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erinnert, ««eicht mit dem 25. Juli für diese- Jahr ihre Entschast und die Tage fangen bereit- an, sehr sichtbar abzunehmen. Während die Sonne bei un» am I. Juli 3 Uhr 43 Min. ihren Lauf beginnt und denselben 8 Uhr 23 Min. beendigt, steigt sie am 3l. Juli erst um 4 Uhr 20 Minuten am Horizont herauf, um schon um 7 Uhr 52 Min. Abend- wieder zu verschwinden. Der Verlust der TageSlänge wäh rend de- Monat Juli beträgt also schon 1 Stunde und 8 Minuten. Lassen wir un- dessenungeachtet nicht beirren, die Freuden de- Sommer- durch fröh liche Wanderung in Wald und Flur in vollen Zügen zu genießen und wünschen wir, daß Allen die Ferien eine Quelle wahrhafter Erholung und Stärkung für fernere Schaffensfreudigkeit sein mögen! — Eibenstock. (Eingesandt.) Da- am 12. Juli vom hiesigen Männergesangvcrein „Stimmgabel" veranstaltete Concert legte wiederum beredtes Zeug- niß ab von dem regen Streben nach künstlerischer Vollkommenheit, von dem dieser Verein beseelt ist. ES kamen, einige wenige Nummern abgerechnet, die wehr auf Bewegung ver LachmuSkeln, als auf Beweg ung des GemüiheS berechnet waren, nur solche Lieder u. Gesänge zum Vortrage, die sowohl ihrem musi kalischen Gehalte als auch den Anforderungen nach, die sie an die ausführenden Sänger stellen, das durch schnittliche, mittlere Maß der Mängcrgesangöliteratur überragen. Daß wunderbar schöne „Morgenlied" v. Jul. Rietz, das uns den Uebergang der Nacht zum leuchtenden Morgen vor die Seele malt, eröffnete das Concert und seine Ausführung gelang dem Ver eine in trefflicher Weise. Frisch und fröhlich, und exact wie an- einem Gusse erklang der heitere Männerchor: „Die lustigen Musikanten" v. RicciuS, und ebenso vortrefflich und stimmungsvoll war die Wiedergabe des ergreifenden Volksliedes: „DicKönigs- kinder" v. Siegen und des Liedes: „Oho, du stolzes Mädchen" v. Scholtz mit seinem erst so übermllihigen und dann so wehmüthigen Refrain. Vor allem aber gebührt dem Vereine der herzlichste Dank für die Darbietung der „Allniederländischen Volkslieder", bearbeitet v. Ed. Kremser. Erweckt schon der geschicht liche Hintergrund, das Ringen eines geknechteten Volkes um seine Freiheit und Selbständigkeit, unsere Theilnahme, so vermögen die Lieder selbst durch ihren edlen, echt volkSthümlichen Charakter, durch den innig frommen, glaubensstarken Geist, den sie athmen, das innerste Herz zu ergreifen und zu erheben. Und man merkte cS d.cn Sängern an, daß sie sammt ihrem verdienstvollen Dirigenten, der die Clavierbegleitung in seiner vcrsländnißinniger Weise durchführte, mit Leib und Seele bei ihrer Sache waren, sodaß diese Lieder gewiß auf Jeden der Zuhörer den tiefsten Ein druck gemacht haben. Um so bedauerlicher war es, daß das Concert nur schwach besucht war. Vielleicht lassen sich die Sänger der Stimmgabel erbitten, uns diese Volkslieder recht bald einmal zu wiederholen; sie dürfen noch nicht im Archive verschwinden. Und vielleicht lassen eS sich alle Freunde einer edlen Musik gesagt sein, daß sie bei einer Wiederholung eS nicht versäumen, ein Werk zu hören, das da singt von allem Süßen, was Menschenherz durchbebt und von allem Hohen was Mcnschenbrust erhebt. — Schönheide, 22. Juli. Gestern früh 2 Uhr brach in dem im Umbau begriffenen Hause des Stell macher- Herold am Anger Feuer aus, dem in kurzer Zeit da- Haus bi- auf die Umfassungsmauern zum Opfer fiel. — Bei der Schnelligkeit des Umsich greifen- de- Feuer- war eS vor allem Aufgabe der schnell herbeieilendcn Wehren, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. — Schönheide, 23. Juli. Begünstigt vom schönsten Wetter erfolgte gestern unter allgemeiner Theilnahme der Bevölkerung der den Kuhberg um lagernden Städte und Dörfer die feierliche Ein weihung de- vom hiesigen ErzgebirgS-Zweigvercin unter Unterstützung des GesammtvereinS, vieler Zweig vereine und privater Personen auf dem Kuhberg er richteten Prinz-Georg-ThurmS. Trotz der nahezu tropischen Hitze hatte sich lange vor Beginn der Feier eine nach Hunderten zählende Menschenmenge am Thurm versammelt, zum Thcil au- sehr weiter Ferne. Die Festlichkeit ausgezeichnet hatten durch ihre Gegen wart verschiedene Nachbar-ErzgebirgS-Zweigvereine, wie auch werthe Gäste, unter denen wir besonder« Herren vom Gesammtvorstand, Herrn 4>r. Köhler, die Herren Bau-Inspektoren Vogt und Scheibe, Herrn Julius Kunze-Zwickau und andere Personen bemerkten, die sich verdient gemacht haben um die Sache der ErzgebirgSvcrcine. Telegraphische Begrüßungen waren eingegangen von den Herren Jakobi-Reichenbach und Amt-Hauptmann Freiherrn v. Wirsing. Die Feier wurde ^3 Uhr eingeleitet durch den Gesang de- Choral-: Lobe den Herren, den —. Hierauf erfolgte die Schlüsselübergabe durch Herrn Baumeister Berger mit dem Wunsche, der Thurm möge Vielen eine Quelle reinen NaturgenusseS wer den. Nachdem durch gemeinschaftl. Gesang ver Lied strophe: Nun tanket alle Gott rc. dem Weltenbau meister der gebührende Dank dargebracht worden war, hielt Herr Schuldirektor Tittel-Schönheide die be geisterte Festrede, der wir Folgende» entnehmen: Er füllt von Gefühlen de« Danke« gegen Gott und der Freude über da- schöne Werk heißen wir die er schienenen Gäste herzlichst willkommen. Ein „Glück aus" ist c«, da« wir dem Thurm al- Gruß zurufen, und zwar in Hinsicht auf die Schwierigkeiten, die dem Bau, besonder- aber der Ausführung im Wege standen. Dank den wackeren Bauleuten. Ein „Glück auf" ist eS, da- er uns als Antwort giebt. Kommt herbei, freut euch an dem schönen Werk und erquickt Herz und Gemlllh durch den Blick auf da- herrliche Pano rama, da» ich euch erschließe. — Möge eS sich fügen, daß der Thurm stet- aus einen Landstrich voll zu friedener Bevölkerung herabschaue. — Mit einem jubelnd aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät König Albert und den Hohen Protektor de» Erzgebirgsver ein», Se. Königliche Hoheit Prinz Georg, Herzog zu Sachsen schloß die Weiherede. Mit dem Schlußgesang: Den König segne Gott rc. endete die Festlichkeit am Platze. — Nachdem der Thurm von den Ehrengästen und den Erzgebirgsvereinen besichtigt, wurde er der Be nutzung übergeben, wovon sofort reichlich Gebrauch gemacht wurde. Daraus begab man sich unter Voran tritt de» OrtsmusikchorS durch den mit Flaggen reich lich geschmückten Ort Schönheide, wo im „GambrinuS" ein solenner Commers staltfand. Gleichzeitig mit der Thurmweihe erfolgte die Er öffnung einer aus Fachwerk bestehenden Restauration, wie auch durch eine provisorische Konditorei der ander- weiten Geschmacksrichtung vollkommen Rechnung ge tragen wurde. Erwähnen wollen wir noch, daß eine sehr umfäng liche Wegemarkirung nach dem Kuhberg angebracht und durch Aufstellung von Ruhebänken der Zugang zum Thurm sehr erleichtert worden ist. Derselbe wird in seiner neuen Gestalt und durch seine be queme Anlage mehr denn je ein viel besuchter Wall fahrtsort werden und das Herz jeden Wanderers in hohem Maße erquicken; ist doch die Rundschau von seinen Zinnen unberufen eine der schönsten de» Erz gebirges und VogtlandeS. Möge der Bau, im Schutze des Allerhöchsten stehend, noch den späteren Geschlech tern eine Stätte wahrhafter Erholung und edelsten Naturgenusses sein! — Leipzig. Die altehrwürdige Johannis kirche auf dem Johannisplatze wird nun doch bald in bedeutendem Maße und von Grund auf erneuert werden. Die Stadtverordneten hatten früher eine Bausumme von 300,000 Mark abgelehnt; in ihrer letzten Sitzung war die Summe auf 280,000 Mark herabgesetzt worden, was auch genehmigt wurde. Mit dem Bau der Kirche wird alsbald begonnen, es ver schwinde! dann wieder ein Stück alte« Leipzig, denn die Johanniskirche ist die Wiege der Reformation in Leipzig und deren Schicksale sind eng verbunden mit den Schicksalen unserer Stadt überhaupt. — Chemnitz. Ein bemerkenswerthes Uriheil, oaS die Biertrinker interessiren dürfte, fällte da hiesige königl. Landesgcricht in der Strafsache gegen den Schankwirth Gustav Martin Westphal au- Chem nitz Die Anklage lautet auf Vergehen gegen das Nahrungsmittel-Gesetz und hatte die Verurtheilung W.'s zu 30 Mark Geldstrafe event. 6 Tagen Ge- fängniß im Gefolge. Der Angeklagte hatte zu wieder holten Malen da« an den gefüllten Gläsern herunter gelaufene und in den Untersetzern angesammelt Bier — sogenanntes „Tropfbier" — seinen Gästen als frische« vorgesetzt bezw. das zum Verkauf gebrachte gute Bier damit verschnitten. — Zwickau. Am 2b. dS. MtS. beginnen bei dem hiesigen 9. Infanterie-Regiment Nr. 133 die in der Umgegend von Zwickau und unter Theilnahme eines CommandoS des Carabinier-RegimentS stattfin- denden größeren Felddienstübungen. Am 30. und 31. dS. MtS. wird sodann das Regiment in Ge meinschaft mit dem in Altenburg und Gera garniso- nirenden thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 96 und des obengedachten Carabinier-Commandos, sowie eine« CommandoS des 2. Ulanen-Regiment- Nr. 18 eine zweitägige Felddienstübung in der Gegend von Meerane abhalten. Da» hiesige Regiment wird hierbei zu zwei kriegsstarken Bataillonen formirt und wird ein Theil der Truppen in der Nacht vom 30. zum 31. d. M. bivouakiren, während der andere Theil in die Garnison zurückkehrt. — Adorf. Am Donnerstag früh '/«I Uhr brannte die oberhalb Adorf gelegene, zu JugelSburg gehörige und einzeln stehende Stauden müh le ab. Da« Feuer war in der Scheune auSgekomnien, halte in wenigen Minuten da- Dach de« hölzernen Ge bäude» ergriffen und äscherte binnen kurzer Zeit da« Anwesen ein. — Falkenstein. Die am Mittwoch Nachmittag durch Herrn DiaconuS Fleischer geweihte neue große Glocke, welche bekanntlich durch Umgießen ihrer am 21. Januar d. I. zersprungenen Vorgängerin ent standen ist, erhielt den Namen „Liebe"; diesen Namen hatte bereits die alte Glocke getragen. Die Glocke, welche auf der oberen Hälfte die 12 Apostel in reicher Ornamentirung trägt, enthält folgende Inschriften: „Die Liebe hört nimmer auf. 1. Kor. 13, 8." „Siehe, des Herrn Auge siehet auf die, so ihn fürchten, und auf seine Güte hoffen. Psalm 83, 18." Am unteren Ende befindet sich folgende Aufschrift: Am 12. August 1859 wurden bei dem großen Brande Falkcnstein« zerstört: 152 Häuser und die Kirche, auch schmolzen die alten Glocken, welche neu hergestellt und ver größert wurden im Jahre 1868." Oben befindet sich die Aufschrift: „Gegossen von G. A. Iauck in Leipzig im Jahre 1894." Die Gemeinde wohnte zahlreich dem Weihcakte bei. Bereit« AdendS 6 Uhr wurde die Glocke in Gemeinschaft mit den übrigen zwei Glocken zum ersten Male geläutet. — In Brandi« zeigte dieser Tage ein lljähr. Mädchen eine erschreckende GemüthSrohheit. Dasselbe war in die Gärtnerwohnung in GerichShain gegangen, um zu betteln, da aber die Gärtnersleute nicht zu Hause waren, sondern nur die Kinder sich im Hause befanden, nahm da« Mädchen das in einem Kinder wagen liegende einjährige Kind berauS und warf e« aus die Erde, sodaß da» arme Kind eine Gehirner schütterung und einen Armbruch erlitt. Aus vergangener Zeil — für «ufere Jett. 23. Juli. (Nachdruck verboten.) Seinen 70. Geburtstag feiert der am 23. Juli 1824 zu Eandewalde in Schlesien geborene philosophische und ästhetische Schriftsteller und berühmte Gelehrte Kuno Fischer, Professor an der Universität Heidelberg. Nach Absolvirung seiner Studien war es die Universität Heidelberg, wo er sich als Dozent niederließ und bald der besuchteste Universitätslehrer war. In Folge von Mißgunst und Verdächtigung wurde» seine Vorlesungen in der Reaktionszeit verboten, aber in Jena wurde er mit Freuden ausgenommen, wo er 18 Jahre lang mit größtem Erfolge wirkte. Im Herbst 1872 hatte er die Genugthuung, wieder nach Heidelberg berufen zu werden, wo er bis heute in seinen philosophischen Fachvorlesungen, wie in den ästhetischen stets den größten Zuhörerkreis um sich ver sammelt. Trotz der Berufungen nach Wien, Leipzig und Ber lin ist er in Heidelberg geblieben. Er hat die badischen Prin zen unterrichtet und die höchsten Ehren empfangen. Bei dem 300jährigen Jubiläum der Universität wählte ihn der Groß herzog zum Festredner, bei welcher Gelegenheit der bedeutende und glänzende Redner neue Triumphe feierte. Fischers philo sophische und ästhetische Schriften sind zahlreich und sehr geschätzt. 24. Juli. Seinen 70. Geburtstag feiert am 24. Juli der insbeson dere in Gelehrtenkreisen hochgeschätzte Königsberger Prosessor der klassischen Philologie und Archäologie, der Geheime Re- gierungSrath Ludwig Friedländer. Sein Hauptwerk ist „Dar stellungen aus der Sittengeschichte Roms." Das Testament des Onkels. Novelle von A. v. Sent en. (8. Fortsetzung.) „Noch gerade zwei Zimmer sind frei," erwiderte der wohlsrisnte Oberkellner der „drei Forellen" den beiden Reisenden, die eben vorfuhren, auf ihre Frage. — „Es sind Gerichts- und Schulferien jetzt, da haben wir immer doppelt vielen Besuch," fügte er, sich stolz in die Brust werfend, hinzu. „Machen Sie die Zimmer zurecht," befahl Secken, „und geben Sie uns einstweilen etwas zu essen, wir sind sehr hungrig!" Der Oberkellner winkte den Saalkellner, der Saal kellner rief das Stubenmädchen von Nr. 9 und 10, der Wirth trat grüßend auch hinzu und führte die Herren komplimentirend in den Speisesaal, wo an einer stattlichen Tafel sämmtliche Gäste de- Hause», wie eS schien ihr Abendbrod verzehrten und wo Fritz eben dabei war, mit der Serviette die Brodkrümel vom Tischtuche zu schlagen. — Im Eßsaale hatten die Fremden auch einige Aufregung hervorgerusen, das Läuten der Hotelglocke, daS Rufen im Hausflur, halte den Eingeweihten angezeigt, daß Gäste, nicht bloß Durchreisende angekommen, und war gespannt auf den Zuwachs für die Pension, man lebte hier ziemlich wie eine Familie zusammen. So ruhten jetzt Aller Augen auf den Fremden, die Fritz an die beiden gesäuberten Plätze geleitete. Gerade Secken gegenüber saß eine junge Dame, die mit ihren großen, braunen Augen kindlich unbe fangen den neuen Gast musterte. Und während er scheinbar die Speisekarte studirte, sann und grübelte er, wo er diese Augen schon früher gesehen. DaS „haben der Herr schon befohlen?" de« dienstbereiten Feitz weckte ihn erst wieder aus seinem Sinnen und er wählte, was sein Blick zuerst traf. Schalter blickte sich indessen in seiner harmlos kecken Weise die Tischgesellschaft an; ein hagerer, großer Herr, offenbar ein Jurist, kalkulirte er, saß ihm gegenüber, neben diesem auf einer Seite, da liebliche junge Mädchen, da« Secken schon gesehen zu haben glaubte; auf anderer Seite eine ebenso große, hagere Dame, die ihrem Nachbar auffallend glich, ge wiß ihr Bruder, schätzte Schalter die Verwandtschaft; neben der Dame kamen zwei achtzehn- und fünfzehn jährige Jungen, die mit Schülerappetit und linkischen Bewegungen herzhaft kauten; dann kamen zwei ältere Damen, sie schienen Lehrerinnen zu sein, denn in do- zirender Weise führten sie die Unterhaltung mit einem Herrn, ihnen gegenüber, den sic „Herr Doktor" nannten und an dessen Seite eine reizende Blondine saß, wie Schaller beim Betreten de« Saale« bemerkt hatte. Ihn trennte nur ein junger Kandidat von der hübschen Frau Doktorin, dann kam Secken; wer noch auf seiner Seite saß, konnte er nicht recht sehen, ohne auffal lend zu werden. Er tröstete sich auch und betrachtete ebenso nicht weiter die anderen Gäste, denn da reizende kleine Mädchen an de» alten Juristen Seite nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie scherzte mit einer gclbblonden, jungen Dame, die sie Marie nannte, und ihre rosigen Bäckchen zeigten bei