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Der Evangelische Bund aus der Anklagebank lautet eine im Verlage der Germania, Berlin 6 2 erschie nene höchst bedeutsame Schrift (Preis 50 Pfennig), denn sie zeigt, wer immer und immer wieder die konfessionellen Leidenschaften entfacht. Man muß daher diese Schrift be sonders in jenen Gegenden verbreiten, wo der Bund harm los einzusetzen versucht. Auch in protestantisch» Kreisen nimmt die Zahl der Gegner des Bundes zu. wie die „Kreuz- Zeitung" in ihrer neuesten Wochenrundschau hervorhebt. Das konservative protestantische Blatt schreibt: „In der Presse des Evangelischen Bundes antwortet man uns auf solche Vorhaltungen seit kurzem wieder in einem sehr gereizten Tone; aber wir können und dürfen nicht dazu schweigen, das; diese Vereinigung sich in der Praxis, entgegen ihrem Programm, einseitig dem „Kampf gegen Vom" widmet, der nicht im Programm der deutschkonservativeu Partei steht, dagegen die Stärkung des christtich-evangelischen GenieindebewnßtseinS „gegen- über dem Jndifferentismus und Materialismus der Zeit", also die Aufgabe, die dem konservativen Pro- gramm entsprechen wurde, aus;er acht Iaht. Lder haben wir es übersehen, das; irgendwo der Evangelische Bund gegen die Angriffe des Professors Drews und des Mo nistenbundes auf das Evangelium etwas getan hat? Nicht entgangen ist uns jedenfalls, daß die katholische Presse über die Protestversammluiig der positive» Evan gelischen gegen Drews ausführlich und in sympathischem Sinne berichtet hat. Die konservative Presse hat den Evangelischen Bund schon bei seiner Gründung nicht darüber im Zweifel gelassen, das; er ihr als eine mittel parteiliche Kulturkampsvereinigung erscheine und ihr nur in seiner innerkirchlichen Friedensarbeit sympathisch sei." Das Blatt erinnert dann an folgenden Ansspruch des Fürsten Bismarck: „Wenn wir aber erst den Frieden mit dem Papste haben, brauchen wir das Zentrum nicht mehr zu fürchten; ich fürchte das letztere überhaupt nicht. Der Kampf mit dem bloßen Zentrum wird austrocknen, wie die Hochflut nach dem Gewitter. Wenn Kaiser und Papst einig find, so können wir diesem Kampfe mit Ruhe entgegenfehen" und fährt fort: „Tatsächlich hat in den seit jener Zeit, seit den „Septennatswahlen" verflossenen 23 Jahren das Zentrum, insbesondere das preußische Zentrum, sich politisch so weit gemäßigt, daß die Voraussage Bismarcks als erfüllt angesehen werden kann, und welche ernsten Gefahren der evangelischen Kirche von seiten des Ultra montanismils noch drohen können, wenn man der katho lischen Kirche alle ihre gesetzlichen Rechte unbestritten läßt, vermögen wir wirklich nicht einzuseheu. Wir be- kenne» »ns als evangelische Christen zu dein Bismarck- scheu Satze: Ich fürchte das Zentrum überhaupt nicht! Tie evangelische Kirche hat viel gefährlichere Feinde, nämlich den in dem ersten Aufrufe des Evangelischen Bundes angeführten „Jndifserentismus und Materialis muS unserer Zeit". Diese zerstörenden Mächte sind weit mehr zu fürchten, als selbst die rationalistische Theologie. .... Wir erkennen deutlich die Wirksamkeit des Evan gelischen Bundes in der augenblicklichen Entfremdung mancher evangelischen Geistlichen und Beamten gegen über der konservativen Partei; aber wir fürchten den Eva»geliscl)en Bund trotzdem ebenso wenig, wie das Zen trum, denn wir vertrauen zuversichtlich darauf, daß die uns Entfremdete» sofort zu »nS zurückkehren werden, wenn sie sich erst überzeugt habe», daß die Interessen der evangelischen Kirche von der konservativen Partei nach wie vor mit aller Entschiedenheit vertreten werden, ent schiedener als von irgend einer andere» Partei, die mit mehr Erfolg, als von einem n<1 lina gebildeten „unpoliti schen" Vereine. Es ist ganz aussichtslos, wenn die Agi tatoren des Evangelischen Bundes sich bemühe», uns eines anderen zu belehre». Gerade die einseitige, das Gemeinsame der christlichen Konfessionen verdunkelnde Agitation des Evangelische» Bundes macht es unS zur Pficht, unsererseits von Zeit zu Zeit darauf hinzuweise», was doch auch in der katholischen Kirche zur Belebung des christlich-religiösen Sinnes geleistet wird, und wie der Liberalismus sich dagegen ausbäumt. Im Rheinland habe» die Katholiken sogenannte „religiöse Sonntage" eingerichtet, an denen sich insbesondere die Arbeiter öffentlich zu ihrem christlichen Glauben und zu ihrer Kirche bekennen." Solche Worte »vollen »vir auch nicht vergessen: leider ist ihre Wirkung eine kleine, da die konfessionelle Leiden schaft noch iniiuer üherwuchert. Aber »nit der Zeit muß der klare Verstand doch siegen. Zekückk zVc> Lvkvvürt,« »lobt «rkklllieh, Vor SiNlü pvr Pont, ^/, k'lkmstivn 4.— ::: kruulco ^aokrucknio. ::: haken in ^poUivkon, Drogerien und Xuloliial^varonhandliin^oii. ::: M»gen»rSrl«e»u> - >, Apprlltancegena.! 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Er wunderte sich über alles und fand kein Ende des Klagens über das Wetter, dem er alle Krankheiten und Unglücksfälle, die nicht nur in Mann stedt, sondern laut Zeitungsberichten in der ganzen Welt vorfielen, zur Last legte. Tann zog er sich wieder zurück. „Er wird immer gebrechlicher," sagte Fräulein Sophie bekümmert, „doch bin ich glücklich, daß er gesuird ist und noch immer Freude am Leben findet." Franz griff liebkosend nach der Hand der alten Dame. „Tante Sophie, »veiß Gott. Sie sind eine brave Frau." Er sah ihr herzlich in die Augen, wendete dann den hübschen Kopf ein wenig zur Seite und sagte gleichmütig- „Wissen Sie, Tante Sophie, — die Gardinen eigentlich wenn Sie sie mir schenken »vollen, ich nehme sie doch." „Aha! Deshalb das Lob!" lachte Fräulein Mützel. „Nein, mein Junge, nun kriegen Sie sie nicht. Erst machen Sie sich über sie lustig und nun wer wird so wankelmütig sein!" „Ich bin nicht wankelmütig!" sagte Franz ernst und sah angelegentlich zum Fenster hinaus. Fräulein Sophie zog ihren jungen Freund neben sich auf den Sofa- Platz. „Und nun erzählen Sie mir von Ihrem neuen Wohnort." sagte si> eifrig. „Tie Würde eines Lehrers, scheint's, ist doch schon ein bißchen im Anmarsch bei Ihnen. Wie?" ..O." meinte Franz nachdenklich, „die letzte Zeit ist nicht ohne Spuren an mir Vorübergegangen. Ich glaube, ich bin sehr vernünftig geworden." Das alte Fräulein lachte ihn aus. „In der Theorie sind das die meisten Leute, lieber Junge, aber in der Praxis hapert's oft gewaltig. Na. werden ja sebe» Uebrigcns »vollen Sie mit dem „Vernünftig sein" doch nicht etwa sagen, daß Sie Trübsal blasen? Dann kündige ich Ihnen die Freundschaft, Franz." De» junge Mann schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht melancholisch, wenigstens nur „unter Ausschluß der Deffentlichkeit". Für ganz ungenieß- bar brauche» Sie mich noch nicht zu taxieren, Tante Sophie." „Wie kamen Sie eigentlich darauf, sich das weltentrückte, kleine Nest z» Ihren» Aufenthaltsort zu erwählen?" fragte Fräulein Mützel. „Sie leiden schaftlicher Fianenfrcund werden da schwerlich eine Frau nach Ihrem Herzen finden." „Warum? Weil ich da entschieden billiger lebe, als in einer großen Stcrdt, und infolgedessen bester für Mutter und Brüder sorgen kann. Und sehen Sie, Tante Sophie, da Sie im Grunde schuld daran sind - Sie wissen ja —, daß ich nicht verheiratet bin, müssen Sie mir halt den Gefallen tun und zu inir ziehen," — Und die Verlobten selber? Hilda war strahlend glücklick». Sie sah in die Augen ihres Geliebte», und sie »mißte, daß das, was darin geschrieben stand, niemals verlöschen würde niemals. Es war ihr wie ein Traun». War d-m» alles Böse lind Schwere, was sie erlitte», von ihr genommen, und ihr dafür eine Wonne gegeben, die so groß war, daß sie fast auch eine Bürde würde? Gib acht, glückselige Hilda; die Last der Freude wird dich bald nicht mehr bedrücke»; sieh z», damit sie nickst so leicht werde, daß deine Schultern sie nicht mehr spüren. Hans war wie aiisgetaiischt. Er lachte, sprach, jubelte. Daß man ihm sonst das Urteil eines ruhigen, zurückhaltenden Menschen gab, war heute nicht temerkbar. Hilda lehnte zärtlich »nd stolz ihr Haupt an die Brust des Verlobten. Wenn das Wesen eines Mensche» sich so z» ändern vermag, wie gewaltig muß da die Uriacl>e sein! Sie lächelte, als sie sich sagte, daß sie dies Wunder be wirkt hatte. Aber »»ich! lange durste sie sich diese» Gefülsteu hingeben, denn Fräu lein Scheffel, die die Gegenwart des juugeu Bräutigams nicht länger für sckiicklich hielt, wurde unruhig. Und »venu Hans auch nicht gerade beglückt die leise Mahnung endlich begreife» mußte, so leistete er ihr schließlich doch Folge; die Aussicht auf die kommenden Tage versprach ja Entschädigung. Und wie schön war er doch, der Abschiedsgruß: Auf Wiedersehen! Der Winter verging und der Frühling kam. ES war ein jauchzender Sommerlag, mit Sonnenjiibel und Blumen- pracht, mit Vogelgezwitscher »nd Duft und Licht und Wärme: es war Hoch zeitswetter. Da wurde Hilda Vüuau mit dem Doktor Hans Türmer getraut. Dem jungen Paare waren seine Gefühle uuschwer von den glück strahlenden Gesichtern abzuleseu. Weniger deutlich standen Doktor Vüuau die Empfindlinge»» auf dem Antlitz geschrieben. Finster mar dies ja immer. Er beivahrie bei der Feier eine würdige Haltung. In seinen» Hause hatte er ei» einfaches Hochzeitsnialst ansgerichtet, zu dem nur wenige Ge treue geladen waren. Er hielt während der Tafel die übliche Rede auf das eben vermählte Paar, nahm den Tank des gerührten Ehemannes in gebräuch licher Weise entgegen und entließ den Schwiegersohn mit festem Hände druck. die erregte Tochter mit herzlichen Küsse». Aber das alles lat er wie ei» unbegabter Schauspieler, er tat's, aber er tat's ungeschickt. Seine maßvoll gezeigte Fröhlicbkeit kam nicht aus dem Herzen. Und Hildas letzte, fast angst volle Bitte: „Vater, lieber Vater, später kommst du zu uns!" beantworlete er nur mit einem zerstreuten Lächeln, das es fraglich erscheinen ließ, ob er sie verstanden hatte. AIS das junge Paar die Bahn bestieg, die es nun fortsühre» sollte aus der Heimat, mit der es brechen wollte nebst allem, was ilu» teuer war, und ihm trotzdem das Glück aus den Augen sah, da »»'endete sick» der alte Mann in ausauellender Bitterkeit weg. Ein tiefer -eiitzer. der fast wie Schluchzen klang, kam a»s der Tiefe seines Herzens. Nu» war die Komödie zu Ende, er brauchte nicht mehr de» Glücllickx'n zu spielen. War das auch kein Trost, es war doch Freiheit, und die sollte ihm »ieinand rauben, bis ihm der Tod am Ende die Vollme Befreiung brachte. Ein tiefer Atemzug hob seine Brust: „Gebe Gott, daß dort nicht mehr lange währt!" > - *!" 17 ) V. „Der Konkurrent?