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diesigen Concert-Publikum der Vortrag auf der Harfe in dieser künstlerischen Vollkommenheit geboten wurde. Die Zuhörer, von den Leistungen de« Hrn. Prager wahrhaft ent Mr, ließen e« daher auch an der nöthigen Anerkennung nicht fehlen und veranlaßten den Künstler zu wiederholten Exkraeinlagen. Aber auch da- Zu sammenspiel von Harfe unv Posaune war für da» Ohr der Zuhörer ein seltener und schöner Genuß und trug den beiden Vortragenden reichen Applaus ein. Nicht minder waren die Leistungen de« Gc- sammtorchestcr« vorzügliche und rechtfertigten in jeder Weise da« Lob, welche« demselben durch lebhafte Beifallsbezeugungcn gezollt wurde. — Dresden, 15. Novbr. Wie verlautet, hat Se. Majestät der Kaiser die Einladung de« König« zu einer am 2. k. M. in Moritzburg statlfinden- den Hosjagd angenommen. Nach einer Mittheilung der „Dr. N." soll lt. Anfrage beim Hofmarschall amt etwa« Bestimmtes darüber noch nicht feststehen. — Zwickau, 15. Novbr. In der gestern stait- gehabten Schwurgerichtssitzung Hierselbst wurde der 18 Jahre alle Kaufmann Richard Weigel aus Jobanngeorgenstadt, welcher, wie fr. Zt. gemel det, Sonntag, den 31. Juli oberhalb Salmthal den Geschirrführcr Treniler aus Karlsbad hinterrücks niedergeschossen hat, wegen Raubmordes zum Tove verurtheilk. — Meißen. Zur Begleichung einer Rechnung erhielt dieser Tage ein Dienstmädchen den Betrag von 250 Mark in Papiergeld. Sie legte das Geld in ein dazu erhaltenes Beibuch, mag aber dasselbe nicht fest genug zusammengehalten haben, denn als sie in das betreffende Geschäft kam, war das Geld verschwunden. Angsterfüllt eilte das Mädchen densel ben Weg zurück, fand aber das Geld nicht wieder. Weinend und schluchzend kam sie nun bei ihrer Herr schaft wieder an. Natürlich wurde dem Mädchen eine tüchtige Strafpredigt über seinen Leichlsinn ge halten, dann aber die hocherfreute Mittheilung ge macht, daß ihr Herr, welcher gleich nach ihr fortge gangen war, das Geld vor der Hausthür gefunden habe. — Borna. Unsere Garnison, welche wegen der Typhusepidemie hier so lange von der Stadt abwesend war, wird nach verschiedenen hier einge gangenen Meldungen am 15. Novbr. von Zeithain abrücken und am 17. Novbr. wieder hier eintreffen. '— In Falkenstein ist in den letzten Tagen der Brodpreis noch weiterzurückgegangen. Schönes weißes Brod wird 6 Pfund mit 60 Pfennigen ver kauft, während kräftiges HauSbackenbrod 6 Pfund schon mit 58 bez. 55 Pfennigen abgegeben wird. Seit einem Jahre ist der Preis für ein 6-Pfund-Brod sonach um 30 Pfennige gefallen. — Ueber die am Sonnabend in der 11. Vor mittagsstunde in Ebersbach erfolgte Explosion wird den „Dr. N." von dort geschrieben: Um ge nannte Zeit hielt vor dem Hause des Drogen- unv Spezereigeschäfts von Hugo Hofmann der Geschirr führer Kitte, um einen Ballon Benzin aufzuladen. Als der letztere aus der Niederlage heraus nach der Hausflur tranSportirt war, bemerkte man, daß der gefährliche Inhalt des Ballons auslief, weshalb die Aufladung unterblieb und der Geschirrführer weiter fuhr. Wenige Schritte entfernt, vernahm er plötzlich einen furchtbaren Knall und sah mit Entsetzen aus allen Fenstern der Parterreräume des Hauses mäch tige Flammen hervorlodern. Der Besitzer des Ge schäfts war sofort nach Wahrnehmung des Bruches im Ballon bemüht gewesen, mit Decken das ausge laufene Benzin aufzutrocknen, das Personal warnend, ja kein Licht in die Nähe zu bringen. Unglücklicher weise wurde in diesem Augenblicke die Thüre zur Wohnung geöffnet, woselbst im Ofen das Feuer hell brannte. Die dem Benzin entströmenden Dämpfe und Gase hatten jetzt ungehinderten Zutritt zum Feuer, und so erfolgte die Entzündung, den mit Auf- irocknen beschäftigten Besitzer des Geschäfts auf entsetzliche Weise verbrennend. Trotzdem hatte der selbe noch die Geistesgegenwart, die zur Niederlage führende Thür zu schließen, sodaß die daselbst stehen den Fässer mit Petroleum, Schwefeläther u. s. w. vor der Entzündung bewahrt blieben und eine ent setzliche Katastrophe verhindert wurde. DaS ent standene Feuer theilte sich sofort dem ganzen Innern des Gebäudes mit, so daß in kurzer Zeit die Flam men zum Dache, woselbst die Ziegel infolge der Ex plosion abgedeckt waren, herausschlugen. Die Feuer wehren hatten einen schweren Stand infolge de« entsetzlichen Qualms, der das ganze Hau« erfüllte, wodurch ein Eindringen in dasselbe unmöglich wurde. Erst nachdem in ausgiebigster Weise Wasser in den Feuerherd befördert war, konnte man vom Dache aus langsam Vordringen und die noch erhaltenen Gegenstände zu den Fensteröffnungen heraus retten. Nun galt eS aber noch, die au» dem Keller immer erneut ausschlagenden Feuersäulen zu dämpfen und gleichzeitig die Niederlage zu schützen, was denn auch den mit wahrer Todesverachtung kindringenden Feuer leuten schließlich gelang, so daß die in banger Sorge schwebende Nachbarschaft erleichtert aufathmen konnte. Außer dem unglücklichen Besitzer des Geschäft» wur den auch noch andere Personen bei der Explosion verletzt. — Siebenlehn. Eine hiesige Frau ist im Verdacht, durch harte Behandlung und ungenügende Ernährung den Tod eine» fünfjährigen Mäd chens mit verschuldet zu haben. Die Leichenfrau hatte Anzeige erstattet und der Arzt hatte die An gabe als zutreffend bezeichnet. Unter Beisein de« Bezirksarztes und des Staatsanwaltes ist die Leiche sezirt und der Befund festgestellt, die Frau, welche die Stiefmutter des verstorbenen Kindes ist, aber zur Haft gebracht worden. — In der altcrthümlichen Kirche zu Podelwitz bei Breitenfeld wird ein aus der ersten Schlacht bei Breitenfeld am 7. September 1631, stammendes Paukenfell ausbewahrt, auf welches ein in der Schlacht gefallener schwedischer Offizier mit seinem Blute ge schrieben und sein Angedenken erhalten hat. Als denkwürdig ist auch zu erwähnen, daß bis zu neuerer Zeit die Podelwitzer Pfarrherren aus Schweden ein Stipendium bezogen. Es war dies eine Gnaden spende de« Königs Gustav Adolf. Er hatte kurz vor der Schlacht den Podelwitzer Pfarrer knieend und für den Sieg der schwedischen Waffen betend, angetroffen, wofür er jene Stiftung anordncte, die erst durch die neueren politischen Umgestaltungen in Wegfall kam. Die Innungen, ihre Aufgaben und ihre Vorrechte. Vor einer zahlreich besuchten, öffentlichen Ver sammlung, angeregt vom Vorstande des reichstreuen Vereins und einberufen durch den hiesigen Hand werkerverein, sprach am Sonntag Nachmittag der Reichstagsabgeordnete Herr Oberstaatsanwalt lir. Hartmann über obenbezeichneten Gegenstand. Mit den Worten Goethe's: »Wer ist Meister? der wa« ersann; wer ist Geselle? der was kann ; wer ist Lehrling? Jedermann" eröffnete Redner seinen anziehenden Vortrag. DaS deutsche Handwerk habe von jeher seine Ordnung auf diese Dreitheilung auf gebaut. ES gab aber eine Zeit, wo man glaubte, es genüge die Freiheit; das freie Spiel der Kräfte werde allein Alles in da« rechte Gleis bringen. In diesem Sinne war die Gewerbeordnung vom Jahre 1869 für den norddeutschen Bund erlassen. Damals wurde die genannte Dreitheilung beseitigt. Das Wort „Meister" findet sich nicht mehr darin. Die Innungen lagen damals allerdings darnieder, in der Noth der Zeit waren sie herabgekommcn. Es war ihnen ein Zopf von ansehnlicher Länge gewachsen. Aber man hätte sich erinnern sollen, daß durch die Innungen das deutsche Handwerk eine Blüthezeit hatte und daß diese Blüthe mit der Blüthe der Städte zusammen fiel. Man hätte die Innungen mit neuem Geiste erfüllen sollen. Das verschmähte man damals. Der Gesetzgeber hielt die Innungen aufrecht, aber es blieb von ihnen nur ein Schatten übrig; er be raubte die alten Innungen aller wesentlichen Rechte, und von den neuen hieß es: cs solle für sie Alles gelten, wie für die alten. Nach der Gewerbeordnung von 1869 kann Einem, der in die Innung eintreten will, der Eintritt nicht versagt werden, wenn er ein Jahr lang in einem Betriebe selbstständig thätig ge wesen; eine Prüfung durfte ihm nicht angesonnen werden. Diese Verfügungen sind nur zu erklären, wenn man annimmt, das Gesetz habe das Handwerk als dem Tode geweiht angesehen, das Handwerk wollte aber nicht sterben. Der Reichstag und ter BundeS- rath wurden mit Petitionen aus den Handwerkerkreisen bestürmt, und die konservative Partei nahm sich des Handwerks an. In den Jahren 1881, 84, 86, 87 hat sie auf dem Gebiete der Innungen zu reformiren gesucht und hat den Erfolg gehabt, daß die Innungen ans Grund der gegenwärtigen Gesetzgebung Ersprieß liches leisten können. Die Innungen sind der Inbe griff der Handwerker, welche ein und dasselbe Gewerbe betreiben. Sie können auch Handwerker umfassen, welche verschiedenen Gewerben angehören. Die letztere Art der Innung empfiehlt sich für Orte, rn welchen die Handwerker eines Gewerbes nicht zahlreich genug vorhanden sind, um eine selbstständige Innung zu bilden. Es ist aber nicht blos den Handwerkern er laubt, Innungen zu bilden, dies können auch andere selbstständige Gewerbetreibende, z. B. Rechtskonsulenten. Auch Personen, welche dem Großbetriebe als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung angehören, können in Innungen Aufnahme finden. Ausgeschlossen von der Innung sind die der bürgerlichen Ehrenrechte Verlustigen, ferner Diejenigen, welchen durch gericht liche Anordnung die freie Verfügung über ihr Ver mögen benommen ist. In daS JnnungSstatut kann eine Bestimmung über eine Aufnahmeprüfung aus genommen werden, Vorschrift ist aber, daß sich diese Bestimmung nur auf selbstständige Anfertigung der gewöhnlichen Arbeiten des betr. Gewerbe- erstrecke. Die Begünstigung Einzelner ist ausdrücklich verboten. DaS Gesetz will überhaupt Mißbräuche nicht wieder aufkommcn lassen. Das liegt im Sinne Jede«, der die Innungen wieder zu Kraft und Ansehen erhoben wissen will; der Zunftzopf soll nicht wieder eingeführt werden. Da« Gesetz erlaubt ferner daS Verbleiben von Wiltwen in den Innungen, wenn sie nur ge eignete Werksührer haben. Von der Ausübung de« Stimmrechte« sind sie dagegen ausgeschlossen, auch von der Annahme von Ehrenämtern. Nur selbstständige Gewerbetreibende sind Mit glieder der Innungen; sie allein haben da» Recht, den Titel „Innung-meister" zu führen. Gegen diesen Titel sind Einwendungen erhoben worden, namentlich von den Konservativen, welche kurzweg den alten Ehrentitel „Meister" einführen wollten. Leider sagt man jetzt hier und da lieber „Herr" statt „Meister". -Die Innung ist eine juristische Person, d. h. sie kann unter ihrem Namen Eigenthum erwerben, klagen, verklagt werden. Der Vorstand der Innung kann die Innung ohne Weiteres vor Gericht vertreten. Die JnnungSbeiträge und die von der Innung ver hängten Ordnungsstrafen werden auf demselben Wege beigetriebcn, wie die Gemeindeabgaben. Die Innung ist frei von den Schranken des BereinsgesetzeS. Die Aufgaben der Innung. DaS Gesetz ver langt Förderung der gemeinsamen Interessen und trennt die weiteren Aufgaben in nothwendige und freiwillige. Zu den ersteren gehört die Pflege des Gemeingeistes, die Aufrechterhaltung der ZtandeS- ehre unter den Mitgliedern, die Förderung eine« ge deihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Ge sellen, die Fürsorge für das Herbergswesen und Arbeitsnachweis der Gesellen, die Regelung des Lehr lingswesens, die Lösung von Streitigkeiten zwischen Innung-Meistern und Lehrlingen mit Ausschluß der Gewerbegerichte. Die freiwilligen Aufgaben sind im Allgemeinen umschrieben. Das Gesetz führt einige Beispiele an: Fachschulen zu errichten und zu leiten, Zeugnisse auszustellen, gemeinschaftliche Geschäfte zu betreiben re. Die Innungen können sonach Magazine errichten, gemeinsam Materialien, Maschinen an schaffen u. s. w. Dadurch sind sie in die Lage gesetzt, den Kampf mit dem Großkapital aufzunehmen. Redner giebt zur Erwägung, ob diese Bestimmung nicht noch mehr ausgenutzt werden könne. Ferner gehört zu den freiwilligen Aufgaben die Einrichtung von Unter stützungs-, Kranken- u. s. w. Kassen. Die JnnungS- krankenkaffen haben im Allgemeinen die Rechte und Pflichten der Ortskrankenkassen. Redner erläutert die Tragweite der JnnungSausgabcn durch ein Bei spiel. In Leipzig hatte die Barbier- und Friseur- Innung einen Minimaltarif aufgestellt, um der Schleuderkonkurrenz zu steuern. Ein Mitglied führte Beschwerde dagegen, wurde aber von der Kreishaupt mannschaft und von dem königl. Ministerium des Innern abgewiesen. Die Innungen haben also die Macht, der Schleuderkonkurrenz zu begegnen. Die Jnnungsstatuten und deren Abänderungen unterliegen der Genehmigung der Kreishauptmann schaft, so auch die Nebenstatuten. Redner bespricht noch die Benennung, Stellung und Rechte der Ge sellen. Diese sind nicht Mitglieder der Innung, sie nehmen an den JnnungSversammlungen und an der Verwaltung der Innung nur insoweit Theil, als dieses im JnnungSstatut vorgeschrieben ist. Diese Theilnahme muß ihnen überall da cingeräumt werden, wo die Interessen des Gesellenstandes betroffen werden. Das Normal-Jnnungsstatut hat den Zweck, den Innungen bei Aufstellung ihrer Statuten an die Hand zu gehen, eS ist in der Thal vorzüglich dazu geeignet. Der I n n u n g s a u S s ch u ß besteht aus Delegirten mehrerer Innungen und hat die Aufgabe, die gemein samen Interessen der betheiligten Innungen zu ver treten. Dieser Ausschuß hat jedoch nicht juristische Persönlichkeit, doch hat die Regierung am 24. November 1891 den Konservativen ein Gesetz zugesagt, welches dem Ausschüsse dieses Recht zusprechen soll. Sehr verwandt mit den JnnungSauSschüssen sind die Jnnungsverbände, daS sind Vereinigungen von Innungen über ein größeres Gebiet, einen Bundes staat, mehrere Bundesstaaten oder das ganze Reich. Sie haben die wichtige Bestimmung, Gutachten über gewerbliche Fragen abzugeben; sie dürfen aber auch ungerufen als Anwalt des Handwerks auftreten. In zweckentsprechender Weise ist Sorge getragen, daß die Innungen nicht in schädliche Bahnen gerathen, anderseits ist ihnen ihre Selbstständigkeit gewahrt. Redner hebt in einem Rückblick hervor, daß die Innung jetzt einen großen Wirkungskreis habe, doch belastet sie nicht den Einzelnen, denn da« einzelne Mitglied hat nicht für das Ganze zu haften. Ihre Stellung ist nach allen Seiten hin frei. Recht viel ist den Innungen gesetzlich gewährt worden, dennoch ist e« noch nicht genug. Die konservative Fraktion deS Reichstags wird sich bemühen, noch mehr für da« Handwerk zu erreichen. WaS erreicht worden ist, legt Redner dar, indem er zunächst 8 100 e, den sogenannten Lehrlingsparagraphen, besonders Ziffer 3 bespricht, welche der Abg. Lasker ehedem (1881) den Giftzahn deS ganzen Gesetzes genannt hat. „Bewährten Innungen kann ausschließlich da« Recht zur Annahme von Lehrlingen gewährt werden". 1881 wurde diese Ziffer 3 au« dem Gesetze gebracht, 1884 aber auf Betrieb der Konservativen wieder hinein- gebracht. Bei un« in Sachsen hat die KreiShaupt- mannschaft daS Recht, dieses Vorrecht zu gewähren und diese pflegt zuvor eine gutachtliche Aeußerung der Gewerbekammer herbei zu führen. Noch einem von den Konservativen gemeinschaftlich mit dem Zentrum eingebrachten Gesetzentwurf sollten solche Innungen ein Recht auf da« Privileg haben, wenn sie mehr als die Hälfte der selbstständigen Ge-