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Sonnabend, den 18. Januar 19IS mehr und mehr darüber klar werden, daß. die Partei, die so manche protestantische Geistliche zn ihren Äitgliedern rechnet, die so bedeutende protestantische Fraktionsmitglieder in den Parlamenten gehabt hat, durchaus keine konfessionelle, keine katholische Partei ist, sondern eine Partei, die Freiheit und Unabhängigkeit in gleicher Weise für alle christlicl)en Be- kenntnisse fordert, und diese ihre Forderungen auf Grund ihrer Geschichte und ihrer Bedeutung und Größe zu vertreten in der Lage ist wie keine andere gleich ihr. AlleruxuiigsteiiS wäre es nicht nur billig, sondern auch gerecht und notwendig gewesen, neben dem Namen Nitzsche auch -den Namen Bur- tage als an der Spitze der Christlichen Volkspartei liste stehend, de,i Lesern nicht vorznenthalten. Man kann sich kaum ausdenken, daß in den kirchenpolitischen Kämpfen der Gegenwart ein gläubiger Christ irgendwelcher Konfession die Deutsche demokratische Partei der Christlichen Volkspartei vorziehen könnte. Mancher Protestant wird gleich uns die Unterlassung bedauern. Das Wahlresultat. Die Feststellung des Ergebnisses ist bei der Verhältniswahl mit großen Schwierigkeiten der- knüpft und vor allem sehr langwierig. Während bei dem früheren Wahlsystem zumeist noch am selben Abend das Resultat festgestellt und sogar noch in Versammlungen ent gegengenommen werden konnte, ist das jetzt unmöglich. Wir haben auch bei den Wahlen in Süddeutschland jetzt gesehen, daß das Resultat erst nach zwei Tagen einigermaßen sicher bekannt wurde. Auch für Sachsen wird vor Montag abend oder nachts ein vorläufiges Resultat nicht zu erwarten sein. Wir bitten daher unsere Leser, am Montag das Telephon nicht unnütz zu belasten, da doch nur Teilergebnisse mitgeteilt werden könnten. Aus Stadt und Land - Dresden, 18. Januar 1918 Die Wendenfrage. Rat und Stadtverordnete in Bautzen beschäftigten sich am Donnerstag mit der Frage der Wendenbewegung, die immer ernstere Form annimmt. Veranlassung zu der Stellungnahme ist die Meldung von einer bevorstehenden Proklamation des Oberlausitzer Freistaates Terbskwa unter der Präsidentschaft des Bautzener Stadtverordnelenvorstehers Dr. Herrmann, Oberbürgermeister Niedener erklärte, die Wendenfrage, der man bisher lächelnd oder gleichgültig gegenübergestanden habe, habe einen Umfang angenommen, der es erforderlich mache, nunmehr aus der Gleichgültig, k-it herauszugehen. Die Pläne, die da geschmiedet würden, seien in höchsten Grade gefährlich. Der Rat nahm eine Entschließung an, welcher das Stadtverordnetenkollegium dann zustimmte und in welcher gesagt wird: „Die Bautzner Stadtverwal tung, welche bisher die Bestrebungen eines Teiles der Wenden, einen eigenen Staat zu gründen, nicht ernst ge nommen hat, legt Verwahrung ein gegen diese Wünsche, an deren Ernst nun nicht mehr zu zweifeln ist. Die deutsche Bevölkerung der Stadt Bautzen wie der gesamten Oberlausitz verfolgt dieses Streben mit Entrüstung, welches danach angetan ist, den Deutschen in den Rücken zu fallen. Der Oberlausitzer.Freistaat der Wenden würde sich als Keil in die deutschen Gebiete eindrängen und diese zer reißen. Gegenüber den 90 Prozent Deutschen der Stadt Bautzen kommt das einer Erdrosselung gleich. Die Deutschen haben die Wenden stets als ihre lieben Brüder betrachtet, und es kommt ihnen nicht in den Sinn, wen disches Volkstum zu unterdrücken. Sie fordern, daß die Wendcn von ihren staatlichen Sonderinteressen abstehrn und sich weiter als Teil unseres Sachsenlandes erklären." In der sich anschließenden Sitzung der Stadtverord- neten, zu welcher der Rat vollständig erschienen war. offenste ilich, um die Stellungnahme Dr. Herrmanns zu erkunde», erklärte dieser, daß er von der für ihn in Aus- sicht gepellten Präsidentschaft des zukünftigen Wendenstaates nichts wisse. Bizeoorsteher Johne erklärte, seit längerer Zeit schon gehe in der Stadt das Gerücht, daß Dr. Herr- mann Mitglied des wendischen Nationalausschusses sei und daß man Hn auch an besten Sitzungen habe teil- nehmen sehen. ES würde die große Beunruhigung beseiti- gen, wenn Dr. Herrmann seinen Standpunkt zur Wenden- srgge hier klarstellen wollte. Dr. Herrmann widerlegte, daß er Mitglied des wendischen NationalauSschusteS sei. Seine Ansicht zur Wendenfrage hier darzutun, habe er keine Veranlassung. LandtagSabgeordneter Hartmann be- dauerte, daß sich Dr. Herrmann nicht erklären wolle, und bat ihn, die» im Interesse der platzgegriffenen Beunruhi- gung in der Bürgerschaft doch tun zu wollen, worauf Dr. Herrmann erklärte, daß er keine Bedenken habe, sich auf den Boden der Resolution de» Rate» zu stellen. Die Ideen der Wenden zu verwirklichen, sei gar nicht möglich. Vizevorsteher Johne betonte, früher hätte man über solche Pläne der Wenden gelächelt, heute aber, wo Hie Wenden die Feinde entscheiden laßen wollen über ihr Schicksal, sei «» sehr wohl möglich, daß die Feinde hier ein Wenden- reich errichteten; daher wäre e» wertvoll, wenn von dieser Stelle au» einmal »nzwetdeutig erklärt würde, daß die Wenden wie früher im Glück, so jetzt auch in der Not de» Vaterlandes zum vaterlande halten wollte». Sie glaubten sich durch Selbftändigmachung von den Kriegslasten be- freie« zu können. Wenn der Krieg glücklich ausgegangen wäre, hätten sie auch Anteil am Ruhme mit gehabt. Da raus erklärte Dr. Herrmann, daß bet der allgemeinen Neu ordnung der politischen Dinge auch eine Neuordnung de» Wendentum» nötig sei, vor allem ein Zusammenschluß der preußischen mit den sächsischen Wenden. Auf die zahl reichen Aha-Rufe der Versammlung hin betonte e», daß «, wenn er sich mit dieser Meinung in Widerspruch zu der Bevölkerung seht«, sein Amt al» Vorsteher gern nieder- legen wollte. Stadtbaurat Söhre meinte, die Au»führun- Len Dr. Herrmanntf wären zwar interessant, aber er hätte sich nicht deutlich «»»gedrückt. Wenn er erklärt habe, er fei für einen einheitlichen Verwaltungskörper der Wenden, Sächsische Volk», eitnng — I so unterstütze er also die LeStrennungSbestrebungen der Wenden. Dr. Herrmann betonte schließlich, er fühle sich nicht al» auf der Anklagebank sitzend. LandtagSabgeord- neter Hartmann erwiderte, er könne Dr. Herrmann nicht al» entlastet ansehen, erst habe er sich auf den Boden der Entschließung de» Rate» gestellt, jetzt hieße er die Los- trennungSbestrebungen der Wenden gut. Er widerspreche sich. Eine Proklamation de» Lausitzer Weudenstaates. Bantzen, 17. Januar. Nach einer Proklamation des Wendischen NationalauSschusteS an die wendische Nation in der Nummer der .Serbske Nowiny" vom letzten Sonn abend sei der „selbständige Lausitzer Wendenstaat" auf Grund der Wilsonschen Friedensgrundsätze errichtet. Das Wendenvolk würde künftig seine Geschicke aus Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker selbst in die Hand nehmen und eine eigene Verwaltung auf der Friedens konferenz fordern. Die Proklamation ist vom 1. Januar 191S datiert und für den Wendischen NationalauSschuß unterzeichnet von Barth, Deutschmann, Dobrucky und Bryl, letzterem als Sekretär. Zum Rücktritt der sächsischen unabhängigen Vvllsbeauf- tragtc». Dresden, 18. Januar. Zum Rücktritt der drei unab hängigen Minister Geyer, Meißner und Lipinski teilen die Minister Bnck, Dr. Gmdnauer und Schwartz mit, daß sie die Leitung sämtlicher Staatsgeschäfte übernommen haben. Der Vollzugsrat des Landesratcs der Republik Sachsen hat von dem Rücktritt der drei unabhängigen Minister Kenntnis genommen und die Minister Buck, Gradnaucr und Schwartz ersucht, ihre Ministerien weiter zu behalten. Die zurückge- tretencn Minister sind ersucht worden, ihre Gesclxifte in die Hände der verbleibenden Minister sofort zn übergeben. Als einstweiliger Vorsitzender Minister ist Dr. Georg Gmdnauer bestimmt worden. Die Neubildung des gesamten Ministe rium. hat sich der Vollzugsrat Vorbehalten. Als Verwalter des Ministeriums für Militärwesen ist bis ans weiteres Herr Gustav Nenring bestimmt worden. Minister Lipinski bat sich von seinen Beamten bereits verabschiedet. In, übrigen teilt der Vollzugsrat noch mit, daß die am 2. Februar zn wählende sächsische Volkskammer über die weitere Bestellung der Regierung zu entscheiden haben wird. Tie Bolksbeauf- tragten der Soziaildemokratischen Partei hatten ihre Aeuiter dem Vollzugsausschüsse des LandcsrateS zur Verfügung ge stellt, -doch sind sie vom Vollzugsausschüsse mit der Fort führung der gesamten Ministcrgeschäfte beauftragt worden. —* M ord ans de r M a r st r a ß e. Gestern Freitag wurde in de» Abendstunden der Kaufmann B u rkhold in seinem Marstraße 17 belegene^ Schokoladengesckchft mit schweren Kopfwunden tot anfgefnnden. Tie Tatbestände lassen ans Raubmord schließen, doch sind zurzeit die näheren Umstände noch unbekannt, ebenso fehlt von dem Täter noch jede Spur. Die Leiche wurde behördlich aufgehoben und wird von, GerichtSarzl seziert. Von der Kriminalpolizei erschien deren Chef, Rogiernngsrat Tr. Palitzsch, mit einigen Vcam- ten am Tatort, fren-cr war vom Gericht Staatsanwalt Tr. Gros; zugegen. —* M i l ch g u t s ch e i n e. Tie Einlösung der von der Stadt Dresden ansgegebenen Milchgntscheine für Minder- bcinitelte ist jetzt an bestimmte Cinlösnngsternüne gebunden. Der Verfalltag ist jedem Gutschein ansgedrnckt. Die vom 24. November bis 21. Dezember gültig gewesenen Milch gntscheine sind, soweit das nicht schon geschehen ist, von den Milchhänidlern spätestens am 21. Januar im Neuen Nathans, zweites Obergeschoß, Zimmer 286, von Vo9 bis 1 Uhr ein- znlösen. —* M a r g a r i n e ve r te i l n n g. Donnerstag den 23. und Freitag den 21. Januar werden die Landesfettkartc der Stadt Dresden „Januar B" mit 62sä Gramm Mar garine, der Bntterbezngsschein mit 66 v. H. mit Margarine beliefert. Ter Kleinhandelspreis beträgt für einachtel Pfund 31 Ps., für 1 Pfund 2,46 M. —* Hilfsaktion Deutschböhmen. In der am 16. d. Mts. stattgesundenen Versammlung der Deutsch- Oesterreicher, die von der Zentrumspartei einberufen war. wurden für die „Hilfsaktion veutschböhmen" 34,33 Mk. gesammelt und beim Deutschböhmischen Hilfs büro, Schreibergaste 12, abgegeben. Leipzig. Streik und Unruhe». Im Laufe des gestrigen vormittags sind die Arbeiter zahlreicher Leipziger Betriebe in den Sterik getreten. Es handelt sich hierbei nicht um eine Lohnbewegung, sondern um eine Demonstration gegen die Berliner Vorgänge, denen Rosa Luxemburg und Liebknecht zum Opfer gefallen sind. An dem Streik beteiligen sich zunächst die Dux-Automobilwerkc, dei Polyphonwerke, die Pittler- Werke u. a. Eine aufgeregte Menschenmenge zog vor die „Allgem. Ztg.", erzwang die Stillegung des Betriebes, ver- brannte zahlreiche Flugblätter. Hierauf zog di eMenge zn den „L. N. N." und erzwang die Herausgabe eines Flug blattes, in dem gesagt wird, die „L. N. N." bedauerten die Ermordung von Liebknecht und Rosa Luxemburg und seien der Ansicht, daß diese Untat nur unter der Regierung Ebert- Scheidemann hätte geschehen können. Hierauf wurde der Betrieb der „N. N." stillgelcgt. Das „Leipz. Tagebl." sollte eine ähnliche Erklärung an der Spitze seiner Stadtausgabe geben. Inzwischen war aber der Generalstreik pro klamiert worden. Sämtliche Zeitungsbetriebe wurden stillgelegt. Zahlreichen Soldaten wurden die Kokarden abgr. rissen, ebenso Offiziere aus dem Auto geholt und der Achsel- stücke beraubt. Die Menge drohte, auch in dei Wasser- und ElertrizitätSwerksbrtriebe einzngreifen. Von radikaler Seite wird die sofortig« Bewaffnung des Proletariats verlangt. In den Nachtstunden hat das Wasserwerk den Betrieb ein- gestellt, so daß die Stadt ohne Wasser war. In zahlreiche RcstaurantS und Hotels drang die Menge ein und verübte Gewalttätigkeiten. In Eckerleins Keller wurden die Gäste vollständig anSgeplünderk. ES befände» sich darunter einig« Nr. 14, Seite 3 j Fremde, die am nächsten Tage Leipzig wieder verlassen woll ten und nun ohne Barmittel dastchen. Im „Leipziger Tage- blakt" hat eine Menge von Soldaten und Matrosen der Volksmarine die verschlossenen Tore eingrschlagen. — Die Straßenbahnange st eilten Leip- zigS sind gestern Morgen in den Streik eingetreten, so daß der gesamte Straßenbahnbetrieb Leipzigs ruht. Die Straßenbahnangestellten waren mit Wünschen um Ver- besserung ihrer wirtschaftlichen Lage an die Direktion herangetreten. Eine von ihnen gewählte Kommission ver handelte vorgestern mit der Direktion. Bei den Verhand- lungen kam es, wie uns mitgeteilt wird, zwischen den beiden Parteien in allen wesentlichen Punkten zn einer Einigung, so daß der Streik am Freitag Morgen nicht vorauszusehen war. Zurzeit wird noch verhandelt. Gemeinde- und Vereinsnachricbten 8 Dresden. K r e nz b ü n d n i §. B. a. K. Die Mitglieder werden ohne Ausnahme zu der Jahreshaupt versammlung am nächsten Dienstag, den 2l. Januar, abends 8 Uhr im Gesellenhanse eingeladen. Vollzählig erscheinen! — Dresden, 18. Januar. Dresdener Lehranstalt für Musik (Melanchtonstr. 26, Dir. Paul Walde) veranstal tet am Donnerstag, den 23. Januar, abends 7 Uhr im großen Saale des Gesellenhauses, Käufferstr. 4, einen Konzert- und Theaterabend für die Freistellenkasse. Zum Vortrag gelangen Werke für Orchester, Einzel-Jnstrumente und Gesang, sowie zwei Theaterstücke. Karten zmn Preise ven 60 Pfg., 85 Pfg. und 1.20 Mk. sind täglich bis abends 7 Uhr in der Schule sowie beim Hausmeister, Käufferstr. 4, erhältlich. s ?en8ion Ilm. Dreien r « Lickonisnskr. 6/7 (i?rg.Asr 8tr.) s-rn Ilemptbuchllliok » -Z Vornskmss ksmllisob«l»i »ns kriv»tb»tet ^ nnok tageweise mit oäorobusRsepsisnnx ^ Uouo^LüoksnIsitung, 2immsr u. ?oosion 12 Kllc. » KüQstixv Lockiognngsn 1. lLag. ^nksntbirlt. — k's.brrtubl. i 2 OsnGoüor OlÜLisrvsrsin.ll'srnspr. 13908. ^.LnIIisn Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Hanptschriftleiter Paul Hetz lein; für den Inseratenteil: Erwin Schön. Druck und Verlag der „Enxonia-Bnchdruckerei G. in. b. H." zu Dresden. Ehem-Aligkhörige der 6. Garnison- »nd Genesrurn-Kompagnie des 1. Ersah - Sataillons 2. Grrnadier - Regiment Ur. M. ILiinIsiüung Kbsvküsils-ksiei' Satt an» 30. ISIS im groüsn 8»alo von „KK»ru»»«ir » Ilslvl-i.ugsburgor 8tr. 7 ^lllo vkow. 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