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Dr. med. Iohannes Bresan, Chirurgische Klinik, weilte im Jahre 1968 einige Monate im Jemen. Für das „Aka- demie-Echo" schrieb er diesen Bericht. Als Arzt im Jemen als Geschenk gebaut wurde. Die Innen ausrüstung übernahm die Volksrepu blik Ungarn nach den neuesten Gesichtspunkten. Im Komplex fanden wir eine Wäscherei, eine moderne ger romantisch. Aller 300 m wurden wir von Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten aufgehalten. Nur unser Rot- kreuzabzeichen rettete uns immer aus der bedrohlich erscheinenden Situation. Es kam etwas überraschend, als ich telefonisch nach meiner Bereitwillig keit, für einige Zeit nach dem Jemen zu gehen, gefragt wurde. Und noch während ich den Telefonapparat in den Händen hielt, wurde mir bewußt, daß ich nicht abgelehnt, sondern zu gesagt hatte. Auch aus der Tagespresse war mir bekannt, daß kriegerische Auseinandersetzungen unter den An hängern der jungen Republik und des gestürzten Königs viele Opfer gefor dert hatten. Durch die zeitweilige Umzingelung von Sana, der Hauptstadt Jemens, kam es hier zu einem akuten Ärztemangel. Die ausländischen Kol legen hatten sich in Sicherheit gebracht und das Land in diesem Gebiet verlas sen. Mein Wunsch zu helfen und gleichzeitig ein fremdes Land kennen zulernen war größer als die Beden ken, die man haben mußte, wenn man sich mit den Verhältnissen dort näher befaßte. Mit diesem unliebsamen Gefühl trat ich meine Reise per Flug zeug an, mit einem zweitägigen Zwi schenaufenthalt in Kairo. Viele Ein drücke hinterließ mir die Stadt mit dem vielfältigen Antlitz der Vergan genheit und der steinernen und doch lebendigen Welt der Pharaonen. Die Weiterreise, die über Aden führte, erfolgte mit einem Kollegen aus der CSSR, der in derselben Mission nach dem Jemen flog. Sana — 2 000 m hoch Langsam näherte sich das Land, wo ausländische Söldner mit Hilfe königs treuer Stämme und Saudiarabiens ver suchen, die seit 1962 bestehende Repu blik militärisch zu bezwingen. Unter uns breitete sich eine Gebirgsland schaft aus, die mit Terrassenfeldern bebaut ist, kleine Bergdörfer, die wie Schwalbennester imponieren. Zwischen durch sahen wir einen Wadi, ein brei tes Flußtal, meist mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt. Unser Flugzeug zog eine Schleife, und wir konnten Sana, die Stadt, die 2 000 m hoch liegt, mit ihren weißen Moscheen und Mina retts in einem breiten Gebirgstal be trachten. Am Südrand erhebt sich das schwarze Massiv des Berges Djebel Nugum, das Wahrzeichen Sanas. Sana - 2000 m hoch, die Auf nahme oben zeigt einen Teil der Hauptstraße Sanas. • Foto rechts: einige Krankenpfleger vor dem Unfallkrankenhaus. Fotos: Dr. Bresan Eine Asphaltstraße mit Läden beider seits führte uns in die Innenstadt. Autos verschiedener Typen, meist ge kennzeichnet durch Kollisionen oder durch Maschinenpistolensalven, be lagerten die Straßen auf beiden Seiten, dazwischen standen Eselskarren und schwer beladene Kamele. Ein nicht ab reißender Menschenstrom in bunter Kleidung zog an winzigen Verkaufs ständen vorbei, Obsthändler und Ziga rettenverkäufer boten alle möglichen Waren feil. Die Männer tragen meistens eine bunt bestickte Mütze oder einen Turban, einen Rock und je nach Jahreszeit eine Jacke oder ein Hemd. Um den Hals nach hinten hängt ein buntes Schaltuch. Ein mit Gold- und Silberfäden bestickter weißer Gürtel mit der Djambia, einem Krummdolch, schmückt fast jeden erwachsenen Jemeniten. Im Unfallkrankenhaus Unsere Wirkungsstätte war das Unfallkrankenhaus, das außerhalb der Stadtmauer liegt. Es handelt sich um einen Flachbau in H-Form, der erst wenige Jahre alt ist und von Kuweit Küche, ein Labor mit Blutbank und ein Röntgengerät. Die Operations räume mit Sterilisationsraum und Instrumentenraum sind optimal an gelegt. Insgesamt umfaßt das Haus 120 Betten mit 6-Bett-Zimmern. Unsere Herzen schlugen höher, als wir die guten Möglichkeiten für eine befriedi gende Arbeit sahen. Die ärztliche Betreuung lag in den Händen von drei Jemeniten, die ein Jahr zuvor ihr Examen abgelegt hatten und hier nun in den letzten vier Monaten die vielen verletzten Soldaten versorgt hatten. Bereits am ersten Tage wurden wir von einem italienischen Kollegen, der als Internist tätig ist, eingeladen. Er wohnt mit seiner Familie in einem schönen Haus, umgeben mit vielen Ziersträuchern. Wir wurden bald gute Freunde, und unsere Zusammenarbeit trug nicht nur auf dem Fachgebiet Früchte, sondern spiegelte auch die Völkerfreundschaft wider. Seine uner schöpflichen Quellen von Cognak, Whisky und sogar Biei' (1 Flasche Whisky 25 Rial, 1 Flasche Bier 4 Rial, 1 Rial — 1 Dollar) hatten selbstver ständlich auch den entsprechenden Reiz zum öfteren Gedankenaustausch. Unser nächtlicher Nachhauseweg war weni Ähnlich beunruhigend war die erste Nacht. Patrouillenrufe, Schüsse von Wächtern und das Gekläff der Hunde ließen uns kaum ein Auge zudrücken. In den frühen Morgenstunden ertönte der Gesang der Muezzins von den Mi naretts durch moderne Phillipslaut- Sprecher. Unsere Tätigkeit in der Klinik lief innerhalb von zwei Tagen auf vollen Touren. Es war doch mehr in die rich tigen Bahnen zu lenken, als wir uns nach dem ersten Rundgang vorgestellt hatten. In kurzer Zeit, zum Teil durch Improvisation, gelang es uns, jeden er forderlichen Eingriff durchzuführen, wobei mir meine Arzttasche vom DRK wesentliche Dienste leistete. Zur Anästhesie Stand uns Äther zur Ver fügung, und ein alter Verdampfer er laubte mir, sogar Intubationen durch zuführen, die wir bei den thoracalen Verletzungen dringend benötigten. Ein schwieriges Problem war es, Blutspen der zu bekommen. Nur in äußerster Not gelang es uns, bei den Soldaten für die verwundeten Kameraden Spender zu er halten, während die Zivilbevölkerung nicht für die eigenen Geschwister Blut zu spenden bereit war. (Fortsetzung folgt)