu ge nügen, eine Rechtsertigung»schrist aufsetzen müssen, welche einer Kommission von drei höheren Offizieren übergeben wurde. Diese erklärte ihn für vorwurfsfrei und ein Parolcbefehl wurde erlassen, durch welchen er in seiner Befehlrführung belasten wurde. Sm 17. März zog er mit seinem Heere unter dem brausenden Jubel der Bevölkerung in Berlin ein. Da« war die patriotischste Thal in Jork'« ganzem Leben und wir erinnern un« dieser That heute mit Dankbarkeit und Freude. Al» Befehlshaber de» I. Armeecorp» half Jork dann den Sieg an der Katzbach, 26. August, erkämpfen. Am 3. Oktober lieferte er va» blutige Gefecht bei Marienburg, wodurch er Blü cher den Uebrrgang über die Elbe öffnete. Die Schlacht bei Möckern schlug er fast allein mit seinem Armeecorp». Die letzte soldatische That Jork'« war schließlich die Erstürmung de« Mont martre vor Pari» 30. März 1813. Nach eingetretener Waffenruhe erhielt er da» Generalkom mando in Schlesien, wurde zum General der Infanterie befördert und unter Beilegung de« Namen« .von Wartenburg" zum Grafen ernannt. Während de» Feldzuge« 1815 wurde er mit dem Oberbefehl de» zurückbleibenden Reservecorp» betraut, nahm
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