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Amts- M AnzchMM für den «lbounemsnt oiertelj. 1 M. 20 Pf. einschliehl. des „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage »Seifen blasen-' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen ReichSpostanstalten. Schrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. «»scheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. JnsertionSpreis: die kleinfpaltige Zeile 10 Pf. Im amtlichen Theile die gespaltene Zeile 25 Pf. L Donnerstag, den 12. Januar 18SS Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. 4K. Jahrgang. Kaffenschlntz bet». Die Kasse der Königlichen Amtshauptmannschaft ist Nachmittags von 4 Uhr ab für den Verkehr nach außen geschlossen. Schwarzenberg, den 7. Januar 1899. Königliche Amtsyauchmimilschaft. Krug v. Nidda. G. Wasserzins, Ortsschankgewcrbestener und Hundesteuer betr. Der am 31. Dezember 1898 fällig gewesene 4. Wasserzinstermin ist bis spätestens zum 15. Januar 1899 anher zu entrichten. Gleichzeitig wird zur Bezahlung der Ortsschankgewerbesteuer für das 1. Halb jahr und der Hundesteuer für das Jahr 1899 bis zum 3l. Januar d. I. bei Vermeidung der Einleitung des Zwangsoollstrcckungsverfahrens aufgefordert. Eibenstock, am 3. Januar 1899. Der Rath der Stadt. Hesse. Beger. Anmeldung zur Rekrutirungsstammrolle bett. Die im Jahre 1879 geborenen männlichen Personen, ingleichen diejenigen, älteren Jahrgängen angehörendcn Mannschaften hiesigen Orts, über deren Militärverhältniß noch nicht endgültig entschieden worden ist, werden hiermit aufgefordert, sich innerhalb der Zeit vom 15. Januar bis 1. Sevruar 18W im hiesigen Gemeindeamte behufs Aufnahme in die Rekrutirungsstammrolle anzumclden. Schönheide, am 10. Januar 1899. Der Gcmeindevorstand. Arankreich und England. Das arme Frankreich, im Innern von Skandalen geplagt und in seiner auswärtigen Politik von seinem russischen Freunde allein gelassen, Hal in der Faschodasrage einen Pflock zurückstecken müssen. Den Engländern ist mit dem Essen der Appetit gekom men; der leichte Faschoda-Sicg ermuntert zu weiterem festen Auf treten dem schwach gewordenen Frankreich gegenüber. In London kommt man jetzt mit den alten Rechnungen aus der Zeit, in der die Franzosen das Uebcrgewicht hatten und England sich damit begnügen mußte, eine Faust in der Tasche zu machen. Lord Salisburys und seiner Amtsvorgänger vielfache Zuge ständnisse in Siam und Madagaskar, in Tunis und Wcstafrika erregten wohl viel böses Blut in England, aber man zog es vor, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Denn man hatte, um das Ding beim rechten Namen zu nennen, FurckU vor dem Zwei bund, und wie es stets zu geschehen pflegt, eine um so größere Furcht, je weniger man die wahre Natur diese« VcrtragSgespensteS kannte. Da« ist nun seit Faschoda ander« geworden. Es zeigte sich, daß man die Stärke der französischen Seemacht gewaltig überschätzt hatte. Und zweitens ward c« klar, daß Frankreich allein stand. Der Zweibundsverlrag bezog sich offenbar nicht auf diesen Fall, und daraus hat England eine vielleicht allzu kühne Schlußfolgerung gezogen. Wenn Rußland seinem Bundes genossen nicht bei dieser Streitfrage bcistand, die doch Frankreich sehr nahe an die nationale Ehre griff, bann würde e« auch nicht bereitwilliger die Klinge ziehen für die vielen kleineren Zwistig keiten, welche zwischen den Westmächtcn schon lange der Erledig ung harren. Diese Anschauung verstärkte die allgemeine patrio tische Begeisterung, welche seit dem Herbst ganz Großbritannien ergriffen hat. Und wie die Engländer stet« geneigt sind, bei ihrer Beurthcilung auswärtiger Fragen von einem Extrem zum andern überzugehcn, so erachte» sie den jüngst so gefürchteten Zweibund gegenwärtig für wenig stärker al« einen leeren Popanz. Hat man sich schon in Frankreich über die englischen -Nadel stiche beklagt, so wird man dazu künftig noch mehr Grund haben, denn die Bolkserregung in England ist groß und bricht sich bei dem geringsten Anlaß Bahn. So wieder bei der Veröffentlichung ve« englischen Blaubuchs über Madagaskar. Lord Salisbury erhebt darin energische Proteste gegen die vertragswidrige Aus schließung britischen Handels auf der Insel. England habe 1890 ein französische« Protektorat über Madagaskar zugcstandcn auf Grund des ausdrückliche» Versprechens, daß der britische Handel alle MeistbegünsligungSrcchte genießen solle. Trotzdem sind seit der französischen Okkupation Zölle von 54 bi« 79 Prozent de» Werthes eingeführt, während französische Erzeugnisse nur 3 Pro zent zu zahlen brauchen. Einzelne Beamte seien sogar soweit ge gangen, den Eingeborenen lange Gefängnißstrafcn anzudrohen, fall« sie sich unterständen, mit anderen als französischen Händlern Verkehr zu treiben. Unter solchen Zollbelastungcn und amtlichen Beeinflussungen sind denn auch die dortigen britischen und indi schen Handelshäuser sehr bald zusammengebroche» und Lord Salisbury schreibt: »Wenn die britische Regierung hätte voraus sehen können, daß die franzöfische Expedition die Rechte des eng lischen Handels abschasfen würde, so würde jener Feldzug sehr ernste Besorgnisse in England erregt und dadurch erhebliche Er schwerungen erfahren haben." Auch beider Neufundlandfrage wird Frankreich finden, welch' steifen Nacken Lord Salisbury gegenwärtig besitzt. Der Vertrag, der Generationen von Diplomaten Sorgen und Mühen bereitet hat, gesteht den französischen Fischern das ausschließliche Recht zu, die Westküste der Insel zum Dörren und Räuchern von Fischen zu benutzen. Die Neufundländer aber dürfen dort nicht einmal einen Bretterschuppcn errichten. Sie möchten aber gerne alleinige Herren ihrer Insel sein und diesen berechtigten Wunsch verstärkt der Mineralreichthum jener Westküste. Alle« diplomatische Verhandeln und persönliche Schikaniren hat bislang weder die Geduld der einen, noch den Eigensinn der andern Seite zu erschüttern vermocht. Man behilft sich damit, von Zeit zu Zeit den provisorischen Zustand zu verlängern. Da« letzte Abkommen läuft in diesem Sommer ab, und wie bei diesen An lässen üblich, wird in der Presse bereits eifrigst nach einem Tausch objekt für die Rechte Frankreich« Umschau gehalten. Aber viel will England nicht geben und cs hofft sogar bei der gegenwär tigen Hilflosigkeit Frankreichs recht billig zur Sache zu kommen, wie cs denn auch den Franzosen mit ihrer beabsichtigten „Pach tung" bei Schanghai mit leichter Mühe einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hat. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Kaiser machte am Sonntag dem französischen Botschafter in Berlin seinen Gegenbesuch. Der Monarch kam Nachmittags um tl Uhr aus Potsdam dort an und begab sich vom Bahnhöfe aus in der Uniform der Garde du Korps in die französische Botschaft, wo er längere Zeit verweilte. — Bei ziemlich gut besetztem Hause hat am Dienstag der Reichstag seine Thätigkeit wieder ausgenommen. — Die „Kölnische Zeitung" bringt einen Artikel, in dem ausgesührt wird, daß das in Deutschland geplante Schlachtvich- und Flcischschaugesctz für die Interessen der Exporteure ameri kanischen Fleisches nicht schädlich, sondern nützlich sein werde. Die einheitliche Regelung der Fleischeinfuhr für ganz Deutschland biete für die Vereinigten Staaten wesentliche Vortheilc, nament lich werde durch die Einführung der Untersuchung des ausländ ischen Fleisches au der Grenze und das Verbot weiterer Unter suchungen den bisher von amerikanischer Seite über die mehrfachen Untersuchungen des amerikanischen Fleisches in Deutschland er hobenen Klagen die Unterlage entzogen werden. -Nach dem Inkraft treten des Entwurfes werde cs unter Umständen vielleicht mög lich sein, die jetzt in Deutschland bezüglich der Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches geltenden Vorschriften dahin zu mildern, daß die Beibringung amerikanischer UntersuchungSattestc nicht mehr gefordert wird, was für die amerikanischen Fleisch-Exporteure pekuniär von recht erheblichem Nutzen sein werde. Ein Verbot der Einfuhr von Wurst sei in dem Gesetzentwurf nicht enthalten. Welchen Gebrauch der Bundesrath von den nach dem Gesetz entwurf ihm zu übertragenden Ermächtigungen machen werde, könnten die Amerikaner ruhig abwarteu. Wenn die Amerikaner nach de» im Kongreß gestellten Anträgen damit umzugchcn schie nen, Vergeltungsmaßregeln gegen Deutschland zu ergreifen, so dürfe die Erwartung ausgesprochen werden, daß sie sich bei ihren Entschließungen Len versöhnlichen und ihren Interessen entgegen kommenden Geist vergegenwärtigen, in dem der neue deutsche Fleischschaugesctzentwurf abgefaßt sei. — Betreffs des Gesetzes über den unlauteren Wett bewerb hat der Zentralverband deutscher Kaufleute eine Eingabe an den BundcSrath gerichtet, in welcher erklärt wird, daß da« Gesetz nicht in vollem Umfange die erhoffte Wirkung gehabt hat. Zunächst wird allgemein neben der zivilrechtlichen Verfolgung eine strafrechtliche Ahndung für alle gesetzwidrigen Handlungen in der Richtung de« unlauteren Wettbewerbs, sowie eine Erweiterung der Grenze der Vergehen gegen den unlauteren Wettbewerb gefordert. ES wird sodann vorgeschlagcn, noch folgende Bestimmungen in da« Gesetz aufzunehmen: l. Die Einreichung von Inventar-Verzeichnissen 8 Tage vor Beginn des Ausverkaufs; 2. da« Verbot, das zum Ausverkauf gestellte Waarenlager zu er gänzen, und des MitvcrkaufS von Maaren sür fremde Rechnung; 3. die eventuelle Zuziehung von Sachverständigen bei Prozessen in Betreff de« unlauteren Wettbewerbes; 4. die Verpflichtung des Verkäufer«, einem Käufer den ganzen Vorrath einer Waare zu demselben Preise zu verabfolgen, wie dieser öffentlich angegeben ist. Bei einer Revision de« Gesetzes wird in erster Linie darauf zu achten sein, die Lücken de« Gesetze« zu beseitigen. — Oesterreich-Ungarn. Da die Erledigung der Aus gleichsvorlagen gegenwärtig undenkbar ist, so deutet man die Ein berufung des Reichsrath« aus den 17. d. dahin, daß Graf Thun wirklich einen Versuch zur Einleitung eine« deutsch tschechischen Ausgleichs unternehmen wolle. Halbamtlich verlautet, man wolle die Zustimmung dafür erlangen, daß wie im mährischen auch im böhmischen Landtage ein ständiger Aus- glcichungSauSschuß zur Regelung der Sprachenfrage eingesetzt werde. Der Vorschlag erscheint jedoch kaum durchführbar, da die Deut schen den Wiedereintritt in den böhmischen Landtag nur nach Gewährung von Bürgschaften sür die Erfüllung ihrer nationalen Forderung vollziehen würden. — Frankreich. Zur Dreyfus-Angelegenheit kommt die sensationelle Mittheilung, daß der Präsident de« Kassations hose«, Beaurcpaire, wegen Meinungsverschiedenheiten mit den andern GerichtSmitgliedcrn sein Amt niedergelegt habe. Die Generalstabspresse jubelt; sie erblickt in der Thatsachc ein An zeichen dafür, daß die Revision nicht stattsinden werde. — Der Skandal Beaurcpaire scheint der widerlichste aller bisherigen Skandale zu werden. Beaurcpaire bekennt sich als entschiedenen Gegner der Dreyfus-Revision, erhebt die infamsten Beschuldig ungen gegen seine Kollegen vom Kassationshof und droht mit Enthüllungen aller Art in seinem Lciborgan „Echo de Paris", das zeitig das halbamtliche Organ des GencralstabS ist. Allge mein wird die Absetzung BeaurepaircS gefordert. Der Justiz minister Lebret bezeichnete sein Vorgehen al« unerhört. Man erwartet entschiedene Erklärungen der Regierung. Die Dreyfus- Presse sagt, Beanrepaires Rücktritt habe den Kassationshof ge säubert. — Am Montag ist in Paris eine Depesche aus Cayenne eingegangen, welche die Antwort DrcyfuS' auf die Fragen enthält, die ihm von dem Kassationshof über die Geständnisse gestellt sind, welche er am Tage seiner Degradation dem Kapitän Lebrun Renault abgelegt haben soll. Dreyfus leugnet entschieden, irgend ein Geständniß, unter welchen Umständen dies auch immer geschehen sein sollte, gemacht zu haben, und bcthcnert von 'Neuem seine Unschuld. Das Telegramm ist am Abend dem Kassations hof übergeben worden. Man glaubt, die Arbeiten des KassationS- hofes ständen unmittelbar vor dem Abschlüsse. — Italien. Nach einer Meldung aus Rom wird in dortigen unterrichteten Kreisen bestätigt, daß das Protokoll der Konferenz gegen den Anarchismus die Unterschrift der eng lischen Delegirten nicht erhalten hat. Von sämmtliche» anderen Delegirten sei aber da« Protokoll unterfertigt worden. Die von der Konsercnz formulirten Vereinbarungen bezüglich der wirk sameren Bekämpfung des Anarchismus läge» gegenwärtig den Regierungen der betheiligtcn Staaten zur Prüfung vor und inan hege in Rom die Ueberzcugung, daß in nächster Zeit internatio nale Abmachungen im Sinne jener Vereinbarungen zu Stande kommen würden. — Schweiz. Das „N. W. Tgbl." bringt aus Genf fol gende Mittheilungen über ein Geständniß LuccheniS: „Schon vor etwa drei Wochen gelangte von auswärts an die hiesige Polizei das Ersuchen, Luccheni neue Fragen vorzulegen, welche sich auf das Attentat beziehen. Ein höherer Polizeibeamter er hielt sodann von der Genfer Regierung die Befugniß, sich zu Luccheni in dessen Zelle zu begeben und ihm die erwähnten Fragen vorzulcgen. Im Wesentlichsten handelte es sich hierbei darum, ob Luccheni aus eigenem Antriebe gehandelt habe oder ob seine That infolge eine» Komplot« geschehen ist. ES haben sich nun zweifellos in der letzten Zeit — bald nach der Berurtheilung Luccheni« — Thatsachc» ergeben, aus denen klar hcrvorgeht, daß die ursprüngliche Vcrmulhung, Luccheni habe Mitschuldige gehabt, richtig sei; Umstände, die zugleich bestätigten, daß er seine That vorher mit anarchistischen Genossen genau besprochen habe. Dem in seine Zelle zugclassenen Polizcibeamten wollte Luccheni Ge nauere« über seine anarchistischen Mitschuldigen, beziehungsweise über das Komplot, das bestanden hatte, nicht mittheilen; er be wegte sich dem Beamten gegenüber nur in allgemeinen Andeut ungen und Aeußerungen, entschloß sich aber dann doch zu dem Geständnisse, daß er in Lausanne in einem italienischen anarchist ischen Cercle die erste Anregung zu seiner gräßlichen That em pfangen habe. Als später der römisch-katholische Priester Blanchard, welcher allein die Erlaubniß hat, Luccheni in seiner Zelle regel mäßig zu besuchen, bei ihm erschien, suchte Luccheni eine Erleich terung seines Gewissens, indem er dem Priester umständlichere Mittheilungen machte. So viel steht mit Sicherheit fest, daß Luccheni in der That mit zwei Genossen im Einvernehmen war und daß er, seinem neuen Geständnisse zufolge, die Absicht hatte, nach Ermordung der Kaiserin aus den nahegelegenen Bahnhof von Cornavin zu fliehen, woselbst ihn einer seiner Mitschuldigen erwartete. Es war schon früher verabredet worden, sofort von Cornavin nach Pari« zu reisen. Dieser Umstand wird auch durch die Thatsachc erhärtet, daß unmittelbar nach dem Morde von dem Anarchisten Regis in Pari« eine schon vor dem Attentat auf die Kaiserin dort ausgegebene Geld-Anweisung für Luccheni in Gens eintraf. Die Namen seiner Mitverschworenen zu nennen, weigerte sich Luccheni, aber im Lause des Gespräche« brachte er