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Dozent Dr. sc. med. Klaus Köhler, Radiologische Klinik Woghäuen Ywpsegsioneu Zweiter Teil eines Reiseberichts über ein Zusatzstudium in der Sowjetunion Mehr als 100prozentige Steige rung der Arbeitsproduktivität Bedeutungsvoll wird in Zukunft auch die Xeroradiographie in der Röntgendiagnostik werden. Mittels dieser Methode kann man in der Röntgendiagnostik den kostenin tensiven Röntgenfilm durch ein faches Papier ersetzen. Für die Verbreitung dieser Methode für die Belange der praktischen Medizin ist Prof. Rabkin vom Allunions- Forschungsinstitut in Moskau mit dem Staatspreis 1973 ausgezeichnet worden. Es gelang ihm und seinen Mitarbeitern, ein transportables Gerät für die Xeroradiographie herzustellen, das in der Sowjetunion bereits in verschiedenen Kliniken erfolgreich eingesetzt wird. Der ökonomische Nutzen ist erheblich. Während sich die Röntgenfilm kosten für eine Thoraxaufnahme auf zwei bis drei Mark belaufen, be tragen die Unkosten für eine Xerographie-Lungenaufnahme bei gleicher diagnostischer Ausbeute nur zwei Pfennige. Ferner fällt die Entwicklungsarbeit in der Dun kelkammer weg, so daß die Arbeits produktivität um mehr als 100 Pro zent gesteigert werden kann. Die Herstellung einer solchen xerogra phischen Aufnahme dauert etwa 60 bis 90 Sekunden. Würde man nur 20 bis 30 Prozent der Röntgenaufnah men an der Akademie durch die Xerographie ersetzen, so entspräche das einer jährlichen Einsparung von etwa 80000 bis 100 000 Mark. Die Kosten für ein solches Xerographie gerät liegen bei etwa 3000 bis 5000 Rubel. Das Xerographiegerät kann Foto: Erich Höhne Im Moskauer Stadtteil Ostankino wetteifern der Turm eines Kirchenmuseums und der Fernsehturm - 533 m - um die Aufmerksamkeit der Besucher an jede Schukosteckdose ange schlossen und somit überall dort, wo eine Röntgenröhre installiert ist, eingesetzt werden. Durch unseren Rektor und den Direktor für For schung wurden sofort Schritte ein geleitet, um die Errungenschaften der sowjetischen Wissenschaft umgehend für die medizinische Betreuung in der Medizinischen Akademie Dresden einzusetzen. Noch in diesem Jahr wird unsere Radiologische Klinik ein solches Gerät von der Sowjetunion erhalten. Während meines Studienauf enthaltes hatte ich reichlich Ge legenheit, mich von der Zuver lässigkeit und Leistungsfähigkeit dieses Verfahrens zu überzeugen und praktische Erfahrungen mit der Anwendung dieser Methode zu sammeln. Beeindruckend und nach ahmenswert ist vor allem die zentrale Filmarchivierung auf Kleinfilmbasis, die das lästige Filmesuchen ver schwinden läßt, sowie die Rönt genfilmbefundung über einen zen tralen Telefondienst. Über bestimm te Telefonapparate, die mit Bandspeicher gekoppelt sind, kann der betreffende Arzt zu jeder be liebigen Zeit, unabhängig von der Sekretärin, seine Röntgenbefunde diktieren, die in einem zentralen Schreibbüro geschrieben werden. Alle zwei Stunden werden die fer tigen Befunde vom Schreibbüro an die Kliniken ausgeliefert. Bahnbrechende Errungenschaf ten der sowjetischen Medizin Im Burdenko-Institut (Institut für Neurochirurgie) konnte ich eine von Dr. Serbinenko entwickelte Ka thetermethode zur Behandlung von intracerebralen Gefäßmißbildungen oder traumatischen Hirngefäßfisteln kennenlernen. Diese Methode ist einmalig in der Welt und wurde an vielen Patienten mit Erfolg an gewendet. Mit dieser Methode kön nen auch Gefäßmißbildungen im Gehirn erfolgreich beeinflußt wer den, die wegen ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu lebenswichtigen Gehirnzentren bislang nicht operiert werden konnten. Neurochirurgen aus vielen Ländern hospitieren dort, um dieses Verfahren zum Wohle ihrer Patienten zu erlernen. Es hieße die ganze Zeitung füllen, wollte ich nur annähernd alle Fort schritte und Errungenschaften der sowjetischen Medizin, die ich im Rahmen meines Studiums ken nengelernt habe, wiedergeben. Neben dem Vorlesungsbesuch und der praktischen Tätigkeit hatte ich reichlich Gelegenheit, das ge sellschaftliche und kulturelle Leben in den Instituten sowie in Moskau selbst kennenzulernen. So konnte ich mehrfach an den Gewerk schaftsversammlungen teilnehmen, die durch ihre Konzentration und Kürze imponierten. Weiter war ich bei Studentenversammlungen, Komsomolfeierlichkeiten, Lehrplan- und Zensurenkonferenzen Gast. An mehreren Promotionsverteidigun gen sowie an wissenschaftlichen Konferenzen zur Verteidigung der Professur konnte ich teilnehmen. Die Professoren müssen alle fünf Jahre über ihre fachlich-wissenschaftli chen Leistungen berichten. Fehlen entsprechende wissenschaftliche Leistungen, kann es vorkommen, daß ein Professor nicht wieder gewählt wird, was auch Abberufung von seiner Funktion bedeutet. Moskauer Metro - Wunderwerk der Technik Das Kennenlernen der Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten und weltberühmten Kulturstätten war eine angenehme Abwechslung und kulturelle Erbauung. Einmalig bleibt wohl für jeden der Besuch des Bolschoi-Theaters oder ein Ballett abend im Großen Saal des Kreml. Voller Bewunderung und Ehrfurcht betrachtet man die einzigartigen Kunstschätze der Welt, die im Kreml aufbewahrt werden. Wohl kaum ein Ort repräsentiert so nachhaltig die Leistungen der russischen Ar chitektur der vergangenen Jahr hunderte, wie die Baudenkmäler des Kremls, allen voran die Kathedralen, der Glockenturm Iwan des Großen oder die Basilius-Kathedrale an der Stirnseite des Roten Platzes. Doch die Errungenschaften der Sowjet macht stehen den Leistungen der Architekten der Vergangenheit nicht nach. Mit der Metro wurde ein Wunderwerk der Technik und Prä zision in 100 m Tiefe geschaffen. Heute gibt es bereits 100 Me trostationen in Moskau, und täglich werden bis zu 5 Millionen Menschen mit der Untergrundbahn befördert. Während der Berufszeit verkehren die ferngesteuerten Züge alle 30 Sekunden. Ein kribbelndes Erlebnis ist auch der Besuch des höchsten Turmes der Welt, des Moskauer Fernsehturmes. Das rotierende Restaurant in über 360 m Höhe bietet neben einem schönen Blick über Moskau viele kulinarische Leckerbissen. Alle diese Erlebnisse stellen nur einen Teil der Eindrücke dar. Der nachhaltigere Teil sind die wis senschaftlichen Anregungen, sind die fachlichen und freundschaft lichen Bande, die mit den Wis senschaftlern, Ärzten, Schwestern und Technikern geknüpft wurden. Solche Herzlichkeit und Offenheit, solche Hilfsbereitschaft der Mit arbeiter aller Kliniken und For schungslaboratorien hatte ich trotz mancher Ausländserfahrung bisher noch nicht kennengelernt. All dieses Erleben läßt neben dem fachlichen Gewinn wohl jeden Menschen in seinem Verhältnis zur Sowjetunion reifen. „Akademie-Echo“ Seite 7