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münze gellend wacht und da« ausgeprägte Quantum um 2 Millioncn Mark hinter dem höchsten statthaften Betrage zurückgeblieben ist. — Die »B. N. N." schreiben: Wir nehmen Nctiz den eimm in Löisenkreisen lebhaft erörter ten Gerücht, wcnach dem Herrn Reichskanzler nach endgilliger Annahme de« russischen Handelsver trages die gleiche Auszeichnung zu Theil werden würde, wie seinem Awttvorgänger im Jahre 1871: die Erhebung in den Fürstenstand. Wir erwähnen diese geschmacklose Nachricht nur, weil sie in auffälliger Weise Zeugniß für den geringen geschichtlichen Sinn der betreffenden Kreise ablegt, welche die »Handels verträge", bei denen nach dem eigenen Zugeständniß seiner Vertheidiger Deutschland außer einer zwei schneidigen Stabilität nur sehr wenig gewonnen hat, in eine Linie mit der Bedeutung Blüchers und Bis marcks um die Befreiung und die Einigung de« Vaterlande« stellen. Wie wir zuverlässig wissen, denkt Graf Caprivi ungleich bescheidener von seiner That. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 14. März. Bei ter letzten Re- krutirung am 9. d. MtS. stellte die Stadt Eibenstock 122 Mann der Königlichen Ersatzcommission zur Musterung vor und zwar: 61 aus dem Jahrgang 1874, 41 aus dcm Jahrgang 1873 und 20 aus dem Jahrgang 1872. Von diesen 122 Mann wurden 34 — 28"/„ aller Ge stellungspflichtigen auSgehoben. Es wurden 1 zum Karabinier, 1 zum Ulanen, 1 zur Fußartillerie, 1 zum Train (ä), 5 zu Grenadieren, 4 zu Jägern, 6 zu Schützen und 15 zur Infanterie designirt. Davon sind 23 dem ersten, 5 dem zweiten und 6 dem dritten Jahrgange entnommen. Ferner wurden 4 Mann der Ersatzreserve und weitere 19 Mann dem Land sturm ersten Aufgebot« überwiesen. Zur Zurück stellung kamen 30 Mann aus dem ersten und 31 Mann aus dcm zweiten Jahrgang, zusammen 61, genau also 50"/„. Als dauernd untauglich erkannte man die übrigen 4 Mann. Im Vorjahre betrug der Prccentsotz der ausgehobenen Mannschaften 31,s, dem nach 3,»"/„ mehr als in diesem Jahre. — Eibenstock. Die hiesige Ortsgruppe des »Deutschen SchulvereinS" hatte sich um einen Vor trag des jetzt auf einer VortragSreise befindlichen Redakteurs Funke aus Komotau mit bemüht, infolge dessen der genannte Herr am vergangenen Sonntage in öffentlicher Versammlung hier sprach. Er schilderte in ernster, überzeugender Weise die Lage der Deut schen in Oesterreich in den letzten 14 Jahren unter der Amtirung Graf Taaffe'S. Bereits früher, nament lich Anfang der Mer Jahre, haben zwischen Deutschen und Czechen Conflikle bestanden, die jedoch während der Amtirung eines liberalen Ministeriums sich fast ganz ausgeglichen gehabt hätten, sodaß bei dem An tritte Graf Taaffe'S am 21. August 1879 ein Zwist eigentlich nicht mehr vorhanden gewesen sei. Dennoch habe dieser alsbald eine Versöhnungspolitik getrieben, jedoch weniger, um zu versöhnen, sondern vielmehr deshalb, den Einfluß des deutschen Elementes, welchem Böhmen sein Aufblühen in Gewerbe und Industrie, seine Kultur im Allgemeinen verdanke, zu brechen. Diesem Streben sei er bis zu seinem plötzlichen Ab gänge am 10. November 1893 treu geblieben und er sei der Vater der jetzigen Verhältnisse und der unversöhnlichen Gegensätze zwischen Deulschchum und Czechenthum. In den Handelskammern, Gemeinde- und Bezirksvertretungen, in den Schulen sei der Ein fluß der Böhmen gefördert worden, und um das Vordringen des czechischen BcamtenthumS auch in noch unvcrmischlen deutschen Gegenden zu ermöglichen, sei seinerzeit die Sprachverordnung, nach der jeder Beamte auch der czechischen Sprache mächtig sein muß, geschaffen worden. Mit Leichtigkeit erlangten Czechen Realschulen, Prcghmnasien, Ackerbauschulen, Lehrerbildungsanstalten u. s. w., während die Deut schen bei der Erreichung berechtigter Wünsche mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen hätten. In einer Gemeinde, in der die Deutschen eine ansehnliche Zahl der Einwohnerschaft auSmachlen, sei ein Gesuch um Errichtung einer deutschen Schule 7 Jahre lang hingcschleppt worden, und nach diesem Zeitraum sei Anordnung getroffen worden, von Neuem Erhebungen anzustellen, ob das Gesuch noch Berechtigung hätte. Eine deutsche Gemeinde hingegen, in der nur eine kleine Anzahl Czechen sich befunden hätte, sei ge zwungen worden, dem Wunsche derselben nach Er richtung einer czechischen Schule sofort zu entsprechen. In Böhmen bestehen bei einer Einwohnerzahl von 3 Millionen Czechen und 2 Millionen Deutschen für die Ersteren 13, für die Letzteren nur 5 Ackerbau schulen. Der Gesammtauswand für dieselben aus der Staatskasse beträgt 47,000 Gulden, wovon den Deut schen nur 18,000 zuflicßen. Aus einem bestehenden MelioralionSsondS werden den Czechen jährlich 80,000, den Deutschen nur 11,000 Gulden zugewiesen. Den für die Bauern bestimmten Reifeisen'schen DarlchnS- kassen seien im Jahre 1893 5000 Gulden zugewiesen worden. Um diesen Betrag hatten sich bei den Kassen 12 Deutsche und 1 Czeche beworben. Der Betrag wurde deshalb mit der Begründung nicht vertheilt, die Czechen seien im Nachtheilc. Bei umgekehrtem Verhältnisse würde die Vertheilung trotzdem vorge nommen worden sein. — Eine Menge derartiger anderer, die Regierung-weise Graf Taaffe'S kennzeich nender Fälle wurden noch angeführt. — Die Deut schen Oesterreich» wurden deshalb auf Selbsthülfe angewiesen und e« bildete sich der Deutsche Schul verein, dem kurz darnach die Gründung de« Schul verein« im Deutschen Reiche folgte. Trotz der An fechtungen und namentlich der an der Sprachgrenze schwierigen Lage will der Deulsch-Oesterreicher seine Nation hochhalten. Die« ist aber nur möglich, wenn die Kinder der deutschen Nation erhalten bleiben und da von Staal-wegen deutsche Schulen fast gar nicht errichtet werden, so müssen sie zur Erreichung diese« Ziele« Privatschulen gründen. Keine Unterstützung, sondern eine Ehrensache aller Deutschen sei e« daher, ihren arg bedrängten Brüdern in Böhmen helfend zur Seite zu stehen und durch die Schulvereinsmittel die Errichtung und Erhaltung von Privatschulen mit zu ermöglichen. — Nach dcm Rücktritte Taaffe'S seien Anzeichen cingctreten, als ob die Deutschen wieder eine bessere Stellung erlangen könnten. So sei der Hauptführer der Deutschen, llr. Plcner, jetzt Kriegs minister. Ob aber und wenn e» zu einem Ausgleiche kommen könnte, sei nicht vorauSzuseben. Da« aller Gesittung spottende, selbst die geweihte Person Sr. Majestät des Kaiser« nicht schonende Auftreten der Jungczcchen spreche nicht für einen Ausgleich, im Gegentheil würde der Kampf vorerst immer schwieri ger und hartnäckiger. Die Deutsch-Oesterreicher wür den aber in diesem Kampfe treu ausharren, den Fein den zum Trutz, der Kulturaufgabe de« deutschen Volkes zum Schutz. — ES ist nicht möglich, den Inhalt des hochwichtigen Vortrages zu erschöpfen. Hoffentlich trägt aber die abgekürzte Wiedergabe desselben dazu bei, den Zweck des Deutschen Schulvereins genügend zu kennzeichnen. Die hiesige Ortsgruppe zählt gegenwärtig einige 70 Mitglieder. Der jährliche Beitrag ist 2 Mark, wo von dem sächsischen Landesvereine in Dresden, '/, dem Hauptvereine in Berlin überwiesen werden, aber der Ortsgruppe zur freien Verfügung ver bleibt. Wenn der Vortrag dazu beigetragen hat, auch Fernstehende der Ortsgruppe als Mitglieder zuzu führen und dadurch den um ihr Recht und den Be stand ihrer Nation kämpfenden Stammesbrüdern in Oesterreich Mittel zur Errichtung von Schulen, durch die allein die Kinder dem Deutschthum erhalten blei ben können, mitzugewähren, so hat er seinen Zweck wohl erfüllt. Einige Neuanmeldungen sind bereits erfolgt. Auch Frauen können sich al« Mitglieder bei der hiesigen Ortsgruppe betheiligen. In Dresden besieht z. B. eine besondere Ortsgruppe der Frauen. Anmeldungen nehmen die Vorstands-Mitglieder E. Hannebohn, P. Beger, M. Rausch und O. Findeisen entgegen. — Schönheide, 13: März. Im Anschlüsse an die heute Nachmittag abgehaltene Osterprüfung in der gewerblichen Fortbildungsschule fand die Entlassung derjenigen Schüler statt, die ihrer Schulpflicht genügt hatten. Von diesen konnten in diesem Jahre vier prämiirt werden; eS sind dies die Schreiber Döhler und Graupner, der KaufmannSlehrling Gläß und der Schuhmacherlehrling Hüttner. Döhler und Graupner erhielten je ein werthvolleS Werk über das VerwaltungSwesen Sachsen«, Gläß erhielt einen pracht vollen Allas und Hüttner ein von der Innung aus gestelltes Diplom auSgehändigt. — Dresden. Ein bisher vollständig unaufge klärtes furchtbares Verbrechen hat sich, wie die »Dr. Nachr." schreiben, in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag aus einem Wagen der Dresdner Straßenbahn während der Fahrt von Blasewitz nach der Stadt zugetragen. Gegen 11 Uhr Abend« ist etwa zwischen Siegesplatz und der Frankenallee auf den erwähnten Wagen, in welchem sich keine Passa giere befanden, ein Mann plötzlich aufgesprungen, hat den Kondukteur mittelst eine« Revolvers nieder geschossen und ist dann sofort wieder abgesprungen. Der Kutscher hat wohl von dem Schuß etwas gehört, dieser Wahrnehmung aber keine Bedeutung geschenkt und ist weitergefahren. Erst in der Nähe der Augs burger Straße ist das Verbrechen von Passagieren entdeckt worden. Der Kondukteur, Namen«'I äckel, etwa in der Mitte der zwanziger Jahre stehend und seit etwa 4 Wochen im Dienste der Straßenbahn, wurde auf dem Hinteren Perron in knieender Stellung aufgesunden und konnte nur noch die Worte sagen, daß er eingeschossen sei. Gestern Morgen um 3 Uhr ist er im hiesigen Carolahause verschieden. Ueber den Mörder, sowie über etwaige Motive zu der That fehlt c« noch an jeder Kenntniß. Sowohl die Privatkaffe der Ueberfallenen, wie der Inhalt seiner Geldtasche zeigen keine Beraubung. — Ein weiterer Bericht vom 13. d. besagt: Ueber den Tod de« Pferdebahnschaff ner« Jäckel und die näheren Umstände dabei ist leider das Dunkel noch nicht gelichtet. Heute Nachmittag hat im Carolahause die gerichtliche Sektion stattge sunden und hierbei ist da« Geschoß, anscheinend eine Revolverkugel, im Kopse aufgefunden worden. Das selbe ist oberhalb de« linken Auge« eingedrungen und muß der Schuß in unmittelbarster Nähe de« Ge troffenen abgefeucrt worden sein. Die verschiedenen Gerüchte, die in der Stadt verbreitet sind, daß der Thäter bereit« entdeckt sei, daß der Schuß einem an deren Schaffner gegolten habe rc., bewahrheiten sich nicht bezw. sind ganz unerwiesen. E« sind allerdings von der Landgendarwerie, welche im vorliegenden Falle zuständig ist und mit allem Eifer die Erörterungen ausgenommen hat, einige Personen sistirt worden, weil sie einigermaßen verdächtig erscheinen, allein der Ver dacht hat keine Bestätigung gefunden. E» steht nur so viel fest, daß, wenn nicht doch Selbstmord vorliegt, der unbekannte Mörder sofort, nachdem er auf den Wagen gesprungen war, den Schuß abgefeuert hat und dann sogleich wieder abgcsprungen ist. — Plauen. Der »V. A." schreibt: Da« eigen artige, bisher noch nicht dagewesene Verfahren der Wahlprüfungskommission de» Reichstage«, welche die Wahl de« Herrn AmtShauptmanns von Polenz für ungültig erklärt hat, nachdem Tag« vorder in derselben Angelegenheit ein ganz anderer Beschluß gefaßt worden war, erregt nicht nur in unserem, dem direkt betheiligten Wahlkreise, große« Aufsehen, sondern auch anderwärts, und nicht zum wenigsten in den Kreisen der Reichstagsabgeordneten. Die Entscheidung de« Reichstage« ist also zum Mindesten noch sehr zweifelhaft. Wir geben nachstehend noch folgenden Bericht einer großen Berliner Zeitung wieder, der un» von einem unserer Berliner Berichterstatter al« wahr heitsgetreu bezeichnet wird: Berlin, 9. März. In der Wahlprüfungskommission spielen sich anscheinend son derbare Vorgänge ab. Gestern stand die Wahl deS Abg. von Polenz zur Diskussion. Wegen gewisser, anscheinend ungesetzlicher Vorgänge war der Antrag gestellt, die Wahl für ungültig zu erklären. Dieser Antrag wurde mit Stimmenmehrheit (6 : 5) abgelehnt; ein anderer Antrag, die Wahl zu beanstanden, wurde dagegen angenommen. In der heutigen Sitzung der Kommission wurde nun, da die gegnerische Mehrheit um eine Stimme gewachsen war, unter dem Vorwande, daß gestern Mitglieder gefehlt hätten und nicht in- formirt wären, in durchaus unzulässiger Weise zu einer nochmaligen Abstimmung über dieselbe Frage geschrit ten — gegen den Protest der Konservativen — und nunmehr die UngiltigkeitSerklärung mit 7 gegen 6 Stimmen angenommen. Wir können nicht leugnen, daß ein solches Verfahren den Eindruck der Verge waltigung machen muß. Da« Plenum wird darüber entscheiden. -- Freiberg. Der »Freib. Anz." erhielt nach stehende Zuschrift: »Sie brachten vor Kurzem in Ihrem geschätzten Blatte die Notiz, daß eine Frei berger Firma auf der Weltausstellung in Chi cago prämiirt worden sei, obwohl deren Ausstellungs gegenstände durch ein Versehen nicht auSgepackt und demzufolge nicht ausgestellt worden wären. Die unter zeichneten, auf der Ausstellung in Chicago prämiirten Firmen fühlen sich veranlaßt, Ihnen mitzutheilen, daß diese Notiz vollständig au« der Luft gegriffen ist und weisen dieselbe als Unwahrheit zurück. H°Hcichtend Freiberger Zinngußwaarenfabrik C. W. Pilz. Thiele L Steinert. Karl Caspar. A. Peßler. Craz L Ger- lach." — Hierzu bemerkt der »Freib. Anz.", daß er die dem »Pirnaer Anzeiger" entnommene Notiz, welche beiläufig ihren Weg durch die gcsammte deutsche Presse gefunden hak, von vornherein al« »merkwürdig" und »der Bestätigung bedürftig" bezeichnet habe. Au« der vorstehenden Erklärung ist ersichtlich, daß die Behaup tung, soweit dieselbe Firmen unserer Bergstadt be trifft, den Thaisachen nicht entspricht. Vielleicht ist eine andere der 11 Ortschaften gleichen Namen« ge meint, vielleicht auch eine Freiburger Firma. — Wurzen. Ein Sittenbild von den hiesigen Fortbildungsschülern entwirft das »Wurzener Tageblatt": »Die Lehrer haben einen schweren Stand. Wenn man die Fortbildungsschüler nach ihrer Ent lassung beobachtet und sieht, wie sie sich sofort die Cigarren anbrennen und laut lärmend die Wirth- schaften aufsuchen, da muß man sich sagen, wie ver fehlt alle Mühe bei solchen Menschen gewesen ist, sie zu tüchtigen, intelligenten und brauchbaren Gliedern der Gesellschaft heranzuziehen. Ein Barbierlehrling batte sogar die Frechheit, im Zeichensaale eine SchnapS- flasche aus der Tasche zu ziehen und sie seinen Mit schülern zu kredenzen." Sollte nicht in dcm Vor handensein einer so zügellosen sozialdemokratischen Agitation, wie sie seit Jahren in unserer Stadt Platz gegriffen hat, ein hauptsächlicher Grund zu der Ver wilderung der hiesigen Arbeiterjugend zu suchen sein? — Au« dem Erzgebirge wird geschrieben: Vor etwa zehn Jahren hatte eine belgische Aktienge sellschaft in der Nähe von Schwarzenberg einige Hoch öfen in Betrieb gesetzt, die do« Eisenerz au» Amberg in Bayern erhielten und Gießerei-Roheisen daraus herstellten. Leider hat da« Unternehmen keinen Ge winn abgeworfen, so daß der Betrieb bald eingestellt werden mußte. Bi« vor kurzer Zeit hatte die Marlen hütte in CainSdorf noch einen Hochofen gehen, der aber wegen der mißlichen BetricbSergebnisse auch auSgeblasen wurde. Jetzt müssen die vielen Eisen gießereien, die in Sachsen bestehen, ihr Roheisen ent weder au« Englanv oder von lothringischen und schlesischen Hütten beziehen. Während auf den preuß ischen Bahnen schon seit langer Zeit ein Ausnahme tarif für Gießerei Roheisen besteht, war ein solcher in Sachsen bisher nicht eingesührt, weil man auf die