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von der Straße aus zu lautenden Hausglocke ver sehen zu lassen und einer im Hause wohnenden Per son beim Läuten der Glocke da» Oeffnen zur Pflicht zu machen. — Leipzig. Eine beispiellose Niederträchtig keit Hal kürzlich vor dem hiesigen Kgl. Schöffengericht die ihr gebührende Würdigung gefunden. Ein Dis positionsurlauber deS lü. JägcrbataillonS in Wurzen, der im April diese« Jahres entlassen worden war und sich diesen Sommer in Leipzig verheirathen wollte, erhielt plötzlich zwei Tage vor seiner Hochzeit Ordre zum Wiedereintreffen, und selbstverständlich mußte dem eisernen Gebote unter Zurücksetzung aller anderen Rücksichten Folge geleistet werden. Und was war der Grund zu der plötzlichen Wiedereinbcrufung? Ein „guter Freund" de« Entlassenen hatte, um einen „famosen Scherz" zu machen, an einen Vicefeldwebel, den früheren Vorgesetzten des Dispositionsurlaubers, unter dem Namen des Letzteren eine Postkarte nach stehenden Inhalts geschrieben: „Lieber Herr Feldwebel! Ich preise mich, Ihrer Zuchtruthe entronnen zu sein — die Kompagnieschulc ist au«! Hurrah! Nun können mich die Chargen nickt mehr ärgern! Oh, welche Wonne, welche Lust! Illing." Die Postkarte erreichte ihren Zweck, die Wiedereinziehung des Urlaubers vor der Hochzeit herbeizuführen, wie bereits erwähnt, voll ständig, und alle Betheuerungcn des Letzteren an der Autorschaft der Karle unschuldig zu sein, nützten nichts, bis nach etwa sechs Wochen strammen Dienstes der wirkliche Schreiber der Karte durch Rederei bekannt wurde. Nunmehr nahm sich aber die König!. Staats anwaltschaft des Witzboldes an, welche in der Post karte den Thakbestand der verleumderischen Beleidig ung erblickte, insofern der angebliche Absender durch dieselbe als diSciplinloser Soldat und unverschämter Mensch hingestellt wurde, und im öffentlichen Inter esse Anklage gegen den Absender erhob. Derselbe wurde nun vom Königlichen Schöffengericht zu drei Wochen Gefängniß und 75 Mark Geldbuße an den Geschädigten veruriheilt. — Leipzig. Zwischen zwei hiesigen jungen Aerzten fand am Sonntag Morgen im Walde von Gautzsch ein Pistolendnell stakt Der eine prakt. Arzt Vr. Reinhold Przyrembel aus Puschen sOberschl.) wurde erschossen. Der Gegner stellte sich selbst der Polizei. — Der kürzlich auf dem Bahn Hofe Zwickau stattgefuudene Unfall, bei dem eine Frau, die an scheinend eine Verwandte zum Zuge begleitet und sich mit in den Eisenbahnwagen begeben hatte, von der Abfahrt des ZugeS überrascht und beim Ab springen vom Wagen tödlich verunglückt?, ergiebt eine ernste Warnung. Es ist vielfach zu beobachten, daß Reisende von Personen begleitet werden, die mit den Abreisenden einsteigen, um auf diese Weise denselben noch einen zweiten Platz und bequemeres Reisen zu sichern. Abgesehen davon, daß ein derartiges G-bahren unstatthaft ist, so birgt dasselbe eine hohe Gefahr für Leben und Gesundheit in sich, do oft der nicht Mitfahrende entweder kurz vor oder erst während der Abfahrt den Zug verläßt und auf diese Weise schwer verunglücken kann. Die Eisenbahnverwaltung aber ist berechtigt, nach den einschlagenden Bestimm ungen de« Betriebs-Reglement« für die Eisenbahnen Deutschlands, von Jedem, welcher ohne Fahrkarten im Zuge betroffen wird, eine Strafe von mindesten« 6 Mk. zu erheben. — Meißen. Wie leichtgläubig in unserer „aufgeklärten" Zeit manche Menschen noch sind, be weist folgender Fall: Eine hiesige Einwohnerin, welche an Gliederreißen leidet, war mit einem Male eine große Spatzenverehrerin geworden. Mehrere dieser Thiere pflegte sie sorgfältig in großen Käfigen und für die sich in Freiheit befindenden Sperlinge sorgte sie in mütterlicher Sorgfalt durch täglich auSgestreute« reichliches Futter. Auf einem großen, am Küchen fenster angebrachten Brett wurden täglich Hunderte von Sperlingen satt und der Futterplatz wurde gar nicht mehr leer. Anfangs glaubten die Nachbarn, kaß diese plötzliche Liebe durch einen Bogel entstanden sei, den die Frau selbst im Kopfe habe. Da sich aber sonst nichts Auffälliges an ihr zeigte, so wurde über die eigenthümliche Erscheinung hin und her ge- rathen, bi« eines schönen Tages eine Vertraute der Frau hinter da« Geheimniß kam. Diese war zur Erholung im Sommer einige Wochen auf dem Lande gewesen und hier hatte sie eine alte Zigeunermutter getroffen, welche ihr als einziges Mittel gegen Ge lenkrheumatismus das Auflegen von SperlingSkoth angerathen halte. Seit dieser Zeit sammelte die Frau mit wahrem Feuereifer diese«, vielen anderen Men schen noch unbekannte Heilmittel, welche« bi« jetzt nur den Sperlingen geholfen hat, welches wir aber der leidenden Menschheit nicht länger vorenthalten wollen. - Meißen. Bon einer „Tragikomödie", deren Schauplatz Sonnabend früh die Neugasse war, weiß da« „M. T." Folgende« zu berichten: Ein junger Mann grüßte erröthend eine auf der anderen Seite vorübergehende und mit erröthenve junge Dame. Die dadurch bedingte Seitenstellung de« Kopfe« ver ursachte aber den Zusammenstoß de« Jüngling« mit einer älteren Frau, welche al«bald tüchtig zu zanken begann. Der junge Mann drehte sich pflichtschuldigft um und stammelte Entschuldigungen, kam aber hier bei einem auf der Straße liegenden Kohlenhaufen zu nahe und fiel über denselben, wobei sein Hut vom Kopfe rollte und vom Winde weiter getrieben wurde, gerade einem dort herumbummelnden Köter entgegen. Dieser faßte den Hut an der Krempe und riß damit au«, der junge Mann natürlich dahinter her. Da« Ende der wilden Jagd konnte Referent nicht ad- warten. — Buchholz. In dem altrenommirtcn, in ganz Sachsen vortheilhaft bekannten „Restaurant zum Felsenkeller" existirte ein sogenannter „Bis marck- slamm tisch". Alte und junge Verehrer des Alt reichskanzlers kommen dort allabendlich unter dem an der Wand befestigten Wahrzeichen de« Tisches, dem „BiSmarcknagel", zusammen. Dieses ungewöhnlich große Exemplar eine« eisernen Nagel« trägt auf geschmackvoll auSgeführtem Schild die Worte: „Dies ist der Nagel, den Fürst Otto von Bismarck seit 1862 immer richtig auf den Kops getroffen hat!" Am 23. September ds. I., dem Tage, an welchem Fürst Bismarck vor 30 Jahren den Ministerposteu übernahm, übersandten die Stammgäste de« Bis- marcktiscbeS dem Altreichskanzler einen solchen Nagel. Huldvollst ist derselbe auch von ibm enkgegengenom- men worden; denn am 20. November traf ein vom Fürsten eigenhändig, unterzeichnete« Dankschreiben an« Varzin ein, da« folgenden Wortlaut hak: „Das Wahrzeichen Ihres Stammtische« zu empfangen, hat mir Freude gemacht und sage ich Ihnen für diesen scherzhaften Ausdruck Ihres Wohlwollens meine» Dank. v. Bismarck." — In Kamenz hat das Lehrerkollegium mit Zustimmung deS Stadtrathes unter den Schulkindern eine Pfennigsammlung zum Besten der Hamburger Waisenkinder veranstaltet, welche einen Ertrag von 150 Mk. ergab. Dabei wurde den Kindern besonders an's Herz gelegt, die Pfennige mit Genehmigung der Eltern den eigenen Sparbüchsen zu entnehmen. Die übrigen Schulen des Kamenzer Bezirkes wolle» diesem hübschen Beispiel folgen. Sitzung -es Serirksaueschusses -er Köniqlichcn Ämtshanpt- mannschast Achwarzcilberg, am 26. November >892. 1) Der Bezirksausschuß beräth den Haushaltplan für die Kasse des Bezirksvermögcns auf da« Jahr 1893, 2) erledigt mehrere die Bezirksanstalt und das Be zirksvermögen betreffende Angelegenheiten, 3) nimmt Kenntniß von dem Ergebnisse der Revision des Rechnungswesens der Bezirksanstalt Grün hain auf das Jahr 1889/90 und läßt es bei Beantwortung der gezogenen Erinnerungen be wenden, 4) beräth eine Verordnung de« Königlichen Mini steriums de« Innern und spricht sich dahin aus, mit den Stadträchen der Städte mit revidirter Städteordnung wegen Aufstellung eines gemein samen Regulativs über den Brodverkauf in Ein vernehmen zu treten, 5) genehmigt u. den Beschluß des Gemeinderaths zu Zelle, die Entschädigung des Gemeindevorstandes betr. und b. die Einbezirkung der Parzelle Nr. 519u des Flurbuches für BermSgrün in den Gemeinde bezirk Erla, 6) genehmigt die von Carl Hermann Otto in Buch holz nachgesuchte Errichtung einer Pferdeschläch terei in Unterscheide bedingungsweise, 7) beschließt den Rekurs des Gutsbesitzers Carl Friedrich Vogel in Pöhla gegen seine Abschätzung zu den Gemeindeanlagen zu berücksichtigen, 8) vollzieht die Wahlen von Sachverständigen a. zur Feststellung der Entschädigung für die wegen Seuchen getödteten Thiere, d. zur Festsetzung der Vergütung für die durch größere Truppenübungen entstandenen Flur schäden und c. zur Festsetzung der Entschädigung für Verlust, Beschädigung und außergewöhnliche Abnutz ung von Zugthieren rc., welche infolge von Vorspannleistungen entstanden sind, nach den Vorschlägen der König!. AmtShaupt- mannschaft, 9) genehmigt die Gesuche s. Ernst Hermann Friedrich'« in Waschleithe um Erlaubniß zum Bier- und Branntwein schank und b. Carl Mehnert'S in Bernsbach um Ueber- tragung der Oskar Lenk in Firma C. E. Lenk daselbst ertheilten Erlaubniß zum Klein handel mit Spirituosen, 10) lehnt die Gesuche ». Friedrich Hermann Georgi'S in Raschau und Immanuel Seidel'« in Streitwald um Er laubniß zum Bier- u. Branntweinschank und d. Friedrich Wilhelm Winkler'« in Zschorlau um Erlaubniß zum Wein-, Bier- u. Kaffee schank im Mangel örtlichen Bedürfnisse« ab und 11) eriheilt zu den nachgesuchten Grunrstücksabtrenn- ungen von den Grundstücken Fol. 21 de« Grund- und HhpothekenbucheS für Crandorf, Fol. 257 und 278 des Grund- und Hypothekenbuches für Schönheide und Fol. 102 de« Grund- und Hy pothekenbuches für BermSgrün Genehmigung. 18. Ziehung 5. Slalsc >22. Kgl. Zächs. Landrs-Lotterir, gezogen am 28. November 1892. 15.000 Mark auf Nr. 43513 »4025. 5000 Mark auf Nr. 25322 52330 5S»54 »0028. 3000 Mark aus Nr. 5110 7575 7730 8»03 III6I 15530 I»445 22722 2214» 24SI3 28728 2»787 33783 35713 3»885 4I2S4 42450 424II 47457 480S0 50677 53078 58852 62451 84785 65031 66022 66271 67485 67»08 6S108 70868 70860 71122 77380 80888 82231 83023 84552 86225 86315 87631 88883. 1000 Mark aus Nr. 1772 3852 8135 7175 8S73 I028S 13873 13201 18255 20572 25482 34836 36426 38068 38738 46507 48678 50607 51806 56724 58730 61500 82606 8238» 63085 67586 71364 71404 71825 78583 80808 82705 88738 88207 8381» «4630 »654». 500 Mark aus Nr. 5012 8787 11450 18282 23361 24-15» 24843 26858 26422 28313 30288 30870 31383 32071 33474 34314 38048 40248 41641 43805 43128 44576 46732 46740 46834 48010 51557 51620 52283 54863 56245 56118 60782 60042 64008 64164 64886 66877 67257 67504 68838 68238 71407 71468 72803 73303 74300 74780 78120 78354 8I0S7 81973 83668 84484 86263 81867 »1545 «7483. 300 Mark auf Nr. 1640 2788 2142 3875 4006 4602 535» 583» 5745 7456 7711 7864 «335 >0637 12088 I3»81 I573I 15882 16750 I6I88 I638I 17367 17266 18227 18600 18280 18881 22788 22444 24261 25230 25470 26838 27212 27333 28756 28362 28524 28206 3,455 34720 35739 36038 38873 38534 40581 42003 44721 45187 45618 47884 48027 48024 48636 50842 50288 50586 51685 53584 53684 53358 530>0 54085 54857 55417 56470 56461 56672 57101 58415 58750 58505 60351 61588 61332 62541 63140 63137 63268 64534 64061 66486 68683 68786 71224 71776 72878 72404 72644 73381 74528 76024 77361 78425 80382 80786 81601 82203 83580 83867 83326 84731 84564 85I8I 85440 86734 86576 86478 86310 87815 88085 88803 »1258 81743 83468 83586 8356» »3280 »3720 »4813 »5868 »6730 »8138 8S235. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Am 1. Dezember dieses "Jahres sind 150 Jahre seit der Eröffnung des Opernhauses in Berlin verflossen. Große Zeiten hat bas Institut gesehen, sieben preußische Könige und drei deutsche Kaiser habe» in seinen Räumen geweilt und hohe und höchste Persönlichkeiten, Kaiser und Könige, Fürsten, Diplomaten und berühmte Männer und Frauen ohne Zahl. Im Ganzen ist das Opernhaus den an dasselbe zu stellenden Ansprüchen gerecht geworden und mehr, als das Schauspielhaus, das ost kleinlicher Rücksichten wegen bedeutenden Werken seine Pforten verschloß. Es giebt Wohl kaum irgend eine nur einigermaßen beachtenswcrthe Oper, die nicht an dieser Kunststätte zur Auf- sührung gekommen und es ist noch besonders lobenswerth, daß auch rechtzeitig die Bedeutung Wagnerscher Meisterwerke erkannt und diese den, Publikum vorgcführt wurden. 2. Dezember. Preußen war cs, das sich vor 100 Jahren zuerst gegen die über den Rhein vordringendcn französischen Revolutions heere ermannte und dem weiteren Ansturm derselben einen Damm entgegensetzte. Die Franzose» unter Custine hatten nach der Einnahme von Mainz sich gegen Frankfurt a. Main gewandt, auch dieses besetzt und gehörig gebrandschatzt. Am 2. Dezember 1782 erstürmten die Preußen und Hessen Frank furt, die Franzosen mußten Weichen und sich über den Rhein zurückziehen. Vermischte Nachrichten. — Eine höchst eigenartige Erfindung hat ein Berliner Schlächtermeister in Gestalt einer „heizbaren Stiefelsohle" zum Patent angemeldet. Die Soble ist aus einer zweitheiligen Kupferplatte gefertigt und der Hohlraum mit einer Füllung ver sehen, die das Geheimniß des Erfinders ist. Wird diese Sohle, die die Stärke eines Fingers hat, in siedendes Wasser gelegt, so erwärmt sich die Füllung, und in den Stiefel gelegt, dient diese „Sohle" — besser wohl „Einlage" genannt — dazu, ein dauern des Wärme-Reservoir zu schaffen, das dazu geeignet sein soll, die Wärme sechs Stunden lang festzuhalten. Der Erfinder beabsichtigt, schon am l. Dezember diese „patentirten geheizten Stieselsohlen", wie er sie nennt, in den Handel zu bringen. — Das Kind im Geldschrank. Der Be sitzer eines größeren Fabrikgeschäfts in der Neuen Friedrichstraße in Berlin wurde dieser Tage in nicht geringen Schrecken versetzt. Ein Lehrling des Ge schäftshauses benutzte in Abwesenheit seine» Prinzi pals seine freie Zeit, um das 1'/^ jährige Kind zu unterhalten. Unter Anderem fragte der Lehrling scherzweise das Kind: „Soll ich Dich einsperren?" und bewegte dabei die Thür deS Kassenschrankes hin und her. Die Thüre klappte zu, und das Kind, da« in den Kassenschrank getreten war, wurde ein un freiwilliger Gefangener. Der Lehrjunge theilte den Unfall de« Kindes der Mutter des Kindes mit und die geängstigte Frau lief zu den im Hause anwesen den Geschäftsinhabern, die Alle versuchten, mittelst ihres Kassenschlüssels den Schrank zu öffnen, wa» je doch nicht gelang. Da da» Kind der Gefahr aus gesetzt war, zu ersticken, telegraphirte man nach ver schiedenen Geldschrankfabrikanten. Einer derselben öffnete kunstgerecht in kurzer Zeit den Geldschrank und erlöste so da» Kind, daß keinen Schaden gelitten hatte, von qualvoller Todesgefahr. — Eine unangenehme Gefängnißvisite. Sehr übel ist e» unlängst in San Franzisko dem obersten Leiter der sibirischen Gefängnisse, Wladimir Nijolajewetuk Rumin, ergangen. Rumin, der vor einiger Zeit eine Erholungsreise angetreten hatte, die ihn auch nach Kalifornien führte, wollte in San Franzisko als echter .Fachsimpler" da« große städt ische Gefängniß besichtigen. Er wandte sich direkt an