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am 20. Februar unser bisheriger Vertreter Herr Eugen Holtzmann in Breitenhof erhalten. Leider war die Majorität nicht eine vollständige, so daß heute die engere Wahl zwischen Herrn Holtzmann und Hrn. l)r. Krause in Annaberg staltzufindcn hat. Die Wirksamkeit unseres bisherigen Abgeordneten im Reichstage ist von jedem Partei- und leidenschafts losen Manne stets gern anerkannt worden und wir haben die feste Ucberzeugung, daß ein anderer Ver treter, welcher Parteirichtung er auch immer angehöreu möge, eS nicht besser machen kann und wird. Daher überrascht eS uns auch nicht, wenn Leute, von denen viele meinen, daß sie zu de» Gegnern Holtzmann'S zählen müßten, selbst als College» des Henn I)r. Krause nicht einmal für diesen bei der ReichStagSwahl eingetreten sind und eS auch heute nicht thun werden. Darüber belehrt uns ein Artikel in Nr. 49 des Annaberger Wochenblattes vom gestri gen Tage, worin die Gründe angeführt sind, weshalb die Lehrer am Kgl. Gymnasium zu Annaberg, von denen viele die intimsten Freunde des Hrn. l)r. Krause sind, sich ohne Ausnahme gegen Herrn I)r. Krause erklärt und für Herrn Eugen Holtzmann gewirkt haben. So erklärt einer der Herren Lehrer in Anna berg auf eine an ihn gerichtete Anfrage, weshalb er nickt für den College» Herrn Krause gestimmt habe, unter Ander», öffentlich folgendes: „Wenn eS sich um die Wahl eines BcreinSvor- steherS oder eines Ehrenpräsidenten zu irgend einer Festlichkeit und dergleichen handelte, so würde ich sicherlich einer der Ersten sein, die Herrn 1>r. Krause in Vorschlag brächten. Und dies etwa nicht vorzugs weise aus Collegialität, sondern weil ich überzeugt bin, daß Herr Ur. Krause in Vereinsangelegenheiten Großes zu leisten vermag. Dazu kommt noch, daß ich genannten Herrn persönlich hochschätze und seinen außerpolitischen Ansichten meist von ganzem Herzen zustimme. DaS wirb auch, so viel an mir ist, in Zukunst so bleiben. Ferner habe ich allezeit, wenn es sich um gerechtfertigten Localpatriotismus handelte, mit allen meinen Kräften die gemeinsame Sache unterstützt, und wie ich von jeher die wahre Collegialität aufgefaßt und bethcitigt habe, das lassen Sie sich, wenn Sie es interessirt, von meinen Herren College« erzählen. Aber was haben Vereinsmachcrei, Localpatriotis mus und Collegialität, was hat persönliche Freund schaft mit einer Reichstagswahl zu schaffen? — Das Wohl des Vaterlandes gilt mir höher als alle Son derinteressen. Und weil ich überzeugt bin, daß die Bestrebungen der Partei, welcher mein geschätzter College Herr Ur. Krause dient, das Wohl des deutschen Vaterlandes gefährden, so kann ich ihn als Reichstagsabgeordneten nie und nim mermehr wählen." — Dieser Meinung schließen auch wir uns vollständig an und wünschten, daß auch der größte Theil der hiesigen Wähler sich von der gleichen Ueberzeugung bei Abgabe ihres Stimmzettels leiten lassen möchte, auch wenn mancher derselben vorher anders gedacht haben sollte. Diejenigen, welche glauben, daß durch die Wahl des Hrn. Ur. Krause alle die Uebclstände, welche einen oder den andern bedrücken, damit auch ans der Welt geschafft werden können, werden bald genug die Erfahrung machen, daß sie sich in ihrem Hoffen geirrt haben. — Eibenstock, 1. März. Das Resultat der heute stattfindenden Stichwahl werden wir, soweit es uns bis dahin bekannt wird, am Sonntag Vor mittag durch ein Extrablatt zu publiciren, welches jedoch nur, wie bei früheren Wahlen, in öffentlichen Localen hiesiger Stadt ausgelegt wird. Das voll ständigere Resultat wollen unsere geehrten Leser aus der Dienstags-Nummer ersehen. — Johanngeorgenstadt, 27. Februar. Der dcutschfrcisinnige Reichstagscandidat, Herr Krause aus Annaberg, dürfte mit seinem für morgen angc- kündigtcn Vortrag wenig Erfolg erzielen, zumal gerade für den Freisinn hier nicht viel Boden zu gewinnen zu sein scheint. Die Stimmcnzahl im Jahre 1887 betrug für den deutschfreisinnigen Can- didatcn 3 und am 20. Februar ds. Js 17. Wenn von 623 abgegebenen Stimmen nur 17 auf einen Candidaten entfallen, so ist wohl der evidente Beweis dafür geliefert, daß ein persönliches Vorstellen ein kaum nennenSwerth günstigeres Resultat bewirken kann. Die „Erfolge" der deutschfreisinnigen Partei können wohl auch unmöglich dazu angethan sein, daß ein guter reichstreuer Wähler sich der letzteren an schließen wird. Dagegen steht es unleugbar fest, daß unser bisheriger bewährter Abgeordneter, Hr. Eugen Holtzmann in Breitenhof, die Interessen seines Wahlkreises nach allen Richtungen hin ver treten hat, indem er gegen alle Zölle, durch welche eine Vertheuerung der Lebensmittel herbeige- sührt wurde, gestimmt hat und für die wohl- thätigen Institutionen der Arbeiter eingetreten ist. Mehr würde ein anderer Candidat das Wohl unseres - Wahlkreises auch nicht im Auge haben können. Es ist daher die Pflicht eines rechten Staatsbürger», für den Mann einzutreten und dem seine Stimme zu geben, der die Interessen seiner Wähler allezeit zn wahren versteht und dieser ist Herr Holtzmann in Breitcnhof. — Bis zn Anfang unseres Jahrhunderts bestan den in Sachsen drei Halbinvalidencompagnien, deren Gründung auf eigenthümlicke Veranlassungen stattfand. Die erste derselben wurde 1748 zur Be wachung des Zucht- und Arbeitshauses zu Waldheim errichtet. Die zweite, welche in Barbh garnisonirte, war aus dem im Jahre 1764 eingegangenen Jnva- lidengarnisonbataillon der Festung Wittenberg zusam- mengesteUt worden. Die dritte Halbinvalidencom- pagnie stand in Eisleben und wurde 1769 ans ab gegebenen Mannschaften von allen Regimentern errichtet, nm ein Kommando Dragoner von den da maligen Chevanxlegerregimentern Herzog Karl, Prinz Albrecht und Renard in Warschau abzulösen und da» hiesige Kurfürstliche Schloß zu besetzen, welches Kommando aber 1795 gänzlich aufgehoben wurde. Der Etat betrug in Waldheim 176 Mann und in den beiden anderen Garnisonen 120 Mann. Die Garnison der Festung Königstein bestand ebenfalls ans nicht ganz feldtücktigen und bejahrten Soldaten. Die incisten dieser Halbinvaliden nährten sich mit Weib nnv Kind zugleich als Handwerker. — Die im Jahre 1887 so überaus glücklich und glänzend verlaufene sehr billige erste sächs. Krieg er- ExtrazugSfahrt nach den Rheinlanden und Elsaß-Lothringen hat zahlreiche Anfragen an den damaligen Unternehmer, Kameraden A. Riedel (Vor stand des MilitärvcreinS „Jäger und Schützen" in Dresden) aus allen LandeStheilen veranlaßt. Nicht allein frühere Theilnehmer, sondern auch jüngere Kameraden haben den Wunsch ausgesprochen, daß ein zweiter Krieger-Extrazug unternommen werde. Der frühere Unternehmer hat sich denn entschlossen, die Sacke erneut in die Hand zu nehmen, nm so mehr, da viele Kameraden aus Nachbarländern (Schlesien, Provinz Sachsen, Altenburg, Neuß), auch viele Kameraden im aktiven Militärdienst gern Theil nehmen möchten. Derselbe hat bereits die Genehmigung der Gcneraldircktion der königl. säch sischen Staatsbahnen erhalten und setzte den Ab gang dcö diesjährigen zweiten KricgercxtrazugeS auf Ende Juli an. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 1. März. (Nachdruck vtrboten.) Genau an demselben Tage, man könnte fast sagen zur selben Stunde, da der corsische Eroberer Napoleon I., nachdem er von Elba entflohen, wieder in Frankreich landete, um noch einmal in der Herrschaft der 100 Tage Europa gegenüber zu treten, erfolgte 56 Jahre später, am I. März 1871, der Ein zug der deutschen Truppen in Paris. Dieser Einzug hielt sich, gemäß der allzu großen deutschen Bescheidenheit, die immer noch aus die nationale Eitelkeit des Besiegten Rücksicht nahm, in sehr mäßigen Grenzen. Es wurden nur die westlichen Stadttheile besetzt. Am Mont Valerien und dein Triumph bogen vorüber zogen preußische und bayrische Truppen durch die elysäischen Felder bis zum Concordienplatze und bezogen in dein Stadttheil nördlich der Seine Quartier. Vorher hatte Kaiser Wilhelm im Boulonger Wäldchen eine Revue abgehalten. Schon am folgenden Tage erfolgte der Rückmarsch. Bis aus einige Wuthausbrüche des Pöbels, die unsere Truppen keiner Beachtung würdigten, verlief Alles glatt. Die Pariser und die französische Regierung, die diese schonende Rücksicht der Sieger gegen die Hauptstadt durchgesetzt hatte, konnten es sehr bald bereuen, daß nicht deutsche Truppen in Paris bis zur Herstellung der Ruhe und Ordnung geblieben waren, denn die Schreckensherrschaft der Commune, die nun sehr bald folgte, wäre bei längerein Verweilen der deutschen Truppen ver mieden worden. 2. März. Am 2. Mär, I68S ließ der „allerchristlichste König" Lud wig XIV. von Frankreich in deutschen Landen eine Schand- that begehen, von der heute noch ein stiller Zeuge vorhanden ist. An diesem Tage sprengte der französische Feldherr Melac das berühmte Heidelberger Schloß in die Luft. Das geschah im Verlause der entsetzlichen Verwüstungen, die der französische König plötzlich über die Rheinlande brachte, um zwischen Frank reich und den nahenden Feinden eine Einöde zu schaffen. Trau rig sah es damals um das deutsche Reich aus, das kein starker Kaiser gegen Mordbrenner schützte. Gott sei Dank, daß es jetzt anders ist, daß ein starker Kaiser und ein starkes geeinig te« Reich lüsternen Nachbarn die Mahnung geben: die Hände weg von deutschen Landen! 3. März. Der 3. März 1878 ist einer jener historischen Tage, die scheinbar Ruhe und Frieden nach hartem Kriege stifteten, in Wirklichkeit aber den Grund zu weiteren späteren Verwickel ungen legte. Der Friede zu San Stefano am genannten Tage zwischen Rußland und der Türkei nach einem furchtbaren Kriege abgeschlossen, machte die Fürstenthümer Serbien, Rumänien und Montenegro unabhängig und Bulgarien zu einem auto nomen Trtbutär-Fllrstenthum mit christlicher Regierung. Was dieses „Bischen Bulgarien", da« durch diesen Frieden weder „Fisch noch Fleisch" wurde, schon Europa zu schaffen gemacht hat, ist bekannt und was es noch zu schaffen machen wird, kann man leicht aus den jüngsten Zeitereignissen abnehmen. Nährender Most, — wenn nur auch der Wein gut wird. Vermischte Nachrichten. — Wilhelmshaven. Hier wird gegenwärtig ein altes Kriegsschiff, das frühere Schulschiff der deutschen Marine, der „Renown", abgebrochen. Die Arbeiten schreiten rüstig vorwärts und sind so wohl für den Fachmann wie für den Laien von gleich großem Interesse. Die Kiellegung de« „Renown" datirt mindesten« 60 Jahre zurück. Man begegnet daher bei ihm noch Verbänden und Dimensionen, welche man heutzutage aus praktischen u. theoretischen Gründen nicht mehr anwenden würde. Der Abbruch des Schiffe«, welcher von dem Unternehmer LeSke au« Swinemllnde, einem Manne, der durch ähnliche Ar beiten viele Erfahrungen gesammelt hat, besorgt wird, ist eine Riesenarbeit, die jedoch sehr lohnend zu wer den scheint. So stecken allein in den annähernd 500 Balken der drei Deck», die eine durchschnittliche Breite von 17 Metern haben, reichlich 1000 Kubikmeter un verletzten u. gut konservirten Mahagoniholzes von 28,28 bi» 40,40 Centimeler Querschnitt. Bei den heutigen hohen Preisen de» Mahagoniholzes liegt hierin sckon ein ganzes Kapital. Mehrere Möbelfabriken sollen sich auch schon um diese massiven und gut ausgetrock- ncten Hölzer beworben haben. Die beim Abbruch zu Tage geförderten Metallmassen, unter denen das Kupfer sehr stark vertreten ist, sind von vorläufig nickt zu taxirendem Werlhe. — Einem Budapester Geldwechsler ist kürzlich von einem Grazer Rechtsanwalt eine niedliche Ueberraschnng bereitet worden. Der Bankier hat in Cirknlarbricfen dreiprocentige Pfandbriefloose der Allgemeinen österreichischen Bodenkredit-Anstalt als gutes Anlagcpapier empfohlen, und ein solches Em pfehlungsschreiben ist in Folge unvorsichtigen Gebrauche« des Adreßkalenders auch jenem Grazer Advokaten zn- gestellt worden. Der geschäftScifrige RechlSberather hat nun den Eingang aktenmäßig behandelt und hat an das alte Budapester Wechselhaus solgenoe Epistel gerichtet: „Ich habe Ihren ohne meinen Auftrag erfolgten Bericht zur Kenntniß genommen, Ihr Programm auf Ihre Kosten studirt, und muß Ihnen bekennen, daß Sie meine Mühe ohne besonders günstigen Erfolg für Ihre Sache herausforderten, da ich dock nicht in der Lage bin, Ihrem Ansinnen entsprechen zu können. Sie wissen, heute gilt das Sprichwort „Zeit ist Gelb;" Sie haben mich leider provozirt, daher ich Sie mit dem unten angesetzten Expensar belaste und ersnche, mir dasselbe sofort zu berichtigen, damit ich nicht ge zwungen bin . . . rc." Folgt die Expensnotc: Studium des Antrages . . 1.—Gülden Berichtschreiben .... 1.— Porto rekommandirt ... —.15 Summa 2.15 Gulden. Bei alledem scheint eS, hat dieser wahre Freund des Rechts noch Großmuth geübt, denn er entsprach nicht dem Postskriptum in dem betreffenden Rundschreiben des Geldwechslers, das folgendermaßen lautet: „Falls Sie — wider Erwarten — auf obiges Loos nicht reflekliren, bitte ich dieses Cirkular nebst Jnlagen einem Ihrer werthen Freunde gütigst übergeben zu wollen." Wenn nun dieses Ding so von Advokat an Advokat weilergegeben morden wäre? welche Menge „Zeit" und „Geld" hätte die Geschichte dann gekostet? — Verfangen der Schweine. Unter diesem Namen versteht man ein rheumatisches Uebel, welche« meist durch Erkältung, heftiges Treiben, Hetzen und Jagen, besonders gegen den Wind, oder auch durch Ueberfütterung entsteht und folgende Symptome zeigt. DaS Schwein ist traurig und läßt im Fressen nach; es steht entweder zitternd auf den Beinen, geht mit dem gekrümmten Rücken langsam umher, setzt die Hinterschenkel weit unter den Bauch und schwankt mit dem Hintertheile, als ob eS Kreuzlahm wäre, oder es liegt mit gestreckten Gliedern auf der Streu und stöhnt vor Schmerzen. Die „Ack. u. G.-Ztg." räth, sobald man an einem Schweine diese Krankheit bemerkt, ihm anfangs Schwefelblüthe einzugeben. Sollte sie jedoch von Ueberfütterung herrllhren, so würde Branntwein anzuwenden sein. Hat dieses Uebel schon mehrere Tage bestanden, so liegt das Schwein fast immer auf der Streu; es nimmt keine Nahrung mehr zu sich und steht unaufgefordert nicht mehr auf. Mit dem eintretenden Fieber bekommen auch die Schleimhäute der Maules und der Nase eine röthere Farbe, und der Stuhlgang ist entweder ganz unterdrückt, oder nur spärlich vorhanden; in diesem Falle applicire man lauwarme Klystirc. Sobald man das kranke Thier an den Beinen faßt, schreit es vor Schmerzen. Während der Krankheit sorge man für ein trockenes u. warmes Lager und gebe den Schwei nen kein fettes Futter, sondern nur Milch und laues Mehl- und Kleienwasser. — Pflegt bei euren Kindern Frohsinn und Heiterkeit. Der menschenfreundliche Dichter M. Usten ruft allen Menschen zu: „Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht, pflücket die Rose, eh' sie verblüht!" Die gcmüthvollen Worte sind gewiß auch an Eltern und deren Kinder gerichtet. Ja, die Eltern haben alle Ursache fröhlich zu sein, wenn ihre Kinder sich des Lebens freuen und froh und heiter sein können. Denn nur da gedeihen gute Erziehung und Bildung, wo Frohsinn und Heiterkeit zu Hause sind. Ein Dichter sagt trefflich: „Diese zwei Gefährtinnen find edle Blumen auf dem Kin- deSacker, aus denen später die lieblichsten Früchte her vorwachsen." Aus ihnen entsprießen Zufriedenheit, Genügsamkeit, Theilnahme an Freud u. Leid Anderer, Offenheit, Vertrauen zu den Mitmenschen. Die Ju gend ist auch von Natur au« aufgelegt zur Fröhlich keit und Freude; denn die ganze Welt mit all ihrer Pracht und Lust liegt ihrem unverdorbenen Herzen noch offen. Sie empfindet an vielen Gegenständen der Natur und ihren Erscheinungen, wie auch an Handlungen der Menschen und Thiere Freude und Vergnügen, wo der ernste Erwachsene nichts ahnt u. empfindet. Sie will sehen, hören u. mitmachen und ist dabei voll Lust u. Freude, und ihre Augen leuch ten so lieblich und hell, wie die Sterne in einer kla-