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Ar. 18Ä 18» Iahrg. Donnerstag, den 12. Juni ISIS abends Be,»»r»r»c», «,»,,»« ^ mit tllustt. «etlaa, viertelMrltch ».88 ü». In Dre»den uni -an» Deuttch- I«ld frei HauS it.St» b, Oeflerretth » 40 X. >»k,ab» » diertelfShrli» ».»8 F». In Dresden und ganz Deutfchl-md stet Hau» ».- 4» «n Oesterret« ».8« X. Uinzel-Kummer L« 4. Di« »LchMche »olkdzettuna erscheint an allen Nochenlagen nachmittag». «Sezchaftsstelle und Redaktio» Dresden-A. 16, Holbelnftratz« Fernsprecher 2136« Postscheckkonto Leipzig Nr. 1»7» «»zeige», Annahme don BelchLildenzeigen bi» t«llb> da» FamUiciianzeige» dir i l Uhr vorm. Preis türdie Petti EvalIzeiie4U 4.im«rllc mcleil t ^r. Familien-Anzeigen >8» z Für »ndeutlich geschriebene, sowie durch Fern wrecher ausgegcbene Anzeige» können wir dii Veraiuwurliichkcil jsirdie Richligkett de» Ler«,» nicht übernehmen. kdrechslunde der Redaktion! tl—I!t Uhr vormittag». Einzige Katholisch« TageszeiÄMg in Stich?««. Organ ZenirnWKpartet. Avsgabh ^ mtt Mustriektb VWrxhMmrgsSeilage «mL Mig. WocherwMaM K NM »i« der Moche»deMz,k Weltuntergang. N»ir wenige Tage noch, dann wird das Urteil über Deutschland gefällt. Wie mag es lauten? Soll es ein Blnturteil sein, wie es im Vertragsentwurf vorgesehen war? Es schwirren allerlei Gerüchte durch die Luft. Bald heißt cs, man ist zu Zugeständnissen bereit, dann wieder, die Entente gibt nicht nach, Deutschland mutz die Bedingungen hinnehmen, wie man sie ihm diktiert. Es läßt sich heute schwerlich sagen, wie die vier Weilen in Paris entscheiden werden. Erst die letzten Tage haben wieder bewiesen, daß man nicht zu einer Versöhnung bereit ist. Kalten Herzens werden Bestimmungen getroffen, die die geschlagenen Geg ner vernichten müssen, wenn sie zur Ausführung kommen sollten. Erst Deutschland, dann Oesterreich! Bulgarien und die Türkei harren noch ihres Schickscrts. Wird die Entente sich ihnen milder zeigen? Wohl kaum! Den feindlichen Blättern war bereits zu entnehmen, daß die europäische Türkei völlig aufgeteilt, und Bulgariens Gebiet zugunsten von Serben, Griechen und Rumänen stark beschnitten wer den soll. Frieden bedeutet Kriegsende, Völkerversöhnung! Aber wir sind heute davon weit entfernt. Ter Weltkrieg ist zwar beendet, aber schon lauern wieder neue Kriegsgefahren, die Welt wird niemals zur Ruhe kommen, tveil die Nationen sich nicht aussöhnen wollen, die Völker, die Feindsck-aft ge trennt, nicht wieder Freunde werden können. Vier Män ner entscheiden über Frieden und Krieg, über Haß oder Freundschaft. Heute noch! Wer weiß, ob auch noch mor- gen! Sollten nicht alle Ereignisse der letzten Tage auf nahen Sturm deuten? In Frankreich Generalstreik, in Paris Unruhen, in Belgien, in Italien, überall Arbeiter bewegungen, überall unzufriedene Massen, die selber in ihr Schicksal eingreifen wollen. Die feindlichen Truppen sind auch den Krieg überleid. Meutereien französischer Matro sen, in Tebastopol, der Ententehcere in Ungarn und neuer dings sogar im eigenen Lande — in Toulouse sollen ganze Regimenter den Gehorsam verweigert haben — all das sind drohende Sturmzeichen. Hinzu kommt noch die Arbeits- losennot in den einzelnen Staaten Europas, in Belgien sotten bereits über eine halbe Million ohne Arbeit sein. Belgien, der kleinste Staat des Kontinents! Ueberall auch Armut und Hungersnot! Nicht nur in Deutschland ist das Geld entwertet, Frankreich hat über 30 Milliarden Papier geld zu decken, und in England sind nur 28 Millionen Pfund Gold neben 300 Millionen Papier, Rußland und Rumänien, die früher noch eine Reihe anderer Staaten mit ihrem Getreide versorgen konnten, leiden jetzt selber Hunger- gnalen, oder müssen sich von der Entente ernähren lassen. So sieht es heute in Europa aus! Das stolze Europa, das einstmals an der Spitze der fünf Weltteile marschierte! Ter Krieg hat alles vernichtet und zerstört, die europäischen Völker und Nationen haben sich in blutigem Haß selber zerfleischt und gegenseitig zugrunde gerichtet. Und trotz alledem kommt man noch immer nicht zur Besinnung! Statt sich anfziiraffen, sich wie Brüder die Hand zu reichen und gemeinsam gegen Not und Untergang zu kämpfen, treibt ein Volk das andere in den gähnenden Abgrund, blind wütend und daher auch nicht sehend, daß es selber mitstürzt und des anderen Schicksal teilen muß! War das russische Beispiel noch immer nicht der Lehre genug? Wer ist schuld daran, daß der Bolschewismus Rußland vernichtete und zerstört hat? Der unglückliche Aus gang des Krieges? Der harte Friede von Brest-Litowsk? Nein, die unselige Politik der Entente, die den schwachen Zaren gestürzt und sein Reich den russischen Umstürzlern überliefert. Nikolaus sah ein, daß ein Widerstand seiner Truppen noch länger unnötig, das russische Volk rief täglich lauter und mahnender nach dein Ende des Krieges. Aber cs mußte auf jeden Fall vermieden werden, daß der Zar abfjel, und darum gab ihm die Entente preis. Besser ein einzelner, als ein ganzer Staatsverband! Aber mit dem Zaren stürzte auch ein Millionenvolk! Nikolaus ist nicht mehr, die Seinen haben ihn ermordct aber auch sie selber legten Hand an sich, zerfleischten sich gegenseitig! Ruß land ist tot! Tie Entente hat sich schwer verrechnet! Aber trotzdem droht sie heute wieder in den gleichen Fehler zu fallen. Auch aus Deutschland soll ein Trümmerhaufen wer den! Die harten Bestimmungen, die man uns zugedacht, kann unser Volk nimmer ertragen! Und darum wird sich auch niemand von uns bereit finden, den Vertrag je zu unterzeichnen. Und wenn die Entente alle Drohungen wahr machen wollte, über den Rhein käme und Deutschland besetzte, was würde sie damit bezwecken? Tie jetzige Regie rung stürzen! Das aber wäre im gegenwärtigen Augen- blick der Anfang vom Ende! Wenn die Unabhängigen zur Regierung kämen und mit ihnen vielleicht die Komimi- nisten, dann hätten wir in Deutschland auch den Bolsche wismus in neuer, vielleicht aber noch ärgerer Form! Milli- oncn suchen jetzt schon, die mühsam wiederbergestellte Lrd- nnng zu stürzen, neuen Brand und Aufruhr ins Land zu tragen! Im Westen wollen Ven-äter reindentsche Pro- vinzen gegen den Willen der Bevölkerung vom Mntterlande losreißcn und an Frankreich verkaufen! Deutschland droht auseinander zu fallen! Versteht man in Paris diese Sturmzeichen am poli- tischen Welthimmel nicht zn werten? Will man nicht ein- sehen lernen, daß wir alle — nicht nur das deutsche Volk — am Abgründe stehen? Mit Deutschland steht oder fällt die Welt, an unserer Leiche werden sich auch die anderen Staa ten Europas den Tod holen! Nur eine Rettung gibt cs, um dem drohenden Unheil begegnen zn können: Ein Fncde des Rechts, Versöhnung mit allen Völkern und Nationen, ein Völkerbund mit Gleichberechtigung für alle! L y n k e u s. Der Weimarer Sozialistentag. (Von unserem parlamentarischen Ver treter.) In der ernstesten Stunde haben sich die Delegierten der Sozialdemokratischen Partei in Weimar, der alten Mnscn- stadt zusammen gefunden. Von einer früheren Einberufung, wie es ursprünglich beabsichtigt war, hakte der Parteivor stand ans politischen Gründen bisher Abstand nehmen müssen. Um aber den Unabhängigen, die dieses Zögern als Feigheit anslegten und verspotteten, die weiteren Unter lagen für diese Behauptung zn nehmen, fand man sich end lich dazu bereit. Ohne Sang und Klang, ohne Feier, wie es der Wunsch der Weimarer Genossen war, und wie man es auf den früheren Parteitagen gewohnt war, sind die Delegierten in Weimar eingczogen. Stumm Wuien die Bilder der großen Geisteshelden, Goethe und Schiller, den Anhängern Marx' entgegen, die heute an der Stell«, wo früher klassische Bühnenwerke zur Aufführung kamen, über das Schicksal ihrer Partei entscheiden wollen. Ter Saal, in dem sonst die Vertreter des deutschen Vol kes in der Nationalversammlung weilen, ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Unter den Versammelten sind bcson- ders auch die Genossinnen zahlreich vertreten. Von der Ne gierung sieht man die Minister Schmidt, Whssel und Noske, Reichspräsident Ebert, der am Erscheinen ver hindert ist, hat ein herzliches Begrüßungstelegramm geschickt. Ans den Tribünen befinden sich nur ganz wenig Zuschauer, das Wetter da draußen ist zu verlockend. Nach einer kurzen einleitenden Ansprache des Genossen Probst, erhält Hermann Müller vom Parteivorstand das Wort zur Begrüßung. In ernsten Worten weißt er ans dm ernste Lage des deutschen Vaterlandes hin, das die Entente in ihrer blinden Vernichtungsw»t noch in ein größeres Elend stürzen will, als cs der lange Krieg bereits getan. In West und Ost soll deutsches Volk entrechtet und unter jocht werde», aber, solange noch ein deutscher Genosse lebe, werde er seine StUnme zn lautem und feierlichem Protest dagegen erheben. Scharf rechnet er sodann mit dem toten Militarismus ab, der das Volk an den Rand des Abgrundes gebracht habe, und darum sei es heiligste Pflicht der Ar- t beiter, nicht eher zu ruhen, bis diese Schuldigen zur Rechen schaft gezogen und Deutschland und sein Volk gerechte Sühne erhalten. Scharf geht er auch mit den Unabhängigen und Koinmnnisten ins Gericht. Sie tragen schuld daran, daß die große Partei sich gespalten, immer und immer Westen sie die Hand der Versöhnung zurück. Ganz besonders aber tadelt er die Kommunisten, denen er das Recht abspricht, sich überhaupt noch Partei zu nennen und als Vertreter des Volkes auszugcben. Unverantwortlicl>e Pläne verfolgen sic, der Bolschewismus tauge nicht für unser Volk, und darum sei es Pflicht jedes Genossen, die Massen anfzuklären und vor den Verführern zn warnen. Zum Schluß richtet er warme Worte an die Delegierten, sich in Einigkeit und Brü derlichkeit an die Arbeit zn begeben, damit in der so kurzen, zur Verfügung stehenden Zeit auch das geleistet werde, was inan draußen im Lande von den Genossen erwarte. Hierauf beginnt die Wahl der Vorsitzenden. Ohne Widerspruch werden Sch u l ze - Berlin und Lö b e-Bres lau gewählt. Auf der Tagesordnung stehen 192 Anträge. * * « Von unserem parlamentarischen Vertreter. Recht beweglich gestaltete sich die Mittwochnachmittags sitzung, Es war ein Antrag eingegangen, den Reichswehr- minister Noske, der neben anderen Regierungsmitglie- dern gleichfalls zum Parteitag erschienen ist, aus der sozial demokratischen Fraktion auszuschließen. Tie bviden Ge nossen Dittmar und David sohn richteten scl>arfe Anklagen gegen ihn und forderten die sofortige Neuorgani sierung der freiwillgen Verbände, Kürzung der Gehälter von Offizieren und Mannsck-aften, vor allem aber die so fortige Aufhebung des Belagerungszustandes. Ihre Reden wurden oft von lauten Zustimmungsrufen ans den Reihen der Delegierten unterbrochen. Endlich erhält Noske, der Vielgeschmähte und Vielversolgte, das Wort zur Verteidi gung. Energisch legt er Verwahrung gegen den Vorwvis der Streberei ein. Wenn er energisch auf Aiifrechterhalti».., der Ordnung in Berlin und im Reiche dränge, so geschehe das ans dem Grunde, weil er dies als seine Pflicht erachte. Auch ihm bereitet es kein Vergnügen, seinen ehrlichen und unbescholtenen Namen durch alle Gassen und Gossen Deutsch lands schleppen zn lassen. Er bezeichnet es als ein Unglück, daß die Sozialdemokratie die Regierung übernommen hätte und jetzt nicht in der Lage sei, Millionen Menschen Platz zu machen. 'Aber die ewigen Lohnforderungen seien nicht nur ungerechtfertigt, sondern auch völlig haltlos. Deutschland ist blutarm und kein Pfennig kann ihm mehr erpreßt wer den. Es ist daher höchst unverantwortlich, wenn man noch immer durch Streits weitere Erhöhung der Löhne dnrch- zusetzen versucht. Als Tmnmköpfe und schamlose Demagogen bezeichnet er deswegen alle diejenigen, die zur Arbeitsnie derlegung auffordern. Ten Genossen müsse inan vielfach den Mut absprechen, die Dinge beim rechten Namen zu nennen. Wenn in Berlin ein paar Fensterscheiben einge schlagen werden, dann entrüstet man sich, wenn aber die Regierung einschreitet, um die Rädelsführer zn bestrafen, dann schreit man Zeter und Mordio. Auch die Genossen hätten viele schwere Sunden begangen, die man vom sozial demokratischen Standpunkte ans durchaus verwerfen müsse. Nicht nur die Unabhängigen allein hätten sich z» Ausschrei tungen hinreiben lassen. Ter von unabhängiger Seite seit Wochen und Monaten betriebenen Hetze gegen die Regierung stimmten die Genossen in ihrer Schafsgutmütigkeit zn, weil man den Mut nicht finde, seine eigene Meinung zu ver- treten. Er selber sei wiederholt von eigenen Parteiange hörigen in den Arm gefallen worden und gerade Von mehr heitssozialistischer Seite sei ihm oft genug sein Amt sehr erschwert worden. Warm »imint Noske die Freiwilligen, verbände in Schutz, lieber aller Kritik dürfe man nicht vergessen, daß die Truppen Deutschland vor dem Ebaos bewahrt hätten. Eine Umorganisicriing könne nicht mit einem Male vor sich gehen, zninal der lange Krieg Miß- ständc jeder Art, welche die Revolution noch vermehrt habe, jede Ordnung im Lande gesprengt »nd jede Ordnung zer trümmert hätte. Immer mehr verstummen die Zwischenrufe. Die Ge nossen, die den Vorrednern Dittmar und Tavidsohn stürmi schen Beifall gespendet und dem NeichSwehrminister heftige höhnische Zurufe entgegengeschlendert hatten, haben mit einem Male seine Partei ergriffen und jubeln ihm stürmisch zu. Einstimmig verlangt das Hans, als die vorgeschriebcne Redezeit verflossen, daß er wciterrede. Eine Note Renners an Elemenccau. St. Gerinnm, II. Juni. Nach einer Meldung des Wiener Korresp.-Bnreans hat Staatskanzler Renner henke dem Ministerpräsidenten Clemenceau eine Note überreichen lassen, in der er den Mächte» der Entente vor stellt, daß das dentschösterreichische Volk durch die Beding ungen der unentbehrlichen Mittel zur Erhaltung seines Wirtschaftslebens und zur Anfrechte/haltiing der staatlichen und bürgerlichen Ordnung beraubt wäre. Gegen ihren Willen würden mehr als 1 Millionen von 10 Millionen Dcntschösterreichern einer feindseligen Fremd herrschaft unterworfen. Der neue Staat könnte nur ein Viertel der für seine Bevölkerung notwendigen Nahrungsmittel selbst erzeugen. Er müßte jährlich zwölf Millionen Tonnen Kohlen kaufen, und er könne die not wendige Einfuhr nicht durch die Ausfuhr decken, weil ihm mit den deutschen Gebieten Böhmens, Mährens und Schle siens fast alle Erportindustrien entrissen würden. Mit dem Verluste der deutschböhniischcn Bäder und Südtirols ent fielen auch die ausländischen Zahlungsmittel ans dem Fremdenverkehr. Die Einfuhren würden nicht zn bezahlen sein. Tie Note weist ferner darauf hin, daß Deutschösterreich infolge der finanziellen Fricdensbcdingiingcn daraus an gewiesen sei, sich so bald als möglich Nahrungsmittel, Kohlen und andere Waren ans den auf dem Boden der Monarchie entstandenen Staaten zn verschaffen, was wenigstens zum Teil durch Ausfuhr der dentschösterreichischen Industrie-Er zeugnisse geschehen konnte. Tie neuen Staaten hätten aber nach den Friedensbedingungcn kein Bedürfnis nach Ver- trägen mit Deutschösterreich. Auch die Bezahlung der un entbehrlichen Erzeugnisse der neuen Staaten durch Hingabe des Deutschösterreich noch verbleibenden Kapitals wäre in folge der Friedensbedingungcn nndurchführbgr. Der Um- rechnnngsschlüsscl für die Schulden der dentschösterreichischen Staatsangehörigen n«rde so festgesetzt, daß sie »iMfähr zn>eimal soviel zahlen müßten, als sie tatsächlich schulden, und zugleich würde den neuen Staaten das Recht einge- räumt, alles Vermögen der Staatsbürger und Handelsge-