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Angeklagte stellte da« ihm Bcigemesscnc mit Beharrlichkeit in Abrede und stellte vielmehr die Sache so dar, al« habe nicht er die Entlastungszeugen ausgesurd«, sondern als hätten dieselben sich ihm vielmehr angeboten. Die Strafkammer zog bei ihrem Unheil slrasverschärsend in Betracht, daß der An geklagte einer seiner früheren Schülerinnen und eine völlig unbescholtene Fran zum Meineid zu verleiten gesucht habe, und vcrurlhcille denselben wegen dieses Verbrechen- zu 2 Jahren Zuchthaus, auch sprach sie ihn der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahren für verlustig. — Chemnitz. Eine seltene Trauung sand in der St. Jakobikirchc in Chemnitz statt. Ein blinde« Paar, welche« sich zusammen gesunden, einander Treue gelobt, wurde, nachdem er aus dem Standesamt die Ehe geschlossen, eingcsegnet und reichte sich vor dem Altar die Hand zum ehelichen Bunde. — Bereit« seit längerer Zeit wurde die Bewohnerschaft in Freiberg durch zahlreiche schwere Einbruchsdiebstähle beunruhigt, ohne daß e« dem Bemühen der Schutzmannschaft gelungen wäre, de« ThäterS Habhast zu werden. Erst nachdem in der Nacht zum Montag abermals bei einem Kaufmann in der Bahnhossvorstadt ein frecher EinbruchSdicbstahl und in der Unterstadt zwei Versuche hierzu verübt worden waren, bot sich eine Spur durch die Personcnbeschreibung de« muth- maßlichen Verbrecher«, der sich in einem Hause der Meißner gasse cingejchlichcn hatte, die noch an demselben Vormittage zu dem gewünschten Erfolge führte, indem der Dieb durch eifrige Nachforschungen in der Person de« Schlosserlehrlings August Schieß ermittelt wurde. Der erst l 7jährige Ver brecher hat HauSthüren und Zimmerthürcn mittelst Haupt schlüssel und Dietrich Hochgeschlossen und die stärksten Borleg- schlösset: durch Arbeit mit der Zange zerstört. Schieß hat bereits eine ganze Anzahl gleichartiger Einbrüche in Geschäfts lokalitäten und Versuche hierzu cingestanden. Mitunter fielen ihm nicht unbeträchtliche Geldbeträge in die Hände. — Großenhain. In welch' vielseitiger Weise da« Fahrrad zu verwenden ist, zeigte neulich 'Nachmittag ein Rad fahrer, der unter allgemeinem Halloh der Passanten einige Straßen der Stadt durchfuhr. Viele werden ja schon den der edlen Zunft der Schornsteinfeger Angehörigen kennen, der sich im „vollen Ornat" hoch zu Stahlroß zur Ausübung seiner reinigenden Thätigkcit auf die Dörfer der Umgebung zu begeben pflegt, aber wer ihn diesmal sah, wie er an der Lenkstange feines Rover« ein hoch in die Lüfte ragende« Ofenrohr befestigt hatte, do« sich neben dem sein Haupt be deckenden „Achtzehnzöller" recht stattlich ausnahm, und aus der Kehrseite seine« wcrthcn Ich« einen kompl. eisernen Ofen von ganz erheblichen Dimensionen trug, der wird über den eminenten wirthschaftlichcn Nutzen de« Fahrrade« nicht mehr im Zweifel sein. Der seltsame Radler, der natürlich un bändige Heiterkeit bei den Passanten erregte, ließ sich aber weder dadurch, noch durch da« vornehme Nascnrümpscn einiger „SporlSmann" stören, sondern brachte seinen Ofen glücklich an'« bestimmte Ziel. — Falkenstein, 2. Juli. Eine schöne Feier vollzog sich am Sonntag Nachmittag bei Gelegenheit de« hier abge- haltencn 14. VerbandStage« der Vogtländischen Gcbirg«vereine, indem im Göltzschthalc die in herrlicher romantischer Lage befindliche, vom hiesigen Naturverein erschlossene und herge- richtetc Bastei dem Verkehr übergeben wurde und den Namen Bismarck-Bastei erhielt. Herr CommissionSrath Lange, der Vorsitzende de« hiesigen Naturverein«, hielt dabei eine zündende Ansprache, welche mit einem Hoch aus den Altreichs kanzler Fürsten Bismarck schloß. Patriotische Gesänge vom Militärgcsangvcrein und passende Weisen vom Stadtmusikchor umrahmten die erhebende Feierlichkeit. Au« vergangener Zeit — für unsere Zeit. 5. Juli. (Nachdruck verboten.) Am 5. Jute 1870 reifte Baron von Wertber zum Könige von Preußen nach Emsg er sollte jedoch der Mühe, Gramont und Ollivier sehr aroß.g Der De^utirte Cochery hatte eine Interpellation über die spanisch- Angelegenheit an den Minister eingereicht, welcher in St. Cloud ein Minifterrath beim Kaiser Napoleon folgte. Dieser war sehr still und sorgenvoll; vor der Wirtlichkeit de« lange Borbereiteten bebte er zurück. Am Spätabend war er für den Fneden, aber am nächsten Morgen wie unigewandelt; er hatte mit der Kaiserin Eugenic noch zu letzt eine Unterredung gehabt, die ihn umstimmte und für den Krieg entschied. Tenn diese« satanische Weib, das zu eigener Verherrlichung „ihren kleinen Krieg" brauchte, — guanä aurai — jo ma netuto guorro? soll sie den und jenen Minister gefragt haben, — besaß eine große Macht über den kranken Kaiser. «. Juli. Der 8. Juli 1870 brachte bereit« nahezu die Entscheidung. Es war, al« ob Frankreich und seine führenden Männer von einem Taumel zum Abgrund gerissen würden. Gramont wurde, als er in den gesetz gebenden Körper kam, von der leidenschaftlichen Erregung der Abgeord neten fortgerissen; die französische Regierung werde in ihrer neutralen Haltung beharren, aber sie werde nicht dulden, daß -ine fremde Macht einen Prinzen aus de» Thron Carl« V. setze, zum Nachthcile Frankreichs das gegenwärtige Gleichgewicht der Kräfte in Europa stör« und die Ehre und Würde Frankreichs in Gefahr bringe ; sie vertraue aus die Weis heit des deutschen und die Freundschaft des spanischen Volkes, sollte sie sich aber in ihrer Hossnung täuschen, so werde sic ohne Schwäche und ohne Zögern ihre Pflicht thun. Diese unzweideutige Kriegserklärung sand die Billigung des größten Theil« der Deputirten und tosender Bei fall durchrauschte den Saal. Nur einig« wenige von der Linken prote, flirten, aber auch nicht etwa aus Bcsorgniß für da« Schicksal Frank reichs, — denn auch für sie stand der Sieg von vornherein fest, — sondern weil sie eine Erhöhung der kaiserlichen Macht nicht wollten. Neben den Notizen „Aus vergangener Zeit — sür unsere Zeit", welche seit dem SO. Juni er. bis aus Weiteres ausschließlich der Kriegs geschichte von 1870/71 gewidmet sein werden, werden wir außer den mit den eröffneten Feindseligkeiten beginnenden Ariegsdepeschen von heute an auch noch solche veröffentlichen, welche ein Stimmungsbild der damaligen Zeit geben. So heißt es zum Beispiel auS; Nom, 7. Juli 1870. Die italienische RegierungSpress- nimmt trotz der Allianz von 1888 für Frankreich Partei. Die „Jtalie" schreibt: „ES ist schwer, sich zu verhehlen, daß das Uebergewicht Preußens das europäische Gleichgewicht zu erschüttern droht, und nicht ohne Schaudern sieht man die außergewöhnliche Entwickelung dieser Nation.seit Sadowa." Hin Klückskind. <s. Fortsetzung.) „Nun wollen wir aber die traurigen Gedanken abschüt- teln, alle drei; nicht wahr? Abend« sitzen wir alle hier in meiner Stube beisammen, ich, Du und Mamsell Ritter; wir erzählen, arbeiten und lesen. Ich denke, wir werden alle drei zusrieden sein." „Ja, Vater!" „Hm! Und wa« ich noch sagen wollte, Rose; ich habe Dich in der höheren Töchterschule angcmcldet. Am Montag gehst Du zuerst hin! Der Direktor setzt Dich in die 3. Klasse; Du mußt aber Französisch und Englisch nachholen! Ich habe Herrn Oi . Gerhardt gebeten, Dir hier zu Hause unter meinen Augen Privatlektionen zu ertheilen!" „O, Vater!" umklammerte ihn da Rose. „Nun lerne auch gut, mein Liebling!" sagte der Alte weich. „Mache mir Ehre!" „Immer, Vater, immer!" Der Alte hielt ihre Hand fest und fuhr fort: „Damit Du mich verstehst, mein Kind, so will ich Dir meine Geschichte erzählen! Setze Dich her zu mir!" Rose gehorchte, und Herr Gert begann: „Ich bin ein Findelkind, bin hinten« Zaun geboren! — E« klang hart und bitter. — Wer meine Mutter war, habe ich nie erfahren. Die Gemeinde Lüßhorn, weit weg von hier in Westfalen, übernahm mich und that mich aus« Mindestgebot zu dem Schweinehirten in die Armenkate! Rose, Rose, ich hab'» schlecht gehabt! Liebe lernte ich nicht kennen, wohl aber Hunger, Schläge, Verkommenheit und Untugend! Mit vierzehn Jahren lief ich davon und ging nach Holland. Ich wurde Ziegelbrenner und kam hernach zu einem Maurer in die Lehre. Ich war sparsam, lernte fleißig und brachte e» bald zum Polier. Für meine Ersparnisse besuchte ich eine Bauschule und ward Meister. Gott segnete mein Werk, daß ich mich bald wohlhabend nennen konnte. Hier in der Resi denz zumal ward ich reich! Aber die Menschen lernte ich Alle al« egoistisch, falsch und schlecht kennen; Liebe sand ich nicht! So ward ich menschenscheu und blieb e«, uni einsam lebend ein alter Mann zu werden. Da lernte ich Dich kennen. Du verachtetest den alten Geizhalz, wie sie mich nennen, nicht; da» gefiel mir! Und so ist'« gekommen, daß Du meine Tochter geworden bist. Seitdem suhle ich mich glücklich!" Rose verstand freilich nicht Alle«, aber sie nickte und sagte: „Lieber Vater, ich werde Dir nie Kummer machen; an mir sollst Du doppelt Freude haben!" Gert Lüßhorn nickte. „So ist e« recht, Rose. Gott segne Dich." * * » In der Töchterschule sahen die anwesenden Kinder den Neuling zuerst scheel an. „Sie ist früher zur Freischule gegangen!" flüsterte die eine Schülerin. „Ihr Vater war Holzpantosfclmacher!" die andere. „Jetzt ist sie die Adoptivtochter eine« alten Wucherer«!" die dritte. Die Lehrer aber waren desto besser zufrieden; sie konnten Rose Winding-Lüßhorn bald al« einen Spiegel der Sittsamkeit und de« Fleißes allen anderen Schülerinnen vorstellen. Da war nun besonder« verschrieen die Tochter de« rei chen Fleischer« am Markt, Liddi Lcidenfrost. Sie trug sich bereit« wie eine Dame nnd sah stet« aus die einfach geklei dete Rose von oben herab. „Was will denn diese Prinzessin vom goldenen Pantoffel?" lachte sic. Und fortab hieß Rose nicht ander« al« die Prinzessin vom goldenen Pantoffel. Niemand nahm sich de« armen Pfädchen« in der Klasse und aus dem Schulhof besser an al« Ella Romberg, die Toch ter de« Pastor-Diakonu«. „Mein Papa," sagte sie, „hat un« gelehrt, daß Rang und Stand den Menschen nicht machen, sondern Charakter, Wissen und Denken! Rose ist un« allen voraus, wa« um so mehr zu verwundern ist, al« sie gegen un« zurück war. Sollte ich sie deshalb verachten?" Sie schloß sich eng an Rose an, die auch häufig in die Pfarre kam. Schon gegen Ostern erklärte IN. Gerhard! Herrn Lüß horn, seine Tochter brauche ferner keine Privatlektionen, sie habe den Standpunkt der Klasse längst erreicht. Der Alte verwunderte sich und sagte dann stolz: „Ja, e« ist ein gescheitste« Mädchen, meine Rose! Gott erhalte sie!" Pastor Romberg intcressirte sich sehr sür die Freundin seiner Ella. Er bewunderte de« Mädchen« reiche» Talent und kristallklaren Charakter und sagte oft: „Glücklich, wer sic einmal sein eigen nennt!" . Ella war deshalb noch stolzer auf ihre Freundschaft. Eugen Romberg war damals Untersekundaner. Er weihte Rose eine schülerhafte, etwa« gespreizte Verehrung, die Rose, eine durchaus ungekünstelte Natur, nicht ganz verstand und bisweilen, wenn Eugen sich spreizte, lächerlich sand. Hinter der Burgwall-Promenade breitete sich am Garten de« Herrn Lüßhorn der Burgteich au«. Im Winter, beim Eisstand, war er der Mittelpunkt de« Eisvergnügcn«. Diese« Jahr stand da» Ei« früh und Rose war die erste, die e« betrat. Ella und Eugen fehlten nicht. Plötzlich stieß Rose einen gräßlichen Schrei au« und versank halb im Eise. Sie war aus eine Quellstelle gerathen. — Wie der Blitz schoß Eugen Romberg herbei und befreite die Eingebrochene nicht ohne eigene Gefahr au« der mißlichen Lage. Rose dankte Eugen warm, da« aber schien dem jungen Scholaren alle Be sonnenheit zu rauben, denn er weihte Rose eine so unverblümte Neigung, daß dieselbe der Vergötterten lästig und lächerlich vorkam. Eine« Tage« brachte Eugen Rose die ersten Veilchen. Sie nahm die holden Lieblinge de« Frühlings dankend an und sagte dann zu Ella: „Warum ich wohl so oft an Deinen Bruder denken muß? Ich will gar nicht; diese Beeinflussung meine» Willen» drückt mich förmlich. Ist e« Abneigung oder Zuneigung?" Ella hielt von Rose so viel wie von einer leiblichen Schwester, und Herr nebst Frau Romberg schätzten sic immer höher. Um so unangenehmer war e« dem geistlichen Herrn, daß Ella eine« Tage« sagte: „Lieber Pdpa, Du thust mir den allergrößten Gefallen, wenn Du Eugen untersagst, Rose mit seinen schülerhaften Huldigungen zu belästigen. Er übertreibt da« in einer Weise, die schon nicht mehr schön zu nennen ist." Hieraus nahmen Seine Hochwürden Gelegenheit, Eugen einen ordentlichen Rüffel zu ertheilen. „Wa« geht Dich Rose an?" sagte er sehr erregt. „Stecke Deine Nase in Horaz und Cicero, anstatt Liebe«karmina zu schmieden! Eugen, schäme Dich!" Eugen war seuerroth und dann leichenblaß. Er erwiderte keine Silbe, zeigte aber Rose die tiefste Verachtung in seinem Betragen. „Wa« fehlt nur Deinem Bruder?" fragte eine« Tage« Rose Ella Romberg. Er sicht mich stct« so unfreundlich und finster an!" Ella lächelte: „Ich habe Papa von seinen albernen Huldigungen gesagt und der hat ihm da« Buch Levitiku« vorgelesen. „Da« hast Du gethan?" Ella war von dem Ton betroffen und entgegnete: „Ich glaubte Dir damit einen Gefallen zu erweisen." „O weh," gab Rose zurück, „er verachte« mich." „Der dumme Junge!" setzte Ella hinzu. „Papa sagt, Horaz und Cicero seien sein geistige« Futter. Wozu schreibt er Liebergedichte?" Rose erröthete, seuszte und sagte kein Wort mehr. Von diesem Augenblick an beachtete Eugen Romberg Rose nicht mehr, sondern behandelte sie wie eine Fremde; der junge Scholar zeigte Rache. Al« aber Ella eine« Tage« von ihr redete, sagte Eugen höhnisch: . „Bah, wa« willst Du denn mit Deiner Prinzessin vom goldenen Pantoffel sagen und für Staat machen?" Ella erschrak. Da« war ja Liddi Lcidenfrost« Wort!' Und in der That weihte der hoffnungsvolle Eugen Rom berg der unhübsch gezierten Liddi jetzt seine Aufmerksamkeiten. Da« nächste Osterfest brachte die Konfirmation der beiden jungen Damen mit sich. Ella und Rose sahen beide gleich einfach und gleich einnehmend au«. Herr Gert Lüßhorn war an diesem Tage sehr erfreut. E« war etwa« ganz Ungewohnte« in seinem Hause, dort Fremde zu sehen. Um so mehr über raschte c«, daß Herr Lüßhorn die Romberg« inSgesammt ein lud, den Abend bei ihm zuzubringen. Mamsel Ritter hatte alle Hände voll zu thun, da« Gesellschaftszimmer in Stand zu setzen und die Tafel zu arrangiren. Da« Festmahl inklusive den Wein mußte ein nahe« Restaurant liefern. Als der Wagen Vater und Pflegetochter von der Kirche heimgesührt, nahm Herr Gert Rose wieder mit in sein Zim mer und sagte: „Du gedenkst wohl heute der Deinigen?" „Ja, Vater. Ich wollte, sie hätten e« alle heute mit erlebt." „Da« ist recht! Ich aber danke Gott, daß ich Dir Va ter sein durfte, mein Kind." „Ich werde Dir Deine Güte nie vergessen oder mit Un dank lohnen, Vater." „Da« weiß ich, da« kann Rose, meine gute Tochter, nicht. Aber nun sage, wie Du über die Schule denkst." „Wenn Du e« erlaubst, Vater, bleibe ich noch dort, bi« ich die erste Klasse absolvirt habe!" „Hm! Da wirst Du ja schrecklich gelehrt." „Man lernt wohl nie zu viel." „Richtig." „Sodann auch, lieber Vater, kann ich Dir doch nicht ewig zur Last liegen und au« Deiner Tasche leben. Ich will Lehrerin werden." „Dann müßtest Du noch in ein Institut." „Vielleicht, vielleicht auch nicht, wenn ich nämlich eine ausreichende Zensur erhalte!" Herr Gert lächelte: „Da» traue ich Dir zu, Rose. Aber glaubst Du den«, daß ich mich von Dir trennen werde? Nie und nimmer mehr!" Rose blickte ihn groß an: „Ja, lieber Vater, ich bleibe auch am liebsten bei Dir, denn so gut wie Du meint e« keiner mit mir. Aber — was soll werden, wenn — Du — einmal von mir gehst, wa« Gott noch lange hinausschieben möge?" Der Alte lächelte und sagte dann: „Liebe Rose, Du bist ein kluge« Mädchen, ein besonne ne« Kind. Du hast recht! Ich bin jetzt 74; Gott hat mir lange Frist gegeben; er kann mich jetzt jeden Tag abrufen. Ganz richtig. Du mußt so viel lernen, daß Du Dich unab hängig von allen Verhältnissen ernähren kannst!" „So dachte ich'« mir, Vater!" „Und so soll'« auch sein, Rose!" Al« am Abend die Gäste kamen, fehlte, wie Rose bemerkte, Eugen. Al« sie nach ihm fragte, erklärte Ella: „Er hat furchtbare Zahnschmerzen und ist gegangen, sich den kranken Beißer ausziehen zu lassen!" Rose zog daraus ein sehr entnüchterte« Gesicht. Sic hatte sich seinen Haß nicht so tiefwurzelnd gedacht. « (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Wien. Seiner Unvorsichtigkeit fiel am Donnerstag vor. Woche ein Monteur zum Opfer. Er wollte am Kolowrat- ring am Hauptkabel der elektrischen Leitung eine« Hause« etwa« in Ordnung bringen, vergaß aber die Gummi-Hand schuhe anzuziehen. Der Mann fiel sofort todt um, und ehe man da« Kabel au« seinen Händen befreien konnte, waren letztere bi« auf die Knochen durchgebrannt. — Bordeaux. Da« berühmte Heidelberger Faß hat einen Konkurrenten auf der Industrie-Ausstellung Hierselbst gefunden, nämlich eine Weinflasche, die eine Höhe von 40 Meter ha«. Allerdings wurde dieselbe weder au« Gla« geblasen noch mit edlem Naß gefüllt, sie ist vielmehr thurm artig konstruirt und au« einzelnen grünen GlaStafeln zusammen gesetzt, die durch Blei und Eisenrippenwerk verbunden sind. Die Flasche hat mehrere Etagen; unten befindet sich ein Wein restaurant und e« führt eine Treppe bi« in den Kork der Flasche, der, wie ein mit Draht gebundener Champagnerkork erscheinend, einen Kiosk bildet, in dem gleichzeitig 35 Personen eine entzückende Aussicht über die ganze Ausstellung genießen können. — In Pest erfolgte eine Aufsehen erregende Ver haftung. Friedrich Detsinhi, einer der hervorragendsten Droguisten, der seit Jahren Inhaber eine« großen Geschäfte« ist und im Rufe eine» reichen Manne« steht, wurde al« Hehler einer Diebe«bande verhaftet.. Detsinhi hat nämlich mit Hilfe von Angestellten der Strobentzschen Chemikalien fabrik sich von dort Maaren liefern lassen, deren Prei« für da» Kilo mit 5 bi« 10 Kreuzern angegeben wurde, während der wahre Prei« eben so viele Gulden betrug. Die betrüger ischen Machenschaften reichen bi« zum Jahre 1893 zurück. Der Werth der gestohlenen Maaren soll 100,000 Gulden betragen. — Wenn man jetzt Abend« durch den Wald oder Gartenanlagen wandert, dann leuchtet'« gar oft überraschend aus. Da« sind die Johannetwürmchen, unsere einzige» leuchtenden Insekten. Ihre eigentliche Schwarmzeit ist der