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Erscheint täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn« u. Festtage. Bezugspreis r Vierteljahr!. 1 Mk. SO Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 6858. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit. Bei autzerdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer Itt Pfennige. vucdilnrckerel. Heaakilori «ml Lescbättsstelle Dresden, Pillnitzer Straße 43. r Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 15 Pf, berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt l. Nr. 1566. Np. Katholiken: Petri ttcttenf. SoNNabettd, d0N 1. AllPlst 1903. Protestanten: Petri Kettenf. Z. JtthvgMlg. Ueber die Los von Rom-Bewegung finden wir in der Kirchlichen Vierteljahrsrnndschan der kon servativ protestantischen „Krenzzeitiliig" «Nr. 3.71 > folgende beachtenswerte Mitteilungen: „Auch in der „Los von Noin-Bewegnng" kriselt es. Das; am Anfang des Jahres ein erheblicher Rückgang der Uebertrittsziffer von 1002 gegen früher bekannt wurde, machte noch keinen (Andruck, weil Zufälligkeiten dabei im Spiele sein können. Jetzt machen sich finanzielle Nöte geltend und zwar an der empfindlichsten Stelle, nämlich in Böhmen selbst, «vo man in leicht entflammtem Enthusias mus und in weitgehender Hoffnung auf Beihilfe ans den: Reich kurzerhand die kostspieligsten Bauprojekte in Angriff nahm und mm nicht imstande ist. sie anszuführen. Die Situation ist an einzelnen Orten höchst fatal. Der Rück schlag in der Stimmung, der Hohn der Gegner, die An klage gegen die die Brüder im Stiche lassenden Deutschen sind die unmittelbare Folge. In den Ansprüchen an deutsche Opserwilligkeit war man nie maßvoll. Voreilige Ver sprechungen, als wenn das Geld für einen Kirchenban der Los von Rom-Bewegung nur so ans der Straße liege, mögen von diesseits auch gemacht worden sein. Jedenfalls ist die jetzige Not ans große Fehler znrückznführen. Wir hätten sie längst anfdecken können, aber die Leute, welche dort an der Arbeit sind, dünken sich infallibel und sind sehr empfindlich, sie werden z. B. die Erfahrung mit den Bauten in Turn bei Teplitz trotz aller Abmahnnngen in Fischern bei Karlsbad noch einmal machen. Es ist hohe Zeit, daß besonnene Köpfe und starke Hände die Auswüchse der Be wegung meistern. Ans die Dauer wird die selbstverständ liche Mahnung, welche in einem höchst bezeichnenden Aufruf jetzt wieder die „Christliche Welt" ansgehen läßt: „Wir dürfen sie nicht im Stich lassen!" sonst nicht verfangen." Diese Angaben über die „finanziellen Nöte" der böhmischen Los von Rom-Bewegung stimmen mit Erfah rungen überein, die der Schreiber dieser Zeilen vor kurzem während einer Reise durch Böhmen zu machen Gelegenheit hatte. Besonders in Turn bei Teplitz soll die Verlegenheit eine wahrhaft beschämende sein. Man erzählt sogar, die neue, sich recht auffallend ausnehmende protestantische Kirche sei unter der Hand den Katholiken znm Kauf angeboten worden. Wir sind aber nicht geneigt, dies buchstäblich zu nehmeu; es handelt sich wohl mir um eine böse Satire ans die Verlegenheit der Tnrn-Teplitzer Los von Rom Leute. Aber noch einen anderen dunklen Punkt sieht die „Kreuz- Zeitung" fit der Los von Rom-Bewegung: „Und es wird noch eine andere, die schwerste Krisis, kommen, die hier und da sogar schon in der Luft schwebt. Das ist die Art, mit welcher die jugendlichen Sendboten, deren Selbstbe wußtsein vielfach zu ihrer Erfahrung in umgekehrtem Ver hältnis steht, dort vielfach ihr Werk treiben. Davon hängt unmittelbar der Geist der Bewegung und der neuen Ge meinden ab, weiter aber auch die Antwort ans die nicht ganz nebensächliche Frage der kirchlichen Ordnung. Tie leitenden Männer in Deutschland tragen eine nicht geringe Verantwortung: wir möchten sie hierauf besonders aufmerk sam machen, damit sie für ihre vielen Sorgen nachher nicht noch Herzeleid haben. Mit Defizits kann man fertig werden, aber mit desorganisierten und renitenten Menschen nicht." Hier trifft der protestantische Theologe der „Krenzztg." einen sehr wunden Punkt. Die aufgewühlte und gehätschelte nationale Leidenschaft, die gut genug war, solange sie als Dynamit gegen die katholische Kirche verwendet werden konnte, kehrt sich gegen die protestantischen Sendboten selbst, sobald diese den Versuch machen, ihren Bekehrnngseifer nicht nur an den Deutschen, sondern auch an den Tschechen zu erproben. So weit ist es nun tatsächlich gekommen. Die Versuche der protestantischen Vikare, die Los von Rom- Bewegung ans die Tschechen zu übertragen, und im be sonderen auch die Teilnahme reichsdentscher Größen des Evangelischen Bundes an der HnSfeier in Prag anfangs Juli haben in den deutsch nationalen Parteikreisen, i» welchen die Los von Rom Hetze wurzelte, einen Sturm der Entrüstung hervorgernfen, und es wird dort jetzt ebenso ans die lutherische«« „Pfaffen" wie ans die katholischen ge schimpft. Doch das ist immerhin nicht die schwerste Ver antwortnng, welche, wie die „Kreuz Zeitung" bemerkt, die „leitenden Männer" der Bewegung in Deutschland zu tragen haben: die schwersle Verantwortung haben sie sich damit anfgeladen, daß sie dem christnsglänbigen katholischen Volke Oesterreichs im Namen Christi, aber im Bunde mit Wodansanbeteru, Atheisten und Pantheisten ein Kirchentmn geboten haben, in dem Ehristnsleuguer heute den Ton an- geben; sie haben ihm Steine statt Brot dargereichl! Rabattsparverein. Will man ein Urteil über den Wert der Rabattspar vereine gewinnen, so ist es erforderlich, sich im einzelnen die Vor- oder Nachteile derselben vor Augen zu führen. Der Magdeburger Verein faßt die Nützlichkeit der Rabatt sparvereine in folgenden Punkten zusammen: 1. Einheitlicher Zusammenschluß der Geschäftsleute, die sich als Kollegen, nicht als Konkurrenten, betrachten solle». 2. Gemeinsame Reklame für Misere Mitglieder in zweck mäßiger Form unter Ersparung eigener kostspieliger Reklame. 3. Nachdrückliche Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. -1. Förderung des Bareinkanfs der Knuden und Be seitigung deS leichtfertigen Kreditgebens. 7. Hebung des Geschäftsansehens durch soliden Geschäfts betrieb, wozu die Mitglieder angehalten werden. >!. Gleichmäßige Preishaltung für alle Knnden ohne Sondervergünstignngen au Vereine .'e. 7. Unabhängigkeit von Erwerbsrabattgesellschaften, die ans wenig loyaler (Grundlage anfgebaut sind, und Konsumvereinen. 3. Rechtsschutz unserer Mitglieder in nötigen Fällen. Man wird nicht bestreiten können, daß diese Punkte im ganzen sehr gewichtige Vorteile enthalten und daß diese durch den Verein auch wohl erreicht werden können. Der greifbarste und bedentnngsvollste Nutzen dieser Vereine liegt aber offenbar einmal in dem durch sie gegebenen Zusammenschluß der Detaillisten, dann in dem durch Barzahlung der Kunden ermöglichten Bareinkanf der Mit glieder selbst. Der Konkurrenzneid ist ein böses Ding unter allen Angehörigen des Mittelstandes, »nd wenn die Rabatt sparvereine dazu beitragen können, den Mittelstand genossen schaftlich zu schulen, so verdiene» sie schon ans diesem Grunde die weitgehendste Förderung. Ein schlimmes Uebel im Dctaillistenstande ist auch das leidige lange Kreditgeben. Der Rabattsparverein gewöhnt mm die Kunden an Bar- zablnng, und welch außerordentlich wirtschaftliche Vorteile das für den Kleinfansmann bringt — «vir erinnern nur an den Diskontgeivinn — braucht nicht näher ansgesühlt zu werden. Aber die Rabattsparvereine, so groß ihre Vorteile auch sind, können den Detaillisten nicht allein belfen. Die Ueber- legenheit der Großgeschäste,gege»über dem Tetailnnternehmen liegt weiter in der Größe des Umsatzes und in der Größe des Geschäftskapitals. Ter Detaillist arbeitet mit einem im Verhältnis viel größeren Lager, setzt aber sein Geld nicht oft genug um. Dadurch wird es ihm unmöglich — selbst bei Barzahlung der Knnden — seine ganzen Einkäufe gleich voll bar zu begleichen und so den vollen Diskontgewinn zu erzielen. Das mit großem Geschäftskapital arbeitende Unternehmen kann aber auch weiter große Onantitäten selbstredend zu viel billigeren« Preise beziehen, als das ein Detaillist vermag. Diese Vor teile des Großnnternehmens können nur durch einen ge nossenschaftlichen Znsammenschlnß der Detaillisten zwecks gemeinsamen Wareneinkaufes ausgeglichen werden. Eine Einkaufsgenossenschaft bietet dem Detaillisten dieselben Vorteile, die ein Grossist mir haben kann. Natürlich darf die Mitgliederzahl der Genossenschaft nicht zu gering sein. Wie der Syndikus der Oldenburger .Handelskammer in einer Bremer Versammlung mitteilte, kann schon ein Zusammenschluß von 20—30 Detail geschäften dieselben Vorteile bieten, wie ein mittlerer Konsumverein. Erklären doch die Konsumvereine selbst, daß schon ein mittleres Geschäft mit einigen Filialen einem Konsumverein ebenbürtig und selbst überlegen sein kann. Dort, wo es ans kaufmännische Erfayrung und tüchtige Branchenkenntnis aukommt. sind die Kauslcute eben den Konsumvereinen gegenüber, die nicht mit solchen Kräften arbeiten, meistens im Vorteil. Nach geschiedener Lhe. Ein Sittenbild ans dein heutigen Frankreich. Von Comtesse de Beanrepairc. — Deutsch von Helene Kreinbs. (40. Fortsetzung.) (Nachdruck veidoilu.« „Es ist wahr, Ihr Blatt hat wenig Abnehmer. Aber Sie sind doch Abgeordneter, und Ihre Artikel und Ihre Stimmabgabe zusammen könnten doch von großem Nutzen sein." „Das ist nnzweifelhaft." „Nun, so werden wir «ms wohl verständigen." „Wieso? Ich sehe nicht ein ..." „Ich will mich klar ansdrücken. Es haben sich un längst zwei wetteifernde Gesellschaften gebildet behufs Gründung eines Hafens in nnsern afrikanischen Kolonien. Durch Entscheidung des Ministers soll der einen dieser Gesellschaften die Erlaubnis znm Bane bewilligt werden. Aber vorerst muß das Abgeordnetenhaus diesen Plan durch Stimmenmehrheit gutheißen." „Das ist selbstverständlich." „Es kommt also darauf an, die Kammer zu dieser Gründung zu bewegen und dem Minister diejenige Ge nossenschaft zu bezeichnen, welche sich der Gunst der All gemeinheit erfreut." „Nim, die zuverlässigste wird zu empfehlen sein." „Das kommt nicht in Frage. Beide sind gleich zuver lässig." „Dann wird die Wahl allerdings schwerer. Allein ich sehe nicht ein, welchen Bezug ..." „Warten Sie doch einen Augenblick! Also da die beiden Gesellschaften gleichwertig sind, so kann man je nachdem die eine oder die andere in den Vordergrund schieben, das geben Sie doch zu?" „Stimmt." „Und darum lobt und unterstützt man diejenige, welche sich am gefälligsten und willfährigsten zeigt." „Das heißt? —" „Sie verstehen mich doch wohl?" „Nein, ganz und gar nicht." Herr Boivin zog die Schulter«« hoch. „Na, Sie sind aber einfältig, vorausgesetzt, daß Sie sich nicht aufspielen." „Ich versichere Sie ..." „Nim, dann «miß ich wohl ohne weitere Umschweife zu Ende kommen. Wieviel verlangen Sie, »m sich in der Kammer für diejenige Genossenschast ins Mittel zu lege», in deren Namen ich hier spreche?" Bei dieser nnumwnndenen Erklärung Berlinets er wachte das alte Ehrgefühl Bertiuets. Er sprang wütend von seinem Sessel ans und fuhr seinen Besucher an: „Einen solch schmäblichen Handel «vagen Die mir zn- znmnten? Weder mein Gewissen noch meine Feder sind I käuflich!" „Langsam! Langsam!" beschwicytigte Boivin in aller Gemütsruhe, „werden Sie nicht so heftig. Wo in aller Welt sehen Sie einen schmählichen Handel? Gibt es wohl - irgend ein «nichtiges llnterneymen. das olme öüentlicbe Bekanntmaclmng zustande käme? Und diese Verönenllichnng ^ muß bezahlt werden. Sie machen doch keine Schwierig keiten, wenn die großen Warenhäuser, die Weinhändler, die Kanslente aller Art mit ihren Anpreisimgen ihr Blatt füllen. Im Gegenteil. Sie össnen bereitwilligst Ihre Spalten und senden nachher ohne Ziererei die Rechnungen ein." „Das ist doch etwas anderes." „Worin besteht der Unterschied?" „Der ist doch greifbar, meine ich." > „Ich sehe das durchaus nicht ein. In beiden Fällen i suchen Sie das Vertrauen des Pnbliknnis zu gewinnen, in dem Sie gleichzeitig an seine Börse appellieren." Die Warenhäuser, Winzer und Krämer bieten znm wenigsten ihre Waren dar. „Ja wohl, deren Wert mehr oder weniger den An preisungen enspricht, öfter weniger als »«ehr, das werden Sie zugestehen." „Das will ich auch nicht leugnen." „Nun also, in dem Falle, der «ms beschäftigt, würde wirklich alles znm Vorteil sein, denn, dank ihrer Abstimmung in der Kammer, sicherten Sie dem Unternehmen, das Sie in ihren« Blatte anpriesen, durchschlagenden Erfolg." „Aber erlauben Sie! Ten Gründern dieses Unter nehmens würde ich die Taschen füllen, das glaube ich. Was aber das Piipliknm angeht, so «vollen «vir da lieber ein Fragezeichen machen." „Warum?" „Giebt es nicht in all derartigen Unternehmen Znsällig- keite», die ..." „Das ist es ja gerade, weshalb Ihr Gewisse» ganz ruhig sein kann. Wie Sie mit Recht sage», gibt es in Geschäften niemals etwas ganz sicheres. Aber «vir haben alle Möglichkeiten des Gelingens iür uns, «nid sind ans dem besten Wege, die Regierung ans unsere Seite zu bringen." „Diese Gesellschaft scheint demnach mächtig und reich zu sein?" „Sie ist reich genug, um diejenigen, welche ihr Inter esse«« vertreten, sürsllich zu belohnen, und ihre Mitglieder besitzen auch die Macht, etwaige Hindernisse leicht zu beseitigen. Darüber lassen Sie sich kein granes Haar wachsen. Den Vorrang bekommt sie immerhin, was Sie auch thnn mögen. Allein es ist angenehmer, wenn die Kammer mit Einstinnnigfeit die Sache erledigt. Darum habe ick) an Sie gedacht, da mir auch schien, daß Ihnen in diesem Augen blicke dreihnnderltauseiid Franken willkommen sein würde». Boivin sprach die wwe Zisser mit großer Gelassen heit ans. Bertinet tat. als ob er nicht Acht darauf gäbe, aber er hatte genau gehört, und die Begierde begann zu erwachen. „Und wo soll dieser Hasen angelegt werden?" fragte er ziemlich gleichgültig. ..An der Küste von Dahome." „Aber das war ja schon im vorigen Jahre geplant." „Ganz richtig." BertinetS Gesicht, einen Augenblick erhellt durch das verlockende Angebot, verfinsterte sich «nieder. (Fortsetzung folgt.)