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erhalten werden, so würden sie sich eventuell von der Beschickung abgehalten sehen. Sie hätten also Opfer gebracht, ohne zu dem Nutzen zu gelangen, den sie von der Beschickung erhofft hatten. Lassen sie sich aber trotzdem nicht von der Beschickung abhalten, so steigern sich ihre Ausstellungskosten in'S Ungeheuere. Die europäischen Aussteller sind also durch die Mani pulation der amerikanischen Eisenbahnen in eine keineswegs beneidcnSwcrthe Lage gebracht. Hier kann nur ein Zusammenschluß der Regierungen aller euro päischen au-stcllenden Staaten Abhilfe schassen. Es muß auf die amerikanische Regierung ein Druck aus- geübt werden, daß sie die dortigen Eisenbahnen zu einem anderen Borgehen veranlaßt. Verhandlungen dieser Art sind allerdings bereits im Gange. Wir können denselben nur im Interesse der Amerikaner selbst einen gedeihlichen Abschluß wünschen. Denn, wenn die hohen Frachtsätze thatsächlich für die hoch- werthigen Ausstellungsgüter gezahlt werden sollen, so würde ein ganz beträchtlicher Theil der letzteren über haupt nicht nach Amerika gesandt werten und die Columbische Weltausstellung würde dadurch ihres werthvvllsten Schmuckes beraubt werden. Hagesgefchichte. — Hamburg. Professor Koch hat den Ham burgern trübe Aussichten eröffnet. Ueber die Cholera-Epidemie im Allgemeinen äußert er sich da bin: BorauSsichtlich werde die Abnahme, vielleicht mit unwesentlich steigender und wieder fallender Kurve, fortdauern, aber an ein Verschwinden der Seuche könnte nicht gedacht werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde sie bei cintretcnder Kälte bis auf ein Mi nimum herunter gehen, vielleicht in den Monaten Januar und Februar gänzlich pausiren, dann aber mit eintretendem Frühlingswetter um so schneller wieder emporschießen. Das kältere Wetter allein sei nicht immer maßgebend, eS könne auch, so betonte er, trotz eintretender kalter Witterung, — vielleicht schon in 4 bi» 6 Wochen — die Seuche ohne be sondere Veranlassung wieder mit Gewalt und ver heerender Wirkung auftreten. Die DeSinficirung der verseuchten Herde ist ein sehr schwieriges Stück Arbeit, wie sie noch nie vorher geleistet worden ist. ES sollen zunächst die Häuser ausfindig gemacht werden, in denen mehrere Personen an der Cholera erkrankten und starben; sie sollen von den Bewoh nern, die man in Staatsgebäuden und Baracken unterbringen will, geräumt werden, worauf eine ganz gründliche DeSinficirung sämmtlicher Gelasse erfolgen soll. In der Wasserfrage hat Koch erklärt, wenn nicht unverweilt für Trinkwasser gesorgt werde, würde Hamburg eine Cholera-Epidemie bekommen, wie die vom Jahre 1848, die auch mehrere Jahre angedauert hat. In Vorschlag waren gekommen: 1. der Bau von Flachbrunnen (Abessinier), 2. von Tiefbrunnen (Artesische Brunnen) und 3. (von Herrn Werner Siemens) Abkochen des ElbwasserS schon vor Ein lauf in die LeitungSröhren. Mit dem Bau von Abessinier Brunnen ist bereits an vielen Punkten der Stadt begonnen worden. Da diese Brunnen nur 20 bis 24 Fuß tief sein werden und nur Grund wasser liefern können, waren zuerst die Meinungen getheilt. Erst nachdem Professor Koch mit seinen Erfahrungen versichert hatte, daß dies Wasser, ob schon es nicht als krystallreines gelten könne, stets bacillenfrei sei, gelangte der Antrag zur Annahme. Wenn eS gelingt, mit Hilfe dieser Brunnen und der bereits exislirenven artesischen die ganze Stadt mit Trinkwasser zu versorgen, so ist beabsichtigt, die ganze Wasserleitung von der Schöpfstelle, Rothenburgsort, aus zu desinficiren, und zwar mit 1"/„„ Aetzkalk, wodurch auch die in den Röhren vorhandene Fauna zerstört werden würde. Das Leitungswasser würde dann nur als Wasser zum Reinigen und Spülen, nicht aber als Trinkwasser benutzt werden. Gelingt eS nicht, durch Abessinier Brunnen das genügende Quantum Wasser zu beschaffen, so wird man unver züglich an den Bau von artesischen Brunnen gehen. Zur Untersuchung des aus den Abessinier Brunnen kommenden Wassers ist bereits ein Bakteriologe, ein Schüler Kochs, aus Berlin eingetroffen, der in Ham burg stationirt bleiben wird. — Daß in Dänemark der Verlust von Nord- schleSwig noch nicht verschmerzt ist, bewies dieser Tage wieder die Feier der Vollendung des aus frei willigen Beiträgen erbauten ForlS Garderhoi bei Kopenhagen. ES wurde dabei ein Lied gesungen, da« wie folgt endigt: »Er kommt gewiß dereinst der gesegnete Tag des Frühlings, des Ruhme« und der Ehre, wo das, was erschüttert, verwüstet und getheilt wurde, unser Stammbesitz, wieder znsammengezimmert wird." Nach Beendigung des Gesanges wurde der Dichter Barsoed von dem Ministerpräsidenten Estrup umarmt und geküßt. ttoeale nnv sächstsch« Nachrichten. -- Eibenstock, 28. Septbr. Wie wir erfahren, ist von Sr. Mas. dem König der Frau Hulda verw. Dörffel, Frau Wilhelm Dörfsel, Frau Anna verw. Lehmann und Herrn DiaconuS Fischer hier rie aus Anlaß de» 25jährigen Jubiläums de« Albert- Verein» gestiftete Carola-Medaille in Bronce verliehen worden. — Eibenstock, 28. Septbr. Der Handcl-mann und ehemalige Restaurateur Hr. Carl Friedrich Seidel beging heute sein bOjähr. Bürgerjubi läum, au» welchem Anlaß ihm die Herren Bürger meister l)r. Körner und Stadtverordneten-Vice-Vor- steher Gläß die Glückwünsche Namens der Stadtge meinde darbrachten. — Schönheide, 28. Septbr. Der Bau eines AussichtSthurme» auf dem Kuhberge ist nunmehr, nachdem auch der ErzgebirgS-Hauptverein einen nam haften Beitrag dazu bewilligt hat, gesichert. ES ist ein eiserner Thurm von 17 in Höbe und in der Nähe desselben — jedoch der Blitzgefahr wegen nicht in unmittelbarer Nähe — ein massive» RestaurationS- gebäude in Aussicht genommen. Die Kosten hierfür ind mit 13,000 Mk. veranschlagt. Hoffentlich kann mit dem Bau schon im nächsten Frühjahr begonnen werden, so daß dann jedenfalls schon im Herbste 1893 die Einweihung des ThurmeS erfolgen könnte. — In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch '^3 Uhr brannte in Kirchberg auf dem sogen. Sper lingsberge eine Scheune ab. Die Entstehungsursache ist zur Zeit noch unbekannt. — Chemnitz, 27. Septbr. Vorgestern Abend in der achten Stunde kam zu einer in der Schloßvorstadt wohnenden Buchbindersehefrau, als sie sich allein in ihrem Laden befand, der Lehrling des Geschäfts und theilte ihr mit, er sei so eben im Keller gewesen und habe dort gesehen, daß einige Waschwannen zusammen gefallen seinen, sie möge doch nachsehen. Die Frau ging mit dem Jungen nach dem Keller. Als sie sich dort über eine der Wannen beugte, warf ihr pötzlich der hinter ihr stehende Lehr ling eine starke Schnurschlinge über den Kopf und suchte diese festzuzuziehen. Die Frau griff jedoch rasch darnach und streifte sich die Schlinge ab. Darauf packte sie der Bursche, drückte sie an die Wand und versuchte sie am Hals zu würgen. Die Frau konnte ihn jedoch von sich stoßen, entfloh die Treppe hinauf und rief nm Hilfe. Als darauf die Hausbewohner in den Keller hinabstiegen, fanden sie den junge» Menschen röchelnd in einer Ecke liegen den erwähnten Strick um den Hals gelegt. Er wurde ins Haus und, nachdem er sich etwas erholt, nach der Polizeiwache gebracht. ES ergab sich dort, daß der Junge geistig nicht normal war. Er soll früher infolge eines Falles eine schwere Gehirnerschütterung erlitten haben und seither öfters an Gehirnaffektionen leiden. — Je dichter die Menschen an einem Orte zusammenwohnen, desto ungünstiger sind im Allgemeinen die Bedingungen, unter denen sie leben, in gesundheitlicher Beziehung. Mit einer ge wisse» Besorgniß verfolgt man daher den immer mehr zunehmenden Drang der Bevölkerung, sich vom Land in die Städte, namentlich Großstädte zu ziehen, wo sie eng zusammengepfercht wohnen, die Zunahme der Bevölkerungsziffer in den Städten, und das immer ungünstiger sich gestaltende Verhältniß, in welchem die Zahl der Bewohner zu der der in dem betreffen den Ort vorhandenen Wohngebäude steht. Lehrreich sind in dieser Beziehung folgende dem „Statistischen Jahrbuche für das Königreich Sachsen" auf das Jahr 1893 entnommenen Ziffern. Im Jahre 1890 wohnte von der Gesammtbevölkerung unseres Landes schon fast nahezu die Hälfte (über 45 Proz.) in den Städten, nur wenig über 54 Proz. auf dem Lande. Noch vor 10 Jahren (1880) wohnten in den Stävten nur erst 41 Proz., auf den Dörfern nahezu 59 Prozent. Noch 10 Jahre früher betrug die Zahl der Stadtbewohner noch nicht ganz 37 Proz., die der Dorfbewohner über 63 Proz. der Gesammtbevölkerung. Ferner kamen im Jahre 1890 auf ein bewohntes Gebäude im Durch schnitt des ganzen Landes fast 11 Bewohner, ein Verhältniß, das allerdings auch schon 1880 bestand. Aber noch 10 Jahre früher zählte man nur erst wenig über 9, 1850 wenig über 8 Bewohner auf ein be wohntes Gebäude. Was die Zahl der auf ein be wohntes Gebäude kommenden Einwohner anbelangt, so ist da« Verhältniß natürlich am ungünstigsten in den Großstädten, wo die Verhältnisse, theurer Grund und Boden, erschwerende Bestimmungen der Bau ordnung u. s. w., immer mehr zur Erbauung großer Wohnhäuser, sogen. Miethskasernen, zwingen. In Dresden kommen 27^ in Leipzig 25,s in Chemnitz sogar 29,i Bewohner auf je ein bewohnte« Gebäude. Aber auch Zwickau und Aue mit ungefähr 18, Frei berg, Plauen und Meißen mit ungefähr 16 Bewohner auf ein Hau» zeigen ein wenig günstige« Verhältniß. Dagegen herrschen fast ideale Zustände in dieser Be ziehung in dem kleinen Weißenberg, wo nur 5,» Be wohner auf je ein Hau- kommen, und ähnlich günstige Ziffern finden sich noch in einer ganzen Reihe der anderen kleinsten Städte unseres Sachsenlandes, na mentlich im Niederlande, in Rötha, Trebsen, Regis, Naunhof, Kohren u. s. w. (Eingesandt.) Die hiesige Vorbildersammlung schreitet rüstig vorwärt». Fortwährend wird dieselbe durch treffliche Musterwerke vergrößert, die unsrer Stavt für immer angehören. Erst neulich sind der Samin- lung wieder drei neue Werke eingcreiht worden, so daß der Katalog schon 40 Nummern aufzuweisen hat. ferner sei noch zu bemerken, daß einige Bourdon pitzen zur Ansicht da sind und daß in nächster Zeit wiederum ein Wechsel in den Mustern staltfinden soll. ES werden die für die Sache sich Jnteressirenden ge beten, unsre Borbildersammlung mit ihrem Besuche zu beehren. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 29. September. <R-(ddruck verb»t-«!. Es sah wirklich vor 100 Jahren über die Maßen traurig aus in Deutschland. Das linke Rheinufer war in eine Anzahl von Fiirstenthümern, Grafschaften, Reichsritterschaften, reichs freien Städten, Klöstern und Stiften zerrissen, die unaufhör lich in Zank und Streit mit einander lebten. Alle Mißbrauche des Mittelalters lasteten auf dem armen Bürger und Bauern, der von den übrigen Ständen tief verachtet, von Amtleuten und Vögten mißhandelt wurde. War cs da zu verwundern, daß man die Franzosen, die Erlösung und Freiheit z» bringen versprachen, mit Freuden ausnahm, daß tausende demokrati- sirter Bauern die anfänglich recht schwachen französischen Heere verstärkten? So konnte es eben kommen, daß die Franzosen mühelos am 29. September 1792 Speier besetzten. Und dieser Eroberung ohne Widerstand sollten noch schlimmere Dinge folgen. Berurtheilt. Eine New - Uorker Kriminal-Novelle von Arthur Zapp. (9. Fortsetzung.) „Grace," sagte er, so ruhig eS ihm möglich war, „Du weißt, ich liebe Dich mehr, al» Alles in der Welt, mehr als mein Leben." Sie nickte, als er innehielt. „Ich fürchte, es ist nicht gut gethan, daß Du noch ferner zu mir hierhcrkommst, zu dem — zum Tode Berurtheilten." „Bin ich nicht Deine Dir verlobte Braut?" „ES ist nicht recht," sagte er leise, „daß Du auch noch ferner Dein Geschick an das meine knüpfest." „Richard," sagte Grace mit entschiedenem Tone, „als ich Dir meine Liebe gestand, da gelobte ich mir, Dich zu lieben in guten und bösen Tagen, im Glück und im Unglück, im Leben und im Tod." Ein Ausdruck triumphirenven Glückes leuchtete in seinen Augen auf, und mit Inbrunst drückte er sie an sein Herz. „Ricbard," fuhr sie fort, „erinnerst Du Dich, welcher Tag heute ist?" „Der Tag, an welchem unsere Hochzeit stattfinden sollte," sagte er mit bebender Stimme. Ich habe die ganze Nacht daran gedacht." „Ja," sagte sie, „es ist unser Hochzeitstag." „Unser Hochzeitstag, murmelte er dumpfen Tones, während ein Ausdruck tiefer Pein über sein Gesicht glitt — „und ich bin hier, hier im Kerker." „Liebst Du mich deshalb weniger?" fragte sie. „Gott weiß eS, daß Du mir nie theurer warst," war seine Antwort. „Und ich liebe Dich in Deinem Unglück mehr, als je in den Tagen des Glücks." In diesem Augenblick traten zwei Männer in die Zelle. Der eine war Spaird, der andere offenbar ein Prediger nach seinem Aeußeren und seinem Auf treten zu urtheilen. Und in der That, eS war der Reverend Pastor Brown, der Prediger der Kirchenge meinde, zu welcher Grace sich zählte. „Herr Brown!" rief Richard erstaunt, als er den Geistlichen erblickte. „Es schmerzt mich aufrichtig. Sie hier zu sehen, Herr Banmark," sagte Brown in freundlichem Ton, „Monteath hat mir versichert, und mein Freund Spaird hat noch so eben desgleichen gethan, daß Sie nur in folge eines JustizirrthumS hier sind." „Ich danke Ihnen, ich danke Ihnen von Herzen, Herr Brown!" sagte Richard. „Jetzt, Richard," nahm Grace da» Wort, „jetzt soll unsere Trauung staltfinden." „Unsere Trauung!" stieß der Gefangene überrascht hervor. „Ja," entgegnete Grace ruhig, „heute ist unser Hochzeitstag und Brown ist gekommen, um die Trau ung zu vollziehen." „Mit einem Verbrecher!" rief er aus. „Rein, mit dem Geliebten meines Herzen»," ent gegnete sie mit einem zärtlichen Lächeln. „DaS darf, da» kann nicht sein," sagte er dumpf. „Ich habe Dein Wort, Richard, Dein feierliche» Versprechen." „Da» ich Dir gab, al» ich ein freier, geachteter Mann war. Jetzt aber bin ich ein —" Er schwieg und blickte bitter ringsum. „Du wirst Dein Gelöbniß nicht brechen, Richard," drang sie in ihn. „Du kannst eS nicht thun, Grace. Du kannst Dich nicht selbst so opfern." „Mich opfern! E» ist kein Opfer, eS ist da» Glück meine« Lebens. „Ich rufe Ihr Urtheil an, meine Herren," wandte sich der Gefangene an die beiden Männer, „glauben Sie nicht, daß e« gewissenlos von mir wäre, zuzu geben, daß sie ihr Leben dem meinigen verbindet?" .Da» Fräulein hat mir heute Morgen ein klares Bild von der Sachlage entworfen," hob der Prediger an. „Sie liebt Sie treu und aufrichtig und ihr sehnlichster Wunsch ist, die Ihrige zu werden. AIS Ihre Frau kann sie Ihnen mit Trost zur Seite stehen in der bangen Zeit de» Wartens, wenn da» schlimmste