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- Erscheinungsdatum
- 1900-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190002173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19000217
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19000217
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-17
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Monat
1900-02
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Jahr
1900
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schreibt: In einem gestern an W Bergarbeiter dcrthcilten Ausruf, in welchem noch besonder« eindringlich zum Streik auf- aesordcrt wird, hallen e« die Herren Agitatoren für gut, den Arbeitern einzureden, .daß von den Versammlungen und dem von dielen gewähl'en Komitee kein Weg unverluckt gelassen worden ist, um noch eine Verständigung mit den Werk«besitzern zu erzielen". Wir haben bereit« gestern nachgewicscn, daß die Arbeiter den einzig gangbaren und ihnen von der Bergbehörde noch ausdrücklich gewiesenen Weg zu dieser Verständigung ohne jeden Grund verschmäht und sich in den, von der überwiegenden Mehrzahl der Arbeiter weder gewünschten noch gewollten, Aus stand haben hineindrängen lassen. Daß die Arbeiter selbst nur un gern und hauptsächlich nur unter sozialdemokratischem Zwange zum Streik verschreiten, beweist am besten die Thatsache, daß auf 5 Werken de« Revier« überhaupt kein Mann in den Ausstand getreten ist und die Zahl der Streikenden, trotz aller Hochdruck gestern früh nur 15 der Belegschaft betragen hat. Gestern Abend haben von der aus 4550 Arbeiter sich belaufenden Nacht schicht 1290, d. i. 28,» "/„ und heute früh von den 6937 Ar beitern der Frühschicht 1674, d. i. 24,i gestreikt. — Zwickau, 15. Februar. Wegen de» auSgebrochcnen BergarbeiterauSstandcS hat da« hiesige Polizeiamt da« sogenannte Strcikpostenstehen verboten, auch betreff« der beab sichtigten HauSagitalion auf die Strafbestimmung wegen Haus friedensbrüche« verwiesen, ingleichen die Strafbestimmung in 8 153 der Gewerbeordnung in Erinnerung gebracht. — Der Verein für bergbauliche Interessen hat gestern Abend in einer Sitzung Stellung zum Streik genommen. Ein Kohlenwerk hat berechnet, daß du, ch die geforderte Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit eine jährliche Mehrausgabe von fast 2 Millionen Mark erwachsen würde, was eine bedeutende Vcrtheuerung der Kohlen mit sich führen müsse. Die Bergarbeiter haben gegen wärtig 10 Stunden Arbeitszeit. Davon gehen jedoch für Ein- und Ausfahrt, Eßpausen re. gegen 3 Stunden ab, sodaß die eigent liche Arbeitszeit kaum 7 Stunden beträgt. — Zwickau, >5. Februar. Amtlich wird gemeldet, von ca. 11,000 Bergarbeitern der Zwickauer Kohlenrevier« haben bi« heute 1674 Mann die Arbeit eingestellt. — Plauen. Mit einer kleinen Schiefertafel auf dem Rücken, aus deren Rückseite sich eine Adresse befand, kam, wie der „V. A." miltheil«, am Sonntag Nachmittag ein 2'/, jährige« Mädchen au« Dresden auf dem hiesigen oberen Bahnhose mutterseelenallein an. Das Kind war laut Aufschrift auf der Tafel zu einer Familie Hops in der Hannnerstraßc in Plauen zu weisen und ist auch dort angelangt. Die Mutter der KinveS hatte sich in Dresden einer Operation zu unterziehen, und der Vater geht auf Arbeit; die« war der Grund, weshalb man das Kind einstweilen zu Verwandten in Plauen in Pflege gegeben hat. Da« kleine Mäd chen wurde auf dem Bahnhose mit Kaffee bcwirthct und dann den Verwandten zuzeschickt. — Obercrinitz, 13. Februar. Heute früh wurde durch die Ehefrau de« Tischlermeisters Albin Wappler der ans Schön heide gebürtige, etwa 43 Jahre alte Tagelöhner Ernst Richard Müller im freien Felde hiesiger Flur tobt aufgesunden. Der selbe ist anscheinend erfroren und ist der Spur im Schnee nach zu urtheilcn, wahrscheinlich vergangene Nacht von Bärcnwaldc gekommen, wo er zuletzt gearbeitet haben soll. Ob andere Todes ursache vorliegt, wird die ärztliche Untersuchung feststellen. — Bi« jetzt ist der Betrieb der sächsischen StaatS- eisenbahnen von dem Streik der Bergarbeiter nur insofern berührt worden, al« dem Rückgang der Kohlentransporte ein ver mehrter Aufwand für die theuere Ersatzkohlc gegenüberstehl. Ob gleich nun die SlaatSbahnvcrwaltung auch noch auf einige Wo chen mit Kohle genügend versehen ist, so gebietet doch die Vor sicht, Maßnahmen für den Fall einer längeren Dauer de» Streik« in den sächsischen Kohlenbezirkc» in» Auge zu fassen. E« wird deshalb vom nächsten Montag, den 19. d. M. ab eine wesentliche Einschränkung de« Personenverkehr« in Aussicht genom men, damit die Aufrechterhaltung des Betriebe« überhaupt unter allen Umständen gesichert bleibt. Von der Einschränkung sollen in der Regel die Früh, Mittag«- und Abcndzügc nicht betroffen werden. In den nächsten Tagen werden spccielle Anordnungen zu erwarten sein. Vor hundert Jahren. lr. Aekruar. - aber damit nichts erreichte, ging er mit äußerster Strenge ^vor. Die Vcndee und Bretagne waren seit Beginn der französischen Revolution nicht mehr rur Ruhe gekommen; die Emigranten, wie England stachelten die Bewohner fortgesetzt zum Widerstand auf. Nachdem ein Manifest Bonapartes allge meine Annestie verkündet hatte, legten die meisten Bewohner die Waffen nieder. Nur wenige unruhige Geister, wie Georges Cadoudal und LouiS de Frotto setzten den Kampf fort und hielten die Gemüther in Aufregung. Nun machte Napoleon kurzen Prozeß, schickte den alten Jacobiner Brune gegen diese Bourbonisten und die Aufständigen wurden rasch überwältigt. Cadoudal entfloh, Frottli ergab sich, wurde aber kriegsgerichtlich verurtheilt und am genannten Tage erschossen. 18. AeVruar. Telegraphie vor 100 Jahren (II). Der optische Telegraph, wie er vor hundert Jahren benutzt wurde, bietet in seinen Einzelheiten und in sei ner Anwendung sehr viel Interessantes, namentlich dadurch, daß man er kennt, wie mit verhältnißmägig geringen Mitteln Bedeutendes geleistet wer den kann. Hier noch einige Notizen: Die Schnelligkeit der Depeschenbeför derung war bewundernswerth, wenn man bedenkt, daß die auf mechanischem Wege (Bewegung der Balken) gleichsam nach Art unserer Eisenbahnsignale gegebene Nachricht doch immerhin eine Menge Stationen passiren mußte (wir würden es heute „umtelegraphiren" nennen). Eine Depesche von Lille nach Paris (60 Std. Entfernung) brauchte nur 2 Minuten, aus Straßburg (120 Std.) 6 Min. 52 Sek., aus Brest (150 Std.) 6 Min. 50 Sek. In Deutschland fand der optische Telegraph nur langsam und durchaus nicht allgemein Eingang; um 1^-00 waren die politischen Verhältnisse der Ein- führung nicht eben günstig; indeß befanden sich in Süddeutschland (Frank- furt a. M.) bereits mehrere Linien um diese Zeit. (Preußen folgte mit der Staatslinie Berlin Köln viel später, die Depesche lief 10 Minuten). So sinnreich der optische Telegraph war und so sehr er angestauut wurde, er hatte einen schweren Mangel: er konnte weder zur Nachtzeit, noch bei Regen oder Nebel, wenn dieser auch nur zwischen zwei Stationen erschien, gebraucht werden. So weisen denn ziemlich oft die Depeschen-Nachrichten die Notiz mitten im interessantesten Thcile auf: einfallender dichter Nebel »nacht die Fortsetzung nicht mehr erkennbar. IS. Ai'öruar. Etwas vom Transportwesen 1800. Daß die Beförderung der Güter, wenn nicht gerade zu Wasser, durch Frachtfuhrwerk geschah, ist be kannt, ebenso daß eS auf die verschiedensten Umstände auf Wind und Wetter, Straßen rc. ankam, wann man in den Besitz des Gute- gelangte. Wie es aber mit der Sicherheit in Beförderung der Güter bestellt war, erhellt auS der Bekam tmachung eines findigen Mannes in Gotha, Ehr. W. Dürfeldt. Die ser wendet sich an da- kaufmännische Publikum und betont „die schädliche Gewohnheit der Fuhrleute. Kausmannsgüter an einen Zwischenort auf ihrer Rerse abzuladen und solche anderen Fuhrleuten, Ablädern oder „Wirthen" zur Weiterbeförderung zu übergeben; da diese viel Zank, Aerger, Streit und Nachtbeil verursachende Sitte namentlich im Gothaischen eingerifsen sei, empfiehlt sich der genannte Herr als sicherer Spediteur und bittet die Güter direkt bis Gotha an ihn zu senden, von wo aus er für sichere Weiterbeför derung Sorge tragen werde. — ES klingt wie ein Märchen auS vergangener Zeit in unsere Postpacket, Fracht-, Eil-, Stück und Sammelgut-Zeit. Im Keich der Höne. Nsvellr von et. v. d. Osten. (Schluß.) 6. Ein Jahr war vergangen und da» erste Viertel de« zweiten, während Wanva die Schülerin des ersten Meister« der Geige gewesen war. Sie hatte in dieser Zeil vollständig zurückgezogen gelebt, jeder Gesellschaft entsagt und jede Stunde de« Tage« außer den nolhwendigen Speisestunden und einem Spaziergange sich ihrem Studium hingegebcn. L« wir, al« hätte Wanda« Natur seit jeher auf diese Zeit der Vertiefung in ihre Arbeit gewartet; wie der lechzende Wan derer aus den Becher Weine« wartet, um ihn bi« auf den letzten Tropfen zu leeren und keinen einzigen davon zu verlieren, so durstig sog sie die Belehrung ein, und die unermüdliche Anstreng ung war ihr nicht« al« eine Stillung ihre« Hunger« nach Voll endung in ihrer Kunst. Die treue Tante Rest hielt die Vereinsamung, die sie hier durch traf, geduldig au« und warnte nur zuweilen, daß Wanda ihrer Gesundheit nicht zu viel zumuthen möge. »Ach, laß mich nur, Tantchen, ich muß! Ich halte e« au«, ich bin ja glücklich. Weißt Du, Tantchen, daß ich jetzt oft ein überströmende« Mitleid mit meinem ganzen Geschlecht empfinde?" »Aber warum denn?" fragte Tante Rest verwundert. »Nun, weil e» viele, viele geben mag, die wie ich den Ruf empfinden, der Kunst oder einer anderen hohen Aufgabe, der Arbeit, der Wissenschaft ihr Leben zu weihen, und die nicht frei sind, e« zu Ihun wie ich, ihren verzehrenden Durst nicht stillen können, sondern unter dem Druck unserer staatlichen, gesellschaft lichen oder privaten Einrichtungen schmachten und verkümmern, vergehen, dahinwelkcn müssen, ohne zur Entwickelung ihre» inneren Menschen zu gelangen." Zu Ende de» Oktober trat Wanda zum ersten Mal in einem von Künstlern ersten Range« arrangirten Concert auf. Die Kreise der kunstsinnigen Welt sahen ihrem Debüt mit großer Spannung entgegen, denn trotz ihrer Zurückgezogenheit, oder vielleicht gerade wegen derselben, war ihr Name längst in aller Munde. Unbefangen und von keiner Kritik ihrer Person in ihrer elementaren Hingebung an die Kunst, an die hohe, einzige, für die sie einst init Herbert zusammen sich begeistert hatte, beein trächtigt, trat Wanda vor da« erwartungsvolle, den ganzen großen Saal bis aus da« letzte Stchplätzchen Wende Publikum und verneigte sich, ihre Geige in der Hand, mit freiem Anstande. Die schlanke Gestalt im schwarzen, mit lebendigen, röthlich-gclben Rosen garnirten Damastkieid, da« ausdrucksvolle Gesicht mit dem ernsten anziehenden Lächeln und in den großen schwarzblauen Augen machte sichtlich einen vortheilhaften Eindruck. Die Teil nahme stieg; man harrte mit Ungeduld auf den ersten Bogen strich, und schon nach der ersten Piece war der großartige Erfolg entschieden, den man seit lange erlebt hatte. In einer der vordersten Seitenlogen saß eine Gruppe von älteren, modisch gekleideten Herren. „Nun also, e« freut mich, daß ich Euch nicht zu viel gesagt habe," bemerkte einer der Bonvivants. „Ihr wolltet mir nicht glauben, nun seht Ihr'« ja selbst." „ So wa« findet man auch zu selten," antwortete ein An derer; und ein dritter fiel ein: „Na, wartet nur erst ab, wie lange der Zauber dauert. Wenn sie erst ordentlich in da« Leben hincinkommt, wird e« ihr nicht ander« gehen al« Allen. Ihr fehlt wohl noch alle Erfahrung." „Offen gesagt," nahm ein vierter, zu dem ersten gewendet, da« Wort, „wenn sie diese frische Rose schon lange und näher kennen, wie Sie sich rühmen, Nesselrott, so begreife ich nicht, wie Sie sich sie haben entgehen lassen können." Graf Nesselrott zuckte lässig die etwa« eingesunkenen Schultern. „Ich war ein Freund ihre« Manne«, da« sagte ich Ihnen ja. Nachher" — er lächelte faunisch — „hätte ich sie wohl haben können, wollte mich aber nicht binden, voilü Wut. Nun, wir werden sie ja nachher sehen!" Etwa« tiefer im Saale aus verborgenen Scitenplätzen saßen zwei junge Männe", der eine von kräftiger, männlicher Schön heit, der andere nur einem zarten, durchgeistigten Gesicht. E« war eben wieder ein Vortrag der Concertgeberin zu Ende, als dieser letztere zu dem ersteren mit einem herzlichen Lächeln sagte: „Zweimal habe ich Dlch schon «»geredet, Fritz, aber Du scheinst der Welt cnt'ückt zu sein, denn Du hörst mich ja nicht. Willst Du jetzt nicht einmal Deine Augen von Frau Wanva aus mich richten? E» ist zwar viel verlangt, allein in unbewacht meiner wichtigen Frage " Der Angercdetc legte seine Hand auf de» Anderen Arm. „Verzeih, Wilhelm, ja ich war entrückt, und kannst Du mir'« verdenken? Sic hat ihr Schicksal erfüllt, al« ein Stern schwebt sie hoch über un«; aber ich, ich muß ihr nahe sein, sie darf mir nicht entweichen. Doch Du hast recht, wir wollen schleunigst die Blumen bestellen, damit wir nicht hinter anderen zurückbleiben. Die schönsten soll sie von mir haben und nicht vom einem be liebigen Lasten. Wir hohlen sie selbst, komm!" Wanda hatte kaum den letzten Strich gethan, al«, noch ehe sie den Bogen absctzte, ein großer Lorbeerkran; vor ihre Füße flog. Sie sah sich suchend um, indem sie ihn aufhob, und den Spender, der sich in ihre Nähe gedrängt hatte, erblickend, erglühte sie vor seligem Schreck und drückte den Kranz mit einer raschen Bewegung an ihre Brust. Dem ersten Kranz folgte ein wahrer Blumenregen; Sträuße und Kränze thürmten sich um Wanda zu einem Wall einziger Art, in dem sic wie eine Gefangene de» Glücke«, lächelnd, strahlend, grüßend und dankend stand. Sie raffte noch einige Blumen auf, ohne eine davon an die Brust zu drücken, wo sie noch immer den Lorbeerkranz hielt, und zog sich unter donnerndem Beikallrus zurück. „Nun zu ihr!" Von Graf Wilhelm geführt, gelangte Klemens in da« Zimmer, in welchem die Künstler sich während der Pausen aushielten. Dort fanden sic Wanda schon von einer Gruppe von Herren umring», gegen deren Zudringlichkeit sie eine stolz abwehrende Haltung einnahm. Mtt peinlichem Schrecken sah Wilhelm, daß e« sein Vater war, der vor Wanda in einer Stellung vertrau licher Annäherung stand, vor der die junge Frau verletzt zurückwich. „Aber im Ernst, meine gnädige Frau," hörte er einen der anderen Aufdringlichen sagen, „Sie sollten nicht so spröde sein. Erzeigen Sie un« doch die Ehre, an unserem kleinen freundschaft lichen Souper thcilzunehmen; e» kommen noch einige andere interessante Damen; Sie sollen durchaus nicht mit un« allein vorlieb nehmen. Ich hoffe, der Champagner wird Sie nach der kolossalen Anstrengung erquicken." „Und beleben," fiel Nesselrott mit hämischem Lächeln ein. „Meine Gnädigste, vergessen Sie doch nicht, daß ich Ihr väter licher Freund bin, und da Sie sich doch nun einmal aus die freie Wellbühne gewagt haben — —" „O Vater, Vater!" Gras Wilhelm war rasch herangetreten und zog ihn fort. „War Ihust Du! O mein Gott, eine schutz lose Frau! Meine Herren." wandte er sich an die übrigen, „Sie sehen, daß Sie hier überflüssig sind. Frau von Xaver steht unter meinem und meine« Freunde« Schutz von diesem Moment an. Haben Sie die Güte, sie nicht mehr zu belästigen!" „Ah, der junge Mentor!" sagte einer der Herren, sein Monocle in« Auge klemmend und Wilhelm unverschämt anstarrend. „Seine« Vater« Hüter, hahaha, auf Ehre, k.slbar." Wilhelm errölhcte vor Scham und Zorn, .rschmL^"e c» aber, ein Wort zu antworten, und wie« stumm nur auf Wanda und Klemen«, die mit verschlungenen Händen und einer in de« andern Anschauen verloren, daslanden. Da begriffen sie, daß e» Zeit für sie sei zu verschwinden, und in zwei Minuten war da« Paar allein. Sie schreckten auf au» ihrer Versunkenheit, aber da« glückselige Lächeln blieb auf ihren Gesichtern. „Laß un« nach Hause," sagte Wanda, „Tante Rest wird schon längst aus un« warten." Zu Hause im traulichen Gemach lagen sie einander in den Armen, und Tante Rest stand vor Glück weinend daneben. „Da« Ziel ist erreicht," rief Wanda freudestrahlend, „und Dein Kranz war der erste Lorbeer, der mich gekrönt hat. Für alle Zeiten soll er da« Symbol unsere« Hause», unserer Liebe und unsere« Ruhme» bleiben! Ich danke Dir für die» sichtbare Zeich-n dafür, daß Du der erste in meinem Herzen wie in meinem Leben bist, mein Geliebter, und daß meine Kunst den gleichen Werth für Dich hat wie für mich." „Ich kann an mein Glück noch kaum glauben," erwiderte Klemen- mit heißen Wangen. »Ein« sage mir, süße Wanda, seit wann hast Du mich lieb gehabt?" „Vom ersten Augenblick an, da ich Dich sah; ich wußte e» nur nicht." „Und wenn Du e» gewußt hättest, würdest Du dann doch auf Deiner Ausbildung bestanden haben?" „Ja," antwortete Wanda frei, „weil ich die Ueberzeugung tief im Herzen hege, daß ich mir die volle Entwickelung meiner Persönlichkeit schuldig bin, wie jeder Mensch sie sich schuldig ist, und weil ich kraft ihrer meinem Manne viel mehr werth sein muß denn als halbe», geistig unreife» Wesen. Over bist Du nicht meiner Meinung?" „Ich bin es," sagte Klemen«, sie voll heißer Zärtlichkeit in seine Arme schließend. „Wir bieten uns gegenseitig da» gleiche: wie glücklich sind wir, wie glücklich werden wir bleiben!" Tante Resi kam wieder herangetrippelt. „Vergeßt nur über allem Glück nicht die Wirklichkeit, Kinder; der Tisch ist gedeckt, und Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen!" „Ach, Tante Resi" — Klemens zog sie mit in die Umarm ung — „jetzt essen und trinken? Aber wenn Sie e« wünschen, so wollen wir es thun, nicht wahr, Wanva?" „Wir müssen doch anstoßen," sagte Tante Resi und schob ihnen die Gläser hin; „ich wollte auch gern eine Rede halten, wenn ich eS nur könnte! Aber ich kann nur sagen: Möge Euer ganze» Leben ein Sonnenschein sein, hell durch den Geist in Euren Köpfen, warm durch die Liebe in Euren Herzen!" Gerührt stießen sie an und dankten für den sinnigen Trink spruch, da tönte in da» Klingen der Gläser die Thürglocke. Gras Wilhelm schickte in Riesenkörben WanvaS BlumenlrophLen und al» sein Brautgeschenk zwei große schöne Vasen dazu. „O, ein edler Mensch!" rief Wanda. „Welch unschätzbarer Gewinn ist ein solcher Freund für da» ganze Leben!" Sie wühlte in den Blumen und nahm einige der schönsten heraus. „Die sind für ein Grab bestimmt," jagte sie wehmüthig, „für ein zu frühe« Grab. Ihm gebührt rechtmäßig der größte Theil dieser Spenden, denn ihm verdanke ich die erste Erkennt- niß meine« Talent«." „Wir beide wollen Sie ihm bringen," flüsterte ihr Klemen» zu, „nicht wahr, mein süße» Lieb? Sein Anvcnken soll für immer bei uns in Ehren bleiben." Vermischte Nachrichten. — Auf höchst unangenehme Weise wurde in der Vorwoche ein junger Mann in Wien in seinem CarnevalSver- gnügen gestört. Herr U. hatte zu Beginn de« Winter« seinen äußeren Menschen auffrischcn lassen, invem er sich einen neuen Winterrock anschafftc. Trotzvem der junge Mann daS Kleidungi- stück täglich am Körper hatte, vergaß er ganz den Schneider, der e« geliefert hatte unv die hundert Kronen, welche er dem Schnei der schuldig geblieben war. Mahnungen und Klagen de« Schnei der« blieben ersolglo», und so erwirkte d-r Schneider die Vor nahme der Leibespfändung gegen seinen säumigen Schuldner. Auf dein letzten Maskenballe im „Hotel Bayerischer Hof" war Herr U. al« Gast anwesend. Er unterhielt sich inmitten de« frohen MaSkentreiben« vortrefflich und am Arme eine» niedlichen BübsS trat er zur Quadrille an. Längere Zeit hatte da« Paar kein Gegenüber, bi» sich zwei Herren einfanven. Die Musik fiel ein, der Tanz begann. Während de« Tanze« flüsterte einer der Herren dem jungen Manne zu: „Ich bin Solliztator, meine „Dame" ist ein AmtSdiener; wir kommen in Angelegenheit de» Schneider» X.!" Herr U. wechselte die Farbe, während e« Keffer gewesen wäre, wenn er einen Hunderter hätte wechseln können. Seine Tänzerin fragte ihn besorgt, ob er denn unwohl sei. „Die zwei Herren al« Gegenüber verwirren mich", sagte er und trat au« der Colonne au«. Auch da« Gegenpaar hörte auf zu tan zen, die beiden Herren nahmen Herrn U. in die Mitte und führ ten ihn in da« Inspektion« Zimmer. Dvr nahmen sie ihm vier zig Kronen ab, die er in baarem Geld« bei sich hatte. Doch die se« genügte nicht zur Deckung der Schuld, auch die Uhr mußte der junge Mann hergeben. Nun galt er noch die Kosten der Pfändung- Kommission cinzutreiben, al« deren Deckung ein gol dener Ring angenommen wurde. Der junge Mann will nie mehr Quadrille tanzen! — Ein delikater Sonntag-braten. In einer Ge markung de« Ovenwalde« waren, angeblich durch Mäusevergift ungen auf dem Felde, zahlreiche Hasen cinzegangen. Der Jagd pächter wollte sich Gewißheit über die Ursache de« Hasensterben« verschaffen und schickte einen im Felde eben eingegangenen Hasen an einen befreundeten Thierarzt zur Sektion. Oer Hase wurde nach der Post gesandt und dem Sohne, der die« besorgte, auch ein Begleitschreiben zur Beförderung in den Briefkasten mitge- gebcn. Der Junge nahm den Brief, vergaß aber, ihn in den Kasten zu stecken. Der Hase langte auch richtig am Ziele an. Erst einige Tage später bemerkte der Junge zu seinem Schrecken, daß er den Brief nicht aufgegeben, und warf ihn nun, um sich eine Tracht Prügel zu ersparen, ohne dem Vater etwa« zu sagen, in den Kasten. Am selben Tage aber erhielt der Jagdpächter von dem Thierarzt einen Brief, der jedoch nicht einen Sektton«- befund, sondern Danke«äußerungen enthielt. Der Jagdpächter erschrack sehr, da er annahm, der Brief sei aus der Post verloren gegangen, und hielt c» nun für angezeigt, den Thierarzt nicht über die TodeSart de» Hasen aufzuklären. Inzwischen kam aber der von dem Jungen verspätet ausgegebcnc Brief in die Hände de« Thierarzte«. Dieser war zuerst darob sehr verlegen, faßte
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