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- Erscheinungsdatum
- 1899-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189901107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18990110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18990110
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-10
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Monat
1899-01
-
Jahr
1899
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geleitet, um die erforderlichen Rechte an öffentlichem und an privatem Eigenihum im Wege der Gesetzgebung zu erlangen." — Frankreich. Pari-, V. Jan. „TempS", „Liberte" und „DöbalS" veröffentlichen eine offiziöse Note, au- welcher her vorgeht, daß die Regierung dem Kassation-Hof alle geheimen Schriftstücke übermittelt hat. Nach der Note besteht kein aller- geheimste- Dossier, e- bestehen auch keine Kaiserbriese und keine Briefe Drcyfu«' an den Kaiser. Zu bemerken ist noch, daß diese offiziöse Note hinzufügt, die Regierung wisse nicht, ob nicht der- artige Briefe bestanden hätten und zerstört worden seien. Es geht hieraus hervor, daß aller Wahrscheinlichkeit nach gefälschte Kaiserbriese bestanden haben, daß sie aber bereit- vor tätigerer Zeit vernichtet worden sind. — Pari«, 7. Januar. Frau Drehfu« erhielt eine nach der Vernehmung ihre« Gatten durch den Caycnner Appellhofs- Präsidenten von DrcyfuS selbst unterzeichnete Depesche, wonach er gesund an Körper und Geist der Zukunft cntgcgenblickt. — Spanien. Madrid, 7. Januar. Oberst Zammar- tin, welcher den Amerikanern Puerto Rico übergab, wurde zu lebenslänglicher Gcsängnißstrafe verurtheilt und wird in Ceuta eingekcrkert werden. — Amerika. Zur Annexion der Philippinen seitens der Bcr. Staaten sind nunmehr alle Vorbereitungen getroffen. Aus den amtlichen Instruktionen, die dem General Otis durch Mac Kinley crtheilt worden sind, geht hervor, daß die Inselgruppe ganz und gar zu einem amerikanischen Bcsitzthum gemacht ivcrden soll. — Die „Filipino«" ihrerseits verlangen volle Selbstständigkeit. Die Junia der Filipino« in Pari« hat eine Depesche erhalten, die besagt, daß da« neue Kabinet der Filipinos nunmehr end gültig gebildet ist. Die Filipinos erklären, die Mitglieder de« neuen Kabinet« hätten durchaus gleichartige Ansichten, jede« einzelne Mitglied werde der militärischen Okkupation durch die Amerikaner Widerstand leisten. — China. Die Kaiserin-Mutter von China läßt nunmehr die meisten Reformen, welche von dem jungen Kaiser angeord net worden sind, auSführcn. Danach scheint im Reich der Mitte der Einfluß England« wieder im Wachsen zu sein. Locale und sächsische Nachrichten. — Plauen. Eine Bismarcksäule, jedenfalls die erste in Sachsen, wird auf einer vogtländischen Höhe errichtet werden. Bekanntlich hat die deutsche Studentenschaft den Gedanken an geregt, unserm Bismarck zu Ehren auf Höhen der deutschen Hcimath gewaltige granitene Feucrträger zu errichten; überall soll, ein Sinnbild der Einheit Deutschlands, das gleiche Zeichen erstehen, in ragender Größe aber einfach und prunklos, auf mas sivem Unterbau eine schlichte Säule, nur mit dem Wappen und Wahlspruch de« eisernen Kanzlers geschmückt. Diesen Gedanken will für unser Vogtland die Ortsgruppe Plauen de» Alldeutschen Verband« bethätigen. In der am Mittwoch stattgefundcnen Vorstandssitzung wurde ein Grundstock für eine Sammlung zu dieser BiSmarcksäule bewilligt und zugleich beschlossen, die Ange legenheit thalkräftig zu fördern. Wo die BiSmarcksäule im Vogt lande errichtet werden soll, ist noch nicht bestimmt; man meinte, daß sich dazu die Höhe bei Stelzen, wo ehedem der sagenhafte Stelzenbaum stand, oder die Platte bei Burgstcin oder der Wendelstein oder die Höhe hinter Schöneck eigne. Auch der namentlich weit nach Böhmen hinein sichtbare Kapellcnbcrg würde sich zur Aufstellung der Säule eignen. — Bad Elster, 6. Jan. Ein Paar „theuere" Pferde hat am Dienstag hier der Besitzer des Hotel Reichsverweser, Hostraitcur Max Klarner, gekauft. Vor zwei Jahren hat Herr Fabrikbesitzer Clavicz in Adorf von einem Pferdehändler aus Eger ein Paar Rappen für 2800 Mark erhandelt, diese aber dem Ver käufer aus gewissen Gründen zur Verfügung gestellt. Leit dem 18. Dezember 1896 standen nun diese Pferde arbeitslos bei dem Spediteur Louis Schädlich gegen ein wöchentliche« Futtergeld von 42 Mark im Stalle. Nachdem von dem Königl. Obcrlandes- gericht Dresden der Pferdeprozeß zu Gunsten de« Käufers ent schieden worden ist, fand am 2. Januar d. I. hier durch das Königl. Amtsgericht Adorf eine zwangsweise Versteigerung statt. Die Prozeßkosten sollen viele tausend Mark, die Futterkasten gegen 4400 Mark betragen. Nunmehr hat Herr Klarner jene Pferde für 450 Mark käuflich erworben. — Schwarzenberg, 6. Januar. Wegen de« kürzlich im hiesigen BahnhosSabort ausgesundencn neugeborenen lebenden Kinde«, wurde gestern die Mutter desselben, eine 24 Jahre alte, von ihrem Ehemann getrennt lebende, au« Reinsdorf bei Zwickau stammende Köchin unter dem Verdachte der versuchten KindeS- tödtung gefänglich eingezogen. — Meißen, 5. Januar. Ein etwa >1 Jahre alter Knabe hatte gestern Abend eine Kiste Pöklinge geholt und wollte diese nach Hause tragen. Auf der Brücke stellte er die Kiste auf das Eiscngeländcr und schob sie daraus beim Weiterlausen fort. Die Ermahnung eine« vorübergehenden ManneS: „Laß Deine Kiste nicht in die Elbe fallen", beachtete der Knabe nicht, sondern er setzte den eigenartigen Transport fort, bi« auf einmal die Kiste da« Uebcrgewicht bekam und, ehe der Knabe zugreifen konnte, hinab in die Elbe stürzte. Heulend lief der Knabe nun davon und schien Willens zu sein, die schwimmende Kiste an der Elbe zu verfolgen. Die« dürfte aber vergebliche Mühe gewesen sein. — Crimmitschau, 6. Januar. Ein Entscheid in der ärztlichen Honorarfrage bei den hiesigen Ortskrankenkassen und dem vereinigten Krankenkassen-Verbände ist jetzt vom Königl. Ministerium de« Innern cingetroffcn. Bekanntlich forderten auf Veranlassung de« ärztlichen Bezirksverein« Zwickau die hiesigen Aerztc für jede« Mitglied der Kassen eine Entschädigung von 3 Mark im Jahr. Die Angelegenheit war schließlich dahin geregelt worden, daß die Aerzte bi« zum Eintreffen der angerufenen ober- instanzlichen Entscheidung nur 2 Mark jährlich liquidirtcn. 'Nach der nunmehr erfolgten Entscheidung, welche am Mittwoch de» in Frage kommenden Kassen vom hiesigen Stadtrath mitgctheilt wurde, haben die Aerzie an der von dem Bezirksverein festgesetz ten Taxe von 3 Mark sestzuhalten, da eine Nothlagc der betreffen den Kassen, die einen billigeren Satz rechtfertigen könne, nicht vorhanden sei. Die Krankenkassen wollen in einer am nächste» Sonntag stattfindcnden Versammlung zu dieser Entscheidung Stel lung nehmen. Wahrscheinlich werden die Kassen versuchen, neue Aerzte gegen feste« Gehalt anzustcllen. Ob sich die Ortskranken kasse III (Handwerker) mit einem Engagement von neuen Acrztcn einverstanden erklären wird, ist nach dem früheren Stand der Sache fraglich. — Wilsdruff, 4. Januar. Uebcr die Umstände, unter denen am Montag Abend der von Wilsdruff nach Potschappcl abgegangene Zug vom Sturm umgcworfcn wurde, berichtet man: Der au» 20 Achsen bestehende Zug fuhr wohl infolge de« Unwetter« mit nur 5 Passagieren von Wilsdruff ab, in Kessels dorf hatte der Sturm bereit- die verstellbaren Schneezäune auf und über die Gleise weggcfegt, sodaß der Zug sehr vorsichtig und mit mehrfachem Aufenthalt fahren mußte. Da« Wärterpcrsonal räumte vor dem Zuge die Gleise ab, so ging die Fahrt bi« auf bczw. über die Brücke. Der Orkan wüthete immer ärger, legte sich mit aller Macht gegen den Zug, die Lokomotive hatte bereit- Schutz in einem Einschnitte. Mit einem Schlage hoben sich sämmtlichc Wagen zugleich, noch ein Windstoß und sie stürzten unter donnerndem Krachen, unter dem Heulen de- Winde- und dem Pfeifen der Lokomotive über die 10 in hohe Brücke herab, bezw. auf den hohen Damm. Nur die Maschine stand unversehrt im Gleise. Einen Augenblick ruhte der Orkan, al« ob die WindcSbraut über die» Unheil selbst erschrocken wäre, um dann mit ungeschwächter Kraft von neuem an dem Eiscngcrippe der Brücke zu rütteln. Die letzten drei Wagen lagen in der Tiefe, darunter der Postwagen, in welchem sich der Postschaffner Doman au« Wil-druss befand. Wie ein Wunder erscheint e«, daß Doman sich selbst unversehrt au- den Wagentrümmern, Packelen :c. herauS- arbeiten konnte. Der Schaffner Zugführer Schneider stürzte mit dem Zugführerwagen mit ab, ebenfalls ohne Schaden zu nehmen. Der Breniser Krimmer wurde beim Sturze über den Damm hinuntergeschnclll. Die Passagiere wurde» au« den um gestürzten Wagen befreit, ohne wesentliche Verletzungen erlitten zu haben. Die Unglückskundc verbreitete sich trotz der 'Nacht sehr schnell und bald waren hilfsbereite Hände und Neugierige an der Unfallstätte. Die Postsachen mit bedeutenden Werthscndungcn wurden geborgen. Bald kam ein Hilfszug von Wilsdruff, ebenso ein Rcttungszug von Potschappcl. Die Ausräumung«arbeiten gingen bei Fackelschein, zwar erschwert durch den immer noch sehr heftigen Sturm, bei guter Leitung rasch vorwärts. Am Morgen de« 3. Januar konnten die Züge bereit« wieder regelrecht, allerdings mit Verspätungen, verkehren. Das Unglück geschah an derselben Stelle, wo unermiltclte Verbrccherhand am 8. September 1887, den. Tage der Glockcnwcihc in KesselSdorf, den Abendzug zum Absturz zu bringen suchte. Z)er Seeteufel'. Au« den Tagen der erste» deutschen Flotte. Bon F. F. Wolss. (Schluß.) Plötzlich leuchten die Augen des Meisters wieder auf. „Wenn die Wand da oben cinbricht, sind wir verloren, wenn sie hält, so öffnet sich uns noch ein RettungSweg durch die Klappe. Aber — jetzt ist cs keiner Mcnschenkrast möglich, die Luke zu öffnen, weil das Wasser mit einem Druck von wenigsten« vier- bis fünftausend Pfund auf ihr lastet. Aber die Natur selbst Hilst uns diese Last heben, sobald die Luft im Schiff hinlänglich zu- sammengeprcßt ist, uni einen gleich starken Gegendruck zu erzeugen. Freunde, jetzt gilt«, mir noch einmal Euer Vertrauen zu bewäh ren. Gegen ein Naturgesetz kämpfen wir vergeblich. Laßt mich so lange die Luft noch gut ist, da« Ventil öffnen, damit da« Wasser zu unserer Hülfe eindringe. Versäumen wir da« jetzt, so verderben wir uns selbst die Lust, und uns bleibt nicht«, als der Tod durch Ersticken." Diesmal sind de« Erfinder« Worte vergeblich, sie stoßen in beiden Matrosen auf Unglauben, — die tapferen, braven Männer vermögen solch ein physikalisches Gesetz nicht zu fassen; sie bitten den Meister dringend, da« Ventil unberührt zu lassen, weil sie dann doch unrettbar ertrinken müßten. So sieht sich nun der muthige Mann gcnöthigt, den Weg, den er als den nächsten und sichersten zur Rettung erkennt, aus zugeben, um seine Schicksalsgefährten nicht in Verzweiflung zu bringen. Mit diesem Moment tritt zwischen die drei Männer in dieser entsetzlichen Lage da« Gespenst der Uneinigkeit; der Zweifel führt zum ersten Ungehorsam, und dieser führt weiter. Entschlossen, das Steigen de» Wasser« al« letzt« Rettungs mittel ruhig abzuwartcn, schwingt sich der Erfinder auf da« rechte Tretrad und sucht durch sein Beispiel und ermuthigenden Zuspruch erhebend auf den Geist der in der Angst verwirrten Gefährten einzuwirken. Jndeß die beiden Matrosen, erst vereint, dann ab wechselnd, und Alle« mit der Selbstberuhigung, daß sie bi« zum letzten Augenblick ihre Schuldigkeit Ihun wollen, beobachtet der Meister die Vergeblichkeit ihre« Bemühen« mit einer gewissen Genugthuunz. Immer aber beweist er ihnen, obgleich vergeblich, daß sie auf keine and-re Rettung zu rechnen haben, als durch die Luke; sobald er ihnen jedoch vorrechnet, daß es noch drei bi« vier Stunden währen könne, ehe da« Wasser de« Leck« den Raum hinlänglich fülle, um durch die Luke zu entkommen, — da erfaßt die beiden abgematteten Männer neues Entsetzen, sie halten sich nun für sicher verloren, eilen trotzdem an die Luke und suchen nun diese mit ihrer letzten Kraft zu heben. Aber auch die Ver zweiflung giebt ihnen nicht die Stärke, um die ungeheure Wasser last zu überwinden. Mit blutendem Herzen sieht der Erfinder die beiden Männer, bei einer Februartempcratur bis an die Brust im Wasser stehend, gegen da« Unmögliche ringend. Ernstlich, eindringlich ermahnt er sie, aus dem Wasser zu steigen und frische Kraft zu sammeln, um im rechten Augenblick sich durch Schwimmen retten zu können. Endlich, da Alles nutzlos ist, wendet er sich mit dem Ausruf ab: „Thut, was Ihr wollt, c« hilft Euch nicht»! Nur durch die Klappe kommen wir wieder nach oben!" Da läßt sich der eine der beiden Matrosen herbei, auch einen erhöhten, trockenen Ruheplatz aufzusuchcn. Der Meister spricht ihm tröstend zu: „Du kannst schwimmen; binde Dir einige Bretterstücke fest zusammen, die nimmst Du als ein Floß mit hinauf, hälft Dich daran, bis man Dich oben in ein Boot rettet." „Wahrhaftig, Herr," entgegnete der Angercdetc, „es ist merk würdig, wie Sic immer Rath wissen?" „Recht so, alter Freund, vertraue mir. Ost hast Du« ge- than, und nicht vergeblich, vielleicht bewährt sich'« auch dicse» Mal. Gott wird uns helfen." Der andere Matrose, noch immer bi« unter die Arme im Wasser stehend, quälte sich bi« zum Umsinken an der Pumpe ab; endlich nickt er nur noch mit dem Oberkörper in der Meinung, er pumpe. Bei seiner körperlichen Ermattung ist sein Geist in eine Erregung versetzt, die sich soweit steigert, daß er zu einer Scene hingerissen wird, die man „eine unterseeische Meuterei" nennen könnte. E« bedarf wohl keine« Hinweise« auf die Ge danken, die dem guten, treuen Matrosen Herz und Kops verwirrt haben, al« er wuthschnaubend auf den Erfinder losstürzt, in der Rechten da« haarscharfe Messer: „Ich sterbe nicht allein! Auch der muß fallen, der un« hierher geführt hat!" Der Meister verliert keinen Augenblick die Geistesgegenwart. Rasch hat seine Hand die Pistole von der Schiffswand gerissen, die, bereit« lange vom Wasser umspült, sicher erfaßt wurde. Auf den Verirrten anlegend, ruft er: „Noch einen Schritt und Du bist der Erste, der in der Tiefe de« Meere» erschossen ist." Aus der triefenden Waffe ist kein Zündhütchen, aber die Drohung allein genüg», den Mann wenigsten» so weit zu sich selbst zu bringen, daß er nun dem Beispiel der Andern folgend eine trockene Stelle sucht, und in tiefster Niedergeschlagenheit sich zusammenkaucrt. Mehrere Stunden sind bi« jetzt vergangen. E« ist elf Uhr Vormittag«. So sitzen nun die drei Männer äußerlich ruhig da, während da« Wasser langsam höher steigt. Und in welcher unheimlichen Dämmerung geht die« Alles vor. Durch sünszig Fuß MeereSfluth hindurch dringt da« Licht durch die kleinen Augen de» Schiffes in den Raum. Der Er finder, gewohnt die Sinne immer wach zu halten zum Prüfen und Forschen, benutzt auch diese, gewiß im Forscherleben einzig dastehende Gelegenheit, zu seinen Beobachtungen. Keine Erschei nung bleibt ununtersucht, da schwimmt aus den, Wasser ein TabakS- packet, und man beobachtet, daß man in dieser Tiefe noch genug sam Licht hat, um die Signatur desselben lesen zu können. An diese Wahrnehmung knüpfen sich neue Pläne de« Erfinder», er sieht ein, wie nützlich sein Apparat für die 'Naturforschung, für die Industrie und Kabellegung werden könne. Er drängt ihn zu dem Ausrufe: „ES wäre schade, wenn wir nicht wieder hinauf kommen sollten, weil bann die Erfindung als eine unpraktische angesehen würde, während wir hier die Ueberzeugung gewinnen, daß sie gut ist." „Ja," entgegnete der erste Matrose, „das ist sie. Kommen wir wieder nach oben und e« wird wieder solcher Apparat ge baut, so fahre ich wieder mit, denn die Geschichte ist gut, und daß die Pumpen versagt haben, dafür können wir nicht." Dieses Zeugniß au» dem Munde de« einfachen Matrosen, der selbst noch wie im Grabe liegt, ist in diesem Augenblick die größte Ehrengabe für den Erfinder. Da sollte gerade von jener Seite, von welcher man sich Rettung versprach, die ärgste Gefahr kommen, nämlich von oben. Zu den Gegenständen der Beobachtung de» Erfinder« am Kopfsenster de« Apparate« gehört in erster Linie da« Meer nach oben. Plötzlich zeigt sich der mahnende Schatten eine« Boote«, eine Nothleine kommt näher und näher. Ist auch an keine Rett ung durch Hebung de« 7000 Pfund schweren Brandtauchers zu denken, so wirkt schon der Gedanke, eine Verbindung mit den oben Lebenden anregend auf die Männer im nassen Grabe. Durch Rufen und Hämmern an den Eisenwänden geben sie Lebenszeichen und diese werden gehört. Etwas später schweben acht und noch mehr Boote über ihnen, sie hören des Meisters Namen deutlich rufen und die Kommandorufe der Führer, bi« der immer stärkere Zufluß von Fahrzeugen und das Durcheinander der Stimmen nur noch ein dumpfe« Getöse ist. Im Apparate ist die Luft bereit« so komprimirt und auch so verdorben, daß da« Alhmen erschwert ist, aber der Augenblick kommt nun immer näher, wo der einzige RettungSweg nach oben benutzt werden kann. Da kommt ein Anker herab, — jetzt er reicht er den Apparat und stößt — o Schrecken! — gerade auf ein Fenster. Drückt er die Scheiben ein, so sind die Männer verloren, die Lust entweicht zu schnell, die Luke ist nicht zu öffnen. Endlich, nach grauenvollen Sekunden, gleitet der Anker an der Eisenwand ab. Diese Gefahr ist vorüber, aber eine ärgere folgt. Eine starke Kette rasselt nieder und mit seltener Geschicklich keit umfährt sic den Kopf de« Brandtauchers so, daß sie die AuS- gangsluke einschnürt — also gesperrt, mit jeder Windung der Kette wird der Sarg fester vernagelt. Das ist der fürchterlichste Augenblick für den Erfinder, denn er allein kennt die ganze Gefahr, und — er muß schweigen, um den Hoffnungsstrahl der Gefährten nicht zu zerstören. Etwa sieben Fuß hoch steht jetzt da« Wasser durch die ganze Länge des Apparate«, cs reicht den Männern bis an den Hal«, die Luke muß jetzt zu heben sein, wo ihnen nur noch die Wahl bleibt zwischen Ersticken oder Ertrinken. E« ist drei Uhr 'Nachmittags. Da fühlen die Männer, daß die Kette in der Richtung nach rem Lande heftig angezogen wird, der Brandtaucher neigt sich nach rechts. Je stärker sie oben an ziehen, um so größer wird die Gefahr, daß die dünnen Blechplatten eingeschnürt und abgerissen werden. Alle stehen zum Sprunge bereit. Plötzlich erschüttert ein dröhnende« Gerassel der verhängniß- vollen Kette den Apparat, — sie ist abgerissen, die Luke frei. „Jetzt," ruft der Meister, „die Luke geöffnet, ehe sie uns nochmals einschließen." Der eine Matrose hebt die Luke, sie öffnet sich, doch erschreckt von dem hereinstürzcnden Wasser, läßt er sie wieder fallen. Der Erfinder aber weiß nun, daß die Rettung sicher ist. „Auf," ruft er, „jetzt können wir hinaus!" Er zieht den noch immer apathisch dasitzendcn zweiten Matrosen, der wankend folgt, über die Ballast- unv Trümmerhaufen unter die Ausgangs luke, er selbst steigt aus die Treppe, um den Ermatteten nachzu ziehen, fall« die letzte Kraft versagen sollte. „Fertig?" ruft der erste Matrose. „Ja!" — die Luke geht auf, und empor fliegt der erste Matrose, wie der Pfropfen aus einer Champagnerflaschc. — Jetzt ist'« dem Meister darum zu thun, auch den zweiten, den schwachen Matrosen zu sichern. Er will ihn an den Haaren fassen, um ihn mit nach oben zu ziehen, aber die erstarrten Finger versagen den Dienst. Da erfaßt er ein am Kopse de« Fahrzeuge« von oben herabhLngcnde» Tau, — doch die Lust, vom cinströmenden Wasser jetzt mit ungeheurer Gewalt au« dem Apparat getrieben, ergreift beide und reißt sie empor, den Matrosen in gerader Rich tung nach oben, den Erfinder am Tau entlang nach dem Schiffe hin, mit dem e« verbunden ist. Oben wimmelt e« von Booten und neugierigen Menschen. Al« die Kette reißt, war oben alle Hoffnung auf Rettung ge schwunden. — Da sprudelt ein Wasserberg aus, — der erste Matrose er scheint, mit den Beinen nach oben, aus der Oberfläche, gleich darauf der zweite und abseits der Erfinder. Unermeßlicher Jubel begrüßte die Geretteten. Der Erfinder hat in jenen qualvollen Stunden Erfahrungen gesammelt über die Natur der Lust, Le« Schalle«, de« Licht«, de« Wasser«, wie sic jahrelange Studien nicht zu geben vermögen. Dieser Erfinder ist Wilhelm Bauer au« Drillingen in Schwa ben, chemal« bayerischer Artillerie-Unteroffizier, dann russischer Marine-Ingenieur und dann — verkannt, ein vergessener Mann. Man hat ihn trotz seine« eminenten Genie« in der Heimath ver lassen und in die Fremde getrieben, — in« Elend. Nicht Preußen, nicht Oesterreich vermochten ihm eine kleine Anerkennung seiner Verdienste zu zollen. Sein Rettungsboot, seine Taucherkammer, seine unterseeischen Kamccle zur Hebung großer Lasten au» Wasser- tiefen, sein Kabelschneider, seine Revolverbattcrien und viele« Andere — alle« diese« sand von den Akademien in Bayern, Oesterreich, Rußland, England und Frankreich große Anerkennung, — aber weiter nicht». Ein Deutschland gab e« nicht, da« sich de» genialen Manne« annehmen konnte; er lebte zuletzt — fast vergessen — al» Pensionär Ludwig« II. von Bayern und starb in München am 18. Juni 187b. Zwischen zwei Welten. (». Fortsetzung.) Karoly Gervay bestieg sein Pferd, welche« ihm ein Diener vorgesührt und wollte zum Schloßhos hinauSreiten, al« sein Blick aus da« fremde junge Mädchen fiel. Sofort machte er Halt. .
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