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Sächsische Volkszeitung : 03.08.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192108038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210803
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210803
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-08
- Tag 1921-08-03
-
Monat
1921-08
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 03.08.1921
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VitUwoch den S. August 1921 Sächsisch« «virszettung Rr. 17S. «eite » Die Einladungen nach Pari« Paris, 1. August. Die Einladungen zur Sitzung des Obersten RatS. deren Beg nn auf Montag, den 9. August, festgesetzt worden ist, werden Herne abend an die beteiligten Mächte abgesandt werden. Eine Erklärung Lloyd Georges London, 1. August. Im Unterhnuie crllärle Lloyd George auf eine Anfrage, die britische Negierung sei im Verlaufe dcr jüngsten Auseinandersetzung mir Frank: ech lediglich von dem Wunsche geleitet geweßn. eriic gerechte Lösung der oberjchlestichen Frage in Gemäßheit des Abstimmungsergebnisse» und der Bestimmungen des Friedensvertrags ru sichern. In Be- autworinng von Zwit^enrufen «lklörte Lloyd George, es sei die Au'pabe der brit s-.cn Negieuurg, daiübcr zu wnchen, daß Polen uno Deutschen in gleicher Weise völlig rechtmäßige Behandlung zuteil werde. Lloyd George ertlärte noch, er glaube, daß das Berfahren egen die Krieg «beschuldigten auf der Tagung des Obeisten iales Gegenstand der Erörterung sein werde. Die Sitzung de« Oberste» Rates London, 1. August. Wie Reuter eisährt, bat Briand heute vorm ttag den Vorjchlng, die Tagung des Obersten Rates am 8. August in Paris staitfindcn zu lassen, zustiwmend bcant- »oitet. Lloya George, Lord Curzon und andere Regierungsmit glieder weroen am Sonntag abieüen ES herrscht hier das Empfinden, daß die Sitzungen nur wenige Tage dauern werden, da die britischen Minister in London Dringe,»es zu erledigen haben. Der italienische Ministerpräsident und der italienische Minister des Aeußeren werden ebenfalls in Paris sein. Die Truppentransporte durch Deutschland (Eigener Drahtbericht der «Sachs. V o l k S z e i t g.") Berlin, g. August. Ueber den bevorstehenden .Kollektiv schritt der Vertreter Frankreichs, Englands und Italiens erfährt das „Berliner Tageblatt" aus parlamentarischen Kreisen, daß de» Schritt, der bis zur Stunde noch nicht erfolgt ist, im Laufe deS heutigen Tages zu erwarten sein dürste. Obwohl über den Inhalt der gemeinsamen Note noch nichts Bestimmtes bekannt ist. glaubt man, sie werde etwa G lauten, daß darin von Deutsch land gefordert wird, dem Transport alliierter Truppen keine Hindernisse entgegenzusehen und die erforderlichen Transport- mittel bereit zu halten, für den Fall, daß der Oberste Nat den TranZport an Truppen nach Oberschlesien beschließen sollte. Ueber die Haltung, die von der deutschen Regierung in ihrer wahrscheinlichen Antwortnote aus diese Forderung an die En tente voraussichtlich eingenommen werden wird, läßt sich nach weiteren Ausführungen der unterrichteten parlamentarischen Kreise etwa folgendes sagen: Man wird die Bereitwilligkeit Deutschlands erklären, dem Verlangen der Alliierten nachzukom- nie», falls der Oberste Rat eine dahingehende Entscheidung fäl len sollte. Nach einer.: vorherigen Gcsamtbeschluß des Obersten Rates wäre Deutschland auf Grund des Versailler Vertrages zu dem Transport verpflichtet. Fm Anschluß a» die Erklärung ihrer Bereitwilligkeit wird die deutsche Negierung um nähere Angabe bezüglich der Truppenzahl und der Art des Transpor tes ersuchen, damit die notwendigen Maßnahmen ergriffen wer den können. Fün ein deutsches Obersch.'efien London, 1. Auaust. «Daily Chronicle" zufolge wird LGyd George bei den am Montag beginnenden Sitzungen des Obersten Rates zngegrn sei». — Dcr.Obicrver" sebreibt im Leitartikel: Ober schlesien müsse in seiner Gesamtheit deutsch bleiben, nicht nur ans Grund geschichtlsthcr, geograpl iichee und wirtichaftstcher Erwiigiiliten, somic im Hinblick auf den künftigen Frieden und die Stabilität Europa?. Jede Tulling müsse perhnngw? volle Folgen haben. Beginn eine« neuen Polenausstande« Breslau, l. Auanst. Nach Meldungen aus Obeischlesien scheint der neue Aufstand der Polen im Kreis- Nybnik be ginnen zu wolle». Fortwährend^ strömen dabin von der Grenze ans p o l n i sch e Tr»p p en in Uniform lind Zivil. Sie überschreiten die Grenze bald in tle iieren, bald in größeren Trupps. Zum Teil werde» dnse polnischen Soldaten als deutsche Flüchtlinge iiiZslierl und so find sie iu größerer Anzahl in die deutsche» Bäder Go ti'Nalb witz und Iasirzemb gekommen. Auch werden die polnischen ' ookols bereits mobilisiert. Sie sind in größeren Trupps von Schcpp'iiitz und Mys.'owitz abgerückt. Ausweisung eines Krsegsbsscl uldigten D.ainz, l. August. Laut „Echo du Rhin" ist dcr pensionierte General v. Tesmar in Trier von der Interalliierten Nheinlands- komiii'ssiou aus dem besetzten Gebiete au 8 gewiesen worden. Der General steht ans der belgischen Liste der KriezSbeschuldigten- Die Lage im Rheinlande (Eigener Drahtbericht der „Sachs. Volkszcit g.") Köln, 2. August Es verlautet, daß Bonn, das vor Jahresfrist aus englischen in französische .Hände übergegaugen ist, demnächst wieder eng lische Besatzung erhalten soll. Wie zu erwarten war, werden auch die französischen Truppen in Köln wieder durch England ersetzt werden. Die Lage im Kölner Zeitungsstreik ist unverän dert. Ein drohender Süeik der hiesigen Schreiner konnte noch in letzter Stund« verhindert werden. Vom französischen Gewevkschaftskonnretz Pari», 1. «ugust. D'e Tagesordnung de» Gewerk« schaftstongresses vo» Lille wurde vorgestern mit etwa 250 Stimmen Mehrheit angenommen. Sie fußt auf den Beschlüssen, die vom Kongreß in Amiens angenommen wurden und in wischen, von anderen Kongressen hes Allgemeinen Arbeiterver andes bestätigt worden sind. — Ter Kongreß gibt der C. S. T. den Auftrag, die Verwirklichung eines Mindestprogramms zu erstreben, namentlich aber für den Wiederaufbau der verwüstete» Gebiete einziltreteli, für Nitwnalisierung der öffentlichen Dienste, für Einführung der soziale» Versicherung, für Arbeiter kontrolle und schließlich auch für Widerstand gegen die Bestre bungen der Arbeitgeber, die Löhne herabzusetzeu und die Arbeits- zeii zu verlängern. Schließlich wird in der Tagesordnung ge sagt. daß bei der augenblicklichen Weltlage jede besondere Frage jedem Lande selbst überlassen werden müsse, daß aber inter- rationale Lösungen wünschenswert seien. Wie das Kommunistenblatt „Internationale de Lille" be richtet, hat die liberale Minderheit des Gewerkschaftskongresses, also die Anhänger der Moskauer Internationale, heute getrennt getagt. Die Kommuniiten haben einen ausführenden Aus schuß eingesetzt, woraus sich schließen läßt, daß sie die Absicht haben, den Allgemeinen Arbeiterverband zu ver lassen. Italiens Politik Rom, 1. August. Im Senat erklärte der Minister de» Aeußern Marquis della Toretta bei der Debatte über die Regier»»«?- erlläiung ferner, Italien müsse die ans dem Friedensvcrtra« sich ergebende» Verpfl chtunqcn achten, auf denen sich Italiens Politik aufbauen müsse. Italien müsse seinerseits verlangen, daß alle Mächte, die den Vertrag iinterzeichnst haben, JntlienS Rechte ihrerseits achte». Bei zweifelhaften Fragen werde Italien den Geist der Versöhnlichkeit sprechen lassen. Die äußere Politik Italien« müsse im wesentlichen von wirtschaftlichen Gesichtspunkten geleitet sein; denn Italien brauche die auSlän ilchen Rohstoffe und ausländischen Märkte- Durchaus erforderlich sei, daß da» Gleichgewicht im Mittelmeer nicht weiter z» Italiens Nachteil gestöit werde. Demzufolge sei die Unantastbarkeit und Verwirklichung der durch den Dreiverband Italien gesicherten Vorteile sichelzustellen. Es bedürfe daher einer Verständigung mit den Alliierten und einer Politik im Geiste loyaler Zusammenarbeit. Der Minister erklärte weiter. Italien habe in Angora wegen dcr Zwischenfälle von Adalia Protest eingelegt und seine Seelräste in Konstantinopel veistärkt. Dir Zweck dieser Maßnahme sei einerseits Warnung. ander'eitS sei sie als ein mög- licheiwcise notwendio werdender Beitrag zu der Verteidigung der Meerenge durch die Alliierten gedacht. E? sei unbedingt erforderlich, daß die Meerengen für die friedliche Schiffahrt geöffnet bleiben- Be züglich Albanien« erklärte der Minister, Italien sei am meisten an dem Schicktal deS Nachbarlandes intereifiert und müsse darüber wachen, daß die von Italien zugunsten der Unabhängigkeit Albaniens ergr ffencn Schritte nicht zum Vorteil der anderen unter Schädigung dcr Freiheit Albaniens und de: lebenswichtigen strategischen Jnter- isscn Italiens auslaufen- Sollte gegen alle Voraussicht und gegen Italiens Wunsch da? von Jlatien ausgestellte Programm undurch führbar sein, so müsse die ganze albanische Frage nochmal» auf der Grinidlage der vorherrschenden Interessen Italien geprüft werden, die von den Alliierten bereits anerkannt seien. Dcr Minister gab sodann die bereits gemeldeten Ertläiiingen über Oberschlesicn und sagte schließlich bezüglich deS Vertrages von Rapallo, er werde alle? tun, um Italic«-; Verpflichtungen zu erfüllen, und werde nach drücklich fordern, daß die Rechte Italiens geachtet werben. Der Minister schloß mit der Bitte um das Vertrauen tu» Senats. Die Erklärungen des Ministers wurden bei ästig anfgenominen. Bonomi über Fiume Rom, 1. August. Im Senat erklärte dcr Ministerpräsident Bononii zur Finmer Frage: Die Ehre Italiens sei durch den vom Parlament ratifizierten Friedeiisvertraz von Rapallo verpflichtet- Die italienische Negierung beabsichtige, Re Frage der Ostgrenze mit der internationalen Konstitut on des Hafens zu verbinden und die Stadt Fiumc zur Besp rech n»g hinzuzuzieheu, damit die Lösung der Stadt nicht aiifgezwungeii, sondern von ihr angenommen weide. Damit würde man eine verfassungsmäßige Regierung in Fiume bclchleiinigtii. Die Ueüersührurig der Leiche Leos XIII. nach SL. Peter (Eigener Drahtbericht der „Sachs. V o l k s z e i t g.") Rom. 2. August Tie römischen Katholiteuvereiue richteten eine Anfrage an die Negierung, ob sie die etwaige Uebcrsuhrung der Leiche Leos XIII. vvil St. Peter nach dem Lateran gestatte und die Feierlich keit durch Sicherheitsmaßregeln garautiereu wolle. Der Vatikan erwarte aber, daß die Ueberführnng nicht bei Nacht und Nebel und iu aller Heimlichkeit stattsinde, wie die Uebersuhrung des Papstes Pius IX., dessen Leiche von Antiklerikalen beinahe m den Tiber geworfen wurde. Der Vatikan hoffe vielmehr, daß die Ne gierung mit großem Pomp an der Zeremonie teilnehme. Schorf jetzt steht fest, daß die gesamte Popolaripartei sowie über 20 000 Katholiken sich dem Zuge anschließen werden. Die Uebersührung, die wahrscheinlich am 7. September erfolgt, soll eine Leichenfeier unter der Teilnahme des Papstes und des Kardinalkollegiums, sowie des diplomatischen Korps in St. Peter vorhergehen. Rußland zu Hoovers Bedingungen Frankfurt, 1. August. Die «Franks. Ztg." meldet aus Nigar Mawm Gorki hat im Auitiage KcnnenewS an den Vertreter dcr amerikanischen Hilfsorganisation folgende Depesche gesandt: D e Sowielxegieruiig findet sämtliche Bedingungen Hoovers, einschliMich der Freilassung der cimciitanllchcii Staatsbürger, annehmbar. Sie schlägt zur Ngrlmia der Einzellpiieir eine Zusammenkunft in Moskau, Riga oder Reval vor. Hoovers Vor clffag ist d s- halb von aiißerordeiitlichkr Bedeutung, weil die Zulassung zur eit in Rußland selber der ausländischen Organisation die Möglichkeit gibt, eine Hilfsiäiigkeit im großen Stile zu entfernen. Die Hungersnot in Nutzland ABC. Aus HelsingSfors wird uns geschrieben: Die letzten auS Rußland eintreffenden Nachrichten, die Haupt» sächlich auf die Berichte der aus dem Hungergebiet entkommenen Flüchtlinge zurückgehen und in der sinnländischen Presse veröffent licht werden, lassen eine bedeutende Verschärfung der Lage erkenne». Wenn auch die jetzige Notlage in erster Linie durch die Dürre zu erklären ist, so hat die unverantwortliche Reqni- sitionspolitik der Sowjetregierung während deS Winters die Lage ungeheuer verschlimmert. Die Zahl der Hungerndem wird auf 35 Millionen geschätzt, unter denen die Todes« fälle ständig zunehmen. Die Flüchtlinge erzählen, daß Stadt« wie Orenburg, Ufa und andere von den hungrigen Bauern förm lich belagert werden. Tscheljabinski soll vollkommen ausgeplüiidert sei». Zuverlässige Mitteilungen besagen, daß in Woronesh und Zarizin neben der schon seit langer Zeit wütenden Cholera neuer dings auch die Pest auSgebrochen ist. Großes Aufsehen haben die Meldungen über Unruhen, die unter den Lrilppen der West front auSgebrochen sein sollen, verursacht. An den Erfolg der ausländischen Hilfsaktion glaubt man in Anbetracht der sich entgegenstellenden technischen Schwierigketten nicht. Tie Hoffnung der bolschewistenfeindlichen Bevölkerung auf einen Ju- sammenbruch der Gowjetregierung wird durch die innerhalb der bolschewistischen Machthaber herrschenden Kopflo sigkeit und ihre zutage tretende Unsicherheit gestärkt. DaS Präsidium deS Allrussischen Zentralen Exekutivkomitee» hat eine Zentralkommission der Hilfeleistung siie die Hungernden ins Leben gerufen, die mit die bekannteste» Na men Sowjetrußlands an ihrer Spitze zeigt: Kaltntn, der Vorsitzende des AZE., ist Präsident, Smidowitsch, Rykow und Kanieiiew seine Vertreter. Ferner sind vom Exekutivkomitee noch Lobatschcw, Teodorowitsch, Sereda und Schljapnikow darin. Di« Volkskommissare sind durch folgende Personen vertreten: Jem- schanow — Verkehrswesen, Paufler — Landwirtschaft, Scmastti- ka — Gesundheit, Krassin — Außenhandel, Popow — Inneres, Baranski — Arbeiter- und Bauerninspektion, Sawadowski — Ar beit, Karklin — Nationalitäten, Swiderski — VolkSverpfleguug. Die Kommission wird keinen eigenen Apparat haben, sondern aus schließlich durch die staatlichen Organe arbeiten. Sie ist bereit» unter Kal in ins persönlicher Führung an die Wolga al>- geretst, um mit den Organisationsarbeiten zu beginne». De« Arbeitsplan sieht folgende Punkte vor: Versorgung mit Nahrungs mitteln, Evaknation des Viehs, Notstandsarbeiten, Aussiedelung und Schaffurig der bäuerlichen Hilfsorganisation aus Gegenseitig keit an Ort und Stelle und über ganz Rußland. Berlin, 1. August. Zn Reval aus Rußland eingetragene Flüchtlinge sagen übereinstimmend auS, daß die Stellung der Sowjet-Regierung durch die herrschende Hungersnot lehr erschüttert ist. In der letzten Sitzung der Vostskomm ssarc machte Lenin den Vorschlag, eine Koalitionsregierung zu bilden, in ter die sozialistischen Parteien vertreten sein sollen. D e einzige Aufgabe dieser Regierung soll dir Bekämpfung der HiiugeiSnot iein Trotzky widersetzte sich jedoch diesem Vorschlag. Es heißt, daß Lenin demnächst eine Auslandsreise antreten werbe, waS zur Folge hätte, daß die Macht an Trotzky »nd die Militärpariei übergehen würde. In der letzten Sitzung des Zentral-Exekiitivkomitees lffelt Trmky eine Rede, in der er den Krieg gegen Europa und »am.mticü gegen Polen verkündete, um für das hungernde russische Volk Lebensmittel mit Macht zu holen. Er sagte u. a.r Die nächste ffu- kunst wird zeigen, daß die Vcrsöhnungspoliiik Lenins ein Trugt-td ist. Das kapitalistische Europa haßt uns und wird uns nuinals Hilfe bringen. Es gibt sür uns nur den Ausweg, daß wir nnS mit Macht holen, was man uns nicht freiwilIig geben will. Der erste Schlag muß gegen Pole» gerichtet sein, gegen die Regierung, die in frechster Weise den Vertrag von Riga verletzt bat. Ueber Helsingfors wird a»S Petersburg gemeldet, daß toit große Unruhen herrschen, die aber unter sürchterl chcm Turne unterdrückt werden. Unter den etwa 4 Millionen Flüchtlinge», die vor dem Hunger aus dem Wolgagebiet stich.» und auf MoS'iu marschieren, wütet die Cholera ungeheuer. Tie Slcrblichseittz-üer beträgt 95 Prozent. Die Seuche hat auch auf das Sauitäispe>sa ml übcr.-rgriffeir, ebcnso auf die Roten Truppen, die de» Hnilgc nd eutgcgengesandt wurden» um sie aufzufalten. Sächsische Volkszestmig — Nr. 176 — 3. August 1921 Aschenbrödel Origiualraniaii von Erich Eben st ein Copyright 1919 by Grerner u. Comp-, Berlin W. 30. (Nachdruck verboten) (7. Fortsetzung.) „Darum handelt es sich iffcht," lächelte der junge Mexi kaner. „Nämlich nicht um Geschäftliches. Ich bin nur froh, Sic kenne» zu lernen, da meine Mutter mich beauftragte, nach Ihnen — oder vielmehr nach Ihrer Stiefschwester und deren Kind — zu forsche». Leider hörte ich. daß Frau Eckardt ge- stcrben ist." Ein Schatten legte sich auf Oppachs Gesicht. „Ja, sie ist lange tot. Wußten Sie das nicht? Aber darf ich fragen, welches Jnieresse Ihre Frau Mutier an der Verstor benen nimmt?" „Gewiß. Beide Damen waren eng befreundet." Und er wiederholte, was er Heitzmann bereits erzählt hatte. Oppach hörte zu, dabei unverwandt in die klugen Augen bek neuen Gastes blickend. Pcrez — natürlich —I Immer deutlicher stieg die Erinnerung an diesen inzwischen vergessenen Namen in ihm auf. Daß «r ihm nicht sofort auffielI «So so, Ihre Mutter war also befreundet mit Helene Eckardt? Da —« kannte sie wohl auch meinen Schwager?" fragte er endlich. „Selbstverständlich. Wenn auch natürlich nicht so gut wie seine Frau." Oppach nickte. „DaS denke ich mir. Tonst — Eckardt war nämlich ein schwacher, leichtsinniger Mensch, der aber gleich- Wohl eigensinnig an seinen verrückten Ideen festhirlt und da durch meine Schwester ins Unglück brachte. Durch ihre Heirat mit ihm, di« gegen den Willen der Eltern stattfand, brach sie alle Brücke» hinter sich ab. Bald nach der Trauung mußten leide Europa verlassen und ginge» nach Amerika. Wir hörten längere Zeit nichts von ihnen. Erst Jahr- später kam meine Cckwester schwer krank mit der erst wenige Monate alten Bri- citte in mein Hau», starb vier Tage später und überließ mir die Sorge für ihr Kind. Ich muß Ihnen dies alles sagen, da Bri gitte selbst nicht» darüber weiß und ich nicht möchte, daß sie sich pur noch nachträglich ihrer Elter» schämen muß." «Schämen? Wie so? Haben ihre Eltern denn etwas Ent ehrendes« getan?' fragte dek Mexikaner erstannt. «Nun, ich sehe wenigstens einen nicht als Ehrenmann an, her mit leeren Taschen Bürgschaft leistet, bi» ans den letzten Knopf ausgepfäildet wird, ein Weib in sein Elend hineinzieht und zuguterletzt die Sorge für die leichtsinnig gegründete Fa milie fremden Leuicn überläßt!" antwortete Oppach trocken. Perez sah verblüfft drein und schwieg. Dann aber ver beugte er sich kühl. «Ich verstehe und werde Ihren angedeuteten Wunsch re spektieren, indem ich mit dcr jungen Dame nur in dem Sinne über ihre Eltern spreche, wie eö daheim bei uns geschah: näm lich, daß es liebenswürdige Menschen waren." Oppach lächelte etwas gezwungen. «Ich hoffe, Sie mißverstehen mich nicht, Herr Perez — ich wünsche die» nur in Brigittes Interesse." „Davon bin ich überzeugt." Indessen war er doch nicht so ganz fest überzeugt davon. Während er mit Brigitte plauderte — vorsichtig und viel weni ger eingehend als er zuvor beabsichtigt und sie selbst gehofft hatte — flog eS ihn immer wieder durch den Kopf: Da stimmt etwas nicht. Warum diese Geheimniskrämerei? Man schien doch sonst in diesem Hause, wie er gleich auf den ersten Blick mit Erstaunen bemerkt hatte, nicht so besonders rücksichtsvoll mit Fräulein Eckardt umzugehen. Und in seinem Elternhause war der Verstorbenen ganz anders gedacht worden. Brigitte selbst hatte schon in der ersten Minute einen tie» fcn Eindruck auf ihn gemacht, drr sich im Verlaufe de- Abends beständig verstärkte. WaS für ein wunderzartes feines Wesen war dies Ge schöpf mit de» schwermütigen Augen und der sanften Stimm«. So ganz anders als die selbstsicher auftretenden Mexikanerinnen, d.« bisher seinen Umgang bildeten. Brigitte fühlte den Ein druck, den sie machte, aber es stimmte sie nicht froh. Im Gegen teil. ihre Enttäuschung wuchs dadurch und ließ sie nur noch scheuer als sonst werden. Alles, was sie gehofft, blieb aus! Er sprach ja kauni von ihren Eltern — lenkte immer ab — gab vor, nichts zu wissen. Und mit der unbefangenen Freundschaft schien es auch nichts zu werden, nach seinen bewundernden Blicken zu schließen. „Wenn der Krieg vorüber ist, müssen Sie zu unS nach Mexiko kommen, Fräulein Eckardt," sagte er, ihre Enttäuschung wohl bemerkend. „Dann wird meine Mutter Ihnen den gan zen Tag von Ihren Eltern erzählen." Brigitte schwieg. Wie sollte sie je nach Mexiko kommen« Und bis der Krieg vorüber war, mußte sie ja längst auf eigenen Füßen stehen, wenn man weiter darauf bestand, daß sie Dr Hcilbcm» Frau werde. Isolde saß mißgestimmt zwischen dem Maler Welten und einem Herrn, den Heitzmann kürzlich cinsührle und der ihr in überschwenglicher Weise den Hof machte. Sie hatte bestimmt gehofft, daß Heitzmann wenigstens heute, wo dcr Mexikaner seinen Platz bei Brigitte einnahm, sich wieder in der Kami»clle einfinden werde, wo sie „Cercle' hielt. Aber er war mit einem kühlen Blick an ihr vorüber noch dem Spielzimmer gegangen, wo er, wie Isolde durch die offenen Flügeltüren sah, neben ihrem Vater stand und scheinbar gaa, gefesselt dem Spiel zusah. Oppach, sonst ein Meister im Kartenspiel, spielte heul« schlecht. Dabei flog sein Blick oft nach dem Salon zu Brigitte und Perez, die mdt Dr. Halban eine Gruppe für sich bildete» Zuweilen nahm sein Gesicht einen unruhigen, gleichsam horten den Ausdruck an. „Woher kennen Sie denn Herrn Perez eigentlich, Fritz?' Wandte er sich in einer Pause an Heitzmann. „Ich kenne ihn gar mcht. Papa stand mit seinem Bäte« in Geschäftsverbindung. Ich seilst sah Scnnor Perez heute daS zweit« Mal." Und er erzählte, was er über den Mexikaner wußte. „Ein komischer Zufall, nicht wahr, daß er sozusagen bei seinem ersten Auftreten hier gerade an mich geriet, der ihn auf die Spur von seiner Mutter langgesuchtcn Taufkind leiten konnte?" „Ja — sehr koinischl" Oppach versank in Nachdenken. Also Frau Perez war Brigittes Patin und hatte sie schon lange gesucht. Uud die Perez hotten früher mit Eckardt« am selben Orte gewohnt — waren allein Anschein nach eng befreundet gewesen. „Ohol" sagte einer der Herren plötzlich. „Sie habe» vor- hin Treff gestochen, Oppach, und nun spielen Sie den König aus!" Oppach warf ärgerlich die Karten hin. «Sic verzeihen, meine Herren, ich habe heute keine Lust zu spielen! UcbrigenS wird eS ohnehin bald Zeit znm Abend essen. Wenn Sie nichts dagegen haben, wollen wir bis dahin den Damen ein wenig Gesellschaft leisten." - Die Herren waren einverstanden. Nach dein Abendessen wurde meist noch eine Stunde gespielt. Vielleicht war dcr Hausherr dann mehr bei der Sache. Aber Oppach blieb auch nach dein Abendessen ein zerstreu ter Spieler. „Hoffentlich haben Sie keine ungünstigen Nachrichten?" meinte Herr Sakrow, ein bekannter Finanzmann und äugen« blicklich Oppachs Partner im Spiel, besorgt. (Fortsetzung folgt.)
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