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Amts- M AMMdlM für den Abonnement oiertelj. 1 M. 20 Pf. einschließl. des »Jllustr. Unterhaltungsbl.-' u. der Humor. Beilage .Seifen- blaserO in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 10 Pf. Im amtlichen Theile die gespaltene Zeil- 25 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: E. Hannebohn in Eibenstock. i ----- — 45. Jahrgang. 1EV4 Sonnabend, den 3. September L8S8 Oessentliche Sitzung des Bezirksausschusses zu Schwarzenberg Sonnabend, den 10. September 1898, von Nachmittags 3 Uhr an im Verhandlungssaale der unterzeichneten Amtshauptmannschaft. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in der Hausflur des amtshauptmann schaftlichen Dienstgebäudcs zu ersehen. Schwarzenberg, am 31. August 1898. Königliche Amtshau-tmannschast. Frhr. v. Wirsing. Schneeberger Kreisverein sür innere Mission. Etwaige Gesuche um Beihilfen aus den Mitteln des Kreisvereins werden bis zum 18. September t. 3s. erbeten. Schwarzenberg, am 1. September 1898. Das Direktorium. Frhr. v. Wirsing. Bekanntmachung. Nach 8 1? der revidirten Städteordnung sind zum Erwerbt des Bürgerrechts berechtigt alle Gemeindcmitglieder, welche 1) die sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, 2) das sunfundzwanzigstc Lebensjahr erfüllt haben, 3) öffentliche Armenunterstützung weder beziehen, noch im Laufe der letzten zwei Jahre bezogen haben, 4) unbescholten sind, 5) eine direkte Staatssteucr von mindestens 3 Mark entrichten, 6) auf die letzten zwei Jahre ihre Staatssteuern und Gemeindcabgaben, Arincn- u. Schul- Anlagen am Orte ihres bisherigen Aufenthalts vollständig berichtigt haben, 7) entweder a. im Gcmeindcbezirk ansässig sind, oder b. daselbst seit wenigstens 'zwei Jahren ihren wesentlichen Wohnsitz haben, oder e. in einer anderen Stadtgemeinde des Königreichs Sachsen bis zur Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes stimmberechtigte Bürger waren. Dagegen sind zum Erwerbe des Bürgerrechts verpflichtet diejenigen zur Bürgerrechts erwerbung berechtigten Gemeindemitglieder, welche männlichen Geschlechts sind, b. seit drei Jahren im Gemeindcbczirk ihren wesentlichen Wohnsitz haben und e. mindestens 9 Mark an direkten Staatssteuern jährlich zu entrichten haben. Diejenigen Einwohner hiesigen Ortes, welche nach Vorstehendem entweder berechtigt oder verpflichtet sind, das Bürgerrecht hiersclbst zu erwerben, werden daher hierdurch aus gefordert, sich hierzu bis zum 3 0. September 1898 schriftlich oder mündlich in der Rathsregistratur zu melden. Die Unterlassung der Anmeldung Seiten der zum Erwerbe des Bürgerrechts ver pflichteten Personen verwirkt eine Geldstrafe von 15 Mark bez. entsprechende Haftstrafe. Eibenstock, am 29. August 1898. Der Rath der Stadt. Hesse. Gnüchtcl. Bekanntmachung. Die vom 19. bis 30. August d. Js. erfolgte Nachaichung der Maatze, Gewichte und Meßwerkzeuge hat ergeben, daß an den vorgelegten Meßwerkzeugen eine große Anzahl Ausstellungen zu machen gewesen sind. An die hiesigen Gewerbetreibenden einschließlich der Landwirthc, die Maaße, Gewichte »nd Meßwerkzeuge im öffentlichen Verkehre benutzen, ergeht daher hiermit die Aufforder ung, bis längstens den 1. Oktober dss. Js. durch Vermittelung des nächsten Aich- amtes die Vorgefundene« Mängel beseitigen zu lassen. Nach Ablauf dieser Frist wird eine Revision durch die Polizciorganc stattfinden und gegen Säumige nach 8 369,- des Strafgesetzbuchs mit Strafe vorgegangen werden. Eibenstock, den 31. August 1898. Der Rath der Stadt. Hesse. Gnüchtel. Bekanntmachung. Der bisherige Polizeihilfsexpedient Herr Lrnst Lmil Müller aus Mjocken ist heute als Raths- und Polizei-Expedient vom unterzeichneten Stadtrath in Pflicht genommen worden. Eibcnstock, den 1. September 1898. Der Rath der Stadt. Hesse. Die Wendung in der Dreyfussache. Der französische KricgSminister Eavaignac, der es sich zweifel los aus ehrlicher Ueberzcugung von der Schuld Drcyfus' zur Ausgabe gemacht hatte, die Agitation der Dreyfusfreunde nöthigen- falls gewaltsam zu unterdrücken, hat eine sehr traurige Erfahrung gemacht. Da« vielgenannte „Bordereau", auf Grund dessen DrehfuS verurtheilt wurde, ohne daß ihm jene« Bordereau vor gezeigt worden wäre, ist längst als eine Fälschung erkannt. Um trotzdem die Verurthcilung als gerecht erscheinen zu lassen, erklärte Eavaignac am 7. Juli d. auf eine Interpellation in der Dcpu- tirtcnkammcr: „Thatsächlich ist in dem dritten Schriftstück Drey- fus mit vollem Namen genannt. In demselben heißt es: Ich werde aussagen, daß ich niemals Beziehungen zu DrehfuS gehabt habe. Sagen Sic ebenso aus wie ich. Man darf niemals von irgendwem erfahren, was mit ihm vorgegangcn ist." Jetzt hat der vielgenannte Oberst Henry, der Ehef de« Nach richtendienstes (Spionage) beim Generalstab, das Geständniß ab gelegt, daß er diese« Schriftstück gefälscht habe. Als damals Herr Eavaignac dieses einzige Schreiben, in welchem der Name Drey- fu« wirklich vorkommt, verlas, ging eine starke Bewegung durch die Dcputirtenkammer, und sic Ihciltc sich dem Lande und der Welt mit. Denn hier lag, wie e« schien, in der Thal ein voll gültiger Beweis für die Schuld des Verurtheilten vor . . . Und nun ist dieses beste „Beweisstück" zertrümmert und wcrthlo«. E« stellt sich als eine Fälschung dar, als eine« jener Bubenstücke, die man aurgesonnen, um DrehfuS zu verderben, die man voll bracht, um den abscheulichen Justizmord in der Verklärung einer Thal der unbeugsamen u. erhabenen Gerechtigkeit erscheinen zu lassen. Man muß sich angesichts dieser erschütternden Enthüllung die Haltung de« Oberstlieutenant« Henry in dem Prozeß gegen Zola vergegenwärtigen. Mit fabelhafter Dreistigkeit leugnete dieser dunkle Ehrenmann damals Vorgänge, welche durch eine große Zahl von Zeugen erwiesen waren, und wenn ihm von Seiten der Vcrlheidigung Zola» und von Seiten de« Oberst Picquart in der angemessenen Weise die Unwahrhaftigkeit seine« Thun» und Reden« vorgchalten wurde, dann spielte er die ge kränkte Unschuld, und der Fälscher bezichtigte Andere der Lüge. Wa« insbesondere Oberst Picquart von der bösen Zunge diese« Ehrenmannes zu leiden hatte, da« steht den aufmerksamen Ver folgern der DreyfuS-Zola-Angelegenhcit noch in frischer Erinner ung. Und nun ist dargethan, daß dieser Kronzeuge, dieser „tadel lose" Offizier, dessen „Ehre" natürlich in goldigem Glanze er strahlte, während diejenige de« armen Verbannten auf der Teufels insel in feierlichem Akte vernichtet wurde, ein Verbrecher ist, und sein Verbrechen einen Hauptstützpunkt bildet für die aller Mensch lichkeit und allem Recht Hohn sprechende Haltung de« offiziellen Frankreich in den neuerlichen Abschnitten de« DreyfuShandel«. Für Jeden, der die Dinge nicht durch die Parteibrillc be trachtet, steht jetzt soviel fest, daß Esterhazy, der ebenfalls im Nachrichtendienst angestcllt war und die Aufgabe hatte, die frem den Militärattaches zu überwachen, da« Verbrechen, da« er selbst begangen (LandeSvcrrath), deni DrehfuS in die Schuhe geschoben hatte, waS ihm durch die Ähnlichkeit ihrer beiden Handschriften erleichtert wurde. Er, Esterhazy, hat da« Bordereau geschrieben, nachdem ihm die Gefahr drohte, selbst als LandeSverräther ent larvt zu werden, lind da die« „Beweisstück" auf die Dauer nicht genügte, um die Schuld DrehfuS' unzweifelhaft zu machen, so sprang ihm Oberst Henry bei und fertigte ein zweites Schrift stück an, das den „Beweis" vervollständigte und unwiderleglich machte. Der ehrliche Eavaignac ist auf diesen Leim gegangen. Aber er ist ehrlich genug, seinen Fehler cinzusehcn, er hat mit fester Hand zugcgrisscn und Henry und seine schurkischen EideS- helfcr in die Festung abführen lassen. An die Aufdeckung dieses Frevels hatte Oberst Picquart seine Ehre und seine Zukunft gesetzt. Gerade zur rechten Zeit für diesen ist der Zusammenbruch de« System« von Fälschungen er folgt, an denen Esterhazy, du Paty und Henry bi« zuletzt mit frecher Stirn thcilgenommcn haben. Durch das Geständniß des Oberstleutnants Henry ist allerdings die DreysuS-Angclegcnhcit noch nicht entschieden; der gefälschte Brief datirt erst aus der Zeit nach der Verurthcilung des Kapitän». Nachdem jedoch nun mehr festgcstellt worden, daß da» vom französischen KriegSministcr Eavaignac al« da» Kapitän DrehfuS am meisten belastende Akten stück bezeichnete Schriftstück eine grobe Fälschung ist, gerade wie Oberst du Paty sich als die ost genannte „verschleierte Dame" erwiesen hat, die dem Kommandanten Esterhazy geheime Akten stücke übermittelte, wird wohl jetzt auch in Frankreich immer mehr die Ueberzcugung durchdringen müssen, die überall sonst seit ge raumer Zeit herrscht, daß nicht Kapitän Drcyfus, sondern der Kommandant Esterhazy da« Bordereau abgcschickt und die darin verzeichneten Schriftstücke dem fremden Militärattache übermittelt hat, zum allermindesten aber die Ueberzcugung, daß der Prozeß DrehfuS wieder ausgenommen werden muß. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Staatssekretär de« Acußcrn, von Bülow, empfing Dienstag Nachmittag die in Berlin weilenden Botschafter und Gesandten. Wie der „Hamb. Korr." au» Berlin meldet, wird man wohl nicht fehlgehen mit der Annahme, daß in diesen Unterhandlungen auch der russische Abrüstungivorschlag zur Sprache gekommen ist. — Süddeutsche Blätter brachten kürzlich die Meldung, daß leiten» der deutschen Eisenbahn-Verwaltung eine Ausdehnung der Fahrtvergünstigung für Kinder in Aussicht genommen sei in der Richtung, daß in Zukunft sür die unentgeltliche Beför derung das 6., für die Beförderung zum halben Fahrpreis da« 14. Lebenjahr al« Grenze angenommen werden solle. Die „Zei tung de« Vereins deutscher Eisenbahn-Verwaltungen" ist in der Lage fcstzustcllcn, daß diese Mitthcilung der Begründung entbehrt. — Uebcr die Organisation der Besatzung von Kiau- tschon ist eine Kabinctsordre der Kaiser« ergangen, wonach da« Kommando zur Besatzung von Kiautschou in der Regel nicht unter zwei Jahre dauern soll. In jedem Jahre soll thunlichst die Hälfte der ganzen Besatzung abgclöst werden. — Flensburg. Eine für Musiker wichtige Entscheidung, betreffend da« Halten von Musikschülern in Kapellen hat da« Landgericht in Flensburg gefällt. Der dortige Musikdirektor Bauer war wegen Ucbcrtrctung der Gewerbeordnung angeklagt worden, weil er Lehrlinge halte, obwohl er der Musikcrinnnng zu Neumünster nicht angehörc und sie auch nicht zur Kranken- und Alter«- und JnvaliditätSversicherung angcmeldct habe. Da« Land gericht hat nun entschieden, daß ein Musikdirektor nicht al« Hand werker im Sinne der Gewerbeordnung anzuschcn sei und daß ein solcher keine Lehrlinge, sondern Kunstschülcr anlernc und beschäftige, und daß solche Kunstjünger nicht zur Kranken- und Alter«- und JnvaliditätSversicherung heranzuziehen seien. — Oesterreich-Ungarn. Au« diplomatischen Kreisen erfährt da« „Neue Wiener Tageblatt", daß bereits eine Fühl ungnahme zwischen den Kabinetten über den Konferenz vorschlag de« Zaren eingelcitet ist. Man glaubt, daß e« sich zunächst um einen Meinungsaustausch über Vorfragen handelt, bezüglich welcher ein Einklang erzielt werden muß, wenn sich an die prinzipielle Zustimmung zu dem Konfercnzvorschlage die prak tische Verwirklichung desselben anrcihcn soll. Hierbei wird c« sich nicht blos um Formfragen betreffs des Wahlorte« für den Zusammentritt der Konferenz und der Art der Vertretung der Mächte auf derselben, sondern auch in erster Linie darum handeln, daß der Konferenz ein auch im Einzelnen genau umschriebene« Programm zu Grunde gelegt werde. — Frankreich. Oberst Henry ist am Mittwoch im KricgSministcrium verhaftet worden. Er hat cingestandcn, be lastende Schriftstücke im Dreh fuS-Pr ozeß gefälscht zu haben. Er habe die« angeblich au» der Nothwendigkeit gethan, neue Be weise für die Schuld DrehfuS' beizubringen, da die älteren sich thcil» al« Fälschungen erwiesen, thcil« belanglos waren. Die Blätter erinnern daran, daß General Pellicux unter Eid die Echtheit der von Henry gefälschten Briefe bekräftigt habe und daß diese Aussage Pellicux' von dcn Generalen Gonsc und Bois- dessre unter Eid bestätigt wurde. Die Angelegenheit erregt fieber hafte Auflegung. Die Revision de« DreyfuS-Prozesse« ist nun mehr im höchsten Grade wahrscheinlich. — Oberst Henry hat sich der irdischen Gerechtigkeit ent-