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Nr. »IS LS. Jahrg. Deschiiftsstele «nd Redaktion» !Vr«»de« - R. 1«, Holbeinstraße 4« SücksMe Donnerstag, 18. Scpt.lSIS Fernsprecher 21388 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S? volHMMA V«N>«t0e*tt' N«»O«b« L mit tlluftr. v«u«g« vlerteyShrNch ».88 4«. In Dresden und gan, Deutschland frei Hau» ».SV 4t. — »«»,«»» » vierteljLhrtich ».»8 4t. In Dresden und gan, Deutschland frei Haus » Ott 4t. — Die Sächsisch« BsilS^tNueg erscheint an allen Sochnrtagen nachmittag». — Sprechstunde der rledaktton: »1 bi» IS Uhr vormittag». Anzeigen, tlnnahme von GeschSstSanzetgen dt» IN Uhr. von FamMenanzeigen bi» II Uhr dorm. — Preis skr di» Petit-Spaltzcile 48 1. im ReNametcil I 4t. Familien-Anzeigen 30 g—Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fern sprecher ausgegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit de» Leite» nicht übernehmen, Hochziele W Dvrch manche Kreise geht ein Rannen: Es krachl im Zentrum. Dieses Geranne ist die Wirkung eines systematischen Kampfes, vor allem in der reckstsstehenden Presse. Dieser Kampf ist naturgemäß bei uns in Sachsen am stärksten, wo wie nirgendandcrs, um mit dem Reichs minister Bell zu sprechen, die Politik der Teutschnationalen ans unserem Leder Riemen schneiden will. Die Erzberger srage wird dabei in den Vordergrund gestellt, und es läßt sich nickst a-bleugnen, daß die von der gegnerischen Presse mit so großem Eifer gepflegte Erzbergerpsychose auch bei man- chem unserer Anhänger nicht ahne Einfluß geblieben ist. Man konnte daher dem ersten Tag des Rheinischen Zentrumparteitages. der eine Teilnahme wie noch nie aufzuweisen hatte und der die Aussprache über die allgemeine politische Lage brachte, mit größter Spannung entgegensetzen. Minister Bell konnte den Ein druck der Verhandlungen dahin zusammenfassen, daß alle sehnsüchtigen Hoffnungen und Erwartungen der Gegner, die auf eine Zersplitterung hinzielten, gründlich zunichte ge macht wurden. Ein Diskussionsredner wünschte „eine Klä rung der sogenannten E rzb ergez f r age". Da gab Abg. Geheim rat Marx folgende Erklärung ab: Mg. Marx bedauerte, daß diese Frage eine solche Rolle im politischen Leben spiele, und daß selbst Teile unserer Parteianhänger in die Hetze gegen Erzberger schlechthin einstimmen. Ich halte das persönlich für falsch. Man dürfe doch nicht glauben, daß sich eine Fraktion von rund 90 Mann durch einen einzigen Mann dauernd beeinflussen lasse, und müsse Männern wie Trimborn. Hitze, Müller-Fulda. Spahn und Gröber dochsoviel judicium zutrauen, daß sie selbst wissen, was sie wollen. Diese bewährte», alten Führer sollen kein eigenes Urteil mehr haben! Man könne auch nicht verlangen, daß die Fraktion auf Ver dächtigungen niedrigster Art näher eingehe, wie sie gegen Erzbevger ausgesprochen werden. Es ist bedauerlich, daß zur Freude des Auslandes die Zerrissenheit des deutschen Volkes gerade in einer Zeit noch vermehrt werde, wo die Zusammenfassung aller Kräfte nötig ist, um stark und einig zu bleiben. Man sollte Erzberger doch nach seinen Taten beurteilen. Aus eigener Ueberzeugunng könne Red ner bestätigen, daß sich Erzberger immer bei seinen gro ßen politischen Aktionen im früheren Reichstag und in der jetzigen Nationalversammlung von keinerlei Rücksicht ans eine Partei oder auf irgendeine Person habe leiten lassen, sondern daß Grundstein und Anfang seiner Aktionen aus schließlich das Wohl des deutschen Volkes und des Vater landes gewesen sei und daß Erzberger stets aus ge wissenhafter, überaus streng, erwogener Ueberzeugnng ge handelt habe. Diese Ausführungen decken sich vollständig mit der Haltung, welche bre „Sächsische Volkszeitnng" in den letz ten Monaten eingenommen hat. Wir »bissen, daß es auch manchem aus unserem Lager lieber wäre, wenn über die ganze Erzbergercmgelegenheit hier mindestens nichts mehr gesprochen würde. Aber es wird doch niemand abstreiten wollen, daß man an einer solchen Erklärung ans solchem Munde einfach nicht vorbeikann, ja, daß mckn es als über- ans erfreulich bezeichnen muß, daß eine solche Erklärung erfolgen konnte. Der Abg. Geheimrat Marx ist nicht der nächste Beste, sondern eine Persönlichkeit, dessen Namen Klang hat, ein Führer der Zentrumspartei aus der alten Zeit, der sich um unsere Sache die größten Verdienste er worben hat und d»r überall« die größte Verehrung genießt. Es wird von ni'.inand verlangt, daß er jedes Wort und jede Handlung des Herrn Erzberger billigt. Was die Par tei aber verlangen muß, ist, daß keiner ihrer Anhänger auf das Geschrei einer gewissen Presse sich einstellt, sondern, wie Marx ganz richtig sagt, nach ddn Taten urteilt. In jeder großen Partei sind verschiedenartige Strömungen vorhanden, aber eine Partei wie das Zentrum muß bei ihrer Anhängerschaft so viel Schulung voraussetzen, daß die Meinungsverschiedenheiten innerhalb und nicht außer- halb der Parteiorganisation -um Ausdruck kom men. Wir sind überzeugt, daß die Ausführungen des Abg. Ddarx außerordentlich klärend und beruhigend wirken wer den, und wir möchten nur nochmals bei dieser Gelegenheit auch auf die Notwendigkeit -er baldigen Einberufung eines Reichs Parteitages des Zentrums Hinweisen. Mit ReM ist in Köln gesagt worden, daß wir in der Zu kunft vorzüglich unsere idealen Anschauungen voranstellen, daß wir auch weiterhin Volkspartei bleiben müssen. Ruhig und sachlich müssen wir auch innerhalb der Partei weiter- arbeiten und unsere Organisationen ausbauen. Der Nhei- ^ j irische Zentrnmsparteitag hat in dieser Hinsicht ein mnster- ! Haftes Beispiel gegeben, lieber den Verlaus des ersten Ta- ! ges sagt die „Rheinische Voltswacht", das offizielle Organ der Kölner Zentrumspariei u. a. noch folgendes: „Noch viele sprachen, frugen, kritisierten, fanden Aufklärung, Antwort und Widerlegung. Aber nirgends und in keinem. Augenblick ein Mißklang. Volle Harmo nie bei scharfer Herausarbeitung der unverrückbaren Grundsätze und schönen Hochziele! Das war das Stini- »inngsmerkmal für die Verhandlungen vom Morgen bis zum Abend. Ein fruchtbarer, segensreicher Tag für die rheinische Zentfumspartei!" In diesen Worten ist ausgedrückt, was uns alle bewegt, ist gesagt, worin die Stärke unserer Zentrumspariei liegt. Für diese unverrückbaren Grundsätze und schö - neu Hochziele müssen wir auch in Sachsen unermüd lich arbeiten, und es mutz eine Ehrenpflicht aller Zentrums anhänger sein, dafür durch den Ausbau der Organisation und die Verbreitung der Zentrumsresse unermüdlich tätig zu sein. Mit gutem Gewissen tönnen wir sagen, daß die Zenirumsfraktion auch seit dem 19. Januar 1919 niemals die unverrückbaren Grundsätze und Hochziele außer acht ge lassen hat. Die 1500 Delogierten der Rheinischen Zen trumspartei haben das ebenso wie kürzlich die Westfalen deutlich genug bestätigt. Iisl. Die Rheinlandfrage auf dem Kölner Zentrumsparteitage Die „K. V." berichtet: Den Höhepunkt der Tagung brachte die Erörterung der Rheinlandfrage. Sie wurde ein geleitet durch ein ebenso erschöpfendes, wie sachliches Refe rat des Abg. Prof. Tr. Lauscher. In einer mehrstün digen Aussprache kamen alle jene Strömungen ergiebig zum Ausdruck, die in jüngster Zeit sich zeigten. Alle Red ner waren von dem Bestreben geleitet, einen Einigungs- boden zu gewinnen. Diese Einigung wurde gefunden. Eine ad hoc gewählte Kommission, die alle Kreise und Klassen umfaßt, nahm einstimmig folgende Entschlie- ß u n g an, der der Parteitag mit allen gegen zwei Stimmen zustimmte: Die Rheinlandfrage ist durch die außen- und innerpoli tische Entwicklung der letzten Zeit insbesondere auch durch das Verfassungs- und Gesetzgebnngswerk der deutsckM Na- tionalversammlung im Vergleich zu den Novembertagen 1918 auf einen völlig neuen Boden gestellt. Der zur Ge sundung unserer politischen Verhältnisse und für den wirt schaftlichen Aufbau des deutsckM Vaterlandes notwendige Uebergang wesentlicher -undesstaatlickzer Holieitsrechto an das Reich, die damit begonnene und in unaufhaltsamem Fortschritt begriffene Entwicklung zum deutschen Einheits staat entkleidet die Bundesstaaten eines großen Teiles ihrer bisherigen Bedeutung und legt damit den Bestrebungen auf Errichtung eines rheinischen Bundesstaates eine erneute Klärung ihrer Grundlagen und Ziele nahe. Dieser ver änderten Sachlage Rechnung tragend, stellte der in Köln versammelte Parteitag der NheinisckM Zentrumspartei für die Behandlung der Rheinlandfrage folgende Leitsätze auf: 1. Die Verwirklichung der rheinischen Selbständigkeits wünsche im Rahmen des DeutsckM Reiches soll nur im Zu sammenhang mit -er territorialen Umgestaltung des Reiches unter dem Gesichtspunkt des gesamtdeutschen Inter esses und auf dem durch die R eichs v e r f a s s u n g vor gesehenen Wege geschehen. 2. Das Endziel der ans die territoriale Neugliederung unseres Vaterlandes gerichteten Bestrebungen soll die Schaffung eines organischen deutschen Einheitsstaates mit autonomen Stammesländern sein, wobei die bisherigen Bundesstaaten aufgeteilt bezw. zusammengelegt werden lind insbesondere Preußen seine Vormachtstellung anfgibt. Es sollen gleichberechtigte und möglichst gleichwertig Län der (Selbstverwaltungskörper) gebildet werden, die tun lichst auf der Grundlage der Stammesgemeinscksaft und im Sinne wirtschaftlicher unnd kultureller Höchstleistung ge schaffen und mit möglichst weitgehender Selbstverwaltung ausgestattet werden. 3. Für den Fall, daß die Verwirklichung des Einheits- stäates im Sinn« der Punkte 1 und 2 dieser Entschließung aussichtslos wird, können die Bestrebungen auf Bildung neuer Bundesstaaken nach Art. 18 der Verfassung wieder aus genommen werden. 4. Die deutsche Reichsverfassung und ihre ans die ter ritoriale Neugliederung Deutschlands bezügliche Bestim- inungen erkennen wir rückhaltlos an. Wir erwarten jedoch, daß Negierung und Volksvertretung die in Art. 167 vorge sehene zweijährige Sperrfrist nicht anfrechterhalten wird, falls nationale Notwendigkeiten un- rheinische Lebensinter. essen in Zuluusl die sofortige Veseitiaung erfordern sollten, 5. Für die Zwi'cken;eit fordern wir für die preußisches Provinze» weitgehende Aulonouiie. Die von Preußen in> Aussicht lestcllte Sckeinaiitonomie 'nun dem rheinischem Volle in keiner Weste genügen. 0. Wer sich an Bestrebungen beteiligt, die offen oder! versteckt ans eine Loslösung vom Reiche Hinzielen, schädigt die natioimlen. kulturellen und wirtschaftlichen Interessen der rheinischen Bevölkerung und stellt sich außerhalb der deutschen Zentrnmspartei. 7. Ter Parteitag fordert die Reichsregiernng ans, den inneren Umbau des Reiches im vorgedachten Sinne so rasch als möglich vorzunehmen. D e katholischem Arbeitervereine West deutschlands für die ZentrumsparteL Auf der Hauptversammlung des Verbandes der tätlich- Itschen Arbeiter- und Knappcnvereine Westdeutschlands in Essen (der 200 000 Mitglieder zähl!) wnroe folgende Ent schließ n n g angenommen: „Ter Verbandstag der katholischen Ar-« b ei t e r v e r e i n e W e st d e n t s chlands, in dem er zur Politischen Lage und zu den gegenwärtigen Parieisragen Stellung nimmt, erklärt: „Die katholischen Arbeitervereine stehen politisch ans dem Bo De n der Z e n t r n in s P a r t e i und lehnen den Gedanken einer Partcibildnngi a n i st ä ii d i s ch e r G rnndlage a b. Sie bekennen sich grundsätzlich zu dem von den ZentriimSsrattioneii der Reichsnationalversanimlnng und der Landesvensamniliingen eingenommenen Standpunkt der positiven Mit arbeit an der Wiederaufrichtiing des staatlichen und volkswirtschaftlichen Lebens auf neuer, zwcckcmtspieckender Grundlage. Im Hinblick auf die weit verbreitete, durch Zusammen- brncki und Umwälzung geförderte geistige und sittliche, so ziale und politische Verwirrung der Anschauungen und die derzeitige seelische Leere, erachtet es der Verbandstag der katholischen Arbeitervereine als eine unabweisbare Aufgabe der Politik unserer Tage: 1. Die innere Verklammerung und Verbindung der materiellen Politik und Gesetzgebnngsarbeil der Parlamente mit sittlichen Kiiltiirgedauken: 2. eine van Tagesströmungen und Tagesineinimgen unbeirrte Orientie rung der Zentrumspolitik an den eigenen Grundsätzen und Idealen; 3. eine stärkere Heiniisarbeitnng und öftere Be tonung dieser Grundsätze auch in der politisch parlamenta rischen Arbeit; 4. eine Revision der zurzeit vorhandenen Richtlinien der Partei und Schaffung eines von einem allge meinen Parteitag z» bestätigenden Parteiprogramms; 5. Herstellung steter und lebendiger Beziebnngen zwisckM Zentriimsfraktion. Parteileitung »nd Parteiorganisationen ini Lande: 0. desgleichen erscheint die endliche Einfügung der Parteipresse in den Organismus der Partei dringlich. Der Verbandstag fordert die Mitglieder >dor Verbandsvereine aus, im Sinne die'er Anregungen in den Parteiovganisa» tionen und Parteiinstanzen rrnabläßlich tätig zu sein." »Ml l « —W—»MW, Die Kampfansage der französischen Sozialisten Von un s e r e m a n ße n p o l i t i s che ii Mitarbeiter Diejenige Richtung der französischen Sozialisten, die in ihrer politischen Auffassung und Tendenz etwa der Richtung der deutschen Mehrheitssozialdemokratie entspreckM, haH eine schärfe Kampfansage gegen die französische Negierung erlassen. Sie erkläre», daß sie „die militä rischen Kredite, die Kredite für kolonialen Erwerb, sowie das gesamte Budget ablehnen". Sie erklärten weiter, daß der F r i e d e n v c r t r a g von Versailles nicht rai tifiziert werden darf. In Deutschland wird man naturgemäß die Frage aick, werfen, ob und welche Rückwirkungen eine solche Stellung nahme der fnrnzösisckM Sozialisten.namentlich in bezug auf die durch den FriedenZverirag geschaffenen Beziehungen zwi schen Deutschland und Frankreich haben wird. Ter Ver fasser dieser Zeilen, der die ftanzösisck-e Psyche einigermaßen, zu kennen glaubt, der aber auch die ganze Geistesrichtimg der französi'chen Bevölkerung im »nd nach dem Weltkriege bi - zum heut'gen Tage kennen zu lernen (hclegenhcit hatte, möchte nicht verfehlen, vor einer rrfährlichen Ueberschätzung der an sich gewiß bemerkenswerten Tatsache zu warnen. Man müßte ja die Franzosen, ja man müßte selbst die iran- zösischen Sozialisten schlecht kennen, wenn man nun etwa von ihnen erlvartcn wollte, daß sie sich dafür einsetzten, daß es ihnen, also der französischen Bevölkerung politisch nn- wiilschaftlich iinbeguemer und den Deutschen dafür bequemer gemacht werde, als cS der Friedensvcrtrag vorsieht. Kein Mensch in Frankreich denkt daran, sich etwa für eine Milde,