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- Erscheinungsdatum
- 1899-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189909300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990930
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990930
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-30
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Monat
1899-09
-
Jahr
1899
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— Auerbacb. Im Frühjahr diese- Jahre- erweckte in hiesiger Gegend der Tod der Ehefrau de» Herrn Vehrer« Möschke in Schnarrtanne allgemeine Theilnahme und wegen der be gleitenden Umstande auch einige» Aussehen, da man die Schuld an dem traurigen Au-gange schon damal» allgemein der dortigen Hebamme Hergert beimaß. Am 27. d. M. stand nun die genannte Hebamme unter der Anklage der sahrliissigcn Tödtung vor der I. Straskammer de» kgl. Landgericht» zu Plauen. Die Anklage legt ihr zur Last, daß sie am 24. März d. I. bei einer Entbindung der LehrerSehesrau Möschke in Schnarrtanne nur theilweise nach den Regeln der Hcbammenkunde verfahren ist, daß sie auch die sofortige Herbeiziehung eine» Arzte« unterließ, so daß infolgedessen bei der Wöchnerin Krankheit und schließlich der Tob eintrat. Bei rechtzeitigem Eingreifen de» Arzte» wäre die« vor aussichtlich verhindert worden. Die Königliche Staatsanwalt schaft beantragt die Bestrafung der Angeklagten, da die Beweis aufnahme ergeben habe, daß sich die Angeklagte grober Fahrlässig keit schuldig gemacht. Der Gerichtshof vcrurthcilte die Hergert wegen fahrlässiger Tödtung nach 8 222 de» Str.-G.-B. zu einem Jahr sechs Monaten Gefängniß. Zu Ungunslen der Angeklagten war bei Ausmessung der Strafe in» Gewicht gefallen, daß ihr eine besonder» reiche Erfahrung zur Seite stand, daß ihr mehrere Verstöße grober Art zur Last gelegt werden mußten und daß sie sich der Herbeiziehung eine» Arztes geradezu widersetzt hat. — Falkenstein, 2b. September. Am gestrigen Abend kam c» zwischen zwei hiesigen Einwohnern und mehreren Zigeu nern, welche dieselben auf ihrem Heimwege von Trieb nach Falken stein, unweit Siebenhitz, überfielen, zu einem Handgemenge. Die Zigeuner wollten da» Geld unserer beiden Einwohner; dieselben setzten sich aber mit ihren Stöcken bezw. Schirmen zur Wehr, wobei die betreffenden Gegenstände völlig zertrümmert wurden. Geld erlangten die Zigeuner nicht. Die beiden Männer en,gingen noch glücklich den Händen der gefährlichen Wegelagerer. — Klingenthal, 2b. September. Am Sonntag Abend wurden 5 Klingenthaler Herren, die von Hüller'» Gasthau» in Markhausen nach Klingenthal zu gingen, auf der GraSlitzer Straße von einer Anzahl roher Burschen in gemeinster Weise insultirt. „Sachsenhunde" und ähnliche Ausdrücke wurden in wohlfeilster Weise geboten. Die Burschen hatten es offenbar darauf abgesehen, eine Schlägerei in Scene zu setzen, denn da oie Klingenthaler Herren keine Notiz von den Burschen nahmen und ruhig ihres Weges weiter ginge», wurde ihnen ein wahrer Steinhagel nachgesendct. — Von R. Fritzsche's Kursbuch für Sachsen, das übrige Mitteldeutschland, Böhmen und Schlesien, sowie die hauptsächlichsten Anschluß» bahnen in Nord- und Süddeutschland rc. ist die Winterausgabe vom I. Oktober 1899 rechtzeitig wie immer erschienen. Die Vielseitigkeit dieses Kursbuches hat ihm ohne marktschreierische Reklame »u einer großartigen Verbreitung verholfen. Es beschränkt sich nicht darauf, die Fahrpläne der Eisenbahnen, Dampfschiffe u. Fahrposten abzudrucken, sondern es verarbeitet das immer mehr anwachsende Material zu einem nützlichen, zuverlässigen und bequemen Rathgeber für alle Reisenden mit einer auf langjährige Erfahr» ungen gegründeten besonderen Umsicht, und wie jede Ausgabe zeigt auch die vorliegende die unablässig bessernde Hand. Schon das Verzeichniß der Lokal- Fahrkarten zwischen Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau und sämmt» lichen Verkehrsstellen des Landes allein enthält so viel werthvolle Hinweise, besonders über die Giltigkeit der Rückfahrkarten über verschiedene Linien, daß der Nutzen, den Fritzsche's Kursbuch auch in dieser Hinsicht dem Reisen den bringt, klar in die Augen springt und die große Verbreitung des Buches erklärlich macht. Aus den direkten Verbindungen, die das Buch enthält und den besonders aufgeführten direktes Anschlüssen in Berlin, München und Wien kann man sich auch über größere Reisen leicht orientiren. Zwei Karten, darunter eine prächtige Spezialkarte für die Sächsischen Bahnen mit gleichzeitiger Angabe der Zugehörigkeit der einzelnen Linien zu den Be triebsdirektionen erleichtern den Gebrauch in vorzüglicher Weise. Der Preis von 50 Pfennigen ist der alte. Der Polizei verfallen. Erzählung von Philipp Galen, Verfasser des „Irren von St. James", „Fritz Stilling" rc. («. Fortsetzung.) Wir Beide griffen, wie zwei junge von langem Hunger ge plagte Löwen nach einem frischen Braten, nach den hingercichtcn Papieren, und in wenigen Minuten waren wir eifrig beschäftigt, die darin stehenden Zeilen mit athemloser Hast zu durchfliegen. Das Ganze kann ich Euch nicht mitthcilen; denn ich war so erregt, daß ich nur flüchtig lesen konnte und bald schon viele» darin wieder vergessen hatte, aber da« Hauptsächlichste ist mir hasten geblieben, und e« lautete dahin, daß wir, wenn wir ver sprächen, un» fernerhin von jederlei politischem Treiben scrnzu- halten, keiner Burschenschaft mehr anzugehörcn gelobten und dem Polizeirath Duncker bald nach unserem Eintreffen in der Heimath Nachricht von unserem künftigen Aufenthaltsorte geben würden, daß wir uns, sage ich, von Stund' an al» freie Menschen be trachten dürsten. O, da« war Balsam für unser schwergeprüfte» Herz, Ihr könnt e» mir glauben. Wir besannen un» auch keinen Augen blick, sondern griffen voll Hast und mit zitternder Hand nach der un« schon dargebotenen Feder und unterschrieben ohne Weitere« die un» vorgelegte Schrift. Al» der Polizeirath unsere Unter schriften bedächtig angesehen, streute er mit eigener Hand Sand daraus und steckte die Papiere wieder in seine Brustiasche. „So," sagte er, „nun ist e» vollbracht, und — Sie sind frei. Gehen Sie mit Gott! Ihr Gesang hat Ihnen mehr und schneller geholfen, al» Sie vielleicht denken, und ich will wünschen, daß er Ihnen auch fernerhin und anderswo so vielvermögende und dankbare Freunde und Gönner zu verschaffen die Kraft be sitze wie hier." — „Da nahmen wir denn mit fast Ihränendcn Augen Abschied von rem guten Mann und dankten ihm au« überströmendem Herzen für seine un» so vielfach bewiesene Güte. Nachdem er un» nun noch einmal die Hände geschüttelt, verließ er un« rasch und sichtbar gerührt, wir aber packten unsere erbärmlichen Habselig keiten so schnell wie möglich in zwei Bündel und traten hastig, wie mit Flügeln begabt, au« der Thür, die unser guter Schließer un» schon mit freudigem Gesichte weit geöffnet hatte. Gleich darauf stürzten wir wie besessen die Treppe hinab, drückten un» aus der Straße noch einmal die Hano, und ich — sprang in die erste beste Droschke, um meinen Weg sofort zu Dir zu nehmen, lieber Wilm. Und hier bin ich und hoffe, daß Du mir alsbald mit etwa« Geld unter die Arme greifen wirst, damit ich mir schon morgen neue Wäsche und einen Rock kaufen kann, um bald nach meiner Heimath und zu meinem alten Vater abreisen zu können. Bi» ich aber da« kann, mußt Du mir auch Quartier geben, und sollte Deine Philiströse Dir. kein zweite» Bett für die paar Nächte aus schlagen können, so schlafe ich hier aus dem Sofa und decke mich mit dem Schlafrock zu, den Du unbescholtener Staatsbürger da aus Deinem Leibe trägst. Und da» ist Alle», wa« ich für jetzt Euch sagen kann und will, und damit Punktum, kinis coronut »pus. Amen." Wir zwei Studenten der Medizin, die wir un» noch kurz vorher mit den trockenen Knochen längst verstorbener Menschen so eifrig beschäftigt, hatten der lebcnsftischen Erzählung de« so talentvollen jungen Manne», von dem wir damals nicht ahnten. daß er schon in drei Jahren al« weitberühmter Sänger die ganze theatralische Welt mit seiner herrlichen Tenorstimme entzücken würde, mit der größten Aufmerksamkeit und Spannung zugehört, und al» er nun damit fertig war, blieben wir eine Weile stumm und in un» versunken vor ihm sitzen und starrten ihn wie eine Art modernen Wunderthiere« an, da» schon viel mehr vom Leben gesehen und ersahren al» wir, und von dem wir nicht wußten, ob wir ihn ob seine» merkwürdigen, so früh über ihn hcreinge- brochenen Schicksal« mehr bewunvern oder bedauern sollten. Jndeß sammelten wir bald unsere aufgeregten Leben»geister wieder und sprachen ihm mit warmen Worten unsere ganze Theilnahme und unseren Glückwunsch über seine endliche Befrei ung aus so langer Kerkerhaft au«. Natürlich war mein Freund Wilhelm, der sich eine» bedeuten den Wechsels seitens seine- wohlhabenden Vater» erfreute, sofort bereit, dem alten Schulfreunde und Vetter mir seinen Mitteln beizuspringen. Nur diesen einen Sonntag'Nachmittag und Abend blieben wir ruhig und gemüthlich in Wilhelm« Zimmer sitzen und be sprachen noch einmal weitläufig Alle», wa» wir soeben vernommen, und wie e- zu bewerkstelligen sei, daß der von allen Mitteln Entblößte sich bald wieder in einer sauberen Gestalt der Welt zeigen und dann, innerlich aus» Höchste über seine Freilassung beglückt, in seine Heimath zurückkchrcn könne. Auch sand er ein bequeme« 'Nachtlager bei unserem guten Wilhelm; denn de« letzteren Wirthin, bei der schon jahrelang Studenten gewohnt, Halle sich sofort willig gezeigt, Betten für da« hinreichend lange Sosa zu liefern. Schon am nächsten Tage, al» ich auf eine halbe Stunde bei Wilhelm vorsprach, erfuhr ich, daß die nöthige Wäsche bereit» gekauft sei und die übrige erforderliche Kleidung in wenigen Tagen von einem flinken Schneider geliefert werden würde. Aber erst vier Tage nach seiner Freilassung war er völlig neu damit ausgestattet, und dann reiste er, von un« Beiden an den Postwagen begleitet, nach seiner Heimath ab, nachdem er versprochen, un« bald Nachricht von seiner Ankunst daselbst und von der Art und Weise seine« Empfange« von feiten seine» Vaters zu geben. Auch hielt er darin Wort; denn schon nach vierzehn Tagen, nachdem auch wir etwa« ganz 'Neue« und Unerwartete» erlebt, wa» ich auf den folgenden Seiten zu schildern haben werde, langte ein umfangreicher Bries an Wilhelm an, und wir erfuhren daraus, daß Adalbert N. von seinem lieben Vater liebreich aus genommen sei und dieser sich bereit erklärt habe, von seinem bisherigen Wunsche, seinen Sohn dermaleinst al« Geistlichen auf der Kanzel zu sehen, Abstand zu nehmen und zuzugeben, daß er seinem Kunstdrange folgen, seine Stimme ausbilden und seinem künftigen Beruse al» Theatersänger nachgehen könne. Indessen hatte die eben berichtete Begegnung mit dem un schuldigen Demagogen und die Erzählung seiner Erlebnisse im Gefängniß eine» tiefen Eindruck aus un» gemacht, und oft genug besprachen wir, da wir un« fast täglich sahen, wa« wir von ihm vernommen, und wie gefährlich e« doch sei, sich einer Burschen schaft anzuschließen und durch sie in die politischen Händel der Gegenwart verwickelt zu werden. Wir Beide waren nicht« weniger al« politische Kannegießer, ja wir halten bi« dahin keine Ahnung von der Tragweite der artiger Bestrebungen, wie wir sie jetzt kennen gelernt, gehabt. Wa« mich betrifft, so war ich, trotzdem ich alle Tage eine Zeit ung la«, ziemlich unbekannt mit dem politischen Treiben der da maligen studentischen Jugend, und al« Eleve de« Friedrich Wil helm-Instituts hätte ich ja auch gar nicht daran denken dürfen, selbst wenn ich Neigung dazu gehabt, mich einer unerlaubte» Verbindung anzuschließcn. Jetzt aber, nachdem wir die sonnenklare Ueberzeugung erlangt, wohin ein solches Gelüste führen könne, hatten wir erst recht einen un« die Haut schaudern machenden Respekt davor bekommen, und wenn wir auf der Straße oder aus Spaziergängen im Thier garten einem Gendarm oder Polizcimann begegneten, sprachen wir im stillen ein bange« äpaM Sutane! denn wir halten eine heillose Angst, daß dieselben mir ihren feinen Spürnasen auch in un«, da wir Studenten seien, heimliche Anhänger der staatsfeind lichen Umsturzpariei wittern könnten. So vergingen uns acht oder zehn Tage in äußerer Ruhe, aber unsere innere Aufregung war noch lange nicht ganz über wunden, und immer wieder trat un« die Besorgniß nahe, daß einmal irgend etwa» geschehen könne, wa« un«, wenn auch ohne unser Verschulden, mit der gefürchteten Polizei und ihren Hand langern in eine nähere Berührung brächte. War da« Instinkt, eine dunkle Ahnung, ein unbegreifliche« Vorgefühl, oder wa« war e« sonst? Genug, wir beiden unschuld igen Seelen litten, so viel ist gewiß, an einer unklaren, dumpfen Empfindung, daß auch wir bald mit der Polizei bekannter werden würden, und die Empfindung täuschte un« nicht, wir wurden wirklich mit ihr bekannt, obgleich in einer ganz anderen und minder gefährlichen Weise, al- der arme Sänger Adalbert N... e« erfahren. Allein seinem Geschicke entgeht auf dieser Erde Niemand, und so sollte e» auch un» geschehen; merkwürdig war dabei nur, daß dieselbe Person, die in der Erzählung unsere» gcsangerkund- igen Freunde» die Hauptsädcn der Handlung geleitet, auch un» in den Weg geführt wurde, um vor unseren Augen eine nicht weniger interessante Rolle zu spielen. Höre man also, wa« un« beiden fleißigen Studenten der Medizin zwei Wochen später, und zwar gerade wieder an einem Sonntage begegnete, bi» zu welchem der bereit» sehnlich erwartete Brief de» Freigelassenen au« Thüringen noch nicht an meinen Freund Wilhelm eingelausen war. Wir saßen Nachmittag» drei Uhr wieder aus de» letzteren Zimmer in der Dorotheenslraße beisammen, hatten un» schon die Knochen zurechtgelegt, die wir un» diesmal vordemonstriren wollten, und warteten mit dem Beginn unsere» Vortrage» nur noch so lange, bi« der seiner Vollendung bereit« nahe Kaffee au» der dampfenden Blechmaschine in die Taffen gegossen werden konnte. Freilich, die heutige Sonntagsarbeit wurde un» doppelt schwer gemacht, einmal weil wir in unseren Repetitionen bi» zu den langweiligen Fußwurzelknochen gekommen waren, die ein an gehender Mediziner nur selten in sein Herz schließt, und sodann, weil c» ein herrlicher, sonniger Tag war, der alle Welt in» Freie lockte und auch un» zu verführen drohte, bi» Wilhelm in edler Fassung und Sclbstbezwingung sagte: „Ja, e» ist zwar herrliche» Wetter und die frische schöne Natur spricht vornehmlich zu unseren Herzen, aber wir wollen un» für« erste nicht dadurch verführen lassen. Treiben wir also Osteologie bi» fünf oder halb sechs Uhr und dann wollen wir nach dem Thiergarten wandern und un» im Albrecht-Hof mit einer Satte kühler saurer Milch ein Genüge thun." Da« war mir natürlich recht, und der ländliche gemüthliche Albreckl»hof, so einfach in Allem und Jedem, wie kein andere» Kaffeclckal um ganz Berlin, zog damals gerade solche Leute sympathisch an, wie wir waren, die sich für wenige» Geld er quicken und dem Treiben der großen Welt au« behaglicher Ferne zuschauen wollten, ohne in den Strudel derselben gezogen zu werden. Endlich gab unsere Umstülpmaschine, zum Zeichen, daß sie ihre Pflicht erfüllt, vollen Dampf au», ich griff schon nach dem vor mir auf dem Tisch liegenden Schienbeinknochcn, al« wir Jemand, gerade wie vor vierzehn Tagen, nur nicht so heftig und stürmisch polternd, aus dem Flur an unsere Thür treten hörten. Auch stand er, wie Adalbert damal» eine Weile an derselben füll und schien ebenfalls die daran hastende Visitenkarte zu lesen. „Da kommt wieder Jemand, der un» stört," sagte ich und blie« vor Verdruß eine ungeheure Rauchwolke au» meiner langen Pfeife in die Lust. „Wer sollte heute kommen, am Sonntag?" erwiderte mein scharf aufhorchendcr Freund. „Ruprecht, Baumbach und die An deren sind alle nach Treptow gefahren, die also können e» nicht sein. — Still," unterbrach er sich, „e» klopft!" Ja, e» hatte hörbar eine Hand an die Thür gepocht, aber sie ging bescheidener zu Werke, al« die Adalbert- vor vierzehn Tagen, der gleich mit der Thür in die Stube gestürzt kam; denn der leise Ton, der diesmal an unser Ohr drang, klang gerade so, al» ob der Klopfende eine demüthig Bitte ausspräche, in das Heiligthum der fleißigen Studenten eingelassen zu werden. „Herein!" rief Wilhelm mit möglichst kräftiger und ziem lichen Unwillen verrathender Stimme. Da that sich die Thür ganz langsam und vorsichtig auf, als zage der ungebetene Gast, vor die drohenden Augen der ihn nicht gerade willkommen heißenden Insassen de» Zimmer» zu treten. «Fortt«,UN, tol,t.> Vermischte Nachrichten. — Acht Tage eingeschncit. Au» Innsbruck wird der „'N. Fr. Pr." berichtet: Am vorvergangenen Sonnabend Abends kam nach St. Anton am Arlberg die wie ein Lauffeuer sich ver breitende Nachricht, daß der seit acht Tagen vermißte und gesuchte Hirtenknabe endlich gefunden worden sei. Am 10. Septemher war der erst 15 Jahre alte Knabe in da» südwestlich von St. Anton befindliche Maroithal geschickt worden, um die Schafe zu holen ; seit dieser Zeit wurde er vermißt. Jäger, Hirten, Bauern und andere Leute zogen erfolglo» au«, ihn zu suchen. Schon glaubte man, daß der Arme in den Schneestürmen jener Tage unter eine Lawine gekommen oder sonst wie verunglückt sei. Die Nachforschungen wurden indeß doch, obwohl man kaum mehr eine Hoffnung auf Rettung hatte, fortgesetzt. Da kam man endlich auch zu der mehrere Stunden jenseits de» Joche» befindlichen halbzerfallenen sogenannten Gstoanscr Rinderhütte, die schuhtief im Schnee stak, und in dieser fand man in einer Ecke auf dem wenigen in der Hütte vorhandenen, ganz durchnäßten Heu den seit acht Tagen vermißten Knaben. Wunderbarerweise war er noch am Leben und bei Bewußtsein, aber seine Beine waren starr und bi» zur Hälfte schon elfteren. Die Kleider und der Mantel, seine einzige Hülle, waren ebenfalls durch und durch naß. In der Hand hatte er seinen Scapulir. Die Freude, sich gerettet zu sehen, kann man sich vorstellcn. „Mein Lebtag" — rief er au« — „vergiß ich Euch dös nit. Länger al» heut' hält' ich'» nit vermacht." Der Knabe hatte sich in dem Schneetreiben verirrt und war endlich zu dieser Hütte gekommen. Von dort ging e» nicht mehr weiter. In der Tasche hatte er ein Stück Brod, da« er am Montag Vormittag verzehrte. Seitdem hat er nicht» mehr genossen. Am Dienstag hörte er draußen im Thal die Hirten schreien, die das Vieh Heimtrieben ; er rief ihnen zu, bekam aber keine Antwort — sie hatten ihn nicht gehört. Nun wurde e» still. Nur der Sturm, der über die Höhen zog, heulte durch die zahlreichen Lücken de« Gebälkes und trieb eiskalte Schnee massen herein. Da» zerfallene Dach gewährte ebenfalls keinen Schutz. Der Knabe muß dann cingeschlafen sein oder da« Be wußtsein verloren haben. Er konnte gar nicht glauben, daß e» schon der achte Tag war, al« man ihn fand; er meinte, er sei erst drei Tage hier. Ein kräftiger Mann nahm den armen Kna ben auf den Rücken und trug ihn bi« zur Branntweinhüttc im Ferwallthale, wo man ihn mit warmer Milch labte. Dahin be gab sich noch im Laufe der Nacht ein Arzt. — Erhitzung durch kalte« Wasser. E» ist eine merk würdige und verblüffende Erscheinung, die schon manchem Ge lehrten viele» Kopfzerbrechen gemacht hat, daß eine an einem Ende bi» zur Roth- oder Weißgluth erhitzte Eisenstange am an deren Ende heißer wird, wenn sie plötzlich in kalte« Wasser ge taucht wird. Den Arbeitern in Eisenhütten ist diese räthsclhaste Thatsache ivohibekannt, während eine Erklärung diese« scheinbaren Widerspruche« noch immer auf sich warten ließ. Jetzt hat der belgische Professor Lagrange diesen Gegenstand für wichtig genug erachtet, um seine Versuche darüber der belgischen Akademie der Wissenschaften vorzulegen. Er weist darin nach, daß die beschrie bene Wirkung gar nicht» Unnatürliche» besitzt, sondern im Ein klang mit den gewöhnlichen Gesetzen der Wärmeleitung steht. Die eiserne Stange wird in jedem Falle in einem Zustande vom Feuer entfernt, in dem der höchste Grad ihrer Erhitzung noch nicht erreicht ist. Daher ist die Temperatur de« nicht im Feuer befindlich gewesenen Ende» noch im Steigen begriffen, nachdem die Stange vom Feuer genommen worden ist. Wird nun da heiße Ende der Stange unmittelbar darauf plötzlich in kalte» Wasser getaucht, so nimmt die Temperatur an dem anderen Ende noch zu, und zwar schneller, al« e» ohne die gewaltsame Abkühl ung der Fall sein würde. Dagegen erreicht jene« Ende der Stange keine so hohe Temperatur mehr, al» wenn man da» heiße Ende der Stange langsam sich abkühlen lassen würde. Man kann aber auch die Stange so lange erhitzen, bi« sie in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmäßig in Gluth gerathen ist, und dann findet auch keine weitere Zunahme am anderen Ende statt, ob da« heiße Ende nun langsam oder schnell abgekühlt wird. Da» scheinbare Räthsel löst sich also auf einfache Weise. — Die eigene Mutter! In Walburg»kirchen wurde ein 6 Wochen alte» Kind ermordet aufgcsundcn. lieber diese That ist jetzt ein entsetzliche» Licht verbreitet worden: Die eigene Mutter hat ihre beiden Kinder, die 6jährige There« und die Ojährige Hedwig, zu dem Mord an dem jüngsten Kinde angelcitet, sie hat den Beiden Spielzeug versprochen, wenn sie da« kleine Würmchen umbringen würden. Und die Kinder waren folgsam und thatcn, wa» ihnen die Mutter befohlen hatte. Sie trugen da» Kind in den Wald und zertrümmerten der Kleinen den noch weichen Schädel. Da» unnatürliche Weib wurde verhaftet. — Folgende Manövergeschichte erzählt ein lothring ische» Blatt. Da» lothringische Dorf Tcterchen sollte Einquar tierung erhalten. Den vielbeschäftigten Bauern war die» unan genehm, und einige besonder» pfiffige Leute suchten sich vor ihr zu sichern, indem sie meldeten, ihre Pferde hätten eine ansteckende Krankheit. Da» half; die einquartirte Artillerie zog nach dem benachbarten Dorfe Gelmingen ab. Die dortigen Schlauköpse hatten von dem Teterchener Kniff gehört und wollten ebenso pfiffig sein. Nun kam der Militärbehörde die Sache verdächtig vor. Der Krci»thierar;t wurde beauftragt, die Ställe und die angeblich kranken Thiere zu untersuchen, und sein Urtheil lautete:
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