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Dienstag, den 17. Iimi 1924 Nr. 139. Seite S Jahresschau Deutscher Arbeit Klöppelei In der Textila»Sstell»ng 1924. ..Haben Sie schon von der Klöppelstube gehört, in der »Heilung'?" „Gehört? — S>e meinen gesehen?" „Nein, gehör'„Wie das? Ich habe auch keine gesehen!" „Weil Sie sic nicht gehört haben, sonst Hütten Sie sie sehen müsten! Bei di »i Vielen, was zu sehen ist, ist das Uebersehen nicht schwer: insbesondere bei etwas, was seinem Wesen nach in eine Ecke gc>. rächt werden mußte, aber höre» mußten Sie sie." „Ent schuldig, ! Sie, es ist vielerlei zu hören, in der Ausstellung." „Die A, wort werden Sie nicht geben, wenn Sie sie einmal wirk lich gehl ct haben; denn es sind nicht die scharfen, schnellen regel- mäßige» Töne, der sausenden Webstiihle, nicht das Schnurren der Spinnnnischlnen — es sind anheimelnde, weiche Mädchenstimmen mit Gnuarre-Begleitung, die ihre reizenden, heimischen erzgcbir- gischen Lieder zum Besten geben, aber nicht als Schaustück. Das Singen zur Arbeit ist dort heimisch auch in den Schule», und was hier zu sehen ist, ist in Wirklichkeit ein Abbild der Klöppelschulen, wie sie im Erzgebirge zahlreich bestehen, und die seit Barbara llttmanns Zeiten <1561) dort eine neue Heimat gefunden haben, die es anfnehmen können in ihrer Kunstfertigkeit mit den besten Stellen, an denen man diese feine Kunst verstand. Sie kam wohl ursprünglich von Holland, wo alte Meister- bildcr »ns noch heute diese Volkssitte vergegenwärtigen. Sie hat aber eine Ausdehnung und Ausbildung und einen Boden im Erzgebirge gefunden, daß man diese Uebertragung längst ver- gcssen hat. Wenn man nicht nur hört, sondern auch die Blicke ruhen läßt ans den entzückenden Erzeugnissen, die diese Kunst zum Teil von Kinderhänden schon hervorbringt, wird man zugeben. daß hier ein einzigartiges Schassen weitab von der großes Welt sich regt. Eine Dame ersteht sich eines der hübschen kleinen Produkte, das die S Mädchen vor aller Augen, während sie dem Gesang huldigen, auf dem Klöppelkissen mit hurtigen Fin gern erzeugen. Eine andere läß sich die Technik dieser ducchein- anderwirrenden Holzklötzchen und Fäden in langsamer Vorführung zeigen; eine dritte kauft sich die Postkarte mit den aiiheimelnden Liedern und hinter ihnen werden schon ungeduldige Stimmen laut, daß man doch die anderen Leute auch noch, etwas sehen lasten möchte. Es ist nämlich noch nicht die Kunst erfunden, daß man über alle anderen wegschauen kann. Eine traurige Tatsache, über die man auch bei der inter- essanten Seidenhaspclei Betrachtungen nnstellt, die aber selbst ein Einstein nicht aus der Welt schafft. Darum geliebte Leserin — sehr verehrter Herr Lese,-, auch du sollst nicht vergessen sein —, wenn du auch in der Lage bist, die Klöppelstube weder gehört noch gesehen zu haben, hole es raschestens nach, aber sag' nicht zu vielen Menschen ans einmal von deinen Eindrücken, sonst wird es zuviel auf einmal, n»d die Klöpplerinnen können sich nicht vervielfältigen. Vor allem ist der traute, kleine Raum, der unter Hosrat Sehsserts be- währter Mitwirkung ganz dem heimische» Charakter angepaßt ist, nicht in einen großen Saal zu verwandeln, wenn nicht dieser hübsche Anblick verloren gehen soll. Also geh' öfters in die Aus stellung und versuche dabei dein Glück! In der Historischen Ab teilung Halle 1, beim Uebergang zur großen Rotunde wird cs dich erwarten. Iiitkttssavle Zllhlkn ans der REsMk Die sächsische I u st i z st a t i st i k für das Fahr 1923 zeigt folgendes Bild: Am 31. Dezember 1923 betrug die Zahl der planmäßig ge währten Stellen derRichter 848 und der Staatsanwälte 95. Don den Inhabern dieser Stellen waren als Hilfsarbeiter in das Justizministerium und als Hilfsrichter an das Ober- landesgcricht insgesamt 35 abgeordnet. Im Jahre 1923 lioben staltgesunden 41 zweite juristische Staatsprüfungen und sieben Priisnngen von mittleren Beamten sBesörderungsprüsungen): geprüft wurden 159 Referendare und 28 mittlere Beamte. Die Zahl der Rechtsanwälte belief sich Ende 1923 auf 1953. Die meisten Rechtsanwälte hatten ihren Wohnsitz in den Landgerichtsbezirken Dresden <365) und Leipzig <360>. dann folgen die Landgerichtsbezirke Chemnitz (139), Bautzen <V7), Zwickau <65), Plauen <53) und Freiberg <43). Notare waren Ende 1923 insgesamt 646 vorhanden, und zwar im Be zirke des Landgerichts Leipzig 196, Dresden 194, Chemnitz 95. Bautzen 47, Plauen 45, Zwickau 39 und Freiberg 39. Die Zahl der gesamten Zivilsachen bei den Amts gerichten betrug im Berichtsjahr 221289 gegen 372 554 im Jahre 1922, die Abnahme also 41 v. H. Die darunter befind lichen gewöhnlichen Prozesse sind von 86 995 im Jahre 1922 auf 76 667 im Jahre 1923, die Mahnsachen von 297 733 aus 85 638, die Aonkurssachen von 463 auf 163 und die Zivangs- vsrsleigerungs- und Zwangsverwaltungssachen von 612 auf 365 zvriickgegangen. Die Zahl der amtsgerichtlichen Strafsachen ist etwas gewachsen: sie betrug im Berichtsjahr 198 396 und im Jahre 1922 89 993, die Steigerung mithin 22 v. H. Die Zahl der Geschäfte in der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist ebenfalls ge stiegen, und zwar von 368 749 im Jahre 1922 aus 485 743 im Jahre 1923, also um 32 v. H. Auch die Geschäfte der Gerichts vollzieher sind zurückgegangen. Die Zahl der Zustellungen be trug 158 962 gegen 223 489 im Jahre 1922 und die der Ein tragungen in die Vollstreckungsbücker 148 389 gegen 239 563 im Jahre 1922, die Abnahme mithin 29 beziehentlich 38 v. H. Bei den Landgerichten haben die Geschäfte sowohl in Zivilsachen, als auch in Strafsachen zugenommen. Es sind im Jahre 1923 57 797 Zivilsachen, gegen 53 596 im Jahre 1922, und 7919 Strafsachen, gegen 6789 im Vorjahre, anhängig ge worden. Die Zunahme beträgt mithin bei den Zivilsachen 8 und bei den Strafsachen 17 v. H. Die Geschäfte der Staats anwaltschaften bei den Landgerichten sind gegen das Vorjahr um 56 v. H. gestiegen. Die Zahl der Anzeigesachen betrug im Jahre 1923 199179, dagegen im Jahre 1922 nur 69 989. Bei dem Oberlandesgericht haben die Geschäfte In Zivilsachen zugenommen, dagegen in Strafsachen abgenommen. Es sind im Berichtsjahre anhängig geworden: 5318 Berufungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und 347 Revisionen in Strassachen. Die Zunahme der ersteren betrug also 14 v. H. und die Abnahme der letzteren 26 v. H. Dkk AWllll-klitW vor der Intcrnoliovalc« ArbeitskoitferkNs Genf, 15. Juni. Am Donnerstag trat in Gens der Ber- waltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes zur Beratung der Internationalen Arbeitskonferenz zusammen. Bei der Be ratung des Berichts, des Direktors des Arbeitsamts, in dem aus die Beunruhigung hingewiesen wird, die in verschiedenen Län dern durch die Mehrarbeit in Deutschland hervor gerufen wurde, ergriff der deutsche Regierungsvertreter Mini sterialrat Leymann vom Reichsarbeitsministerium das Wort, um unter Anführung von Beispielen daraus aufmerksam zu machen, daß eine derartige Beunruhigung über die zu lange Arbeitszeit anderer Länder auch in Deutschland bestehe. Als dann der pol nische Negierungsvertreter seinerseits die Schwierigkeiten er wähnte, die für Polen aus der Mehrarbeit in Deutschland ent stünden, führte der deutsche Vertreter aus, daß, wenn Deutsch land auch das Washingtoner Abkommen über den Achtstunden tag nicht ratifiziert habe. eS doch am Grundsatz de, Achtstunden tages sesthalte, und daß die Abweichungen, die nur aus außer gewöhnliche Umstände zurückzuführen seien, einen vorüber gehenden Charakter hätten. Im übrigen seien die deutschen Gewerkschaften durchaus in der Lage, sobald die Umstände dos möglich machen, sich selbst für die strikte Anwendung oes Acht stundentages einzusetzen. Soweit er das aus.den ihm vor liegenden Tarifverträgen ersehen könne, würden außerdem die Ueber stunden bezahlt und in verschiedenen Industrie gruppen, in der Glasindustrie, im Buchdruckgewerbe und im Bergwerksbetrieb, werde der Achtstundentag weiter durckp gesührt. Im weiteren Verlauf der Sitzung schritt der Verwaltungs rat des Arbeitsamtes zur Ernennung der drei Mitglieder des im Artikel 312 des Versailler Vertrages vorgesehenen Aus schusses für die Regelung der Uebertragungsbedingungen der Versicherungsfonds in Oberschlesien. Ernannt wurden der ehemalige italienische Arbeitsminister Mario Abbiatc, der Prä sident des schwedischen Versicherungsamtcs Lindstedr und der Berner Professor für Finanz- und Versichernngsmissenschcislen Moser. Laut Artikel 312 ist noch je ein Mitglied des Aus schusses von der deutschen und der polnischen Negierung zu ernennen. Bausteine für das Realschule und Internat ZN Dresden werden von jetzt ab vergeben. Lin jeder keser unserer Zeitung möge für die Ausbildung unserer geistigen Führer in unserer sächsischen Diaspora nach seinem gegenwärtigen Rönnen einen Betrag, ganz gleich in welcher Höhe, auf das untenstehende Postscheckkonto ein senden. Nach Eingang der Sendung erhält jeder Spender eine mit dem künstlerischen Entwurf des geplanten Gymnasialgebäudes ver sehene Urkunde über die Erwerbung feines Bausteines. Vir hoffen, datz an diesem großen Merk sich jeder Ratholik beteiligen wird. Die Beträge wolle man einsenden auf das Postscheckkonto Dresden M9? der Sächsischen Volkszeitung unter dem Rennwort „Baustein für St. Benno-Gymnasium".