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noch nie gelesen Hot, und er wird darin so ziemlich alle- al» Schutzmittel empfohlen, wa» man kennt und wa» man nicht kennt; Alpcnmilch und Liquer- stock nicht ausgenommen. Au» vielen Annoncen grinst die bleiche Furcht: In einer auffallend großen An nonce tritt ein Meyer den .falschen Gerüchten" ent gegen mit der Erklärung, daß von seinem ganzen großen Fabrikpersonal nur ein Geselle an .der Krank heit" gestorben ist. Die Speditionsfirma Wehrmann verwahrt sich gegen die Annahme, daß sie Fuhrwerk oder Möbelwagen zum Transport von an der Cho lera Erkrankten oder Verstorbenen hergcgeben habe u. s. w. Aber auch Muth und Humanität spricht au» den Inseraten. Eine ganze Reihe von Aerzten zeigen ihre Rückkehr an. 18 hervorragende Brauer eien bieten den Behörden und Jedermann ihre Vor- räthe an frischem Quellwasser, gekochtem Queüwasser, Kunsteis au» Quellwasser und Dampf zu Desinfek- tionSzwecken unentgeltlich an. Acht verschiedene Komitees bitten um Hilfe in der großen, großen Noth. Und wie bitter die Nolh oft sein mag, geht unter anderem au« einem unscheinbaren Inserat her vor: .Gesucht per sofort größere Helle Räume zur provisorischen Unterbringung von Kostkindern u. s. w. Kinder, die die Seuche zu Waisen gemacht. — Gott behüte Deutschland vor der weiteren Ausbreitung der Geißel! — Frankreich. Die Pariser Polizeipräfektur ließ ermitteln, wieviel wehrpflichtige Männer der Heere des Dreibundes Paris bewohnen. Das Ergcbniß war sechzehntausend, darunter sechs tausend Deutsche. Die .Antoritö" schlägt vor, diese Zählung aus ganz Frankreich auszudehnen, um sich im Falle einer Mobilisirung dieser Fremden sofort zu bemächtigen und sie als Kriegsgefangene zu be handeln. — Genua, 10. September. Der historische Festzug, die Rückkehr des Columbus darstellend, ver lief glänzend. In den Straßen, die der Zug berührte befand sich eine ungeheuere Menschenmenge. Die Majestäten, welche den Festzug vom Balkon des KönigS- palaiS aus besichtigten, wurden auf» lebhafteste be grüßt. — New-Jork, 10. September. Der gestern Abend hier eingetroffene Dampfer „Scandia" der Hamburg - amerikanischen Packetfahrtaktiengesellschaft hat eine größere Anzahl Cholerakranker an Bord. Von denselben sind während der Reise 32 gestorben, darunter 29 Passagiere dritter, 2 zweiter und 1 erster Klasse. Die Leichen wurden über Bord geworfen. Sieben Erkrankte wurden auf der Insel Swinburne gelandet. Von den sieben auf der Insel gelandeten Kranken sind zwei gestorben. Der Gouverneur Flower gestattete den wegen der Cholera zurückbchaltenen Passagieren die Landung auf Fire Island. Locale und sächfische Nachrichten. — Schönheide. Dem Verein .Geflügelfreunde" Hierselbst ist die erbetene Erlaubniß zu Veranstaltung einer Verloosung von Geflügel bei Gelegenheit der am 29. und 30. Januar 1893 abzuhaltenden Geflügel- auSstellung ertheilt worden. — Dresden. Am 7. dieses Monats hat eine abermalige Ausloosun^ Königlich Sächsischer Staats papiere stattgefunden, von welcher dic 3"/, Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1855 betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten StaatSpapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hinzufügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger ver öffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirks-Steuer-Ein nahmen und Gemeindevorständen des Landes zu Jeder manns Einsicht auSgelegt werden. — Dresden. DaS .DreSdn. Journ." schreibt: Die in Leipzig erscheinende „Neue Deutsche Zeitung" hat in ihrer Nummer vom 17. August unter der Auf schrift: .Judenflinten in Sachsen" einen Auf satz gebracht, welcher angebliche Mängel der bei den jüngst stattgefundenen Uebungen des Beurlaubten standes verausgabt gewesenen, aus der Löwe'schen Fabrik stammenden Gewehre behandelt. Eine nach Beendigung der Uebungen vorgcnommene genaue Durchsicht der in unreparirtem Zustande zurückgeliefer ten Gewehre hat dagegen ergeben, daß sich nicht nur die von Steyr, sondern auch die von Löwe gefertigten Gewehre bis auf kleine vorzunehmende Reparaturen in gutem und gebrauchsfähigem Zustande befanden. Die au» den sorgfältigst angefertigten Revisionsüber sichten sich ergebenden Mängel beschränken sich aus schließlich auf Fehler, welche selbst bei der genauesten Anfertigung sich nicht vermeiden lassen, bei der Ab nahme nicht erkennbar sind und erfahrungsgemäß erst bei der Indienststellung sich Herausstellen. Aus einer aufgestellten Tabelle, in welcher die an den jetzt ver ausgabt gewesenen Gewehren durch Einstellung neuer Theile nöthig gewordenen Reparaturen mit solchen bei schon im Dienst befindlichen, aus den Fabriken Erfurt, Spandau und Steyr gelieferten Gewehre 88, sowie mit den bei ähnlichen Veranlassungen früher geprüften Gewehren 71/84 in Vergleich gestellt wor den sind, hat, nach Prozenten berechnet, sich ergeben, daß die Löwe'schen Gewehre den Gewehren anderer Fabriken durchaus nicht nachstehen und im Vergleich zu den Gewehren 71/84 sich die Zahlen für die Ge wehre 88 meist sehr viel günstiger gestalten. Gegen über der von der .Neuen Deutschen Zeitung" auf gestellten Behauptung, daß bei einem Bataillon allein 150 Gewehre hätten zurückgestellt werden müssen, ist sestgcstellt worden, daß bei dem betreffenden Bataillon nicht 150, sondern 15 Gewehre wegen meist ganz unerheblicher Reparaturen zum Umtausch gelangt sind. — Leipzig, 9. Scptbr. Im Laufe des gestrigen und vorgestrigen Tage« ist seitens der hiesigen Polizei behörde eine ganze Anzahl russisch-polnischer Juden, die sich, wie schon in früheren Jahren be reits vor Beginn der eigentlichen Messe, hier cingc- funden hatten, mit Rücksicht auf die herrschende Cholera gefahr von hier ausgewiesen worden. Dasselbe Schick sal erreichte eine aus Hamburg nach hier geflüchtete, au« 8 Köpfen bestehende Judenfamilie. In Anbetracht der Verhältnisse sind derartige Maßnahmen lediglich nur zu billigen. — Um Verbot der Abhaltung der diesjährigen Leipziger Michaelismesse ist der Stadtrath zu Wurzen beim Königl. Ministerium des Innern ein gekommen. Da alle Jahrmärkte in Sachsen in Rück sicht auf die Choleragefahr verboten sind, ist eS mit Rücksicht auf die große Ansteckungsgefahr erst recht nothwendig, die Abhaltung der Leipziger Messe zu verbieten. Die Nachbarstädte Leipzigs sind ja bei Ab haltung der Messe am meisten gefährdet und ist wohl zu erwarten, daß sich dem Vorgehen des Wurzener StadiratheS noch andere Städte anschließen werden. — Nach einem Telegramm au« Leipzig vom 10. d. hat der dortige Stadtrath beschlossen, die Michaelis messe ganz ausfallen zu lassen. In ganz Deutschland wird diese Entscheidung mit großer Befriedigung aus genommen werden, denn die Gefahren, welche durch die Abhaltung der Messe herausbeschworen werden konnten, waren völlig unberechenbare. — Leipzig. Im „Leipz. Tagebl." befindet sich folgendes „Eingesandt": „In jetziger Zeit ist vor Allem wichtig, daß in jeder Restauration die Bier gläser unter Wasserleitung gespült werden, es kann nichts Unreinlicheres mehr geben, als wenn ein Ge fäß mit Wasser den ganzen Tag dastcht und jedem Gast das GlaS darinnen ausgcsplllt wird; durch wiederholte Benutzung wird das Spülwasser eine Sauce, es bleibt in jedem Glase etwas Spülwasser, bevor der edle Gerstensaft eingelassen wird. Jeder verständige Mensch wird einsehen und sagen, daß man manches schmutzige Glas Bier hingestellt bekommt; mit Abscheu weist man es zurück, nicht genug das, sie nehmen noch die Neige, Vertheilen sie in Gläsern und lassen gutes Bier hinzu. Alles muß fort, sogar das Tropfbier kommt in's Faß. Ich kam einmal dazu, wie der Wirth das Tropfbier in das frische Bierfaß einfilterirte. Man spricht, die russischen Schmutzjuden haben die Cholera in Hamburg einge schleppt, welche Menschen übertreffen noch die russi schen Schmutzjuden? Kann nicht auf diese Weise unser theures Vaterland total verpestet werden? Man braucht sich gar nicht zu wundern, wenn die heim tückische Seuche weiter verbreitet wird. Die Cholera- Bacillen befinden sich im Wasser, der Mund des Menschen ist die einzige Ein- und Ausgangspforte der Bacillen. Bei der dringenden Gefahr, daß die Cholera sich auch in unserer Stadt verbreiten könnte, wäre eS wohl rathsam, wenn der hochwohllöbliche Rath der Stadt Leipzig, der die Macht hat, dem un sauberen Geschäfte ein Halt zu bieten, eine Verord nung an alle Restaurateure erließe. Jetzt wäre cs noch Zeit. Vorsicht ist die Mutter der Weisheit, sagt ein alte» Sprichwort." — Die angeregten Uebel- stände existiren allerdings vielfach und wäre ein Ein schreiten der Behörden auch anderwärts im allgemeinen Interesse gerade in jetziger Zeit sehr am Platze. — Die Lokomotiven-Namen werden in Sachsen nach und nach abgeschafft und durch Buch staben und Ziffern ersetzt. Die Einrichtung, die zug bewegenden Maschinen mit Namen zu bezeichnen, stammt aus dem Vaterlande der Eisenbahnen, aus England, denn Stephenson nannte seine erste brauchbare Loko motive „Rakete." — Wie kann man billig und zuverlässig kündigen? Eine für den Verkehr wichtige Verord nung hat das sächs. Justizministerium erlassen. Es ist bestimmt worden, daß die Zustellung eine« Kündig ungsschreibens im Stadtbestellbezirke durch den Ge richtsvollzieher nicht mehr wie bisher 50, sondern nur 25 Pf. kostet. Die Zustellung einer Kündigung durch das Gericht hat einen weit höheren Werth als durch die Post mittelst eingeschriebenen Briefe«. Der Ein lieferungsschein für letzteren beweist nämlich nur den Tag der Aufgabe des Kündigungsbriefes, nicht aber den Inhalt desselben, weshalb in Streitfällen dann immer zur EideSzuschiebung gegriffen werden muß. Dagegen kann ein gerichtlich gekündigte» Hypotheken kapital auf dem viel billigeren Wege de» Urkunden prozesse» eingeklagt werden. Will man also bei einer Wohnung»- oder Kapitalkündigung sicher gehen, so übergebe man die auf einem Bogen Schreibpapier ge schriebene Kündigung nebst einer Abschrift dem Gerichts vollzieher zur Zustellung. Die Abschrift der Kündig ung wird al-dann der neueren ministeriellen Bestim mung gemäß im Stadtbestellbezirke für 25 Pf. und im Landbestellbczirke für 50 Pf. durch einen Gericb!»- diener dem Avressaten überreicht. Aus vergangener Zeit — für «usere Zeit. 13. September. «Nachdruck o«rl>-<«q. Wer kennt nicht bas wunderthätige, heilkräftige Bad Karls bad in Böhmen ? Kaiser Karl I V. soll die Heilquelle bei einer Hirschjagd entdeckt baden, indeß gehört dies in das Gebiet der Sage; denn bereits früher (1325) kommt der Ort urkundlich vor. -Dagegen ist es richtig, daß der Kaiser den Weltkurort am 13. Septeniber 1359 begründet hat, indem er in der Nähe der Quelle ein Schloß zu bauen begann. Es war das gleich sam ein Akt der Dankbarkeit gegen die heilkräftige Quelle, welche des Kaisers Wunden, die er sich in der Schlacht geholt, geheilt hatte. Unzählbar sind Diejenigen, die nach dem Kaiser bei derselben Quelle Heilung gesucht und gefunden haben. 14. September. Am 14. September I3LI starb Dante Alighieri, der Be gründer der italienischen Nationalliteratur und deren bedeutend ster Vertreter, der Dichter der Oivinu oommoüi», der „gött lichen Comödie" eines Kunstwerkes ersten Ranges. Das Gedicht, — das in Folge seiner vielen Zeitanspielungen schwer ver ständlich und deshalb auch in der Ursprache vielfach mit späteren Commentaren versehen ist, — beschreibt eine Wanderung durch die Hölle (die Welt mit ihrer Verderbtheit), das Fegefeuer (Läuterung und Büßung) und das Paradies (Vollkommenheit und Glückseligkeit); in diese drei Abtheilungen ist Alles zu sammengedrängt, was des Dichters Zeit über Gott und Be stimmung des Menschen wußte, eingerahmt i» einyn glühenden Gemälde von den Zuständen Italiens. In Vielsacher politischer Triftigkeit und in einem wechselvollen Leben, dem auch die zeitweilige politische Verbannung au» seiner Vaterstadt Florenz nicht fehlte, gewann Dante Ansichten über die Verhältnisse der Fürsten und Völker, der Kirche und des Reiches, Uber die Rechte und Pflichten der verschiedenen Stände, welche ihn unendlich hoch über den engen Gesichtskreis seiner Vaterstadt und srei über alle Parteien, Meinungen und Leidenschaften seiner Zeit stellten. Und diese Ansichten eben hat er in das tiefpoetlsche Gewand der „göttlichen Comödie" gekleidet. Das Werk wurde bald nach seinem Entstehen sehr verbreitet und fand überall gerechte Bewunderung und Anerkennung. Eine unzählige Menge von Ausgaben (allein italienische 347), Commentaren und Uebersetzungen in alle möglichen Sprachen folgten sich bis auf den heutigen Tag und die größten Philosophen und Theologen bemühten sich um die Erklärung der Einzelheiten des Gedichtes. Mit Recht ist der Italiener stolz auf ein Kunstwerk, das seiner Sprache und seinem Genius im Auslande den größten Ruhm sichert. Berurtheilt. Eine New - Dorier Kriminal-Novelle von Arthur Zapp. (4. Fortsetzung.) An Bord dcS ankommenden Dampfers fand er die Dienerin der Mrs. Stella Raimonde, die man von Boston geschickt hatte. Er führte das Mädchen, das den viel gebräuchlichen Namen Sarah trug, in die Kabine, wo die Kleider der Ermordeten hingen. Ein Blick genügte dem Mädchen, um die Sachen ihrer Herrin zu erkennen. Bevor Sarah noch dazu kommen konnte, in Ohnmacht zu fallen, führte der Detektive sie zurück nach ihrer eigenen Kabine und legte ihr dort verschiedene Fragen vor. ES stellte sich heraus, daß Sarah nur eine Woche im Dienst bei Mrs. Raimonde gewesen war und daß sie deshalb im Grunde wenig über ihre Herrin wußte. Als MrS. Raimonde ani Sonnabend Boston verließ, hatte sie gesagt, daß sie am Montag zurückkehren würde. Nie mand hatte sie begleitet. Am Sonnabend Vormittag hatte ein Herr Mrs. Raimonde besucht, dessen Namen das Mädchen nicht wußte; sie hatte nur gehört, daß ihre Herrin ihn Richard anredete. Die Beschreibung, welche das Mädchen von diesem Besucher entwarf, entsprach genau den Angaben, welche Wilson über den Herrn gemacht hatte, den er an Bord des Schiffes in Gesellschaft der später Ermordeten gesehen hatte. Macroy traf Anstalten für die Unterkunft de« Mädchens und machte sich dann mit Wilson auf den Weg nach der Börse. Dort traf er zwei Kriminal-Unter beamte, welche er dorthin bestellt hatte. Alle vier traten ein in die große Börsenhalle, und Wilson ließ wiederum beobachtend seinen Blick umherschweifen. Diesmal jedoch mit besserem Erfolge. Kaum hatte er einige Minuten sich im Saale um gesehen, als er mit einer Wendung des Kopfe« auf einen stattlich und elegant aussehenden jungen Mann deutete, der eifrig sich an dem Feilschen um irgend ein Werthpapier betheiligte. .DaS ist der Mann," flüsterte er dem Detektive zu. „Sind Sie Ihrer Sache auch sicher?" gab Mac roh ebenso zurück. „Ganz sicher." Macroh trat an die beiden Beamten heran und flüsterte ihnen, auf den jungen Mann deutend, zu: Verlieren Sie diesen Menschen keine Minute su deln Auge. Folgen Sie ihm überall hin!" Dann wandte er sich an einen in seiner Nähe stehenden Börsenbesucher und fragte: „Können Sie mir, bitte, vielleicht den Namen jenes Herrn dort nennen?" „Richard Vanmark," war die Antwort. „Kommen Sie," sagte der Detektive zu Wilson. Sie eilten zum AuSgang. Dort fragte Macroy den Portier, wo Richard Vanmark» Contor sich be finde. „Ecke Exchange Place und Broad Street," gab der Thürsteher Bescheid. Macroy zog seinen Begleiter hinaus nach der Straße, und nun eilten sie, so schnell die Pferde ihre» Gefährte» laufen konnten, nach dem Polizeigebäude. Dort machten sie ihre Angaben vor einem Polizeirichter, und der Beamte stellte darauf hin einen VerhaftSbefehl gegen Richard Vanmark au«. Mit diesem Schriftstück eilte der Detektive zur Börse