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Dieselbe fand ungefähr I Stunde später statt und machte in Folge der schön bekränzten Räder und schmucken Costüme der Fahrer einen brillanten Ein druck. Die Ausfahrt nach Wildenthal mußte wegen de» anhaltenden Regen» ganz unterbleiben. Da« Saalfest im „Feldschlößchen", welche» Abend» 8 Uhr seinen Anfang nahm, brachte der Glanzleistungen so viele, daß der Beifall darüber kein Ende nehmen wollte. Waren die höchst gewandten Vorführungen der jugendlichen Kunstfahrer Köhler und Ropp- mann au» Chemnitz in hohem Maße anerkennenS- werlh, so erschienen die Leistungen der Herren Eber wein und Helbig von hier geradezu bewunderungs würdig, wenn man bedenkt, daß beide Herren seit ca. 2 Jahren überhaupt erst fahren und ihnen jede tech nische Anleitung zum Kunstfahren bisher fehlte. Von diesem Standpunkte ausgehend war der Applaus über da» Gesehene daher auch doppelt verdient und wurde den Zuletztgenannten in wahrhaft stürmischer Weise zu Theil. Mil solchen Kräften werden die hiesigen Radfahrer nicht nur nach außerhalb in hohe» An sehen kommen, sondern e» wird dasselbe auch die anderen Mitglieder zu regem Streben aneisern und den hiesigen Club auf eine immer höhere Stufe seiner Leistungsfähigkeit führen. Heil Sachsen Heil! — Eibenstock. Die Flur-VermessungS- arb eiten haben schon seit einigen Wochen begonnen. Bei der Detail-Vermessung hat sich indessen herauS- gestellt, daß trotz vielfacher Ermahnungen und Er innerungen der Behörde einzelne Grundstücksbesitzer die Berainung Ihrer Grundstücke noch nicht in Ord nung gebracht haben. ES dürste im Interesse dieser Grundstücksbesitzer liegen, die noch vorhandenen Mängel schleunigst zu beseitigen, falls sie sich nicht Weiter ungen und empfindlichen Strafen auSsetzen wollen. — Schönheide, 8. Septbr. Ein wahrhaft ge lungenes Fest war die gestern erfolgte Feier des 22bjährigen Bestehens der hiesigen Ge- sammt-Jnnung. Eingeleitet wurde da» Fest durch einen am Vorabend von Meistern, Gesellen und Lehr lingen der Innung ausgeführten Lampionzug und durch einen am Festmorgen vom Pollcr'schcn Chor Hierselbst geblasenen Weckruf. Hierbei wurde dem derzeitigen sehr verdienten Obermeister, Herrn Carl Berger, ein Ständchen gebracht. Nachmittag» 3 Uhr setzte sich der durch 20 Festjungsrauen ausgezeichnete Fcstzug durch die mit Flaggen reichgeschmückten Straßen unseres Ort« in Bewegung. Obwohl das Wetter nicht vielverheißend aussah, war es doch zu ollen diesen Veranstaltungen wie abgcpaßt. Im Zuge be merkten wir die Meisterfahne und 2 Gesellensahnen. Den Meistern folgten die Gesellen und Lehrlinge, an den ihnen eigenen HandwcrkStrachtcn und an den Zeichen des Handwerks erkenntlich, al«: Maurer, Zimmerer, Schuhmacher, Schneider, Buchbinder, Tisch ler, Schmiede, Böttcher, Schlosser, Bäcker, Fleischer, Klempner, Schornsteinfeger re. Die Veteranen folgten auf 2 Wagen. Der Abend vereinigte die ehrsamen Vertreter de» Handwerks und deren Angehörige im Deutschen HauS zu Conccrt und Ball, beehrt durch die Gegenwart vieler wertster geladener Gäste. Die Concertmusik wurde in gediegenster Weise von dem Poller'schen Chor auSgeführt, während die gesanglichen Nummern der Gesangverein Liederkranz zum Vortrag brachte. Rauschenden Beifalls erfreuten sich die von Innungs-Angehörigen gestellten lebenden Bilder: Saxonia, die Arbeit, besonders das Handwerk be schützend — und: Der greise Schuhmachermeister bei der Arbeit mit seinen beiden Gehilfen. — Der Begrüßungsansprache de« Herrn Obermeister Berger entnehmen wir Folgende»: Der heutige Tag sei ein Tag der Freude und de« Danke» und verpflichte alle, besonders aber auch die Gesellen und Lehrlinge, treu zu halten an der Väter Brauch zur Ehre de« Hand werks, zur Ehre Gotte«. Sein Willkomwcngruß und sein Hoch gelte den werthen Gästen! Bezüglich des nun erstatteten geschichtlichen Rückblicks auf Grund vorhandener Akten sei auf da« Referat in Nr. 106 d. Bl. verwiesen. — Hierauf erfolgte durch Fräulein Philipp die Uebergabe eine« von den Festjungfrauen gestifteten silbernen Schreibzeuges mit dem Wunsche, daß es die Innung in Fried' und Eintracht benützen möge. Im Auftrage der Handwerksgesellen überreichte Herr Jähn ein Bild als Widmung und die Lehr linge einen Fahnennagel: Gaben, die dankende An nahme fanden. Herr Gemeindevorstand Haupt über brachte die Glückwünsche der Gemeinde und schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät den König Albert, den eifrigen Förderer der Werke de« Friedens, worauf die Sachsenhhmne stehend gesungen wurde. Den Dank und die Wünsche der Gäste übermittelte Herr Pastor Hartenstein in der bekannten fesselnden Weise. Sein Hoch galt der altehrwürdigen Frau Innung, besonder« aber dem Herrn Obermeister, der e« verstanden, die Innung auch in den Jahren 1863—74 lebensfähig zu er halten. Nach dem zum Preise des HandSwerkS- und Gewerbestands gesungenen Feftliede wurde Herrn Karl Aug. Winkelmann ein Ehrendiplom über reicht für in 37 Jahren geleistete Dienste al« Jnn- ungSschriftführer. Der sich anschließende Ball ver einigte Jung und Alt bi« in die frühe Morgenstunde. — Morgen Sonntag, d. 9. Septbr. findet feiten« der Innung allgemeiner Kirchgang statt. — Wir schließen unfern Bericht mit dem aufrichtigen Wunsche: Hoch lebe da« ehrbare Handwerk! — Dresden, 8. Septbr. Se. Majestät der König traf gestern Vormittag 11 Uhr 1 Minute mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug über Berlin au« Königsberg hier wieder ein und wurde von Ihrer Majestät der Königin auf dem Leipziger Bahnhofe empfangen. Nach erfolgter Begrüßung begaben sich beide König!. Majestäten in'« Sommerhoflager zu Pillnitz. — Dresden, 9. Septbr. Ein gräßlicher Vorgang, der den Tod von vier Menschen zur Folge hatte, spielte sich gestern Vormittag gegen 9 Uhr in dem Hause Strehlenerstraße 20 ab. Dort wohnt im 4. Stock der Schneidergeselle Gustav Roth von hier, ein 4b Jahre alter ruhiger, fleißiger Ar beiter, nebst seiner Familie, bestehend au« der Ehe frau und b Knaben im Alter von 1*/, bi« 16 Jahren. Roth litt seit längerer Zeit an Anfällen von Geistes gestörtheit und befand sich deshalb auch vorübergehend im hiesigen städtischen SiechenhauS. Er ist ferner deshalb bereit» entmündigt worden, auch sollen schon Schritte gethan worden sein, um ihn nach Colditz in die Landesirrenanstalt zu bringen. Gleichwohl war er seit einiger Zeit wieder zu Hause, vermuthlich weil man ihn nicht für gemeingefährlich hielt. Gestern früh zeigte sich sein geistiger Zustand al« besonder« aufgeregt. Er schimpfte auf seine Frau, warf ihr verschiedene Schandthaten vor, die ganz au« der Luft gegriffen waren, und sprach sich auch dahin aus, daß er nicht in die Irrenanstalt wolle, sondern lieber auf'S Zuchthaus. Seine beklagenSwerthe Ehefrau wollte deshalb ihren 16 Jahre alten Sohn, als er gestern früh auf Arbeit ging, nach der Polizei schicken, sie unterließ eS schließlich aber wieder. Gegen 9 Uhr zankte sich Roth abermals heftig mit seiner Frau und steckte sie dann schließlich zur Stubenthür hinaus, die letztere gleichzeitig von Innen verschließend. Während nun die Frau rathlos im Vorzimmer verweilte und nicht wußte, wa« sie zuerst thun sollte, trug sich in der Wohnstube ein haarsträubendes Ereigniß zu. Der geistesgestörte Mann ergriff der Reihe nach seine drei jüngsten Kinder, zwei Zwillingsknaben im Alter von drei Jahren und einen Knaben im Alter von 1'/? Jahren und schleuderte sie zum Fenster hinaus, dann sprang er selbst nach. Verschiedene Straßenpassanten sahen, wie die Kinder in großen Bogen vom Dache her über die Dachrinne weg geflogen kamen wie Gym nastiker im CirkuS und dann ziemlich auf der Mitte der Straße niederfielen und auf dem Pflaster zer schellten. Schließlich kam auch noch der Vater mit ausgespreizten Armen und Beinen in mächtigem Schwünge gesprungen und blieb ebenfalls zerschmettert auf dem Straßenpflaster liegen. Der Letztere und zwei der Kinder waren sofort todt, während der eine Knabe des Zwillingspaares noch schwache Lebenszeichen von sich gab, nach Verlauf einer halben Stunde aber ebenfalls starb. Durch da« Geschrei, welches infolge des Vorganges in der Hausflur entstand, wurde die Mutter der Kinder oben erst aufmerksam auf das, was sich soeben abgespielt hatte. Ein Glück war es noch, daß der älteste Sohn, sowie der zweite, ein 13jähriger Schulknabe, nicht zu Hause waren; der Vater würde sie sonst wohl ebenfalls mit in den Tod genommen haben. — Bad Elster, 7. September. Ein inter essanter Vorfall spielte sich Ende vorigen und am zweiten Tage des gegenwärtigen Monat« hier ab. Mehrere zur Kur aufhältliche Damen hatten sich für 20 Pfg. einen gewöhnlichen kleinen Luft ballon, von Gummi und mit Knallgas gefüllt, wie solche aus den Jahrmärkten vielfach zum Verkauf ge langen, erworben und ließen bei Gelegenheit eines Aus fluges dieses »leichte Ding" am 29 v. M. Abends 6 Uhr in die Höhe steigen. An dem Ballon war ein kleiner Zettel befestigt und auf diesem die Bitte ausgesprochen, der Auffindcr des BallonS möge gütigst eine kurze Notiz hiervon dem Absender zukommen lassen. Zur größten Ueberraschung und großen Freude der Ballonabsender gelangte nun am 2. September von dem Lehrer omer. JeSzcnkowitz in NhnlaS, Komi- tat Wieselburg am Neusilber See in Ungarn, die Mittheilung anher, daß er den Ballon am 30. August früh 6 Uhr daselbst aufgefunden habe und wunschge mäß hiervon Anzeige erstatte. Der Ballon hatte hiernach die weite Reise von über 600 km unter nommen und ist nach kaum 12 Stunden am Ziele angelangt resp. aufgesunden worden. — Die Einstellung der Rekruten erfolgt in diesem Jahre bei der Kavallerie am 4. Oltober, bei der Infanterie, Schützer., Jägern, Feld-Artillerie und Pionieren am 13. Oktober, während die Rekruten der Fuß-Artillerie am 9. Oktober, die zur Eisenbahn- Kompagnie beorderten Rekruten am 10. Oktober, die Oekonomie-Handwerkcr am 2. Oktober und die Train- Rekruten am 3. Oktober einzutreffen haben. — Zur dritten vierwöchigen Uebung werden die übungSfltcht- igen Volksschullehrer am 1. Oktober d. I. beordert. Dieselben werden nicht gemeinsam zu einem, sondern zu fast allen Infanterie-Regimentern eingezogen. An» vergangener Jett — für «nsere Aetr. lv. September. kR-adru« o«rboi«n.> Am lv. September 1858, also vor 3ö Jahren, wurde einer der letzten Reste der sllr die Bölter Jahrhunderte lang so unheilvoll gewesenen Bourbonischen Dynastie durch den Volkswillen beseititzt. In Varma beschloß die Nationalver sammlung einstimmig die Absetzung des Bourbonen, des Herzogs von Parma und den Anschluß dieses Theile» Italien« an das Königreich Sardinien, aus dem sich das Königreich Italien entwickeln sollte. Und so unbeliebt war das Haus Bourbon, daß dieser einfache Beschluß einer zufälligen Volksvertretung das herzogliche Haus aus Italien hinwegfegte aus Nimmer wiedersehen. II. September. Am ll. September 1850 wurde der Großherzog von Mecklenburg aus „den Händen der Demokraten" gerettet. Und das kam so. Im Jahre 1849 war mit dem Großherzog und einer Volksvertretung eine Verfassung vereinbart worden, die jedoch bei den privllegirten Ständen selbstverständlich keine Gnade sand. Als nun die Reaktion hereinbrach, kam eS zu einen, Schiedsgericht, an welchem ein preußischer, ein hannöver ischer und ein sächsischer Beamter Theil nahmen und die Ver fassung wurde ausgehoben. Zwar sollte später eine neue Ver fassung gegeben werden, allein es behielt bei dem Versprechen sein Bewenden. Daß es übrigens mit der „Verfassung" allein nicht immer gethan ist, beweist der Umstand, daß man in Mecklenburg vielfach freier und besser lebt, als in Staaten mit Verfassung und größter Redefreiheit; die beliebte Schwarz malerei Mecklenburgischer Zustände kann die Thatsache verhält- nißmäßig behäbigen und friedlichen, gemüthlichen Lebens in Mecklenburg nicht aus der Welt schaffen. Ris Jpsen. Erzählung aus dem Secmannsleben von Gustav Lange. (9. Fortsetzung.) Die Donna erwachte bei den letzten Worten de« Kapitäns au» ihrer Ohnmacht und richtete sich aus der Bank in die Höhe. „Nach Angra steuert Ihr?" fragte sie. „Ich ver spreche Euch dort Alle«, wa» Ihr begehren möget. Don Henriquez de Mello, der Gouverneur, ist mein Oheim; zu ihm ging meine Fahrt von Lissabon au«, als die Barbaren unser Schiff nahmen, die Männer mordeten und da« Fahrzeug, nachdem sie e« geplündert, in Brand steckten. O, wozu war ich bestimmt, wenn Ihr durch Eure Tapferkeit mich nicht erlöst hättet! Aber der Gouverneur kann belohnen und ich kann auch belohnen!" Ein Blick ihrerseits auf den schmucken NiS ver- rieth dem alten schlauen Seemann den Sinn dieser feurigen Anrede. „Nun", sagte der Kapitän lächelnd, „der Teufels bursche hat am Ende noch eine bessere Beute gemacht, als den Räuberkopf mit sammt dem großen Schoner, eine Andromeda, die dem Seedrachenwürger nichts verweigern wird. Wohl bekomm'« dem Verdienten!" Die Flottille sammelte sich jetzt wieder um da erprobte Schutzschiff, das stolzer alle seine weißen Segel entfaltete, wie ein Schwan die Fittiche ausbläht, wenn er die Gegner von seinem Neste getrieben. Die zweite Gallione der Flibustier war durch die Kanonen der Fregatte in den Grund geschossen und mit Mann und MauS versunken; die beiden anderen Fahrzeuge, von einigen bewährten Kauffahrern abgehalten, hatten, nachdem da« Admiralschiff die Flagge gestrichen, Rett ung in der Flucht gefunden. Als die Exekution der gefangenen Räuber vollzogen worden war, besetzte man da« erbeutete schiff mit holländischen Matrosen und NiS Jpsen bekam da« Kommando. ES führte zwanzig Kanonen, war ein vortrefflicher Segler und voll geraubter Schätze. Mit vollen Segeln begann dann der Triumphzug, gerade den Azoren zu, die mit ihren gastlichen Küsten den Ermüdeten , zu winken schienen. VII. Da« Kastell von Angra erwiderte die Signale der Holländer und schickte augenblicklich ein Wacht- schiff und einen Lotsen heraus. Mit diesem fuhr eine Barke zum Hafen zurück, in welchem NiS Jpsen als Botschafter sich befand. Don Henriquez de Mello erschien, ein hagerer, stolzer finsterer Portugiese, der mit abstoßender Gravität die Fremden empfing und ihr billiges Gesuch mit sichtlichem Widerwillen ver nahm. Auswahl unter den Gütern, welche die Hol länder führten, freier Markt in Betreff der Bedürf nisse seiner Insel, sollten die Bedingungen werden, unter welchen die Erlaubniß zum Ankern der Schiffe ertheilt werden könnte. Da trat Donna JngneS, die im Männcrmantel und Schifferhule mit dem Gedränge der Seeleute in in den Audienzsaal ihres Oheims gekommen war, hervor, warf die verstellenden Hüllen ab und ihre Erscheinung, ihre kurze Erzählung, ihre Hindeutung auf den jungen Seemann, dem sie ihre Befreiung zu verdanken glaubte, verwandelten in wenigen Mi nuten den kühlen Gouverneur in den zuvorkommend sten Freund unserer Holländer. Die Bittsteller wur den jetzt zu willkommenen Gästen, der herrische Förderer zum dankbarsten Wirthe ; seine Befehle flogen von Posten zu Posten, den Rettern seine« geliebtm Bruderkinde« die beste Aufnahme zu bereiten; Wein und frische Früchte trug man ihnen zu und daß Ni« nunmehr die Hauptperson spielte, verstand sich von selbst. Der Bezwinger de« auch hier gefürchteten Morgan, der von den Portugiesen dicht neben den Satans« rangirt worden, wurde zu Angra der Gegen stand allgemeiner Bewunderung. Alle« beeilte sich, ihn zu bewirthcn und mit Geschenken zu überhäufen. Aber mehr al« Alle war e» Donna Jngne«, die unverhehlt dem Jüngling ihre Thcilnahme zu erkennen gab.