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- Erscheinungsdatum
- 1899-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189903283
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990328
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990328
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-28
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Monat
1899-03
-
Jahr
1899
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Das uns zu ernstem, heißen Streben Mit euch, ihr Freunde, ost vereint; Lusjubelnd stürmt ihr in das Leben, Das sonnig euch entgegenscheint. Wir, die wir lang aus gleichen Wegen Borschrcitend setzten Fuß um Fuß, Wir dringen scheidend euch entgegen Den letzten frohen Wandergruß; Behüt' euch Gott, wohin auch immer Da« Leben eure Schritte lenkt. Ob es euch führt zu Glanz und Schimmer Der Höhe, ob zum Thal sich'« senkt! Und schwellt euch heut' der Zukunft Ahnen Froh und lebendig eure Brust, So laßt noch einmal euch gemahnen Bergang'ner Zeiten Glück und Lust! Was euch die Schule als Vermiichtniß Mitgiebt aus eure Lebenssahrt, O haltet treu es im Gedächtniß: Wahrt deutsches Wesen, deutsche Art! Die deutsche Art, schlicht, ernst, bescheiden. Willig erfüllt die schwerste Pflicht, Nicht unrecht thut, auch wenn wir'« leiden, Die nur mit reiner Waffe ficht. Die Volk und Vaterland' uns lieben. Dem Freunde Treue halten heißt, Feind allen niedern, schlechten Trieben Und Todfeind allem Lügengeist! Im Dienst des Edlen und des Guten Mitwirkend für des Ganzen Wohl, Laßt lodern eures Herzens Gluthen! „Für unser Volk!" sei euch Symbol! Dann mögt ihr in des Lebens Wirren Umtobt von Zweifel, Schuld und Reu Wohl menschlich fehlen, menschlich irren, — Sei'« drum, — bleibt Ihr Euch selbst nur treu! Strebt Jenen nach, die oh»' Ermüden Geregt den Geist, gerührt die Hand, Zu hoher Ehr' in Nord und Süden Gebracht den deutschen Kaufmannsstand; De» Männer» hier i» uns'rcr Mitte Strebt nach! den Männern eig'ner Kraft, Die uns'rer Stadt Fleiß, Kunst und Sitte Bis übers Meer hin Ruhm geschafft! Und war's ihr Wille nicht, ihr Streben, Nicht ihre Ops-rwilligkeit, Die uns die Schule erst gegeben, Die uns das neue Haus nun weiht, Das schnell, gehorsam ihrem Worte, Und gastlich uns bald seine Pforte^ Zu segenvollem Thun erschließt? So zieht mit Gott! Wahrt das Vermächtniß, Das di- Vergangenheit euch giebt, Und haltet Treue dem Gedächtniß Derer, die euch, wie wir, geliebt! Es führe euch durch euer Leben Und kalte euch in seinem Bann Der Friede, den die Welt nicht geben, Doch auch die Welt nicht nehmen kann! (Ged, von Reinhold Milde,) — Eibenstock. Am I. April d. I. wird Herr Gerichts vollzieher Aktuar Böhme nach Tharandt versetzt, Herr Böhme hatte sich durch sein freundliches und zuvorkommendes Wesen bei der hies. Einwohnerschaft sehr beliebt gemacht, sodaß man ihn allgemein ungern scheiden sieht. Ein treues und thiitigeS Mit glied verliert dadurch der Gabclsberger Stenographen- sowie der Beamten-Verein. An Stelle des Herrn Böhme tritt Herr Ex pedient Hirsch, während die Stelle des letzteren Herr Expedient Worm aus Dresden cinnehmen wird. — Schönheide. In hiesiger Parochie beträgt die Zahl der diesjährigen Konfirmanden 184, nämlich 02 Knaben und 92 Mädchen. Diejenigen hiesiger Schule haben bei ihrer Entlassung eine Lutherbüstc von Rietschel als Geschenk gestiftet. Am Nach mittag des Palmsonntags begaben sich die jungen Christen unter Führung der Herren Geistlichen und Begleitung der Eltern nach dem Hendel'schen Gasthof zu Schönheiderhammer, wo in würdiger Weise durch Gesang und Deklamation der Tag feierlich begangen wurde. Eine Anzahl derselben wurde durch den Kreuzbrudervercin mit Schuhwerk versehen, außerdem wurden arme, würdige Kon firmanden mit Gesangbüchern bedacht. — Schönheiderhammer. Frau Hans Edle v. Quer sur th, eine edle Wohlthäterin unserer Gemeinde, hat in Anlaß der Konfirmation ihrer ersten Tochter sämmtlichen Konfirman dinnen eine goldene Kette mit Kreuz als Erinnerung verliehen. — Unter st ützenzrün, 2b. März. Gestern wurde unter dem Verdachte der versuchten Brandstiftung der 31 Jahre alte Sticker Groß von hier von der Gendarmerie verhaftet und an das Amtsgericht zu Eibenstock abgeliefert. Er soll vorigen Mon tag Abend im Hause des Stickereifabrikanten Falk hier, woselbst er arbeitete, einen Haufen Grummet vorsätzlich angezündet haben, um das Hau« in Brand zu setzen. — Dresden, 24. März. Vor nunmehr 28 Jahren be gannen in den deutschen Festungen und Städten, wo sich fran zösische Kriegsgefangene befanden, die Vorbereitungen zum Rücktransport der letzteren nach Frankreich. In Sachsen lagen damals 276 Offiziere und 22,779 Mann. Im Depot Dresden lagen davon untergcbracht 63 Offiziere und 18,249 Mann, im Depot Leipzig 209 Offiziere und 3846 Mann, auf dem König stein waren 4 Offiziere und 684 Mann. Das Gefangenendepot Dresden umfaßte das Barackenlager bei Uebigau mit etwa 9500 Mann, die Infanterie-Kaserne an der Hauptstraße mit etwa 3000 Mann, das Alaunplatzlagcr mit ExerzierhauS mit 2149 Mann, der Heergeräthschuppen an der Königsbrückerstraße mit 1800 Mann und den Wagenschuppen zwischen der 8. und 9. Schanze mit etwa 1800 Mann. Den Offizieren waren zumeist ermicthete Privatquartiere zur Verfügung gestellt. — Dresden, 24. März. Das „Dresdn. Journ." schreibt: Am 20., 21. und 22. März hat im Ministerium des Innern eine aus Gemcindebeamten, Bausachverständigen, Aerzten, Land- wirthen, Vertretern der HauSbesitzervcreine und anderen Be- theiligtcn zusammengesetzte Kommission getagt, um die bereit veröffentlichten Grundzüge eines Allgemeinen Baugesetzes für da« Königreich Sachsen zu berathen. Die eingehenden Ver handlungen führten in allen wichtigeren Punkten zu einer Ver ständigung, sodaß die Regierung voraussichtlich in der Lage sein wird, schon dem nächsten Landtage den Entwurf ves allseitig ge wünschten neuen Baugesetzes vorzulegcn. — Chemnitz, 2b. März. Im Cirku» Corth - Althoff er eignete sich heute, Sonnabend, zum Schlüsse der Ausstattungs pantomime ein schreckenerregendcr Unglück «fall. Der von der 20 Meter hohen Kuppel vcö CirkuS sich in den 4 Bieter tiefen Wassergraben stürzende „Professor S. D. Baume" wurde in Ausübung de« „TodtcnsprungeS" vom Schlage getroffen. Die sofort von ärztlicher Leite angcstelllen Wiederbelebungsversuche blieben leider erfolglos. — Crimmitschau, 2b. März. Die von den ärztlichen BezirkSvcreincn im Königreiche Sachsen an die Kranken kassen gestellten, zum Theil außergewöhnlich hohen Forderungen in der Zahlung für ärztliche Leistungen haben in verschiedenen Gegenden unsere» Vaterlandes zu unliebsamen Differenzen zwischen Kassen und Aerzten geführt, und von verschiedenen Seiten sind Beschwerden gegen die ärztlichen Bezirk-Vereine erhoben worden mit dem Hinweis, daß die Kassen den hohen Anforderungen nicht genügen können, ja daß sogar ein größerer Theil derselben sich auflösen müßte. Die Beschwerden wurden aber zum großen Theil Mangel» genügender Beweismittel abgelehnt. Auch die hiesigen vereinigten Ortskrankenkassen und der Krankenkassenverband haben instanzlich den Beschwerdeweg betreten. Die Königl. KreiShaupt- mannschast in Zwickau hat, nachdem erwiesen, daß die hiesigen gesammten Aerzte und die Krankenkassen den Kontrakt anerkannt haben, entschieden, daß der ärztliche Bezirksverein Zwickau mit seiner Forderung, daß die demselben angehörenden Aerzte von den hiesigen Krankenkassen pro Mitglied und Jahr ein Honorar von 3 M. beanspruchen müssen, abzuweisen sei. Man wird sich wahr scheinlich nunmehr auf den Satz von 2 M. pro Mitglied und Jahr einigen. — OelSnitz, 2b. März. Beim Schmuggeln zweier Ochsen über die Grenze wurde in vergangener Nacht zwischen Tiesenbrunn und Ebmath der Weber Christian Ander« au« Eb Math von dem Gettengrüner Grenzaufsehcr HerSdors erschossen. Ander-, der auf den Anruf de« Beamten nicht stehen geblieben war, hinterläßt eine Frau und vier Kinder, von denen da« älteste, ein Sohn, morgen konfirmirt werden soll. Amtliche Mittheilungcn aus der Sitzung »es Stadtraths zu KiSeukock. vom 6. März 1899 Anwesend: 4 Rathsmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. 1) Tie sür die Industrieschule vom Ausschuß in Vorschlag gebrachte Aus stattung billigt man, auch die in Aussicht genommenen Einweisungs feierlichkeiten. 2) Bei Berathung der Grundsätze für die Handhabung des Regulativs sür die städtisch- Wasserleitung hat der Ausschuß Stellung zu den staatlichen Gebäuden genommen. Man ist einverstanden damit, daß den staatlichen Gebäuden bei Störungen an den fiskalischen Leitungen oder bei Wasser mangel die unentgeltlich- Benutzung der städtischen Wasserleitung aus die Dauer von 14 Tagen ein sür allemal aber widerruflich eingeräumt wird. Auch den übrigen vom Wafferausschuß festgesetzten Grundsätzen insbesondere über die Einschätzung zum Grund und Wasserzinse tritt man bei. BemerkenSwerth ist, daß der Besitz von zwei Stück Vieh (Alt vieh) und eines Kalbes bez. Fohlens, sofern letzteres nicht über 3 Monate alt ist, nicht zum Einsetzen eines Wassermessers verpflichten soll. 3) Von dem Wasserausschußbeschlusse über Anstellung von Erörterungen bei mehreren Hausbesitzern wegen unberechtigter- oder unverhältnißmäßig starker Entnahme von Wasser aus der städtischen Leitung nimmt man genehmigend Kenntniß. 4) Das Gesuch des Kaufmanns Hermann Wagner uni Erlaubniß zum Bau eines Stickereigebäudcs wird unter den vom Königlichen Herrn Brand versicherungs,Inspektor in Schwarzenberg und den von der Königlichen Gewerbe Inspektion gestellten Bedingungen genehmigt. ö) Die neuerdings wieder über das 'Nordstraßenregulativ ergangene Ver ordnung wird zunächst dem Bauausschusse überwiesen. ti) Bon dem Stadtvcrordnclen-Antrage, auf mehr Exemplare der Zeitung „Volksgesundheit" als bisher zu abonnieren, sowie von der Anregung des Herrn Oberforstmeister Schumann, an unansässige Einwohner Land zur Anlegung von Gärten abzugeben, nimmt man Kenntniß. Man be schließt, dem Stadtverordnetenbeschlusse bezüglich der Zeitung stattzugeben, im Uebrigen die Gelegenheit abzuwarten. 7) von den Verordnungen über a. Errichtung von Gebäuden in der Nähe der Staatswaldungen, b. Nummerirung der Fahrräder. o. Genehmigung der Anleihe, Die Kaiserwayl' zu Krankfurt. Zum 50. Jahrestage der Erwählung Friedrich Wilhelm s lV. zum Kaiser der Deutschen am 28. März 1849. Von vr. Berth. Holtz. KO. Der 28. März riese« Jahre« und der vorhergehende 27. haben eine gar wichtige Bedeutung. Am 27. März vor 50 Jahren wurde die ReichSvcrsassung durch Annahme der sogen. Kaiserparagraphen vollständig und am 28. erfolgte die historisch denkwürdige Wahl Fliedrich Wilhelm« I V. von Preußen zum erb lichen deutschen Kaiser. Es sei un« gestattet, aus dem uns zu gänglichen Material eine eingehende Schilderung dieser beiden merkwürdigen Sitzungen der Frankfurter Nationalversammlung dem Leser vor Augen zu sühren. Der Schluß der deutschen Reichsverfassung erfolgte in der Sitzung am 27. März 1849, welche durch den Präsidenten um 4 Uhr Nachmittag» in der PaulSkirche eröffnet wurde. Die Zuschauertribünen sind mit Publikum dicht gefüllt, und ein leises Gemurmel, welche» erst durch die Glvcke de« Vorsitzen den zum Schweigen gebracht wird, läuft durch die Menge. Die Deputirten sind fast alle erschienen und haben theil» ihre Plätze schon eingenommen, theil« sind sie im Begriff, e« möglichst ge räuschlos zu thun. Da erhebt sich der VeisassungSauSschuß und erhält da« Wort. E« ist noch über Abschnitt III der Verfassung betreffend „Das Reichsoberhaupt" abzustimmcn. Er stellt Len Antrag: Artikel I 8 69: „Die Würde des Reichsoberhauptes wird einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen." Die Abstimmung geschieht namentlich bei athcmloser Stille de» Publikum« und ergiebl 279 Stimmen dafür und 25b Stimmen dagegen; der Antrag wird angenommen. Ein Beifallssturm will loSbrcchen, doch mahnt der Präsident mit dringender Gebärde davon ab und man beherrscht sich. Unter großer Spannung und Schwüle er folgt sodann die Abstimmung über die „Erblichkeit". Ein pein liche« Gefühl der Bcsorgniß bemächtigt sich Aller. Lange ist der Stimmenkampf unentschieden und höchst zweifelhaft. Endlich entscheidet sich'». Der 8 10: „Diese Würde ist erblich im Hause de» Fürsten, dem sie übertragen worden ist. Sie vererbt sich im ManneSftamm nach der Regel der „Erstgeburt" wirb schließlich mit 267 gegen 263 Stimmen angenommen. Nun aber ist der Beifall nicht mehr zu hemmen. Die Ver kündigung Lieser Abstimmung erregt allseitig die herzlichste Freude. Abgeordnete verschiedener Fraktionen drücken sich die Hände und da« Publikum jauchzt. Laut lobt man Gott und dankt ihm für da» lange ersehnte und erbetene Ereigniß. Nack-dem die Abstimmung dieser beiden wichtigsten Paragra phen geschehen, geht die Abstimmung der folgenden schneller vor sich. Wir heben au» ihnen nur die für den Leser wichtigsten hervor: 8 71: „Das ReichSoberhaupt führt den Titel Kaiser der Deutschen." 8 12: „Die Residenz de« Kaiser» ist am Sitze der ReichSregicrung." Art. II 8 14: -Die Person de« Kaiser» ist unverletzlich." 8 15: „Alle Regierung-Handlungen de« Kaiser bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung von wenigsten« einem der Reichsminister, welcher dadurch die Verantwortung übernimmt." Art. III 8 11: »Der Kaiser erklärt Krieg und schließt Flieden." 8 80: »Der Kaiser beruft und schließt den Reichstag." 8 82: „In Strafsachen, welche zur Zuständigkeit de« ReichSgeiichiS gehören, hat der Kaiser da» Recht der Mil derung oder Begnadigung." 8 83: „Dem Kaiser liegt die Wah rung de» Reichsfriedens ob." 8 84: „Der Kaiser hat die Ver fügung über die bewaffnete Macht." E» wird ferner über den, in der Morgensitzung noch aus gesetzten, ersten Paragraphen de» Abschnitt» VIII der Reich»- Verfassung, betreffend „die Gewähr der Verfassung" abgestimmt und derselbe in folgender Fassung angenommen: Art. I ß 196: „Bei jedem Regierungswechsel tritt der Reichstag, fall« er „nicht schon versammelt ist, ohne Berusung zusammen, in der „Art, wie er da» letzte Mal zusammengesetzt war. Der Kai- „ser, welcher die Regierung antrttt, leistet vor den, zu einer „Sitzung vereinigten beiden Häusern de« Reichstage» einen „Eid aus die Verfassung. Der Eid lautet: „„Ich schwöre, da« Reich und die Rechte der deutschen .„Verfassung zu schirmen, die Reichsverfassung aufrecht zu .„erhalten und sie gewissenhaft zu vollziehen. So wahr .„mir Gott helfe!"" — „Erst nach geleistetem Eide ist der Kaiser berechtigt, Regie- „rungshanvlungen vorzunehmen." Zum Schluffe stellt ein Abgeordneter Rüder den Antrag, am nächsten Tage, den 28. März eine Sitzung zu halten und auf die Tagesordnung zu setzen: „Die Wahl de» deutschen Kaiser»." Der Antrag ging fast einstimmig durch und unter allgemeiner Freude schloß die Sitzung um halb acht Uhr Abend». Dann kam die Nacht und e» dämmerte der Morgen und herauf stieg au» dem eisigen Nebel im strahlendem Glanze da» TagcSgestirn und goß sein goldige« Licht über die Kuppeln der PaulSkirche und c» fluihcte durch die farbigen Fenster, wie um anzudeuten, daß e» Licht werden sollte im deutschen Vaterlande. Und immer höher stieg die Sonne, die Laiscrsonne, und immer Heller, immer glänzender wogte ihr Licht durch den Aether herab und leuchtete einer unabsehbaren Menschenmenge, welche durch da« Portal der Kirche hindurch auf die Tribünen hindrängte, um diese zum Erdrücken zu füllen. Nie wieder hat da» Gottes haus eine solche Versammlung beherbergt. Um 12 Uhr 37 Min. wird die unvergeßliche Sitzung durch den Präsidenten Simson eröffnet. Der Lärm wird zum Geflüster und diese« zur Todtenstille. Nach Vorlesung und Genehmigung de» Protokolls tritt der Verfassungsausschuß vor und stellt die folgenden historischen Anträge: 1) Die Wahl de» Kaisers soll sofort vollzogen werden. 2) Die Wahl erfolgt durch absolute Stimmenmehrheit. 3) Jede» Mitglied der Nationalversammlung wird mit Auf ruf seine» Namens aufgefordert, denjenigen regierenden deutschen Fürsten zu nennen, welchem e« seine Stimme giebt. 4) Die erfolgte Wahl der Kaiser« wird sofort Namen« der Nationalversammlung durch ihren Präsidenten öffentlich verkündigt. 5) Der erwählte Kaiser soll durch eine Deputation der Natio nalversammlung eingcladen werden, die auf ihn gefallene Wahl aus Grundlage der ReichSversassung anzunehmen. 6) Die Nationalversammlung spricht da« feste Vertrauen aus, daß die Fürsten und Volksstände Deutschland«, großherzig und Patriotisch in Uebereinkunft mit der Nationalversammlung, die Verwirklichung der von ihr gefaßten Beschlüsse mit allen Kräften fördern werden. — Darauf richtete der Präsident folgende Worte an die Ver sammlung : „Meine Herren!" „Ich werde nun jede» Mitglied mit Namensaufruf auffor- „dern lassen, den regierenden deutschen Fürsten zu nennen, „welchem e» seine Stimme sür die Kaiserwürde giebt! Ich „weiß, meine Herren, c« ist Niemand in diesem Hause, der „nicht mit mir in dem inbrünstigen Wunsche sich vereinigt, daß. „der Genius unseres Vaterlandes wallen möge über dieser „Wahl!" - Unter feierlichem Schauer und lautloser Stille im Zuschauer raume beginnt die Abstimmung um 2 Ubr 10 Minuten. Beim Ausruf ihrer Namen erheben sich die Mitglieder und geben laut ihre Stimmen ab. Um 3 Uhr 5 Minuten erhebt sich Präsident Simson und richtet folgende Worte an die Versammlung: „Meine Herren!" „Ich verkündige Ihnen da» Ergebniß der vollzogenen Wahl! „Die 290 abgegebenen Stimmen haben sich auf denKönig „von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., vereinigt! „248 Mitglieder haben sich der Wahl enthalten! „Die verfassunggebende deutsche RcichSversammlung hat also „in ihrer 196 len öffentlichen Sitzung, heute Mittwoch, den ,28. März de» Jahre« 1849 auf Grund der, von ihr beschlos- „senen, angenommenen und verkündigten ReichSvcrsassung die, „in derselvcn begründete, erbliche Kaiserwürde auf den „König von Preußen, Friedrich Wilhelm IV., übertragen!" „Möge der deutsche Fürst, der wiederholt und öffentlich in „unvergessenen Worten den warmen Herzschlag sür die deutsche „Sache sein kostbarstes mütterliche« Erbtheil genannt hat, sich „nun al» Schutz und Schirm der Einheit, der Freiheit und „Größe unsere« Vaterlande« bewähren, nachdem eine Versamm- „lung, au» dem Gesammlwillcn der Nation hervorgegangen, „Ihn an deren Spitze gerufen hat! An unscrm edlen Volk „aber möge sich, wenn e« auf die Erhebung de« Jahre« 1848 „und auf ihr Ziel zurückblickt, der Ausspruch de« Dichter« „bewahrheiten, dessen Wiege vor jetzt fast einem Jahrhundert „in dieser alten Kaiserstadt gestanden hat: .„Nicht dem Deutschen geziemt c«, die fürchterliche Be wegung „.ZiellloS fortzuleiten, zu schwanken hierhin und dorthin! „.Die« ist unser!"" „„So laßt un» sprechen und fest e« behalten!"" — „Gott sei mit Deutschland und seinem neuerwähl- „ten Kaiser!" — Thräncn in den Augen, zitternd und bleich vor Aufregung hat der Präsident diese letzten Worte gesprochen. Todtenstille herrscht im Saal. Dann aber erdröhnen Kanonensalven, da« gewaltige Gebäude erzittert unter dem Klange seiner Glocken, der da» Signal giebt zu einem Glockengeläute aller Kirchen. Mäch tig, erschütternd, überwältigend ist der Eindruck. Die ganze Ver sammlung erhebt sich von ihren Sitzen und ruft — und die Masse der Zuschauer fällt ein und bringt — unter Hut- und Tücherschwenken voll herzlichen Ergriffenseins dem neuen Kaiser lange anhaltende Lebehoch». Man umarmt sich schluchzend, küßt sich und jauchzt; „Der deutsche Kaiser lebe hoch! er lebe hoch!" Draußen geht e» wie ein Lauffeuer durch die Menge de« Volk», wie ein Wirbelsturm durch die Stadt: „Wir haben einen Kaiser! Der Kaiser lebe hoch! Hurrah! Hurrah!" Laut dröhnen die Ka nonen, die Böller darein und Pulverwolkcn — Pulverwolken, prophetische, weissagende Pulverwolken! — ziehen über die Stadt hin und tragen die Nachricht von der Kaiserwahl in die Lande. „Der Kaiser! Der Kaiser hoch! Hurrah!" Vergeblich läutet der Präsident, erst nach minutelangem Er schallen der Klingel beruhigt sich die Versammlung. „Meine Herren!" ruft Simson. „Ich erlaube mir. Sie aus die sosort nach Berlin abzusendende Deputation aufmerksam zu machen!"
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