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Dr. Peter Rönisch, Kinderklinik der Medizinischen Akademie Weiterbildungslehrgang über pädagogisch-methodische psychologische Grundlagenfür die Aus- und Weiterbildung Über 50 Mitarbeiter von medizini schen Hochschul- und profilierten staat lichen Gesundheitseinrichtungen quali fizierten sich Ende Dezember 1970 eine Woche lang an der Deutschen Akade mie für Ärztliche Fortbildung auf dem Gebiete pädagogisch-methodischer und psychologischer Probleme der Aus- und Weiterbildung. Seit 1965 unter der Leitung von OMR Dr. Burghardt regelmäfsig und erfolgreich durchgeführt, beschäf tigten sich auch diesmal unter der Re gie des neuen Leiters der Abteilung Pädagogik im Direktorat für Weiter bildung der „Fortbildungsakademie" die acht Referenten recht intensiv mit psychologischen und didaktischen Mög lichkeiten, die die Lösung der Auf gaben der 3. Hochschulreform erleich tern können. Außerdem wurde der Thematik der Wissensspeicherung, der Anwendung moderner Lehr- und Lernmethoden, der Lösungsvarianten des Lehrstoff-Zeit-Problemes einschliefs- lieh des programmierten Hochschul unterrichtes und der sozialistischen Menschenführung breiter Raum einge räumt. Dozent Dr. päd. Conrad, Leipzig, stellte u. a. fest, daß die Vorlesung die wichtigste Lehrveranstaltung bleibt, je doch wird sic quantitativ einen gerin geren Anteil einnehmen. Qualitativ wird sie nicht mehr der Hauptvcrmitt- ler von Wissen, das man sich anders rationeller erwerben kann, sondern als Überblicksvorlesung, die durch Vor informationen Erwartungen weckt, oder als Problemvorlesung existieren. Letz tere hat heuristischen Charakter' und soll das Selbstfinden von Fragen, das schöpferische Denken provozieren. Als weitere Teile der akademischen Lehr veranstaltung wurden Selbststudium (ein kollektives Selbststudium ist nur nach einem intensiven individuellen möglich), Seminar (nicht nur unter Lei tung eines Hochschullehrers, sondern auch innerhalb der Gruppe), wissen schaftlich-produktive Tätigkeiten (Prak tikum, Zirkelarbeit, Leistungsschau. Mitarbeit in Forschung, Publikations organe für Studenten), militärische Grundausbildung und Resultatfeststel lung (Computer können zwar den Auf wand der studienbegleitenden Kontrol len. die in erster Linie eine Selbst- und nicht eine Fremdkontrolle darzu stellen haben, reduzieren, jedoch ist ein produktives Denken mit ihnen nicht zu entwickeln) genannt. Die Beziehungen Hochschullehrer - Student sind im Sinne der sozialisti schen Partnerschaft zu gestalten. Dabei erfordert die echte Partnerschaft große Wandlungen auch der Studenten, die zum Teil nicht aus der Passivität her aus wollen und zur Zeit noch wenig am eigenen schöpferischen Tätigsein interessiert sind. Die führende Rolle in der Partnerschaft gebührt dem Hoch schullehrer, da er als Sachkundiger besser in der Lage ist, Ziel und Inhalt zu bestimmen. Deshalb ist auch nicht jeder Kritik von Studenten nachzu geben, da dies letztlich zu einem Selbst lauf führt. Die Studenten sind je nach Sachkenntnis an der Leitung zu betei ligen, und in Diskussionen ist darzu legen, warum der Hochschullehrer auf bestimmten Prinzipien beharrt. Dabei hat dieser, um die erforderliche per sönliche und institutioneile Autorität durchzusetzen, die Einheit von Wissen schaftlichkeit und Parteilichkeit zu praktizieren. Prof. Dr. phil. Löwe, Leipzig, wies in seinem Vortrag über psychologische Probleme der Erwachsenenbildung dar auf hin, daß eine Phaseneinteilung der Lernfähigkeit nach Altersgruppen nicht möglich ist, sondern der individuelle psycho-physische Status bestimmend ist. Bis zum 50. Lebensjahr ist alles er lernbar. Gewöhnung an geistige Arbeit verbessert die Resultate. Anregungs faktor, Intensität und Lernbereitschaft dominieren beim Erwachsenen gegen über der .Lernkapazität, Leichtigkeit und Tenazität (Nachhaltigkeit) beim Jugendlichen. Prof. Dr. päd. Hanke, Berlin, be schäftigte sich mit dem Lehrstoff-Zeit- Problem, welches aus dem sich ver schärfenden Widerspruch zwischen dem relativ konstant bleibenden Zeitfonds der Lehre und dem enormen wissen schaftlichen Erkenntnisanstieg ent steht. Als Ausweg bietet sich an: Stoff auswahl und Informationsverdichtung, rationelle Methodenwahl und die Be fähigung des Lernenden zum selbstän digen Wissenserwerb. Dr. päd. Eberle, Berlin, differen zierte die Möglichkeiten der verschie denen Kurz- und Langzeitwissensspei- eher und entwickelte daraus die Fol gerung, daf; das Verhältnis Information zu Redundanz auch eine wesentliche Frage der Leitungstätigkeit ist. Die Aufstellung von Algorithmen, also Ab laufplänen von sich ständig wieder holenden Tätigkeiten (z. B. Arbeits gänge bei Durchführung einer Blut senkung), erleichtert den Wissens erwerb. Heuristische Prozesse sind je doch nicht algorithmisch darstellbar, da sie schöpferisch und nicht wieder holbar sind. OSR Dr. sc. Harke, Berlin, emp fahl im Rahmen seiner Ausführungen über neue Lehr- und Lernmethoden im Hochschulunterricht Falldiskussionen (max. 12 aktive Teilnehmer), Fallbei spiel. Fallspiel, Konferenzmethode und die Ideenkonferenz. Als optimale Be dingungen für letztere postulierte er: Gute Vorbereitung mit etwa sieben tägiger Einladungsfrist der 4 bis 12 Teilnehmer einschlieflich sogenannter Außenseiter, klare Aufgabenstellung; fehlende Sitzungsatmosphäre soll auch „kleine Leute" zum Reden ermuntern, jeder soll seine Meinung äußern, auch wenn sic zum Bisherigen konträr steht. Da die besten Gedanken oft in Neben sätzen enthalten sind, ist eine exakte Protokollierung erforderlich. Dozent Dr. päd. Graf, Berlin, for derte in seiner Darlegung über pro grammierten Hochschuluntcrricht klare Zielstellung vor Programmierung, da anderenfalls gewonnene Zeit wieder verlorengeht. Die Programmierung ge stattet die Beachtung der individuellen Lernbesonderheiten, zeichnet sich durch optimale Redundanz und minimalen In formationsverlust sowie durch hohe Anforderungen bezüglich der Lern- Intensität und Lerndisziplin aus. Die emotionale Erziehung, Kollektivwir kung und wissenschaftlich-schöpferische Tätigkeit kommen zu kurz, und die Aktualität des Lehrstoffes kann leiden. Dr. med. Gronig, Leipzig, berich tete über erste eigene Erfahrungen mit der Programmierung eines ophthal mologischen Kurses. Diese sind jedoch auf Grund fehlender pädagogisch methodischer Beratung noch nicht ver allgemeinerungsfähig. Für die Erarbei tung dieses insgesamt nicht sehr lan gen Programms wurden etwa 300 Stunden verwendet. Im letzten Vortrag von Dr. phil. Klemm, Berlin, über soziologische Probleme der Menschenführung wur den ausführlich die Fragen Gruppe - Kollektiv sowie der Rang- und Lei stungsautorität behandelt. Dabei wurde klar bewiesen, daß zur Führung von Kollektiven nicht automatisch der beste Fachmann geeignet ist. Es kann sich zum Beispiel durchaus auf die Gesamt leistung eines Stationskollektives un günstig auswirken, wenn die Leiterin zwar eine qute Fachkraft ist, aber keine Qualifikation auf dem Gebiet der Menschenführung hat. Wissenswertes aus Universitäten und Hochschulen 25 Jahre Karl-Marx-Universität Mit einer Festsitzung und einem Empfang beging die Karl-Marx-Universität am 5. Fe- bruar den 25. Jahrestag ihrer Neueröffnung. In seiner Festrede würdigte Rektor Prof. Dr. Gerhard Wink ler die Entwicklung der Univer sität Leipzig seit 1946 als Aus druck erfolgreicher Verwirk lichung der Wissenschafts- und und Hochschulpolitik der SED in den letzten 25 Jahren. Neue Heimordnung Die Studierenden der Univer sität Rostock diskutieren gegen wärtig den 2. Entwurf einer neuen Heimordnung, die sich in die Abschnitte Grundsätze für das Leben in den Studenten wohnheimen, Pflichten und Rechte, Bestimmungen über die Ordnung in den Heimen und Leitung der Arbeit in den Stu dentenwohnheimen gliedert. In der Diskussion überwiegt die Auffassung, daß die Wohnheime vorrangig Arbeitsstätten sein sollen, in denen eine gute Ar beitsatmosphäre gesichert sein muß. Bei der Formulierung der einzelnen Punkte gingen die Rostocker von folgenden Ge sichtspunkten aus: 1. Jeder Student müßte wirk samen Einfluß darauf nehmen können, daß sich eine sozia listische Lebens- und Arbeits- atmosphäre entwickeln kann. 2. Die Heimordnung und ihre aktive Verwirklichung muß eine Störung des Gemeinschaftslebens - gleich welcher Art - aus schließen. 3. Die Leitung der Arbeit in den Wohnheimen muß in den Sektionen konzentriert sein. Sie soll als Gemeinschaftsarbeit von Hochschullehrern und FDJ reali siert werden. Vertrag abgeschlossen Ein Vertrag über Freundschaft und langfristige Zusammen arbeit wurde im Februar 1971 zwischen der Polytechnischen Hochschule Krakow und der Tech nischen Hochschule Karl-Marx- Stadt abgeschlossen. Unter Verwendung von Bei trägen der Zeitungen „Universi tätszeitung’, .Die neue Universi tät" und „Hochschulspiegel'. Studienbegleitende Leistungskontollen ... (Fortsetzung von Seite 5) Darüber hinaus wurde überprüft, ob zwischen den Noten im Fach Sozial hygiene und den Gesamtleistungen der Studenten Beziehungen bestehen. Aus diesem Grund wurde beides zuein ander in Relation gesetzt (siehe Abbil dung 2). Es ist ersichtlich, daß ein deutlicher Zusammenhang zwischen den Gesamt leistungen und den Noten im Fach So zialhygiene vorhanden ist. Durchschnitts-' note aller klinischen Fächer 3,5 30 2,5 20 1.5 0. Zusammenhang zwischen Durchschnittsnoten äUer Fächer und Note im Fach Sozialhygiene Der Korrelationskoeffizient ist für die Befreiten (r = 0,31) mito = 0,05 und für die Geprüften (r ■ 0,57) sogar mit d = 0.001 signifikant. Weiterhin ist ersichtlich, daß die mit .1" und .2" befreiten Studenten inihren Durchschnittsnoten sogar noch günsti ger lagen, als die Studenten, deren Lei stungen in der Prüfung mit „1* benotet werden konnten. Das Signifikanzniveau des Unterschiedes zwischen den von der Prüfung Befreiten und den Ge prüften hinsichtlich der Noten „1" und . 2" liegt bei a = 0,05 Zusammenfassung Inhalt und Charakter des wissen schaftlich-produktiven Studiums for dern die Schaffung eines Systems stu dienbegleitender Leistungskontrolle und -bewertung, das über eine Ob jektivierung intellektueller Leistungen, d. h. über die Ermittlung von Teil elementen der Persönlichkeit, hinaus geht und eine Beurteilung der Gesamt persönlichkeit der Studenten ermög licht. Angewandte Methoden schriftlicher und mündlicher Leistungskontrollen im Fach Sozialhygiene werden darge stellt. Ihr Ergebnis führte zu einer realen Einschätzung der studentischen Lei stungen, Verhaltensweisen und Einstel lungen und dadurch zur begründeten Befreiung etwa der Hälfte der Studen ten der mündlichen sozialhygienischen Staatsexamensprüfung. Literatur 1. Wolz, W. und H. Böhm: Zur wei teren Entwicklung des Wissenschaft lich-produktiven Studiums im medizi- nischen Hochschulbcreich — speziell im Fach Sozialhygiene, Z. ges. Hyg. 16 (1970) 12. 916-921. 2. Roger, G.: Der Beitrag der sozia listischen Hochschulpädagogik zur Ent wicklung neuer Ausbildungsmethoden an den Hochschulen der DDR. In: Der Beitrag der sozialistischen Hochschul Pädagogik zur Entwicklung neuer Aus bildungsmethoden, Teil 1, herausg. vom Institut für Hochschulbildung und -Ökonomie der Humboldt-Universität Berlin, 1969. 3. Löwe, H.: Lernpsychologie. Ein führung in die Lernpsychologie des Er wachsenenalters. Dt. Verl. d. Wissen schaften Berlin 1970. „Akademie-Echo" Seite 6