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wieder abbrachte, gesetzt hatte, wurde mit nicht enden wollenden Hochrufen aus dem ganzen Wege unter den Linden begrüßt und von dem zahlreichen Publikum bi- zum Schiesse begleitet, wo er unter einem drei maligen Hurrah der Menge sich den Blicken dersel ben entzog. — Im kgl. Schauspielhaus zu Berlin, in welchem gegenwärtig bauliche Veränderungen vorge nommen werden, brach am Montag früh ein über dem Bühnenraum errichtetes Gerüst zusammen und verschüttete die darunter befindlichen Arbeiter, etwa 45, von denen jedoch 3 oder 4 möglicherweise gar nicht zur Arbeit gekommen sind. Lin Arbeiter wurde getödtet, 15 verletzt, 5 davon schwer. Man vermuthet, daß sich ein oberhalb des Gerüstes befindlicher Binde haken gelöst hat. Die Kaiserin besichtigte Nachmittag« die Unglücksstätte und besuchte darauf die kgl. Klinik, in welcher die 14 bei der Katastrophe Verletzten unter gebracht sind, ebenso das katholische Krankenhaus, wo ein verunglückter Zimmerer Ausnahme gefunden hat. Au» der Klinik konnten 3 bald wieder entlassen werden, da sie nur leichte Kontusionen erlitten. Die anderen Verunglückten haben theilweise erhebliche Ver letzungen aufzuweiscn, Arm- und Beinbrüche, Kopf wunden, Rippenbrüche rc. Hoffnungslos liegt nur ein junger Zimmermann darnieder, der u. A. einen Schädelbruch erlitten hat. Es bandelt sich bei dem Bau darum, die alte hölzerne Maschinerie und den hölzernen Dachstuhl de» Bühnenraumes durch eiserne Konstruktion zu ersetzen, wozu der Landtag 350,000 M. bewilligt hat. Zum Abrcißen der alten Holzkonstruktion war ein mächtige« Holzgerüst einge richtet worden, da« plötzlich zusammenbrach, wie an genommen wird, dadurch, daß ein herabgelassencr Balken einen wichtigen Bindetheil der Gerüste« traf und zertrümmerte. Der Anprall der zusammenstürz- enden Balken verbog den eisernen Vorhang mehrfach stark. Der Krach de« Zusammensturzes war weithin hörbar. Die Annahme, raß da« Dach eingestürzt sei, war unrichtig. Da» Dach war vielmehr bereit« seit acht Tagen abgetragen. Mittags erschien der Kronprinz auf der Unglücksstätte. Die Kaiserin-Mutter Augusta sandte sofort 50 Flaschen Wein und andere Erfrischungen. Die Personalien des getödtclen Ar beiters sind noch nicht festgcstellt. Die Feuerwehr entwickelte eine aufopferungScclle Tkätigkcit. Wunder bar gerettet wurde ein Zimmerer, der aus einer Höhe von 40 Fuß mit einem Brett in der Hand herab stürzte und dabei auf die Füße zu stehen kam. Während das Brett durch nachstürzende Balken zertrümmert wurde, blieb der Mann unversehrt. — Oesterreich. Vom ungarischen Kriegsmini sterium ist eine Erfindung des amerikanischen Elek trotechniker« Hiram Maxim, die automatische Ge wehrmitra i l l e u s e, angenommen und erworben worden. Vorläufig hat Maxim, welcher nach Be endigung der Erprobungen und Tormentirungen seiner Waffe von Wien nach London zurückgekehrt ist, vom Kriegsministerium die noch im Laufe diese« Jahre» zu effektuirenve Lieferung von 30 Stück seiner auto matischen Gewehrmitrailleusen in Bestellung erhalten. Al« Gewehrlaus ist da« in der österreichischen Armee eingeführte 8 Millimeter-Repetirgewehr zu verwenden, damit die Mitrailleusen und die Gewehre der Truppen einheitliche Munition haben. Diese in Bestellung gegebenen 30 Stück sind zu ArmirungSwerken in Krakau und PrzemySl bestimmt, um insbesondere zur Grabcnvertheidigung benutzt zu werden. Weitere Experimente, um diese verheerende Feuerwaffe auch als leichtes Kavalleriegeschütz zu gebrauchen, sind im Zuge. Die jetzigen bei den Kavalleriedivisionen ein- getheilten reitenden Batterien werden hierdurch nicht berührt, denn die Maximschen Gewehrmitrailleusen werden nur bei detachirlen Reiter-Abtheilungen over höchstens bei Kavallerie-Regimentern eingetheilt wer den, um dieselben zu befähigen, unabhängig von der eigenen, nur schwer nachfolgenden Infanterie nöthigen Falls ein Feuergcfxcht durchzuführen. Bei einem Prebcschießen aus dem Steinfelde nächst Wiener Neu stadt schoß Maxim auf einer Distanz von 600 Schritt mit derselben Schnelligkeit seinen vollen, deutlich aus der Entfernung lesbaren Namen in die Scheibe. Ein Loch reihte sich im Fluge an das andere, so formten sich die Löcher in der Scheibe binnen Sekunden zu großen, weithin sichtbaren, regelmäßigen Buchstaben. Ein Terrainabschnitt, welcher von einer derartigen, auf automatischem Wege 600 Schüsse in der Minute abseucrnden Gewehr-Mitrailleuse bestrichen wird, ist vollkommen gesichert und kann von keiner noch so todeSmulhigen Truppe überschritten werden, denn die drei Bedienungsleute der Gewehr-Mitrailleuse sind im Stande, ebenso viele Bataillone, welche in den Schußbereich ihrer, große Elevationen und Seiten richtungen gestattenden, Gewehr-Mitrailleuse fallen, auszuhalten und binnen wenigen Minuten niederzu mähen. — Frankreich. Am Sonntag begingen die Pariser Revolutionäre die übliche Jahresfeier de« Commune-Auf stände«. Bei dem Besuch der Communarden-Gräber auf dem Püre-la-chaise wurden die üblichen Reden gehalten, wobei sich einige Redner auch heftig gegen den BoulangiSmu« wendeten. Al- Rufe »Nieder mit Boulanger" vernommen wurden, kam e» zu einem Zusammenstoß zwischen Anarchisten und Anhängern Boulanzer«. Einer der letzteren gab drei Revolverschüsse ad, wobei zwei Anarchisten ver wundet wurden. Sächsische Rachrichte«. — Chemnitz. Montag Nachmittag 3 Uhr traf I da« hiesige Infanterieregiment Nr. 104 j »Prinz Friedrich August" nach ungefähr '/^jähriger, Abwesenheit au« dem Barackenlager von Zeithain in dem alten liebgewonnenen Garnisonort wieder ein. E« war Vormittag« in der 11. Stunde in Röderau in der Stärke von 49 Offizieren, 1423 Mann und 29 Pferden eingeschifft worden und wurde in einem 110 Achsen starken Extrazug befördert. Schon lange vor Ankunft de« Zuge« hatte sich auf dem Perron de« Bahnhöfe« und aus dem Platze vor letzterem eine überaus zahlreiche Menge Publikum eingesunden; wie die«, so bekundeten auch die von verschiedenen Ge bäuden der Stadt herabwehenden Flaggen, die Freude, welche man in allen Kreisen der Stadt über die Rück kehr de« heimischen Regiment» empfand. Al- der Zug in den Bahnhof einfuhr, spielte die auf dem Perron vor dem HauptauSgang aufgestellte Kapelle de« 5. Infanterieregiment« »Prinz Friedrich August" Nr. 104 einen Marsch, alsbald darauf ertönte da« Signal „Au«steigen" und mit überraschender Schnellig keit warrn die Wagen geleert und die Mannschaften in Zügen formirt, so daß bereit« nach Verlauf von kaum 10 Minuten der Abmarsch nach der au« Anlaß der Rückkehr de« Regimentes festlich geschmückten Kaserne stattfinden konnte. Derselbe erfolgte unter Vorantritt der Musikkapelle durch die Albert- und die Waisenstraße. Auf dem Bahnhof wurde da« Regiment von dem Brigadecommandeur, Herrn Generalmajor Lommatzsch, sowie den Offizieren de« LandwchrbezirkS- kommando«, Herren Oberstlieutenants v. Gutbier und Major« v. Grünewald nebst Adjutanten, begrüßt. — Plauen. Nach einer Mittheilung de« Kgl. Ministeriums de« Innern an die Handel«- und Gewerbekammern sind die für Frankreich bestimmten Ursprungszeugnisse entweder von den fran zösischen Consuln oder Consular-Agenten des Versend ung«- oder EinschiffungS-OrtS oder vom Vorstande de« deutschen AuSgangS-ZollamtS auszustellen. Auf Grund der die Sendungen begleitenden statistischen Anmeldescheine und der anderen Begleitpapiere werden die bezeichneten Beamten in der Regel in der Lage sein, die Ursprungsatteste auSzustcllen. Um indessen in dieser Hinsicht sicher zu gehen und unerwünschten Weiterungen und Transportverzögerungen bei den AuSgangSämtern thunlichst zuvorzukommen, kann den Versendern nur empfohlen werden, von Handelskam mern oder anderen Organen ausgestellte Zeugnisse über den einheimischen Ursprung der Maaren den nach Frankreich bestimmten Sendungen beizugeben. — Nach einer von dem Kaiserlichen Herrn Ober postdirector in Leipzig der Handelskammer Plauen zugegangenen Mittheilung ist in der Vor schrift, wonach Packetsendungcn nach Frankreich, welche gewisse Maaren enthalten, von Ursprungszeugnissen begleitet sein müssen, neuerdings insofern eine weitere Erleichterung eingetreten, als die französische Zollbe hörde nachgegeben hat, daß den VereinS-Packeten (eolis xostaux) nach Frankreich keine Ur sprungszeugnisse beigefügt zu werden brauchen. — Zwischen dem Stadtverordneten-Colle- gium und dem Stadtrath in Mittweida schwebt schon seit längerer Zeit eine Differenz, betreffend die Legitimation der RathSmitglieder bei der Theilnahme an den Verhandlungen de« Stadtverordneten-Collegi- ums. Nach dem Auftauchen derselben vor Jahren war sie zunächst in Güte durch Uebereinkunft zwischen beiden Collegien geregelt worden, hatte aber in neu ester Zeit eine Verschlimmerung erfahren, weshalb sich das Collegium der Stadtverordneten durch seinen Vorsitzenden, Herrn Justizrath Schneider, an da« Königl. Ministerium de« Innern um Entscheidung gewendet hatte. Dasselbe hat aber gegen da« Stadt- verordnetcn-Collegium entschieden, und die betr. Ver ordnung kam in der Sitzung der Stadtverordneten vom 17. d. M. ihrem ganzen Umfange nach zur Ver lesung; auch brachte der Herr Vorsitzende die von ihm zur Ausführung de« letzten Rechtsmittels verfaßte Schrift zum Vortrag. Der Herr Vorsteher bemerkte zu dieser Sache, daß er die in der Verordnung ent haltenen Gründe nicht als zutreffend bezeichnen könne, daß er e« aber dem Collegium anheim gebe, bei der Auffassung des Königl. Ministerium des Innern Be ruhigung zu fassen. In diesem Falle sei aber da« Collegium nicht mehr Herr im eigenen Hause, und mit seiner, de« Herrn Vorsitzenden, Ueberzeugung sei e« dann nicht mehr vereinbar, die Stelle eine» Stadt- verordncten-Borsitzenden fernerhin zu bekleiden. Da« Stadtverordneten-Collegium hat aber auf Antrag eine« Mitgliedes desselben mit überaus großer Majorität l den Beschluß gefaßt, bei der Entscheidung de« Königl. Ministeriums de« Innern Beruhigung nicht zu fassen und sieht der Entscheidung de« Königl. Gesammt-Mi- nisterium« entgegen. — Sachsen« Berghauptstadt gehört zu den jenigen Städten, die durch ihre alterthümlichen Thürme, Mauern und Häuser davon zeugen, seit wie alten Tagen von hier au» der Wohlstand au» den Silber adern de« Gebirge» über Berg und Thal sich ver breitete. Wa» wir bei den Landtag-verhanrlungen über die Erhaltung der Kreuzgänge am Freiberger Dom erlebten, daß in Freiberg selbst die VcrkehrS- interessen mit der Liebe zu altehrwüroigen, stimmungs vollen Bauwerken in heftigen Kampf gerathen sind, die« scheint sich jetzt, wenn auch in geringerem Maße zu wiederholen betreff« der dortigen StadtbefestigungS- reste. Die städtischen Collegien sind in eine vorläufige Besprechung der Frage eingetreten, ob ein Berkehr»- oder sonstiges allgemeine« Bedürfniß vorhanden sei, die alten Stadtmauern und Thürme zwischen dem Schloß und dem Meißner Thor ganz oder theilweise abzutragen. Der Freiberger AlterthumSverein, der Dank der einsichtsvollen Leitung seine« Vorsitzenden Stadtrath Gerlach, einer der angesehensten wissenschaft lichen Vereinigungen de« Lande« ist und gegenwärtig über 400 Mitglieder zählt, hat e« für seine Pflicht gehalten, sich im Sinne der Erhaltung gerade dieser Befestigungsreste in einer bezüglichen Bitte an die derselben wohl auch geneigten Stadtbchörde auSzu- sprechen, da gerade dieser Theil und speziell der „Roßmühlenlhurm" von den glänzendsten Waffen- thatcn der Vorzeit während der Schrecknisse durch die Schweden Zeugniß ablegt. — Oschatz. Unsere Schützengilde, welche vom 31. Mai bi» 4. Juni d. I. ihr 350jährige« Jubiläum festlich begehen wird, gehört mit zu den ältesten Deutschland«. Schon im Jahre 1365 wird dieselbe zur Zeit Karl'« IV. bei Gelegenheit einer Fehde genannt, welche die wehrhaften Bürger von Torgau in Verbindung mit Oschatz gegen wegelagernde Raubritter führten. Zum Schützengildenjubiläum haben bi« jetzt die Schlltzengesellschaften in Dahlen (40 Mann), Döbeln (9 Mann), Elsterwerda s Depu tation), Grimma (38 Mann), Hainichen (Deputation), Leisnig (15 Mann), Liebenwerda (34 Mann), Lom matzsch (IM Mann), Riesa (50 Mann), Waldheim (14 Mann) und Schildau (Deputation) mit zusammen über 3M Mann ihre Betheiligung zugesagt. — Auerbach. Vergangenen Sonnabend Nach mittag zog hier eine au» vier Familien bestehende Zigeunerbande durch, welche fünf Wagen und elf Pferde mit sich führte. An der Falkensteiner Straße vor der Seidel'schen Fabrik hielt dieselbe längere Rast. Während dieser Zeit machten die Zigeuner, welche im Besitze reichlicher Geldmittel waren, verschiedene Ein käufe und thaten sich auch sonst gütlich. ES scheinen die» dieselben Fremdlinge zu sein, welche sich in der Nähe von Reichenbach aufhielten, denn man schreibt von dort unterm 26. Mai: Die Zigeuner bande, die sich seit den Feiertagen in der hiesigen Um gebung umhergetrieben und zuletzt in dem Grimm'schen Sleinbruche bei UnterhainSdorf ihren Unterschlupf hatte, scheint der Gegend nunmehr den Rücken gekehrt zu haben. Sie hat wohl daran gethan, sonst hätte diesen Lungerern, trotz Legitimation und Gewerbe scheinen, die sie bei sich führten, von Polizei wegen etwa» mehr auf die Finger gesehen werden müssen. Die Leute waren in ihrem Handeln und ihrer Denk- ungsweise nicht ganz so harmloser Art. Davon nur ein Beispiel, da» sich in HainSdorf zutrug. Dort boten sie u. A. ein Pferd zum Kaufe au». Da« Thier, ein junger, brauner Wallach, machte im Moment einen so üblen Eindruck nicht. Der Kaufpreis sollte 500 Mk. sein. Die Zigeuner gingen indeß in ihrer Forderung zurück, und mit 300 Mk. wurde der Kauf perfekt. Das Pferd ging in die Hände des Käufers über und wurde abgeführt. Andern Tage« aber zeigte sich, daß da« Thier, steif in den Gliedern, kaum au« dem Stalle zu bringen war. Man brachte die Rostnante kurz entschlossen zu ihren Zigeunern zurück und war froh, das Thier, wenn auch mit Verlust, wieder los ge worden zu sein. ES war in diesem Falle offenbar auf eine Täuschung abgesehen, und das Thier war, bevor e« dem Käufer vorgeführt worden war. vermuth- lich gereizt und angeregt worden. Im übrigen mochte der nach Zigeunerbrauch übliche Riemenbehang das Seine zur Ueberlistung beigetragen haben. Wie sich nachher ergab, stammte das Thier überdies au« hie siger Stadt, hatte zuvor 2 Mal seinen Besitzer ge wechselt und war von dem ersten Besitzer für IM Mk., von dem zweiten für 150 Mk. an die Zigeuner ver äußert worden. E« ist sehr wahrscheinlich, daß die unsauberen Gesellen derartige Manöver auch ander wärts in Scene setzen. — Bockwa b. Zwickau, 28. Mai. Auf einem Feldgrundstücke hiesiger Flur war heute Vormittag ein Knecht mit Kartoffeleggen beschäftigt. Plötzlich bemerkte derselbe, wie da» Handpferd mit den Hinter füßen im Erdboden versank. Schnell entschlossen sprang er nach dem bereit» mit den Vorderfüßen ein gesunkenen Sattelpfcrd, durchschnitt mit dem Messer die Zügel und rettete dasselbe vor dem Nachstürzen. Die trichterförmige Senkung im Durchmesser von einem Meter und einer Tiefe von ca. 10 Metern erfolgte plötzlich, da- zuerst eingesunkene Pferd mit sich nehmend. Trotz schnell Herbetgeeilter Hülse und stundenlangem Arbeiten war e» nicht möglich, da« bi« zum Kopfe mit eingesunkene Pferd wieder empor zu bringen, we-halb dessen Tödtung erfolgte. An dieser Stelle hat vor 10 Jahren ein ca. 60—70 Meter tiefer Kohlenschacht gestanden, welcher au«gefüllt wor den ist. Seit mehreren Jahren wird da« Feld wieder