Volltext Seite (XML)
Eine Antwort ist ja bereit- in gewissem Sinne er folgt: Man hätte nur wünschen können, daß am Abend de- 18. Juni von dem Thurme der katholischen Hoskirchr au« einige Herren au« Berlin dem Schau spiele jusahen, da« Dre«den« Bürger dem großen Helden unsere« ersten Kaiser« bereitet haben. Da« Volk hat ein klare« Auge. Von Berlin aut verbot man der diplomatisckcn Beamtenschaft, an einem Familienfeste de« greisen Manne« theilzunehmen, und hier bei un« pries sich jeder glücklich, der Bismarck sehen, der gar die Hand de« ehrwürdigen Manne« ergreifen konnte. Daran« ist zu lernen; man kann aber nur dann lernen, wenn man den klerikalen und demokratischen Gallert nicht für da« Herz unsere« Volke« ansieht, ivenn man offenen Auge« da« sehen will, wa« Wirklichkeit ist. Darau« ist auch zu lernen, daß wir noch keine Nation von Byzantinern sind und keine werden wollen." — Berlin, 8. Juli. Ueber den Eindruck den die gestrigen Veröffentlichungen de« .ReichSanzeigerS" in Wien gemacht haben, wird der .Voss. Ztg." von dort gemeldet: Die Ver öffentlichungen de« .Reichsanzeigers" erregen hier ungeheure« Aufsehen. Die Blätter weisen auf die Beispiellosigkeit diese« Vorgänge« hin. Die.N. Fr. Pr." schreibt: Man schickt dem Fürsten diplomatische Steckbriefe nach, al« wäre er ein Hochverräter an seiner Nation und seinem Lande! Man müßte kein Mensch sein und alle« Menschliche abgestreift haben, um nicht mit Ergriffenheit und Mitgefühl zu be obachten, wie sich auch hier der Ausspruch Solon's bewährt, daß Niemand vor seinem Ende glücklich zu preisen sei. Ein diplomatischer Steckbrief hinter Bismarck! Ein so jäher Wandel ist wohl selten vor gekommen. Von solchen Kundgebungen bi« zum Ge- richtSsaal ist wirklich nur ein Schritt. So heftigen Worten kann nur noch eine That folgen, und mau hat da« Gefühl, al« ob wir erst an der Schwelle großer und bedeutsamer Verwicklungen angelangt wären." au« Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, II. Juli. Da« gestern hier ab gehaltene 5. Erzgebirgische Gauturnfest hatte sich bei leidlich gutem Wetter der Theilnahme von 2b auswärtigen Vereinen mit 7l1 Mitgliedern zu erfreuen. Eingeleitet wurde die Feier durch den üblichen Zapfenstreich und Weckruf am FesttagSmorgen, der die Stadt in angemessenem Schmuck zeigte. Da« Vormittag stattgehabte Wettturnen war in der That ein heiße« Ringen, denn glühende Strahlen sandte die Sonne zur Erve nieder und beanspruch»» Kraft und Ausdauer der dabei Betheiligten in hohem Maße. Al« Sieger au« dem Wettkampfe gingen hervor: Koch, Niederzwönitz Gehlert, Bernsbach Vogel, Bockau Starke, Grünhain Händler, Eibenstock Adolf Fischer, T.-Ver. Aue Rich. Ficker, Turnersch. Aue Fischer, Turnersch. Aue Seifert, Schneeberg ESpig, Oberpfanncnstiel Stein, Schneeberg Vogel, Johanngeorgenstadt Die ersten neun Sieger Diplom, die letzten drei nur Kranz. Mittag« 2 Uhr setzte sich vom Postplatz der Festzug, welcher ca. 20 Fahnen aufzuweisen hatte, in Bewegung. Während desselben trat bereit« ein leichter Sprühregen ein, der sich bei Ankunft auf dem Festplatze immer mehr verdichtete, sodaß e« den An schein gewann, al« wolle der Himmel störend in da« Ganze elngreifen. Die« geschah glücklicherweise nicht. Nachdem der Aufmarsch auf dem Festplatze erfolgt war, richtete Hr. Stadtrath Rechtsanwalt Land rock im Namen der Stadt begrüßende Worte an die er schienenen Gäste, auch wurde da« Fest durch die An wesenheit de« höchsten Staatsbeamten de« Bezirks, Hrn. Oberregierungsrath Amt«hauptmann Frhrn. v. Wirsing ausgezeichnet. Hierauf wurde zu den Frei übungen angetreten. Dieselben wurden von ca. 150 Turnern auSgeführt und gingen in präciser Weise von statten, den Zu schauern ein gern gesehene« Bild darbietcnd; nach den Geräthübungen trat der Bezirk Schneeberg noch zu einem Stabreigen an, welcher in Hinblick auf die bereit« gehabte Anstrengung al« eine Musterleistung bezeichnet werden kann. Damit schloß die Thätigkeit auf dem Turnplatz und zog man hierauf in« Verein«lokal .Deutsche« Hau«' behuf« AuStheilung der verliehenen Ehren preise, woran sich noch eine Festkneipe anschloß. Der heutige Abend wird da« Fest mit einem Balle im „Feldschlößchen" beschließen. — Eibenstock, 11. Juli. Heute Vormittag ertränkte sich im sogen. Mühlör, einem in der Nähe der Stadt gelegenen, mit Wasser gefüllten alten Berg- loche, die 22 Jahre alte Corsetarbeiterin Marie Helene Wit sch er von hier. Der Vorgang wurde von einer aus den Wiesen in der Nähe beschäftigten Person bemerkt, doch war der Tod vor der Bergung au« dem Wasser bei der Genannten bereit- eingetreten. mit 20'?2 Punkten . 19 . 18'/, . „ 13'/, „ . 13 . 13 ° 12'/, . . 12 . "V. . „ 11 » 11 . 11 erhielten Kranz und — Schönheide. Der in der Mitte von Schön heide gelegene Grmeindeteich wird zugeschüttet. Die Arbeiten sind gegenwärtig schon so weit vorgeschritten, daß sie jedenfalls in einigen Wochen beendigt sein werden. Der hierdurch gewonnene Platz wird in eine Anlage umgewandelt. — Leipzig. Ein skandalöser Vorfall, der jedenfalls ein diplomatische« Nachspiel haben wird, hat sich am Mittwoch früh zwischen 4 und 5 Uhr im .Cafe Bauer" abgespielt. Dem französischen Ge neralkonsul für da« Königreich Sachsen und die sächsischen Herzogthümer, Fürstenthümer Reuß rc., Ritter der Ehrenlegion Jacquot, beliebte e«, sich in »»flächigen Aeußerungen über Deutschland zu ergehen, und dreht ich die gesammte öffentliche Unterhaltung zur Zeit um diesen Vorfall. Der Streit im „Casu Bauer" entstand dadurch, daß I. einen am Nebentisch sitzenden Buchhändler mit der Brust gegen den Marmortisch drückte, um Platz für seinen Durchgang zu gewinnen. Al« der Herr sich da« verbat — sehr gut möglich, daß dies zu so vorgerückter Stunde (früh zwischen 4 und 5 Uhr) auch nicht in besonders gewählter Form geschah — regnete eS sofort „eoctions ulivMLnii^" von Seiten des Generalkonsuls. Ganz unglaublich aber ist des letzteren weitere« Benehmen gegen die Schutzleute, denen er die Helme vom Kopse schlug, sie mit den Beinen vor den Leib trat u. s. w. Natürlich bekam er dabei auch echte deutsche Hiebe. Derselbe vertraute so sehr auf seine Unverletzlichkeit al« Vertreter einer außerdeutschen Macht, daß er auch noch auf der Hauptwache nach den Schutzleuten schlug und ganz unbändig auf Deutsch land überhaupt schimpfte. Jedenfalls wird der Ge neralkonsul hier abberufen werden müssen, seine Lands leute aber werden ihn voraussichtlich wegen Wider stands gegen die deutsche Staatsgewalt nicht anklagen und verurtheilen, so daß für ihn weitere Folgen nicht entstehen, da die deutsche Gerichtsbarkeit auf ihn nicht angewandt werden kann. — Zwickau, 9. Juli. Heute Mittag gegen 1 Uhr erfolgte eine starke Detonation, welche auch hier Thüren und Fenster erschütterte, sodaß die Bewohner schaft bestürzt an die Fenster bez. auf die Straßen eilte, um nach der Ursache zu forschen. Wie später mit- getheilt wurde, ist das Herrn Julius Friedrich au« Zwickau gehörige, auf Bockwaer Flur gelegene Pul verhau S, unweit der sogen. Schweiz, in welchem auch Dynamit lagerte, in die Luft geflogen. Der Luftdruck war ein sehr starker. In Bockwa und Oberhohndorf ist die Erschütterung eine ganz bedeu tende gewesen. Von einem Herrn, der die Explosions stätte besichtigt hat, wird mitgetheilt, daß eine kessel artige Vertiefung von 10—12 Meter im Durchmesser und 4—b Meter Tiefe auSgehöhlt wurde. DaS an das PulverhauS angrenzende Buschwerk ist theilweise verbrannt und schwarz geworden. Auch die in unmittel barer Nähe stehenden Getreidefelder hi« zu circa 18 Meter Entfernung haben arg gelitten. Die Ursache der Explosion ist zur Zeit nicht bekannt. Getödtet oder verletzt wurde Niemand. — Annaberg, 8. Juli. Wie wir hören, sind die vier Herren, welche den bekannten unliebsamen Auftritt während des Schulfestes verursachten, aus Rochlitz, und zwar Ulanenoffiziere. Die über die in der Angelegenheit von dem hiesigen Polizeiamt ange stellte Untersuchung wird demnächst an das Kommando de« in Betracht kommenden 2. Ulanenregiment« Nr. 18 abgehen. — In Schneeberg brannten am Freitag da« in der Nähe der Bahnhofstraße auf dem sogenannten Hahnberge gelegene zum größeren Theil massive Wohn haus de« Maurers Händel, sowie da« kleinere Wohn haus de« Schneiders Döhnel nieder. Ein sehr ge fährdete- Nachbarhaus konnte noch gerettet werden. Da« Eigenthum der Bewohner der Häuser ist meist geborgen worden. — In Werne-grün ertrank am Donnerstag Abend da« zwei Jahre alte Töchterchen de« Stepperei besitzer« Möckel in einem in der Nähe der elterlichen Wohnung befindlichen Brunnen. A«s vergangener Zeit — für «nsere Jett. 12. Juli. (Ra»dru« v-rdoten). Für die schlesische Haupt- und Residenzstadt Breslau ist der 12. Juli dieses Jahres ein ISOjähriger Gedenktag. Am 12. Juli 1742 zog Friedrich der Große in die Hauptstadt Schle siens ein und nahm so, nachdem ihm in dem kurz vorher ge machten Frieden Schlesien abgetreten worden war, auch formell Besitz von der neuen Erwerbung. Die Breslauer kamen den Siegern sehr freundlich entgegen, so daß äußerlich wenig von einer Eroberung zu bemerken war. Allerdings ward auch Alles aethan, um die Bewohner der Hauptstadt von vornherein für sich zu gewinnen, was um so wichtiger war, als man Wohl voraus sehen konnte, daß der neue Besitz noch kein endailtiger sein konnte, vielmehr in weiteren Kämpfen würde behauptet werden müssen. Für eine sonderlich« Fürsorge Oesterreichs für Schlesien spricht di« Leichtherzigkeit, mit der die Schlesier preußisch wurden, allerdings nicht. 18. Juli. Am 18. Juli 1878 war da« Ende des Berliner Congresse», jener großen Bereinigung der Diplomaten Europa«, die end lich im Orient einmal Ruh« und Ordnung schaffen sollte. Der Wille war gut; aber leider lassen sich weder Confliktc durch Fest setzungen am grünen Disch auf die Dauer bannen, noch zählende Volkimaffen durch Federstrich« zur Ruhe bringen, ganz abge sehen von russischen Machenschaften, die sich an Verträge nicht sonderlich zu kehren pflegen. So ist denn Mancherlei von jenem Congreß-Ergebniß bereits abgebröckelt, aber immerhin sind jene Punktationrn auch heute noch interessant genug, um einmal in Erinnerung gebracht zu werden. Die tzauptabmachungen waren: 1. Bulgarien soll im Süden durch dm Balkan begrmzt und ein autonomes, dem Sultan tributäres Jürstenthum werden: 2. Ost-Rumelim im Süden de« Balkan« wird mit einem christ lichen Gouo-rneur türkische Provinz; 8. Oesterreich dars Bos nien und Herzegowina besetzen und verwalten; 4. Anerkennung der Unabhängigkeit Serbien«, Rumänien« und Montenegros und Vergrößerung der letzteren; S. Schleifung der Donauseft ungen ; «i. Abtretung von Ardahan, Kars und Batum in Asien an Rußland. L o u i s o n. - Erzählung von Bruno Köhler. (8. Fortsetzung., Walther hatte die Ueberzeugung gewonnen, daß den Schloßbewohnern der Tod de« Grafen noch nicht bekannt war. Sollte er da« grausige Geschick desselben enthüllen? Nein, diese schreckliche Botschaft konnte dem gebrechlichen Mann, der ihm gegenüber saß, ge- ährlich werden. Auch lag e« vielleicht in der Absicht de« Erschossenen, daß die Art seines Tode« verheim licht würde; sprach doch schon der Umstand dafür, daß er selbst in seiner Todesstunde sein Inkognito nicht vor seiner Umgebung enthüllt hatte. Nur jenem Zeldprediger mußte er sich anvertraut haben; diesem rel somit die Sorge zu, da« Ende des Grasen zu verkünden. Unaufhörlich beschäftigte Walther die Frage, wel che« seltsame Verhängniß zwischen jenen beiden Gatten geherrscht. Auf der Seite des Grafen jene tolle, innliche Leidenschaft — auf Seite der Gräfin jene Scheu und mit Furcht gepaarte Abneigung. Aus allem, wa« Walther bis jetzt gehört und selbst gesehen, hatte er die Ueberzeugung gewonnen, daß sie nur ge zwungen an seiner Seite geweilt. Jene räthselhafte Verwundung — die eine verzweifelte Aehnlichkeit mit einem Selbstmordversuch hatte — ihre Flucht au« dem Schlosse, alles da« sprach dafür, daß sie ihr Leben nicht an das seinige ketten wollte. Um so auffallender war der Umstand, daß sie ihm erst vor kurzer Zeit am Altäre die Hand gereicht. An einem der nächsten Tage konnte Walther nicht der Versuchung widerstehen, noch einige Fragen an den Schloßverwalter zu richten. Doch dieser zeigte wenig Lust, noch länger auf dieses Gesprächsthema einzugehen; vielleicht wußte er auch nicht« mehr über die „junge Gemahlin" seine« Herrn zu berichten, bei deren Nennung er merkwürdigerweise jedeSmal seinen Mund zu einem wegwerfenden Lächeln verzog. Das Hauptsächlichste, was Walther noch erfuhr, war, daß der Gras die Verschwundene in Petersburg kennen gelernt habe. Auf seine Frage, wie lange die Gräfin mit ihrem Gemahl verheirakhet gewesen sei, wieder holte der Verwalter fast ironisch seine Worte und ging dann mit der kurzen Antwort: „Das weiß ich nicht!" seines Weges. Walther versuchte nun, im Schlosse selbst auf Ent deckungen auszugehen, doch gelang es ihm nicht, irgend wie Nachricht über den Verbleib der Entflohenen zu erhalten. Nur das Zimmer hatte er ausfindig ge macht, in dem sie die paar Stunden auf dem Schlosse zugebracht. ES war einem der Gemächer in St. Cloud nachgebildet, ein weichlicher, sinnlicher Luxus herrschte darin. Einige Tage später verließ Walther das Schloß, um sich wieder zu seinem Regiment zu begeben. Da« Bild der Gräfin hatte er mit sich genommen, da eS ihm nicht möglich gewesen, dasselbe zurückzulassen. Er hatte eS aus dem Rahmen entfernt und nun ruhte e» sicher und wohlverwahrt auf seiner Brust. IV. Der Krieg war beendet. Frankreich hatte in den von Deutschland diktirten Frieden gewilligt. Die deutschen Truppen waren in ihre Garnisonen zurück gekehrt. Tausende von Verwundeten und Rekonvales zenten suchten in deutschen Bädern von ihren Leiden und Anstrengungen Erholung und Genesung. Der Herbst hatte sich schon angemeldet. Die meisten der in dem romantisch gelegenen Kurort X. versammelt gewesenen Badegäste waren schon wieder nach Hause gereist. Zu denjenigen, die durch die prächtigen Septembertage immer wieder von der Heim fahrt abgehalten wurden, gehörte auch Walther. Noch mit der schmucken „HauptmannSuniform" angethan, sah man ihn täglich in die Berge wandern, um dort in der frischen, würzigen Luft die Nachwehen der Strapazen des letzten Jahre- zu verscheuchen. Seine Kameraden, die mit ihm in da« Bad gereist, waren schon längst wieder in ihren Garnisonen, doch ihn rief ja der Waffendienst nicht mehr. Er konnte den bunten Rock, der jetzt noch von ihm al- Ehrenkleid getragen wurde, wieder an den Nagel hängen und sich seinem Studium hingeben. Doch, bevor er nach Berlin zurückkehrte, sollte sich erst der Herbst ener gischer verkünden, al« er e« bisher gethan. Eine« Tage«, al- Walther von einer weit aus gedehnten Fußwanderung zurückkehrte und bestaubt und ermüdet durch die vom Bahnhofe her nach seinem Logirhause führende Straße schritt, machte er die Bemerkung, daß mit dem soeben fällig gewesenen Kurirzuge noch Badegäste angekommen sein mußten. Eine für die weit vorgeschrittene Saison immerhin auffällige Erscheinung. Um dem fatalen Staube zu entgehen, den die vom Bahnhofe herankommende Droschke in dichten Wolken aufwirbelte, trat Walther hinter ein Boskett, da- sich vor dem Gartenthore