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- Erscheinungsdatum
- 1897-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189703043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970304
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1897
-
Monat
1897-03
- Tag 1897-03-04
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Monat
1897-03
-
Jahr
1897
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Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Wie in Erfahrung gebracht worden ist, wird nächsten Sonntag Nachmittag 5 Uhr im Saale de» Deutschen Hause» in öfsentlicher Versammlung ein Vortrag über die „innerpolitische Lage Deutschland»" geboten werden. E» ist da» Thema ein so interessante« und der nach hier kommende Redner ein so gewandter, daß auf einen zahlreichen Besuch der Versammlung zu rechnen sein wird. — Schönheide. Dienstag Nacht» gegen >2 Uhr ent stand in dem Hinteren Theil der leerstehenden sogenannten Baracken Feuer. Dasselbe wurde aber bald gelöscht. Eine Person wurde verhaftet. Währenddessen zeigte sich nach dem oberen Theil de« Orte» Feuerschein. Glücklicherweise war dar Feuer au»wärt». Die an diesem Tage veranstalteten Vergnügen wurden empfindlich gestört. — Johanngeorgenstadt, l. März. Dem seit 1855 auf dem StaatSforstrcvier Johanngeorgenstadt beschäftigten Waldarbeiter Carl Gotthold Müller von hier wurde vor gestern durch den Kgl. Oberforstmeistcr Hrn. Schumann au» Eibenstock in Gegenwart der Beamten der Revierverwaltung und einer Abordnung der Waldarbeiter da« tragbare Ehrenzeichen für „Treue in der Arbeit" feierlich überreicht. — Johanngeorgenstadt, 2. März. Nachdem im vorigen Jahre ein Theil de» fast seit Gründung unserer Stadt astjährlich am Fastnachtsdienstage staltfindenden Bergfeste», der Bergaufzug, wegen verschiedener Trauerfälle ausgesetzt worden war, fand derselbe am heutigen Tage wieder statt und lockte wie gewöhnlich eine große Zahl Schaulustiger her bei, die die Bergleute in ihrer schmucken Tracht bewunderten. Erfreulicherweise ist auch die Ausbeute gegen da« vorige Jahr um circa 12,000 M. gestiegen. Ebenso ist der Preis- des WiSmuthS, der leider sehr zurückgegangen war, fast doppelt so hoch al» im Vorjahre. Infolge dieser erfreuliche» That- sache konnte auch auf verschiedenen Gruben mehr Mannschaft angelegt werden. — Dresden, l. März. Heute in den ersten Morgen stunden ersckoß eine am Moltkeplatz wohnende, seit Jahren von ihrem Manne getrennt lebende 32 Jahre alte Frau, die sich bei ihren Eltern aushielt, zunächst ihr 5jährige« Töch terchen und dann sich selbst. Die unglückliche Frau war sofort todt, während da« Kind noch einige Stunden lebte. Der entschliche Gedanke ist bei der Frau schon seit längerer Zeit gereift; hierüber hat sie sich ihren Angehörigen gegenüber auch unumwunden ausgesprochen. Sie selbst litt, wie sic meinte, an einem unheilbaren Kopf- und Halsleiven. — Dresden. Ueber die kirchliche Gedenkfeier des 100. Geburtstages des hochseligen Kaiser« Wilhelm I. hat da« evangelisch-lutherische Landeskonsistorium nachstehende Verordnung erlassent „Am 22. März d. I. erfüllt sich ein Jahrhundert seit der Geburt unseres unvergeßlichen ersten Kaisers im neuen Deutschen Reiche, Kaiser Wilhelm« I. Dieser für unser Volk so bedeutsame Gedenktag wird im ganzen deutschen Vaterlande und weit über die Grenzen hinaus, überall wo Deutsche wohnen, festlich begangen werden. Unsere Kirche, die es als eine ihrer besonderen Aufgaben ansieht, die Treue gegen König und Vaterland, gegen Kaiser und Reich in ihren Gliedern zu nähren und zu pflegen, darf nicht versäumen, diesem Tag großer vaterländischer Erinner ungen durch Wort und Gebet seine Weihe zu geben. Wie nach Anordnung des königlichen Ministerium» de« Kultus und öffentlichen Unterrichts in den Schulen, so soll auch in den Kirchen unseres Landes am unmittelbar vorhergehenden Sonntag Oculi, den 21. März, des wichtigen Tage« in den Predigten in gebührender Weise gedacht werden, ein Dank gegen Gottes Gnade, der den Kaiser in großer Zeit zu einem hervorragenden, rcichgesegneten Werkzeuge seiner Weisheit in der Führung unsere« Volkes auSerwählt und ihn zu einem leuchtenden Vorbilde christlicher Regententugenden in evan gelischen! Geist und Glauben gemacht hat." Der Verordnung ist ein Gebet bcigefügt, welches an dem gedachten Sonntag in da» allgemeine Kirchengcbet eingeschaltet werden soll. — Dresden. Von der Kanzel der vor wenigen Tagen durch die Flammen zerstörten Krcuzkirchc wurde im Jahre 1559 ein Bannfluch gegen die Sperlinge erlassen, weil sich dieselben in der Kirche gar zu häuslich niederge lassen hatten. Die hierüber noch vorhandene Verfügung de« Kurfürsten August (1553 bis 1586) an seinen Sekretär Thomas Nebel >1. 3. Dresden, den 18. Februar 1559 lautet folgender maßen: Von Gottes Gnaden Augustus, Herzog zu Sachsen und Kurfürst: Lieber Getreuer, Wclchcrgestalt, und aus was Ursachen und christlichem Eifer, der würdige. Unser lieber andächtiger Hr. Daniel Greyßer, Psarrhcrr allbier in seiner nächst gethanen Predigt, über die Sperlinge etwa» heftig be wegt gewesen und dieselben wegen ihre» unaufhörlichen, ver drießlichen großen Geschrei» und ärgerlicher Unkeuschhcit, so sic unter der Predigt, zu Verhinderung Gotte« Wort» und christlicher Andacht, zu thun und behegen pflegen, in den Bann gethan und männiglich preisgegeben, dessen wirst Du Dich, als der damals ohne Zweifel au« Anregung de« heiligen Geiste« im Tempel zur Predigt gewesen, guter Maßen zu erinnern wissen. Wiewohl Wir un« nun vorsehcn, Du werdest, aus gedachten Herrn Daniel« Vermahnen und Bitten, so er an alle Zuhörer insgemein gethan, ohne das allbereit aus Wege gedacht haben; sintemal Wir diesen Bericht, daß Du dem kleinen Gevögel vor andern, durch mancherlei visir- liche und listige Wege und Griffe nachzustcllen, auch Deine Nahrung unter andern damit zu suchen und dasselbe zu sahen pflegest, — daß ihnen, ihrem Verdienst nach gelohnt werden möge nach weiland der Herrn Martini seeligem Urthcil ist demnach unser gnädige» Begehren, -zu eröffnen, wie und welchergestalt auch durch wa» Behändigkeit und Wege, Du für gut ansehcst, daß die Sperlinge, eher dann, wann sie jungen, und sich durch ihre tägliche und unaufhörliche Unkeuschheit unzählich vermehren, ohne sonderliche Kosten au» der Kirche zum heiligen Kreuz gebracht, und solche ärgerliche Unkeuschheit und hinterlistige» Getzschirbc und Geschrei im Hause Gotte», verkümmert werden möge. — Da» gereicht zur Beförderung guter Kirchenzucht und geschieht daran unsere gnädige Meinung. — Leipzig, l: März. Vorgestern in später Abend stunde begoß sich die 35jährige Gattin eine» in der Iosephincn- straßc zu Reudnitz wohnenden Schirrmeister» über und über mit Petroleum und steckte sich dann selbst in Brand. Die Unglückliche, die ohne Zweifel in einem Anfälle von geistiger Störung gehandelt hat, wurde noch lebend in« Krankenhau« gebracht, wo sic gestern verstorben ist. — Plauen, 1. März. Gestern Nachmittag sanden Spaziergänger oben aus dem Bärenstein nach und nach nicht weniger als 30 Hasenschlingen und beseitigten sie. Tag« vorher hatte man bereit» in einer solchen Schlinge nahe einem über den Berg laufenden Gartenzaun ein HäSlein gefunden, da» sich jämmerlich abgewürgt hatte. — Auerbach, 1. März. Am vergangenen Sonnabend Abend gegen '/,10 Uhr wurde unsere Einwohnerschaft durch Sturmgeläute in Schrecken versetzt. E» brannte an der Bahn hofstraße (Scheibe) eine dem Oekonom Herm. Seifert gehörige Scheune, und da« Feuer ergriff bald darauf auch den direkt an dieselbe angebauten Schuppen. Beide Gebäude waren in kurzer Zeit ein Raub der Flammen. Hierbei ist ein großer Vorrath von Heu und Stroh, Hafer, Ackergerälhschasten, land- wirthschaftliche Maschinen u. j. w. mit verbrannt. — Oschatz. Nach einer Meldung de» hiesigen Tage blatte» ist unter einem Theil der Militärpfcrde der Garnison die sogen. Bornaer Pferdckrankheit — Gehirn-Rückenmark entzündung — auSgebrochen. Werdau. Vor länger al» 30 Jahren kam der Gattin eine» hiesigen bekannten Bürger» auf räthselhaftc Weise der Trauring abhanden. Alle Nachforschungen nach dem Verbleib de» Ringe« blieben erfolglos. Derselbe ist nun mehr nach länger al- 30 Jahren in — Stöcken gefunden worden. Ein dortiger Gastwirth fand ihn vor acht Tagen nach einer Festlichkeit in dem zu seinem Gasthof gehörigen Ballsaale. Die in dem Ring sehr gut erhaltene NamcnS- inschrist verrieth dem Finder die ihm persönlich gut bekannte Eigenthümerin. — Meißen. Eine furchtbareBlutthat setzt unsere Stadt in Aufregung. Der am Sonnabend früh zwischen 9 und 10 Uhr im Dörfchen patrouiüircnde Schutzmann begegnete dem zwölsjährigen Realschüler Rudolph Pfordte und nahm an dessen Kopfe Blutlpurcn wahr. Auf Befragen feiten» de» Schutzmann» gäbe der Knabe an, zum Arzte gehen zu wollen, da im Hause de« Vaters cingebrochen und sowohl er, al» auch der Vater und seine Schwester vom Einbrecher verletzt worden seien. Nachdem der Schutzmann telephonische Meld ung an die Polizeibehörde erstattet hatte, begab er sich in Begleitung der Knaben nach dessen väterlichem Hause, Ecke Elbterrasse und Poetenweg. Die erste Spur de» geschehenen Verbrechen» ließ sich an dem Vorhänge wahrnehmen, der an einem Fenster de« Treppenhauses angebracht ist. Der Vorhang zeigte mehrere breite, anscheinend von Handabdrücken her rührende Blutspuren. Beim Betreten de« Hauses sand man aus ter Treppe liegend, den PrivatuS Emil Psordte, neben ihm eine große Lache Blutes. Der Kopf zeigte eine ganze Anzahl schwerer Verletzungen, die sofort als durch wuchtige Schläge herrührend erkannt wurden. Die Verletzungen waren so schwere, daß der Ueberfallene denselben erlegen ist. Die Hintere Schädcltecke war fast total zertrümmert, auch im Ge sichte, namentlich am Auge, hatte der Ueberfallene schwere Verletzungen. Gleichfalls ziemlich schwer verletzt ist die circa 16jährige Tochter Dora Pfordte. Dieselbe hat Schläge aus den Kopf erhalten, wodurch ihr eine klaffende, stark blutende Verletzung der Kopfhaut zugcfügt wurde. Die Verletzungen de« Knaben Rudolph sind weniger schwerer Art. Allem An schein nach ist e« nur auf Einbruch, nicht von vornherein aus Raubmord abgesehen gewesen. Dem alten Herrn Pfordte hat der Einbrecher da« vermuthlich reichgefüllte Portemonnaie geraubt und dabei die ganze Hosentasche mit abgerissen. Auch die Schlüssel zum eisernen Geldschrank dürften in die Hände de« Einbrecher« gefallen sein. Dahingegen wurde eine Brief tasche mit einer größeren Anzahl Coupons, sowie zwei goldene, an einer K.tte befindliche Uhren am Thatorte aufgcfunden und in behördliche Verwahrung genommen. Der Thätcr ist noch nicht ermittelt. — Aue. Im Viktoria-Hotel versammelten sich am Sonn tag die Abgeordneten zum Gauturntagc de« Erzge- birgS-Turnqauc«. Es waren 103 Abgeordnete und 10 GauturnrathSmitglieder anwesend. Zum Gau gehören nach dem vorgetragencn Berichte 44 Vereine mit 3972 Mitgliedern, wovon 2327 aktive Turner und 243 Vorturner sind. Der Gauturnlag beschloß, in diesem Jahre (einige Wochen vor dem KreiSturnsest in Plauen i. V.) eine Gauturnfahrt nach Löß nitz zu veranstalten, hiermit soll eine Hauptprobe der vom Gau zum Kreisturnfest geplanten Vorsührungen verbunden werden. Zu dem bei der Gauturnfahrt stattfindcndcn volkS- thümlichen Wettturnen wcrden die Uebungen Weithochsprung, Stcinstoßen und Hindcrnißweltlaufcn auf Vorschlag de« Gau- turnraths bestimmt. Bei der Wahl de« Gauturnralh« gingen hervor: al« Gauvertreter Herr Lehrer Herklotz-Eibenstock und al« dessen Stellvertreter Herr Oberlehrer Lorenz-Schneeberg, al« Gauturnwart Herr Faktor Fichtner-Zwönitz und al« Stell vertreter Herr Argentanarbeiter Fischer-Aue, al« Gauschrift- wart Herr Lehrer Ficker-Eibenstock, al« Gaukassenwart Herr Lehrer Loose-Aue, al« Beisitzer die Herren Hecker-BernSbach, Gnüchtel Lauter und Schlegel-Aue. Alsdann fand noch die Wahl von 24 Kampfrichtern für die Werthung bei der Gau- turnsahrt statt. Dem ErzgebirgSgau sei im neuen Jahre ein bcstturnerischer Erfolg und zum KreiSturnsest eine rege Be iheiligung gewünscht. — Markneukirchen. Eine Gewerbe- und In dustrieausstellung veranstaltet der hiesige Gewerbeverein zur Feier seine» sünfundzwanzigjährigen Bestehen« vom 8. bi» 15. August d. I. - Eine wichtige Neuerung soll dem Vernehmen nach hinsichtlich der Fahrkartenpreise auf geringere Entfernungen beabsichtigt sein. E» ist nämlich geplant, vom 1. Juli d. I. an im Binnenverkehre der sächsischen Staatsbahnen von jeder Station nach den bi« einschließlich 20 Tariskilometer weit gelegenen Stationen die Preise der einfachen Fahrkarten für Schnell- und Personenzüge, der gewöhnlichen Rückfahrkarten und der SchnellzugS-ErgänzungSkarten zum größten Thcile zu ermäßigen. In den Preisen der fertig gedruckt vorhandenen Militärfahrkarten, sowie der Hundekarten sollen dagegen Änder ungen nicht vorgenommen wcrden. Die „Lcipz. Ztg." erfährt hierüber, daß voraussichtlich von Mitte diese» Jahre» ab bei Berechnung der Pcrsonensahrgelder nicht mehr eine Mindest entfernung von 5 km, sondern von 2^ km zu Grunde gelegt wcrden soll und außerdem die Aufrundung der Entfernungen und der Preise nicht mehr auf ganze Kilometer und volle 10 Pf., sondern aus Zehntclkilometer und 5 Pf. erfolgen werde. Diese neue Berechnung wird namentlich bei den Fahrpreisen zwischen eng aneinander liegenden Stationen und Haltestellen, bei welchen Zwischcncntfernungen von weniger al» 3,» km bestehen, fühlbare Ermäßigungen der einfachen und Rückfahrkarten aller Wagenklassen zur Folge haben. Auf Entfernungen über 20 km soll die neue Berechnung nicht angewendet wcrden. Kaus und Wett. Novelle von Gustav Hölter. (S Fortsetzung;. Wenn er an schönen Sommernachmitlagen einsam in dem kleinen Garten lustwandelte, während seine Töchter eu»gebeten waren, und den jungen Mann in einem schattigen Winkel de« Nachbarhofe« auf einem Bretterhaufen sitzen sah, seine freie Zeit mit der LeklVre eine« Buche« verbringend, so rief er ihn oft zu sich herüber, um mit ihm stundenlang zu plau dern. Ewald war, trotz seiner Jugend, schon weit in der Welt herumgekommen und wußte sehr anschaulich und fesselnd zu erzählen. Ebenso zeigte er sich aber auch al« aufmerksamer und dankbarer Zuhörer, wenn der Hofratb ihm über die« und jene« belehrenden Aufschluß gab oder auf seine Erlebnisse au« den Kriegejahren zu sprechen kam, für welche Valentine und Martha längst kein aufmerksame« Ohr mehr hatten. Ewald Klautzen wäre für den alten Hofrath und seine Töchter zu jeder Zeit durch Feuer und Wasser gegangen; da ihm die« jedoch nicht vergönn« war, so suchte er seine Gesinn ungen durch seine Kunstfertigkeit zu beihätigen. Er überraschte einst den Hofrath an dessen Gebuil«tage durch ein eigen« für ihn koiistruirte« Schreibpult, welche» al« ein Meisterstück gelten durfte. Während die Eleganz der Arbeit von einem feinen, geläuterten Geschmack zeugte, war die originelle Kon struktion allen Bequemlichkeiten, welche der Hofrath bei seinen häuslichen schriftlichen Arbeiten liebte, angepaßt. Er konnte stehend und sitzend an dem Pulte schreiben, für alle Hilfsmittel, deren er bei seiner Arbeit bedurfte, waren Fächer und Spinde angebracht, nach denen er nur seine Hand au»zuslrcckcn brauchte; kurz er verrieth in allen seinen sinnigen Einrichtungen, mit welch' rührender Aufmerksamkeit und Ausdauer Ewald dem alten Herrn seine Gewohnheiten und Neigungen nach und nach abgelauscht hatte. Auch Valentine unv Martha erfreute Ewald durch hübsch auSgesonnene kleine Ueberraschungen seiner kunstfertigen Hand. Er versah sie mit den zierlichsten Toilettenkästchen und Blumen gestellen, und selten nur kehrten sie von einer BesuchSreise zu rück, ohne daß er in ihrer Abwesenheit nicht irgend eine in sein Fach schlagende neue Einrichtung getroffen hätte, nach der sie sich schon lange gesehnt hatten, sei e« nun, daß im Garten an geeigneter Stelle eine Ruhebank angebracht war oder daß die Laube eine neue Zierde, der Gartenzaun einen frischen Anstrich erhalten hatte. E« konnte daher nicht fehlen, daß Ewald auch von den Schwestern gern gesehen war. Dazu kam, daß sie nicht nur ihr Wohlgefallen an seiner anmuthigcn äußeren Erscheinung halten, sondern in ihm auch einen jungen Mann achten lernten, der weit über den Bildungsgrad de« Handwerker« hinausragte, denn er hatte sich ursprünglich ei nem höheren technischen Fache widmen wollen, und in seiner Vaterstadt Hamburg da« Realgymnasium besucht, bi« der Tod seiner Eltern, die ihm kein B rmögen hinterlassen konnten, nöthigte, in seinem sechzehnten Jahre seine Zuflucht zu einem Handwerke zu nehmen. Gerade die Vorzüge, die ihn über seine« Gleichen erhoben, sollten ihm aber gefährlich werden. Dem dienstfertigen Tisch- lergesellen, der sich in Hau« und Garten bei jeder Gelegenheit nützlich zu machen wußte, hätte die muthwillige Martha ein dankbares Wohlwollen bewahrt, — der schöne, junge, gewandte Mann aber, der Goethe und Schiller auswendig kannte und die gebildete Sprache seiner norddeutschen Landsleute redete, reizte den Uebermuth der HofrathStochter. War e« ihr nur um ein neckisches Spiel, um einen Zeitvertreib zu thun, oder wollte sie die strenge Abgeschlossenheit seine« Benehmen«, die nie ein andere« Gefühl, als da« der Achtung hindurchblicken ließ, auf die Probe stellen, — gleichviel, sie machte durch kleine Koketterien den jungen Mann glauben, als sei der Ab stand der beiderseitigen Lebensstellung durchaus kein Anstoß, der sie hindere, zärtlichere Neigungen für ihn auskommcn zu lassen. E« ward ihm ganz seltsam zu Muthe, al« er eine« Ta ge» bemerkte, daß Martha» glühende« braune« Auge länger auf ihm ruhte, al» je. Er schlug e« sich gewaltsam au» dem Sinne, etwa« andere« dahinter zu suchen, als einen bloßen Zufall. Aber bei dem nächsten Zusammentreffen mit ihr geschah es wieder, und so sehr er sich auch den Anschein zu geben versuchte, al» bemerkte er e» nicht, so war es ihm doch, al» ob der unverwandte Blick aus dem schönen Mädchenauge gleich einem schneidigen Messer leise über seine Wangen hin- streiste, und er fühlte er wohl, wie da« ihm heiß nach dcui Kopfe drängende Blut bereit» sein Verräther geworden war. Er vermochte dem Glanze dieser Augen endlich nicht mehr auszuweichen, er mußte ihnen begegnen, mußte darin zu lesen suchen, wa» sie ihm zu sagen halten, aber dann verbarg sich Martha» Blick stet« unter dem gesenkten Lide mit den langen schwarzen Wimpern und viel gefährlicher noch, al« die Sprache ihrer Augen, hob sich unter einem schwermüthigen Seufzer ihr Dusen. Er wußte nicht, wa« er davon denken sollte, daß Martha au« dem Geheimniß ihre« Herzen« so wenig Hehl machte, und sogar in Gegenwart ihrer Schwester, ja der Haushälterin, weder mit ihren Blicken, noch mit ihren Seufzern zurückhielt. Manchmal glaubte er geradezu, alle übrigen seien von der ganzen Größe de» Glück«, welche» ihm Martha zugcdacht habe, besser unterrichtet al« er, und der Hofrath werde eine« Tage» die Hände seiner Tochter in die seinigen legen. So tiefe Verwirrung vermag da« Gaukelspiel der Liebe in einem sonst so Hellen Kopfe anzurichten. So viel Ueberlcgung be hielt Eduard freilich immer noch übrig, als daß diese kühne Phantasie ihn gänzlich beherrscht hätte, sonst würde ihm da« Bewußtsein, die Liebe der schönen Nachbarin zu besitzen, wohl weniger unglücklich gemacht haben. Denn ein beneiden«werthcr Zustand war e« nicht, in welchem er sich jetzt stet« zu dem Gange anschickte, wenn c« im Hause de« Hofrath« etwa« zu verrichten galt. Schon aus dem Wege klopfte sein Herz in bangem Un gestüm. Wenn er dann vor der GlaSihür die Klingel zog, schnürte ihm ein Gefühl fieberischer Erwartungen die Kehle zusammen, und wenn er gar Martha» ansichtig wurde, glaubte er den Boden unter den Füßen zu verlieren, die Wände schienen vor seinen Augen zu tanzen u. die menschlichen Gestalten au«- cinander zu fließen! Nein! Ein beneidenswerther Zustand war c« nicht, in welchem der arme bethörte Tischlergesclle dahin lebte, denn Martha befand sich nicht immer in der Laune, ihr übcrmüthige« Spiel festzuhalten, und dann harrte er, wenn er im Hofe de« Meister« beschäftigt war und Martha im Garten nebenan in einem Buche la«, vergeben«, daß sie auch nur ein einzige« Mal Ihr schöne» Auge aufschlagen
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