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Nr. LLV 18. Iahrg Donnerstag, oen 5. Juni Ivtü Geschäftsstek!: unp Nedakttv«, Dresden-II. 16, Holvetnftrcp» L>- Fernspreche» 2186V Vofischechkont» Letpjig Nr. 1«?.' avends MnzigA LttchöWW H'lMKMMW M GWM, DWM Äb UenAMKSYME. Wrsgavr ^ mit Autzri etter WU^^ÄMmgsdeUsgk !«M Mtg. TvochttMMKKt ANSKsM W smr «tt dek WschemdEH« MS!S>SMDWSWWWMWIM«WW»»>W»»»»«>»WWWI»WG «»»»,»»»»>«> i mit Mus», «etlaa» vieNtl,Irlich ».66 An Dresden und aun» Deut<ch- :<md ire> Hau» ».»« ^i» m Oesierietitz ».«« X. «»Saa», « dterieltitbrliid ».»8 X. In vre»»e» und ganz Deutschland irrt Hau» ».— M tn Oesirrretch V.8. X. »tn,«I - Stummer I« 1. «ie »Ichfilch- «oll«,ettn„a rrschetnt >m allen «ochentairn nachmittag». Anzeige» > Aunadiu« »»n«elchliilrn»zeioe»dl« IN Nd.. Uoi ^»miltrnauzeige» d>« II Uhr daru Aret«II>rdtePelll Lpalt-?ile4«> l.imSitk- mcleil I Lamllieii-Iluzel»»» ü<« ^ Für undeutlich geschriebene, lowle durch 8?,u frecher ausgegedene Anzeige» lönnen den d» Leranue-rtlichleilttli die lltichligieitde» Leit,e nicht »vernehme». kprechsiunde der Redalltonl II-18 Udr vormittag». Vor dem Berfaffnngskonflikt mit dem Reiche. sK „Tie sozialistische Regierung erkannte als eine ihrer ersten Aufgaben, das Schulwesen ans eine neue soziale Grundlage zu stellen." So führte Herr Abg. Lehrer Arzt in dem Berichte des Gcsetzgebnngsausschnsses über die Ver handlungen wegen Erlaß eines Uebergangsgesetzcs für das Volksschulwesen aus. Dieser Satz ist falsch. Tie sozialistische Regierung Sachsens, die wohl aus der Mehrheitspartei, aber nicht aus den eine Mebrbeit in der Volkskammer bil den könnenden Parteien hervorgegangen ist, will das Schul wesen eben nicht ans eine neue wziale Grundlage, sondern auf eine s o z i a l i st i s ch e stellen. Sie will das, indem sie gemeinsam mit der sozialistischen Volkskammermehrheit auch die gerechten Forderungen der Minderheit ohne wei teres abgelehnt und das Setbslbestimmungsrecht einfach aus schaltet. Nicht Demokratie, sondern Gewalt, das ist die Losung! Wenn man den Bericht des Gesetzgebnnos- ansschnsses durchstndiert. gewinnt man immer stärker und stärker den Eindruck, daß die Seele der ganzen Aktion der sozialistische Lehrer Arzt ist, der von einem geradezu fanatischen Haß gegen die Religion erfüllt zu sein scheint. Er fordert die Entfernung des Religionsunterrichtes ans der Schule „um der Einheit der Erziehung willen", und er erklärt in dem Berichte (Seite 3), es sei „fraglich, ob das Kind überhaupt Religion habe". Wir sehen, von welchen Gedankengängen Herr Arzt ansgeht. .Aber er geht noch viel weiter. Er behauptet, daß ein Kind Religion im Sinn: des Christentums gar nicht haben könne, „ja nicht haben darf, sonst wäre es in feiner sittlichen Kraft nicht gesund". Und diese unerhörte, alle auf dem Boden des Christentums Stehenden ins Gesicht schlagende Behauptung stellt er des halb ans, weil „das Christentum im besonderen eine Er- lösnngsrcligion ist und das Sündcnbewnßtsein des Men schen voraussetzt". He^r Arzt mag über diese Dinge als Privatperson den ken, wie er will. Das ist natürlich seine Angelegenheit. Aber darauf beschränkt er sich nicht. Er kann selbstredend im demokratischen Zeitalter seine Gedanken auch öffentlich vertreten und dafür cintretcn. Aber auch das genügt dem Tatendrang« dieses Herrn bei weiten: nicht. Er will scnw Gedanken einem ganzen Volke aufzwingen, er will weite Kreise des Volkes nötigen, anznerkennen, daß ein Kind Religion im Sinne des Christentums nicht haben dürft. Und mit ihm wollen das seine sozialistischen Freunde. Um ihr Ziel zu erreichen, benutzen sie den Augenblick, der ihnen zufällig di« Staatsgewalt in Sachsen fast restlos in die Hand gespielt hat. Mit Recht hat selbst der freisinnige Mitberichterstatter im Geietzgebnngsaiisschiisse darauf hin- gewieftm, daß „für Millionen unserer Mitbürger die Re ligion den wertvollsten inneren Besitz darstellt". An solch großen Geistern wie den Sozialisten in der Sächsischen Volk-Kammer prallen natürlich diese Argumente wirkungs los ab. Ebenso gehen die Herrschaften kaltlächclnd an dem vor über, was in der Angelegenheit das Reich sagt. Das Mi nisterium Gradnaner weiß sehr wobl, daß das christliche Volk keine Revolution macht. Manchmal braucht man ja das Reich sehr notwendig. Wenn zum Beispiel in Leipzig tue Staatsantorilät in die Brüche zu gehen droht, dann weiß man das Reich mit seinen: Wehrminister sehr Wohl zu finden, und wiche Neichshilft und die Neichsgesetze wer ben dann zur Befestigung der eig.nen Autorität sehr ve- g'.üßt. In Kulturfragen ist das allerdings etwas anderes. Da glaubt man einfach über die Rechte des christlichen Vclkes hinweggehen zu dürfen und außerdem durch das Betreten des Verordnnngsweges das Neichsrccht umgeben zu können. Im Gesetzgebungsausschnß ist natürlich auch die Frage des Einflusses des Reich srechtes auf das Landesrecht in dsteser Angelegenheit zur Sprocke gekommen. Der Verfassnngsnusschnß der Deut schen Nationalversammlung hat bekanntlich im Artikel 31I, der Verfassungsvorlage folgendes festgelgt: „Die Erteilung des Religionsunterrichtes, der or dentlicher L c h r g e g e n sta n d der Schule ist, wird im Rahme» der Schulgesetzgebung geregelt. Kein Lehrer daft zur Erteilung des Religionsnnterrichies oder zur Vornahme kirchlicher Verrichtungen, kein Schüler gegen den Willen der Erziehungsberechtigten zum Be suche des' Religionsunterrichtes oder zur Teilnahme an kirchlichen Feier» und Handlungen gezwungen werden. Der Religionen»!:' richl wird in Uebereinstimmnng mit den Lehren »nd Satzungen der betreffenden Religivns- -geineinschaslen erteilt." Herr Arzt betonte nun im Gesetzgebungs.ausschnß. „daß die Weimarer Entschließung keine Veranlassung zu einer veränderten Stellnngtcahme für ihn sein könne". Darauf mußte er sich von den: Mitberichterstatter — unseres Erachtens mit vollem Rechte — „eine gewiss« Leichtfertigkeit" vorwerfen lassen, „mit der er sich über verfassungsmäßige Bestimmungen hinwegsetzen zu kön nen glaube". Tor demokratische Mitberichterstatter Dr. Barge führte weiter ans: „Da der Grundsatz gelte, daß Neichsrecht Landesrecht breche, würde eine von Sachsen einseitig vorgenvmmene Beseitigung des Religionsunterrichtes ans den Schulen im Widerspruch zu den Vcrfassnngsgrnndlagen unseres Staatslebens geraten, ja, könne einen ernsten Ver- f a s s n n g s k o n s l i kt heranfbeschwörcn. Zugleich wurde ans den persöhnlichen Geist hingewiesen, in den: gerad: die Frage des Religionsunterrichtes in Weimar behandelt worden sei, und ersuchte der Mitberichterstatter die Mehrheit, die gleiche Rücksicht walten zu lassen." Was sie — wie nicht anders von ihr zu erwarten war, aber nicht tat. „Die Beweiskraft der verfassungsrechtlichen Einwendungen" wurde von Arzt und Genossen bestritten, während die Negierung (Seite 0) die Möglichkeit, daß „die im Gegensätze dazu vom sächsischen GesetzgebnngsanSschusse gefaßten Beschlüsse korrigiert werden", zugestand „und be tonte, daß sie nachträglich in Verlegenheit kommen könne und vielleicht die Aufhebung eines erst beschlossenen Ge setzes beantragen müsse". Ein sehr wertvolles Geständnis! Trotzdem scheint sich die Negierung dieser ungeheuren Bla mage aussetzcn zu wollen, nur deshalb, um die Versuche des Herrn Arzt nicht zu stören, der allerdings den Stand punkt vertritt, es sei „ganz unbedenklich für Sachsen, in der Frage des Religionsunterrichtes selbständige Entschei dungen zu treffen". Mit Verlaub! Wenn das für die'e Frage zngestanden würde, müßte cs für jede andere auch geschehen und die ganze Neichsverfassnng würde zur Farce werden. Wo bleibt da die Logik? Ter freisinnige Mitberichterstatter Dr. Barge hat im Gesctzgebnngsansschnsse die Sozialdemokratie gewarnt, „sic möge nicht durch ihr jeder Verständigung widerstrebendes Verhalten einen Knltnrkanips hcranfbesctzwören" Diese Warnung hat im Ausschuß keinerlei Erfolg gehabt. Wenn die Leser diese Zeilen vor Augen bekommen, wird die Angelegenheit :m Plenum der Volkskammer verhandelt und ist wohl bereits entschieden. ES beshlst kcnne Aussicht daß noch irgend eine Milderung eintreten wird. Die So zialdemokratie wird unter ihre kulturelle Gewaltpolitik das Siegcl setzen und damit den neuen Kulturkampf in vollen. Umfange hcransbcschwören. Es ist allerdings auch keine Verständigung möglich mit Leuten wie dein Berichterstatter Arzt, der im Gesetzgchnngsansschnß (Bericht Nr. 20.1, Seite 0) u. a. noch folgendes anssührtc: „Gegenüber den religiösen Gesichtspunkten müsse be tont werden, daß es eine Ueberspannnng der Elternrechte bedeute, wenn Eltern ohne weiteres ihre religiösen An sichten auch den Kindern aufzwingen wollten und dadurch unter Umständen den Kindern eine schlechtere oder »n- bequem zu erlangende wissenschaftliche Ausbildung zu- I teil werden ließen. Es sei sehr fraglich, ob einmal das j Kind, das vielleicht später gar nicht mehr die religiösen Ansichten der Eltern teile, ihnen für das Einspannen in ein einseitiges konfessionelles Prinzip dankbar sei» würde." Also es bedeutet das „eine Ueberspannnng der Eltern rechte"! Wir brauchen nicht näher ausznführen, daß noch niemand an seiner Ausbildung gelitten hat, wenn er ein: konfessionelle Schule besuchte. Was Herr Arzt hier fordert, ist eine Entrechtung der Eltern und eine n ngla n b - liche Ueberspannnng der Rechte des Staa tes, die wir niemals anerkennen können und die einer ge sunden Demokratie geradezu ins Gesicht schlagen. Im Augenblicke sei nur noch bemerkt: Wenn die Volks kammer heute den Beschlüssen des Gesetzgebnngsansschnsses znstimmt, und die Regierung diesen Beschluß ans dem V e r o r d n » n g s w e g e anSführt, setzt der Frcistaar Sachse» sich in offenen Gegensatz zum Reiche. Das Ein schlagen des Verordnnngsweges kann daran nichts ändern. Und damit ist der Verfassungskonflikt gegeben, der in einer an sich schon so schweren Zeit vermieden werden könnte, wenn die allmächtig sich dünkcnde Sozialdemokratie in Sachsen nicht eifrigst bestrebt wäre, ihre Partciprin- z i p i en dem Volke anfzuzwingen. tml. Was wird? (Von unterem Berliner Ve-' st, > In diesem Angenblicke sitzen die Großen und Mächtigen der Erde in Paris und würfeln um das Schicksal des deut schen Volkes. Je mehr wir die Wirkung dessen prüfen, was die deutsche Friedensdelegation unseren Gegnern an Zugeständnissen angcboten hat, um io mehr erschrecken wir über die Spser, die das deutsche Volk in Wen nächsten Jah ren und Jahrzehnten, ja für Generationen hinaus, die heute noch nngcboren sind, ans sich nehmen muß. Und dennoch schallt aus der gegnerischen Presse ein Echo zu uns, das nichts wissen will von einer ansgleichenden Gemeinscftrsts- arbeit in dein Sinne der deutschen Anerbietungen. Die Schwere und das Gewicht dieser Anbietungen liegt in dem Umstand begründet, daß wir von der Höhe und ihrem Ausmaße nicht wieder znrücklreten können. Betrach ten wir allein die finanziellen Lasten, die wir ans uns zu nehmen uns bereit erklären, so müssen wir uns darüber klar sein, daß die zngesagten 100 Milliarden Mark bei dem Ties- stand unserr jetzigen Valuta mit drei multipliziert werden müssen, also die phantastische Summe von 300 Milliarden Mark, oder, anders ansgedrückt von d r e i h n n d e r t t a u - send Mil Honen Mark ansmachen! . . - , Wie sollen wir die e niederschmetternde Last überhaupt-:, jemals abtragen können? Das fragen wir uns in bange: Sorge. 300 Milliarden Mark betrug in den Zeitm größten Wohlstandes unser gesamtes Volksvermögen in beweg lichen und unbeweglichen Werten einschließlich unserer sämt- liehen Häuser und Piegenschasleii, »nserer Forsten und Wäl der, unserer Eisenbahnen und Brücken, unserer Kanäle, un seres Moviliars und innerer sämiiiwen beweglichen Habe. Nun ist aber zu berücksichtigen, daß durch den Krieg min destens die Hälfte dieses Vermögens vernichtet oder durch die Schnldveipflichtnngen, die wäbrend des Krieges uns er wachsen sind und die als Folgen des Krieges uns noch aus erlegt werden müssen, in erheblichem Umfange in Anspruch genommen worden ist. Es erscheint uns heute in der Tat undenkbar, wie diese Last in den kommenden Jahrzehnten abgetragen werden soll. Selbst wenn man alle Prodnk- tionsgebieie. die man in SO mW Wes! uns setzt^ievmen will, behalten hätte, und wenn wir sic für linieren eigenen Be sitz ausznnntzen in der Lage gewesen wären, würden wir diese ungeheure Bürde kaum zu tragen vermögen. Erinnern wir uns daran, daß die Finanzresonu des Jahr'es 1000 die für damalige Begriffe fabelhaste Lumme vvn 300 Millionen Mark ansvrderte und daß über diese For derung die innere Struktur des Reiches in die Brüche zu geben drohte. Wenn wir die nnnmeor von der denlschen Regierung zngesagte Schuldenlast von 300 Milliarden Mark erfüllen wollten, so müßten nur 05 Millionen Dentschc: alles, was wir unser eigen nennen, stehen und liegen lassen, den Bettelstab ergreifen und ans dein Lande ziehen. Was werde» wir unter diesen Umständen deinnächsl an Slener- abgaben ans uns zu nehmen haben! Darüber läßt sich jetzt noch gar kein Bild gewinnen, wenn man nicht, nms der Lage der Dinge am besten ongepuß: erschein!, sich de, trist sten Gedanken hingeben will. lieber eins müssen wir uns klar sein — und das ist bei unserer fetzigen Lage eigentlich das Tragikomische und das Groteske, daß wir, wenn wir unsere Schulden zahlen wollen, dies nicht anders tun tönneg, als daß wir zuvor neue Schulden im Anslande ansnehmen. Mit anderen, Worten: Wir »können nicht unseren Verpflichtungen Nach kommen, wenn wir nicht von unseren Gegnern oder vom neutralen Auslände Niesenkredite, die in die zehnfachen Milliarden gehen müssen, erhalten. Wir tonnten ohne diese finanzielle Hilfe überhaupt nicht unser Wirtschaftsleben wieder in Gang bringen, für wclclieS wir Rohstoffe im Werte vieler Milliarden ben> tiaeu. Auch diele Summen müssen in ihren wahren Werten bei dein Tiefstände unserer Valuta verdreist ch werden, denn nugeüchis der gewaOigen Schuldfordernng, welche das Ausland noch gegen uns hat, ist kaum darauf zu rechnen, daß wir in absehbarer Zeit eine Verbesserung unserer Reichsmark zu erlangen vermöge». Man wird aber auch etwas weiteres nicht verhindern können — und das wird mit das Schmerzlichste an der jetzigen Entwicklung sein — daß nämlich, durch den Tief- stand des deutschen Geldwesens angelvckt, das Anslands kapital sich in "'einem steigenden Umsange der deutschen In dustrie, wie überhaupt aller denlschen Unternehmungen sich bemächligi. Und dniiiil mied die Loge inr nniere Wbeils- kraft.derart gestaltet, daß sic gezwungen wird, für das Aus- landskapital und die Anslandskapitalisten zu fronden und.