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die Elbortschaften, al» auch ein Theil Dresden» in Mitleidenschaft gezogen. Schon der heutige Wasser stand hat in unserer Stadt mehrfach Straßen unter Wasser gesetzt. So sind die Waldschlößchenwiesen zum größten Theil überschwemmt; der Döschwitzer Weg unterhalb de» städtischen Wasserwerke» ist nicht mehr passirbar. Feiner staut da» Elbwasser bi» zur größten Hälfte der Prießnitzstraße, und die Wiesen de» Roß- ncr'schen Grundstücke» befinden sich unter Wasser. Da» Terrassenufer ist vom Schlossplätze au» bi« zum Elbberg ganz überfluthet und nicht mehr zu begehen; ebenso sind die niedrigeren Stellen de» Ostragehege» von Elbwasser bedeckt. Wie bereit« gesagt, ist inveß immer noch ein Wachsen de« Hochwassers zu erwarten, so daß ein großer Theil der Bewohnerschaft mit ge wissem Bangen den nächsten Tagen entgegensieht. Seiten» der Stadt ist diesmal die dankenSwerthe Ein richtung erfolgt, daß alle eingehenden Wasserstands meldungen und Vermuthungen über die Höhe de« zu erwartenden Wassers an allen den Stellen der Stadt öffentlich angeschlagen werden, welche durch die letzte Hochfluth zu leiden hatten. Die Bewohner der be treffenden Stadttheile sind dadurch in den Stand ge setzt, rechtzeitige Vorkehrungen zu treffen. — Dresden, 8. März. Schon wieder droht, entgegen den Erwartungen der letzten Tage, ein ernst liche« Hochwasser mit unberechenbaren Gefahren. Nach hierher gelangten amtlichen Mittheilungen ist für heute ein Wasserwuchs der Elbe bi» 420 Centi- mcter über Null zu erwarten, nach privater Meldung an die „Kette" wird die zu erwartende Höhe mit mindestens 430 Centimcter beziffert. Jedenfalls ist die höchste Vorsicht geboten, und eS wolle sich ja Niemand der leider nur zu häufigen optimistischen Anschauung hingeben, eS werde wohl nicht so schlimm werden! Der höchste Wasserstand der letzten Herbst- Ueberfluthung brachte uns 537 Ctm. Schon steht das Wasser wieder in Dresden in verschiedenen Straßen — z. B. Steinstraße u. s. w. — in den Kellern, die von der letzten Hochfluth »och nicht völlig auSgetrocknet waren. Bei der milden Temperatur und den letzten Regengüssen, infolge deren auch alle kleinen Flüßchen und Bäche reichlichsten Wasserzu wachs erhalten haben, strömen Unmassen von Wasser in der Elbe zusammen, und nur ein eintretender mäßiger Frost könnte hemmend wirken. — Dresden, 9. März. Die Königl. Wasser baudirektion meldet vom 8. März Abends 7 Uhr: Nachdem während vergangener Nacht bis heute Vor mittag 8 Uhr ein Steigen des Wassers in Leit- meritz bis auf 428 Centim. über Null stattgesunden, ist nach längerem Stillstand daselbst seit heute Nach mittag 2 Uhr Fall eingetreten. Wasserstand in Leit- meritz 6 Uhr Nachm. 418 Centim. über Null, sonach seit 2 Uhr Nachm. 10 Centim. Fall. Da außerdem auch bereits seit gestern sowohl auf der Moldau und deren Zuflüssen, als auch auf der Eger Fall einge treten, auch das Wasser der kleinen Elbe nur noch in mäßigem Steigen begriffen ist, so wird von heute Abend ab auch hier in Dresden Stillstand und hier nach ein stetiger Fall des Wassers stattfinden. — Dresden: 7 Uhr Abends 398 Centim. über Null. Der höchste Stand dürfte hier heute Abend 4 Meter über Null betragen. — Dresden. Am 2. dieses Monats und fol gende Tage hat eine abermalige Ausloosung Königl. Sächs. Staatspapiere stattgefundcn, von Wilcher die 4"/„ Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1847 u. 3"/„ Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1855, ingleichcn die am I. Juli 1891 mit IlU/, Prämienzuschlag rückzahlbar werdenden 4"/, sächsisch-schlesischen Eisen bahnaktien betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hinzufügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger ver öffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirkssteuer-Ein nahmen u. Gemeindevorständen des Landes zu Jeder manns Einsicht ausgelegt werden. — Dresden. Eine bodenlose Lieblosigkeit hat vor Kurzem eine Frau an ihrer Familie begangen, die in wenigen Tagen einen rüstigen Mann förmlich gebrochen und vernichtet hat. Ein Ehebruchdrama im Hinterhause könnte man den Vorfall benennen, welcher sich in den jüngsten Tagen in der Familie eine« Bewohners der Johannstadt abgespielt hat. Der beklagenSwerthe Ehemann, der mit seinen zahlreichen Kindern das Opfer dieser Geschichte geworden ist, geht seit einer langen Reihe von Jahren seinem Ge werbe als Droschkenkutscher nach und seine einzige Erholung nach 12- und I4stündigem harten Dienste, den er Tag für Tag verrichtete, war seine — Familie. Seit dreizehn Jahren verheirathet, ist er Vater von zehn Kindern geworden, wovon 8 (5 Knaben und 3 Mädchen) am Leben geblieben sind. Diese Kinderchen im Alter von 13 Jahren bi» herab zu 12 Wochen jammern und schreien seit länger al» einer Woche nach der Mutter, welche am 28. Februar mit einem Steinmetzgehilfen — durchgegangen ist und Mann und Kinder elendiglich im Stiche gelassen hat. Der Galan, der dieses Bubenstück von Ehr- u. Treulosig keit mit verwirklichen half, war eine Zeit lang Logisbewohner der betreffenden Familie und bat wahr- scheinlich schon geraume Zeit vor der Flucht in sträf lichen Beziehungen zu der Frau gestanden. Aber nicht genug damit, daß da« erbärmliche Weib ihren Manu und ihre Kinder bei Nacht u. Nebel verlassen konnte, sie hat die Armen auch noch ihres letzten Nothpfennig» dadurch beraubt, daß sie den Rest eine« Sparkassenbuches erhob und auf Nimmerwiedersehen mit auf die Flucht nahm, vermnthlich nach Kopen hagen, wo ihr Liebhaber seit vorigem Jahr arbeitet. Vor einigen Tagen war er auf Veranlassung de« schändlichen Weibe» nach hier zurückgekehrt, um die gemeinsame Flucht zu insceniren. Die Lage und da« Elend de» Manne« ist grenzenlos, denn er steht nicht nur gänzlich rath- und hilflos inmitten seiner acht Kinder, sondern er weiß effektiv auch nickt, wa« er jetzt und in Zukunft mit diesen beginnen soll. — Chemnitz, lieber die von hier berichtete Arbeitslosigkeit wird unterm 5. d. des Weiteren geschrieben: In den letzten Tagen haben infolge des steckenden Geschäftsganges abermals in hiesigen Fa briken umfangreiche Arbeitcrentlassungen stattgefunden. Ein in der Stadt weitverbreitetes Gerücht wußte so gar zu erzählen, daß in einer der größten hiesigen Fabriken mehrere Hundert Arbeiter entlassen worden seien. In dem Umfange hat sich das Gerede nicht bestätigt. In zahlreichen anderen Fabriken ist die Arbeitszeit auf's Aeußcrste beschränkt, um 4 oder 0?5 Uhr ist meistens schon Feierabend. Den zahlreichen Arbeitslosen bringt man in allen Kreisen die wärmste Theilnahme entgegen, um so mehr, als sie in ihren Versammlungen äußerst maßvoll auftretcn. — Gegen die Stadtgemeinde Waldheim hat da» Königliche Finanzministerium die Einleitung deS Nachzablungsverfahrcns ungeordnet, eS handelt sich hierbei nm die Nachzahlung von 2334 Mk. für (nach Ansicht der oberen Steuerbehörde) in vergangenen Jahren zu wenig bezahlte Steuer seitens der Stadt gemeinde. Der Stadtrath hatte beschlossen, die Ent scheidung über diese Angelegenheit dem Stadtverord- neten-Kollegium zu überlassen. Dasselbe einigte sich, da schon von anderen Städten in gleicher Angelegen heit nichts mit klagewcisem Vorgehen erzielt worden ist, dahin, von Ergreifung de« Rechtsmittels abzu sehen und den Stadtrath zu ersuchen, in einem Gna dengesuche an das Finanzministerium nm Erlaß der nachzuzahlenden Summe zu bitten. — Thum. Am Montag vor. Woche in den ersten Nachmittagstunden gewahrte die Frau des Gast hofsbesitzers Herrn Otto Mann, als sich selbige in eine Schlafkammer begeben hatte, einen Menschen unter einem Bett liegen, welcher sich vergeblich be mühte, die Beine noch nachzuziehen, um sich ganz unsichtbar zu machen. Als dem Urian solches nicht gelang, kam er und zwar in Hemdärmeln wieder hervorgekrochen und entpupte sich als ein lediger Strumpfwirker von hier, welcher schon Vormittag« als Gast dagewesen und eine günstige Gelegenheit zum Einbrechen beobachtet hatte. Auf die Frage der Frau Wirthin, was er hier treibe, antwortete er: Ich glaube gar, ich bin einfältig geworden und nahm, ohne seinen Rock anzuziehen, Reißaus um in den Wald zu fliehen. Wie nachträglich mit Bestimmtheit gemeldet wird, ist der Einbrecher nicht nur in Hemd ärmeln, sondern auch barfuß und ohne Kopfbedeckung geflohen und Mittwoch Nachmittag 3 Uhr in der elter lichen Wohnung verhaftet worden. — Bad Elster. Der Gemeindevorstand Meyer hier, welcher sein Amt über vier Jahre lang inne hatte, ist wegen Unterschlagung im Amte verhaftet worden. Als er den Revisor kommen sah, der eine Kassenrevision vornehmen wollte, ist er nach Adorf geeilt und hat sich selbst dem Amtsgerichte gestellt. — Die Sachsengängerei nimmt in diesem Frühjahre in Oberschlesicn noch größeren Umfang an als in früheren Jahren und die Wanderung hat be reits in voriger Woche begonnen. Sächsische Groß grundbesitzer haben ihre Wirthschastsinspektoren nach den ackerbautreibenden Kreisen Oberschlesiens geschickt, um dort direkt Arbeiterinnen zu engagiren, scheinen sich also von den Agenten, welche bisher die Anwerb ung der Sachsengänger vermittelten, losmachen zu wollen. Die hohen Löhne und die von den Heim kehrenden gerühmte gute Behandlung veranlassen selbst kleine Hausbesitzer, sich anwerben zu lassen und auch aus Dörfern, die bisher noch keine Sachsen gänger entsendet haben, findet eine starke Auswan derung für den Sommer statt. Aus vergangener Zeit — für «nsere Jett, 10. März. (Nachdruck verboten.) Am IO. März 1856, also vor nunmehr 85 Jahren, fand der Polizeipräsident von Berlin F. von Hinckeldey im Duell seinen Tod. Die Umstände dieser sensationellen Affaire sind erst kürzlich durch den Tod seine« Gegners, de« Herrn von Rochow-Plessow, wieder in die Erinnerung zuriickgerufcn wor den. Hinckeldey war zweifellos ein tüchtiger, energischer Be amter, der auch zahlreiche gemeinnützige Institute ins Leben ries; freilich hat ihm sein etwas gar zu scharfe» Auftreten in politischer Beziehung manche Feinde erworben. Er fiel als da» Opfer eines Gerechtigkeitsaktes, für den die damalige Ari stokratie allerdings wenig Verständniß hatte. Er hatte sich erlaubt, einen Spieiklub der Junkerpartei zu schließen und wurde deshalb von Rochow gefordert und in der Jungfern haide bei Berlin erschossen. Die Angelegenheit hat seiner Zeit außerordentlich viel Staub aufgewirbelt. N. März. Am ll. März 1861, also vor nunmehr 30 Jahren, kon- stituirle sich der Kongreß z» Montponnry im Staate Alabama und mit diesem Schritte rissen sich die Südstaaten der nord amerikanischen Union von dieser lo» und gaben da« Signal zu dem gewaltige» sogenannten „Sklavenkriege". Dieser drehte sich in der Hauptsache um die Befreiung und Emanzipation der Schwarzen, die in den Südstaaten noch immer dem lieben Vieh gleich geachtet wurden; wenigstens Iheilweise war das der Fall, wennschon, wie spätere Untersuchungen zeigten, auch in dieser Beziehung viel übertriebe» wurde. Dein Beispiele Südcarolinas, das durch seinen sofort nach der Wahl LinkolnS, des SIlavenbesreierS, erklärten Austritt aus der Union den Anfang des Abfalle» machte, folgten die Staaten Georgia, Florida, Missisippi, Alabama und Luisiana. Das war der Anfang eines Krieges, wie man ihn in Amerika nicht für möglich gehalten hatte und wie er von beiden Seiten mit rühmlicher Tapferkeit geführt wurde, bis schließlich die gute Sache, die Antisklavereibcwegung gegen die Sklaverei-Anhänger siegte. Waldschmettcrling. Erzählung von B. Waldow. (5. Fortsetzung.) „Dann hätte ich am Ende Ja gesagt," entgegnet Lucie kurz, indem sic gleichgültig nach einer mit Kon fitüren angefüllten Schaale langt, um ein LieblingS- stück daraus zu annektiren. „Was aber dann, wenn er seine Augen bereits auf eine Andere geworfen?" fährt Frau von Felsck mit erregter Stimme fort. „Je nun, Mama, dann würde Lucie Sander die ihrigen auch aus einen Anderen werfen und Doktor Salfeld höchst wahrscheinlich in sehr kurzer Zeit ver gessen," ist die nachlässig hingcworfene Erwiderung des jungen Mädchens. „Lucie, ist das Dein Ernst?" Frau von Felsek athmet erleichtert auf und tritt zu ihrer Tochter, auf deren dunkles Lockenhaupt sie liebkosend beide Hände legt. „O, ich Thörin hätte eS doch wissen können, daß Du noch allezeit mein herzige«, verständiges Kind gewesen, dem ich ohne Angst um seinen Herzensfrieden sagen kann, daß Doktor Salfeld lebhaftes Interesse hat für Frau von Bach." „Für diese Bach?" fährt Lucie, ihre frühere Ruhe ganz verleugnend, auf, indeß durch ihren Körper momentan ein Beben geht. Frau von Felsek zuckt geringschätzend die vollen Schultern. „Ja, merkwürdig ist cs allerdings, und wie RegierungSräthin Brunn versichert, wird da« Verhältniß sogar von der Baronin Arnau protegirt." Lucie ist der verlorenen Ruhe wieder Herr ge worden. Ihre Mutter nock um etwas überragend, steht sie jetzt in stolzer Haltung vor derselben aufge richtet und sagt in scharfem, festen Tone: „Die Soiree bei der Baronin werden wir morgen nicht besuchen, damit ich nicht gezwungen bin, mit der Frau von Bach zu musiziren." Das aber ist auch alles, womit sie sich verräth, daß das Gehörte doch nicht völlig ohne Eindruck auf sie blieb. Bald darauf wird Doktor Salfeld ange meldet und Frau von Felseks flüchtig hingeworfene Mahnung, daß Lucie sich zusammcnnehmen und nicktS merken lassen möge, ist vollständig unnütz, denn wie immer, so auch heute, blickt sie mit ruhiger Sicher heit dem Eintretendcn entgegen und nicht im mindesten bebt ihre kleine Hand, als sie für einen Augenblick in der des ernsten, schönen Mannes ruht. „Ja, elegant und fchön ist dieser Mann, ganz wie geschaffen für mein Kind," denkt schmerzlich Frau von Felsek, als sie ihre Augen prüfend, wie schon oft, auf der äußerst glänzenden Erscheinung ihres Gastes ruhen läßt. „Sie wollen also wirklich fort, mein lieber Doktor, und, wie ich fürchte, wohl auf längere Zeit?" eröffnet sie die Konversation. „So ist eS, gnädige Frau," erwidert mit tiefem, klangvollen Organ der junge Mann. „Schon lange habe ich mich danach gesehnt, wieder einmal in Gottes schöne Welt hinaus zu wandern, wie ich eS seit der Studentenzeit nicht mehr gethan, und so gab ich denn dem Drängen meines Freundes Thalberg nach, mit ihm zu reisen. „Und wo gedenken Sie sich hinzuwenden?" mischt sich Lucie in das Gespräch. „Thalberg will mein Führer sein," klingt die Erwiderung zurück. „Er schwärmt für Schlesien, sein Heimathland, und ich versprach, ihn dahin zu begleiten. Ist Ihnen Schlesien bekannt, mein gnädiges Fräulein?" „Ja — nnd nein — ich sah von dem gelobten Lande, das ich mit Mama im vergangenen Herbst besuchte, nur sehr wenig, da wir nur kurze Zeit da selbst verweilt," entgegnet Lucie leichthin, indeß ein etwas spöttisches Lächeln ihren Mund umspielt. Doktor Salfeld hat eS bemerkt, denn die klugen, dunklen Augen fest auf sie gerichtet, läßt er die Be merkung folgen: „Und scheinbar liegt'« auch nicht in Ihrem Wunsch, diesen herrlichen Erdenfleck genauer zu besehen?" „Nein, danach sehne ich mich allerdings nicht im geringsten," giebt Lucie mit einer sehr koketten Kopf bewegung kurz zurück. „Nun, da» muß ich sagen," mischt sich Frau von Felsek ein, „hätte ich die Wahl, dann entschied ich mich gewiß auch für ein andere» Reiseziel. Ich dampfte nun zum Beispiel geraden Weges nach Paris." Der junge Mann schüttelt sehr energisch seinen schön geformten Kopf, als gälte e», in dieser Weise