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- Erscheinungsdatum
- 1897-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189702022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1897
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Monat
1897-02
- Tag 1897-02-02
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Monat
1897-02
-
Jahr
1897
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Schuhladen wurden die Schuhe aus die Straße gcworsen. E« wurden im ganzen 44 Verhaklungen vorgenowmen. — Rußland. Ueber die Pest wird au« Peter»- burg geschrieben: Die russische Regierung rechnet immer ernster mit der Möglichkeit, daß die Pest über da- Tran«- ka-pigebiel nach dem europäischen Rußland verschleppt werden kann. Die Sache ist die, daß fortgesetzt große mohamedanische Pilgerkarawanen durch diese- Gebiet und weiter durch Afgha nistan nach Mekka gehen, und Mekka wie Afghanistan sehr geeignete Pestherde sind. Die Pilgerzüge nach Mekka zu ver bieten, so lange dort der Au-bruch der Pest noch nicht kon- statirt ist, trägt man in Peter-burg Bedenken. Eine solche Präventivmaßregel würde von den zahlreichen mohamedanischcn Unterthanen Rußland- gar nicht verstanden, sondern al« arge Glaubcn-bedrückung aufgcfaßt werden. Man befindet sich folglich in der unangenehmen Lage, den Brunnen erst dann zudecken zu können, wenn da« Kind hineingefallen ist. Da» Einzige, war die russische Regierung glaubt zur Zeit lhun zu können und auch bereit» thut, ist, daß an der afghanischen Grenze die strenge Quarantäne eingesührt wird und ein zahl reiche- Aerztcpersonal bereit« dieser Tage dorthin abgeht. Sollte sich im TranSkaSpigcbiet auch nur ein einziger Pestfall zeigen, so werden unverzüglich die strengsten Maßregeln ge trosten werden, um diese« ganze Gebiet von dem übrigen Ruß land zu isoliren. Der Handel würde dabei natürlich enorme Verluste erleiden und gut lhun, sich bet Zeiten mit dieser Eventualität vertraut zu machen. Dem herannahenden Früh ling kann man jedenfalls mit einer gewissen Besorgniß ent gegensetzen. Local»' und sächsische Nachrichten — Eibenstock, l. Februar. Gestern Abend sand vor einem außerordentlich zahlreich erschienenen Publikum im Saale de« Deutschen Hause« da« Concerl der Schwedischen Sänger statt. Der durch seine Eigenartigkeit anziehende Gesang sand Ihcil« nach schwedischem, IheilS nach deutschem Tertc statt und ivie« verschiedene recht ansprechende Nummern auf, welchen lebhafter Beifall feiten« der Zuhörer folgte. Wie au« dem heutigen Blatte ersichtlich, wird auf besonderen Wunsch heute Dienstag Abend noch ein zweite« Concert statt finden, und ist somit auch Denjenigen, welche ani Sonntag behindert waren da» Eoncert zu hören, Gelegenheit geboten, den Vorträgen der fremdländischen Sänger beizuwehncn. — Eibenstock, l.Febr. Theater. Trotz der gestern hier so vielfach abgehaltencn Vergnügungen, wie: Geflügel- Ausstellung, Schwedisches Sänger-Concert, verschiedene Bock bierseste mit Abendunterhaltung, hatte Herr Direktor Klinger ein große« Glück, denn der Saal im Feldschlößchen war total auSvcrkaust und Jeder, der etwa« spät kam, mußte mit dem Platz vorliebnehmen, den er nur erhaschen konnte. Der humoristische Theaterabend hatte die LachmuSkeln der An wesenden sehr angestrengt und alle Theaterbesucher erheitert. Zur Aufführung gelangte: „Aus hoher Alm, oder: Berliner in Tyrol". Da« Spiel war flott, der Gesang durchaus dccent gehalten, die eingelegten Eouplet- ernteten reichen Bei fall. Auch in Bezug aus die Ausstattung war alles mögliche geleistet worden. Die hübsche Dekoration der Sennhütte war so recht dazu angcthan, den Anwesenden das Leben u. Treiben aus den Alm naturgetreu vor Augen zu führen. — Auch da« zweite humoristische Lustspiel „Braut und Bräutigam vor 2b Jahren" wurde recht beifällig ausgenommen und können die beiden Aufführungen al« recht zufriedenstellende Leistungen angesehen werden. Die Nachmittagsvorstellung brachte eben falls ein volle« Hau«. Die kleine Welt zeigte ein gute« Verständniß u. bekundete ihre Freude durch stürmischen Applau». — Eibenstock, I. Februar. Die gestern und heute abgehaltenc Ausstellung de« hiesigen „Geflügelzüchter-Ver eins" zeichnete sich auch diesmal wieder durch zahlreiche» rasse echte» Geflügel au» und wurde in gewohnter Weise lebhaft besucht. Wir werden in einer späteren Stummer noch aus führlicher aus die ausgestellten Objekte zurückkommcn, möchten aber heute wenigsten« der ausgestellten großartigen Schmetter- lingSsammlung de« Hin. Alban Seidel Erwähnung thun, die weit und breit kaum ihre» Gleichen finden dürfte. In 10 großen Glaskästen sind mehr den Tausend Exemplare der seltensten Thicre dieser Gattung au« allen Theilen der Erde zusammengestcllt und zum Theil von einer Größe und Schönheit, die geradezu verblüffend ist. Schon die Besichtig ung dieser Sammlung lohnte den Besuch der Ausstellung allein und bildet dieselbe für Naturfreunde eine schier uner schöpfliche Fundgrube. — Dresden, 24. Januar. Ueber einen Betrug»- fall recht gemeiner Natur wird von hier berichtet: Um die Weihnachtszeit sprengte der ca. 30 Jahre alte, in der Neustadt wohnende und bei der Deutschen Straßenbahngcscll- schast al« Signalwärter angestellte Arbeiter Weinert da« Gerücht au«, daß ihm seine 23 Jahre alte Ehefrau im Kind bett mit sammt dem neugeborenen Kinde gestorben sei, weshalb seine gewiß nicht« weniger al« gut situirten Eollegcn eine Steuer unter sich veranstalteten und von dem Erlö» derselben Blumenschmuck zum vermeintlichen Begräbniß spendeten. Seiner Direktion machte er, um in den widerrechtlichen Besitz de» wohl 30 Mk. betragenden SterbeunterstützungSgelde» zu kom men, ebenfalls von den, ihn betroffenen Trauersall Anzeige und erhielt er auch die Hälfte desselben ausgezahlt, während er die andere Hälfte nach Beibringung der Sterbeurkunde ausgezahlt er palten sollte. Da jedoch Woche auf Woche ver ging, ohne daß W. die Sterbeurkunde beibrachte, setzte man einen Termin hierzu auf Sonntag, den l7. Januar, fest. Weinert erschien aber nicht mit dem gewünschten Nachweis, sondern meldete sich krank. Al» man nun der ganzen An gelegenheit näher trat, stellte sich die Unwahrheit der gemachten Angaben heraus und sand, daß die grau frisch und gesund ist. Da» gerichtliche Nachspiel dürfte nicht lange auf sich warten lassen. — Leipzig. Dem Hungertode nahe fand man Sonntag im Rosenlhale einen zwölfjährigen Knaben, der von seinen im Vorort Möckern wohnenden Eltern ausgeschickt war, um in den Restaurant« übriggeblicbene Speisen abzuholen. Der bedauernSwcrthe Kleine war vor Entkräftung umgefallen — in bewußtlosem Zustande kam er in» Krankenhaus, wo e« vieler Mühe bedurfte, um da« Kind dem Leben wiederzugeben. — Plauen. In der Plenarsitzung der Handels und Gewerbekammer Plauen fand am 2b. d. M. nach Erledigung der übrigen Gegenstände der Tagesordnung durch Herrn HandelSkammerpräsident Geh. Kommerzienrath Georgi die feierliche Verabschiedung de« am 3l. Dezember 1896 >n den Ruhestand getretenen Sekretär» Herrn Rechtsanwalt Kirbach und die Einweisung de» seit Januar 1897 angestellten Herrn IN. Dietrich statt. Zu der Verabschiedung hatten sich auch die Kollegen de» Herrn Airbach eingefunden, die Herren Sekretäre IN. Gensel-Leipzig, Herrmann-Dre»den, Rollfuß und IN. Büchner-Zittau und I>r. Herrl Chemnitz. Herr Kirbach ist der einzige Sekretär, der von der Errichtung der Kammer an, also über 34 Jahre, al« Sekretär gewirkt hat. Vom königl. Ministerium de« Innern wurde Herrn Kirbach bei dieser Gelegenheit durch den Herrn Handel«kammerpräsidenlen ein Schreiben überreicht, in welchem in höchst huldvollen Worten der ersprießlichen Dienste gedacht wird, die Herr Kirbach dem ganzen Lande, wie insbesondere dem Bezirk der Plauenschcn Handel«- und Gewerbekammer geleistet hat. Herr Sekretär in. Äenscl überreichte seinem Kollegen Kirbach im Namen der übrigen Sekretäre ein Album mit den Bildern aller derjenigen Sekretäre (28), die in den 34 Jahren mit ihm gearbeitet haben. - Plauen i.V. In seinem BereinSlokal „Bürger garten" beim „Eimslöcker" in Plauen i.V. hielt der Verein der Erzgebirger am 16. u. 17. Januar seine diesjährige Weihnachtsfeier. Die Mitglieder halten auch diesmal wieder keine Mühe gescheut, diese Feier zu einem wirklichen Er- inncrungSfcst zu gestalten und so strahlten denn dem Ein tretenden die in Hellem Lichterglanz prangenden, da« Herz erfrcuenoen heimathlichcn Winkel, Pyramiden, Engel, Berg männer und Leuchter, sowie ein schön geputzter Tanncnbaum entgegen. Nach einem herzlich zugeruscnen Willkommen seilen de« Vorsteher« Herrn Ziegler wechselten musikalische, gesang liche und humoristische Vorträge mit einigen von Mitgliedern verfaßten Deklamationen und Liedern ab. Auch die von Herrn Mückenberger verfaßte Posse: „Aus dem Leben eines Erz- gebirgischen Kuriosen", der manchem Anwesenden noch in Er innerung war, gelangte zur Aufführung. Als nun noch das „Bornkinnel" schließlich Jedem eine Gabe in den Schooß legte, waren die Anwesenden von Freuden voll und so wird auch diese« Weihnachtsfest, durch die abwechslungsreichen an die Heimath erinnernden Vorträge, die den Abend verschönten, in dauernder Erinnerung bleiben. Dem Verein, welcher neben seinen geselligen Zusammenkünften sich auch die Unterstützung erzgebirgischer Landsleute al» Thätigkeit init auSerschen hat, Wunsche» wir zu seinen lobcnSwerthen Bestrebungen auch ein fernere« Blühen und Gedeihen. Glück aus! Referat «Ser die Sitzung des Hemeinderatys zu Schönheide vom 12. Januar 1897. 'Nach begrüßenden Worten des Vorsitzenden und kurzem Hinweis aus die wichtigeren Aufgaben der Gemeindevertretung im neu begonnenen Jahre nimmt der Gemcinderath Kenntniß: u. von dem Resultate der Biersleuer im Jahre 1896, ii. von der Verpflichtung der Frau Anna Auguste verehcl. Seidel hier als Hebamme für Schönheide, Schönheiderhammer und Nmhcide, c. von dem VerpflichtungStermine der anderweit auf 6 Jahre gewählten Herren Gemeinteältesten Leistncr und Friedrich Oschatz, ii. von dein Inhalte de« mit Herrn Bischofs berger über das Hau» Nr. 271 abgeschlossenen Miethsver- Irages, überweist ein Gesuch um käufliche Ueberlassung der jetzt der Gemeinde gehörigen, neben dem Postgebäude gelege nen Parzelle Nr. 420 dem Bauausschuß und ein Gesuch deS GastwirthSvereinS um Aufhebung der Schankstemr für Bier dem Finanzausschuß zur Vcrberathung, lehnt das Gesuch eine« Gemeindebeamten um Gehaltserhöhung ab, beschließt gegenüber ein"!» anderen Gemcineebeamlen die Dienstauf kündigung und nimmt die -Neuwahlen der Ausschüsse für die Jahre 1897 und 1898 vor. Der Deichvogl von Hiesstel'. Eine Erzählung aus der Marsch von Th. Schmidt. (10. Fortsetzung). „So kann ich denn nichts weiter für Dich lhun als zu Gott beten, daß er die Herzen Deiner Richter nicht ver härtet und daß Du Mittel und Wege finden mögest, Deine Unschuld zu beweisen," sagte Inka nach einer Weile. „Ob ich« noch länger bei meinem Vater auShaltcn kann, weiß ich nicht!" „Hat er Dich vielleicht mißhandelt?" fragte der Capitän flammend.-n Blick«. Zögernd antwortete Inka. „Nein — geschlagen hat er mich nicht!" Daß sie bei seinem rohen Zurückstoßen eine tiefe Kopfwunde erhalten hatte, verschwieg sic; sie wollte den Vater nicht anklagen. „Kann ich Dir Deine Gefangenschaft mit etwa« erleichtern, so sag«, bitte," wendete sie sich traurig an den Geliebten. „Ja, Inka, da« kannst Du", antwortete der Capitän, sich zum Lächeln zwingend. „Komm jeden Abend ein Stünd chen hierher, die Frau Brüning wird« so einrichten, daß Nie mand etwa« davon b-merkt, und dann sei so gut und beruhige mein arme« Multing, mehr wünsche ich nicht. Kannst Du diese beiden Wünsche erfüllen, so läßt e« sich hier schon eine Zeit lang aushalten. Sieh, da ist Mutter Brüning, unser Schutzengel, schon. Jetzt müssen wir uns trennen." Die Frau de« Polizeidieners kam leise zur Thür herein und meinte schmunzelnd: „Wenn der Alte nicht« merkt, soll da« geschehen, wa« Sic eben wünschten, Herr Capitän. Ich werde Ihr liebe« Bräutchen immer benachrichtigen, wenn die Lust hier rein ist. Doch jetzt müßt Ihr gehen, Jungfer Inka, mein Alter kann jeden Augenblick aufwachen." Der Capitän erhob sich mit Inka. Stumm hing da« junge Mädchen noch einen Moment an seinem Halse, dann schritt e« leise hinaus. „Ich werd'» Euch lohnen, Mutter Brüning, und nie vergessen, wa» Ihr für mich gcthan", sagte sie, der alten Frau warm die Hand drückend. Unbemerkt langte sie zu Hause an. Da« Licht brannte noch hell in ihrer Kammer, und ihr Vater, sonst die Pünkt lichkeit selbst, war noch nicht au« dem Kruge heimgekehrt. Nachdem sie einen Rundgang durch« Hau« gemacht, mit der Wartekrau und den Mägden wegen der häuslichen Ar beiten gesprochen hatte, zog sie sich in ihre Kammer zurück, nahm ein Buch zur Hand und fing an zu lesen. Allein ihre Gedanken waren zu sehr von den Ereignissen de« heutigen Tage» erfüllt, al« daß sie da« Gelesene in sich aufzunehmcn vermochte; auch der Schlaf wollte sich heute nicht einstellcn. So stützte sie denn den schmerzenden Kopf auf die Hand und dachte über ihre Lage und diejenige de» Geliebten nach. Stunde auf Stunde verrann so, die große Kastenuhr im Bu reau de« Vater« kündete mit lautem Schall bereit» Mitter nacht an, und eine Todtenstille herrschte in dem großen ge räumigen Hause. Da plötzlich schlug der Hund kurz an; gleich darauf knarrte die große Thür vorn im Hause, und schwere schleppende Männcrtritte kamen langsam die Hau»diele herauf. E» war der Deichbauer, der vom Kruge heimkchrte. Al« er sich vor der Thür von Inka» Kammer befand, fiel darau» ein Lichtschein auf die Diele. „Bist Du noch auf, Deern?" fragte der Deichbauer mit lallender Stimme, an die Thür pochend. Diese öffnete sich gleich darauf. Na, da» freut mich, daß Du a — auf Deinen alten Vater wartest", redete er die Tochter mit stammelnder Zunge an. Inka beschlich bei der schwankenden Haltung de» Heim kehrenden und dessen dunkclgerölhctem Gesicht und schwimmen den stieren Augen ein Gefühl de- Widerwillen» und der Scheu. Ihr Vater trank nie! Hatte ihn heute die Freude, seinem vermeintlichen Gegner einen empfindlichen Schlag ver setzt zu haben, zum Kruge getrieben? Zweifeliö»! Aber wie dem auch sei, so dachte Inka, e» war immer ihr Vater, der da in einer für ihn entschieden beschämenden Haltung vor ihr stand und da» auch wohl zu ahnen schien. „Vater, komm, ich bringe Dich zu Bett, Du bist müde," sagte Inka, welche ihrer Stimme einen gezwungenen freund- lich-bittendcn Ton gab und dabei an seine Seite trat. Schwer auf die Schulter seiner Tochter gestützt, ließ der Deichbauer sich willig führen. „Sieh, Deern, so habe ich Tich lieber," meinte er in auffallend freundlichem Tone. „Heute Mittag hast Du mich gereizt und warst Du ungehor sam, aber trotzdem wollte ich Dir nicht wehe thun; e« hat mich sogar gereut. Dich in der Erregung von mir gestoßen zu haben. Aber nun laß auch endlich von dem hergelaufenen Menschen ab. Kannst wahrhaftig 'ne andere und bessere Partie thun, kannst Frau Ba — Baronin R — Raven wer den, b — brauchst blo» ja zu sagen. Meine Schwester in O. hat alle« schon in O — Ordnung gebracht. Denke doch blo», Deern: Frau Baronin von R — Raven . . . nicht wahr, da« klingt doch ander« al« Frau Cap — Capitän .... Capitän — bah! Unsinn! Jeder lumpige Torfschutenbesitzer titulirt sich heute Capitän. Sieh, Deern, wenn 'S nicht der Ehre wegen wäre, würde ich auf die ganzen Titel und Aem- ter verzichten, meine Stelle verpachten und nach O. ziehen, wo man besser und vergnügter lebt al« hier. Aber ich will noch nicht, ich will nicht gezwungen meine Aemter niederlegen, ich will den Lumpenhunden hier erst noch mal zeigen, daß man sich da« A — Amt, da« schon der Urgroßvater verwaltete, nicht mir nicht», Dir nicht» entreißen läßt. So, jetzt geh' man, Deern," sagte der Deichbauer, als ihn Inka ohne ein Wort zu erwidern in seine Schlafkammer geleitet hatte. „Noch ein», Deern! Richte Dich danach ein, in acht Tagen fahre ich nach O. zur LandeSversammlung, dann mußt Du mit. Die Sache mit dem Baron von Raven ist schon in« Reine gebracht. Daran wird nicht» mehr geändert, sonst müßte ich mich bla- niiren. Ich habe auch nach dem Willen meine« Vaters hei- rathcn müssen. Gute Nacht, Deern!" Kaum hörbar erwiderte Inka den Gutenachtgruß de« Vaters und zog sich danach zurück. Auf die letzten Bemerk ¬ ungen desselben hatte sie geglaubt nicht antworten zu sollen. Der Vater war betrunken und würde beim geringsten Wider spruch in Wuth gerathcn sein. So ging sie denn, von dem Gehörten geradezu erschreckt, in ihre Kammer und warf sich mit einem tiefen Seufzer angekteidet. aus da« Belt. „Wie wird da» enden?!" Diese bange Frage wiederholte sie sich in dieser Nacht noch lange. 8. Der Deichbauer hatte in seiner Eigenschaft als Ober- Deichgräse wenige Stunden nach der Verhaftung de» Capitän» einen reitenden Boden mit einem dicken versiegelten Brief an da» zuständige Gericht in B. gesandt. Der Brief enthielt einen ausführlichen Bericht über den ermittelten Thatbestand betreff» der Ursache der Ueberschwemmung und die Protokolle mit den drei Zeugen, sowie die Verhandlung mit dem der Schuld ver dächtigen Jnhastirten. Diesem Boten folgte einen halben Tag später ein zweiter, der ebenfalls ein umfangreiche« Schreiben an dasselbe Gericht abzuliefern hatte. Da« letztere Schreiben war von dem Geist lichen de» Ort» verfaßt, im Geheimen von Hof zu Hof ge tragen und hatte sich in wenigen Stunden mit Hunderten von Unterschriften bedeckt. In demselben wurde da» fürstliche Gericht dringend gebeten, die Angelegenheit de» verhafteten Capitän» streng zu untersuchen, den Verhafteten aber gegen eine Caution sogleich auf freien Fuß zu setzen, da an seine Schuld nur der Ober-Deichgräse und einige Freunde desselben glaub ten. Am Schluffe de» Briese» hatte der Ortsschmied auf Eid und Gewissen versichert, daß nach seiner Ueberzeugung die Sielthür nur in Folge mangelhafter Beschaffenheit — durch Rost, Alter >c. — dem Druck der Fluth nachgcgeben habe und sei hierdurch lediglich die Ueberschwemmung hcrbeigeführi. Ferner enthielt da» Schreiben den Satz: „Nur niederer Haß gegen den Verhafteten, der Aussicht habe, bei der nächsten Gemeindewahl mit großer Stimmenmehrheit zum Ort»vor- steher gewählt zu werden, sowie ein durchaus ehrbare« Ber- hältniß desselben mit der Tochter de« jetzigen Ort»vorsteher«, der dasselbe nicht billige, La er mit seiner Tochter höher hinaus wolle, hätten bei der Verhaftung nur allein die Hand im Spiele gehabt. Die Deich- und Gemeinde-Angelegenheiten erheischten überhaupt eine gründliche amtliche Untersuchung und Beseitigung vieler eingerissener Schäden und Mängel." Da» Schreiben hatte man von dem Barbier, dessen Er scheinen bei den Bauern im Dorfe am wenigsten auffiel, von Hof zu Hof tragen lassen, und e» war bezeichnend für den Ernst und die Verschwiegenheit de» Friesen, daß der Ober- Deichgräse und sein Spion, der krumme Schreiber, von der Existenz de« Gesuche» kein Wort erfuhren. Da« Bittgesuch de» Geistlichen, welcher ein Jugendfreund de» Capitän» war, hatte einen überraschenden Erfolg. Schon nach acht Tagen — ein für den Gang der Rechtspflege im vorigen Jahrhundert unerhörte« Ereigniß — traf ein Gerichts beamter im Dorfe ein und stellte sofort mit dem Verhafteten, den drei Zeugen und dem Schmied, al» Sachverständigen, Verhöre an, nach welchen er die sofortige Freilassung de» Verhafteten anordnete. Zwar war da» gerichtliche Verfahren gegen den Capitän damit noch nicht beendet, an dessen Frei sprechung zweifelten jetzt aber nicht einmal seine paar Gegner — «»»genommen der Ober-Deichgräse — mehr. Die Haftentlassung de« Capitän» war für den siege»ge- wissen Deichbauern ein empfindlicher Schlag. Statt sich aber diesen Fall zur Warnung dienen zu lasten und sich schleunigst von seinem Posten al« Ort«vorsteher und Dcichvogt zurückzu-
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