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Nummer 71 — 2S. Jahrgansi »mal wöchenil. Verllg5l>re>5: für Mär-LLS Rent.-Marl inreistsN: Brrrchming der nach Rent.-Mark Anzeigen na. Preise" Dir eingespaltene PetitzeUe iv«Z. f. Familien« u. iVerrin-an-eigen, GesuctelbH. Die Petit.Reklamrzeile PL mm breft.l Ofieitenpebühr sür Selbstabholer 1b <). dbri Uebeilendung durck, die Post außerdem Portozuschlag. rrrir stir ale klorelnummer io lienkea-rkennig. «eschlijiNcher LsUr Joset govmann, Dresden söcklWe Sonntag, 23. März 1924 Im Falle höherer »«Walt erlilLt jede Verpflichtung aui Llekening sowie Erfüllung von Anzeigen-Nusträgen und Leistung von Schadenersatz. Für undeutlich und dnrchffern« spreche,: übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte und mit Rückporto nicht versehene Manuskripte werden nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 8 bis S Uhr nachmittag». Hauptschriitleiter: Dr. Josef Albert. Dresden 1) o lfSMtUttg Tageszeitung für christliche Politik und vieschiistSftelle der Sächsischen ivolksi-ritiiug »nd Druck und Vei lag, Caxonia-Buchdniikerei GmbH., ^ lbreSdeu-Ä. 18. r-olbclnstrahe i«, gernnij »27L2, Post. ^ scheckkonto Dresden >479? Der Zeitgeist I» den letzten Jahren ist so oft das Wort von der Ver gewaltigung des Rechts" geprägt worden. Ter eigentliche Sinn dieses Ausspruches beoentet nichts anderes, als daß die rohe Gewalt der Faust über oas Recht des Geistes den Sieg davon getragen habe. Im Kriege gebrauchen die Völker die rohesten Gewaltmittel, um den Sieg ihres vermeintlichen Rechtes zu er gingen. Nicht mit den Waffen des Geistes wird gekämpft, sondern die Faust, das Eisen, die Kugel sind die Grundbedin gungen sür den Erfolg. Die Dienstbarmackung aller Mittel, der Gifte und Gase, des Feuers, der Elektrizität, ist das Ziel der Kriegführenden. Allerdings müssen Kriege mit materiellen Dingen geführt werden, denn wenn der Feind die Grenzen einer Nation missachtet, so steht dem Angegriffenen oas Recht der kör perlichen Verrteidigung zu. (Wir sprechen hier allgemein von den Ursachen eines Krieges, nicht von denen des Weltkrieges.^ Ein anderer Weg ist meistenteils nicht möglich. Aber wenn auch zu Beginn eines Krieges die Volksmassen noch mit einein so genannten ^gnten Gewissen", mit dein Gefühl des unbedingten Rechthabens gegen den Feind zie.hen, so verblaßt allmählich dich dieser Gedanke uno dis Kämvfenoen verrohen sehr bald mit oen rohen Mitteln der Kriegsführung. Nicht allein bei den Krieger massen ist es so, sondern in gleichem Maße bei den Führern. Und kommt dann die Gelegenheit, wo eine Verständigung unter den Völkern möglich geworden ist, wo eSnur noch von dem guten Willen der Kämpfenden abhängt, den Krieg zu beenden, da tritt jenes neue Moment bereits erschreckend in die Erscheinung, nämlich, daß man nicht mehr das Recht, die Gerechtigkeit als solche, verfolgt, sondern man stellt Gewalt gegen Gewalt und errechnet im Geiste, ob man mit einem größeren Aufwand von Brutalität oen Gegner nicht bis zum Erliegen bezwingen könne Man befindet sich also bereits in dem Stadium, in dem man das Geistige vollständig ausschaltet uno mit tierischem Instinkt das Faustrecht proklamiert, o. h. den Kampf aus Haß führt, nur um den Gegner unter seiner Faust bluten, unter seinen Füßen zertreten zu sehen. Wer wollte bestreiten, daß diese Methode im Kriege nicht befolgt wurde? Eine Verständigung liegt dann nicht mehr im Interesse des sich stärker Fühlenden. Er wird wie das Tier, wie der Geier, der aus Raubgier die Beute gejagt hat. Und wir brauchen nicht allein an den verflossenen Krieg zu denken, wir können alle Nachkriegsjahre durchwandern und die Gewaltherrschaft der Feinde an Ruhr uno Rhein, im Osten und im Norden unseres Vaterlandes gibt uns Zeugnis von dieser Art des Kampfes. Es ist als sei von jenem Augenblick an, wo den Völkern während des Krieges Gelegenheit gegeben war, !ich auf Grund der bekannten Frieoensvermittluugen zu verständigen, als sei von diesem Augenblick an jedes Gefühl für den Friedeil ver- lorengegangen. Ist es die Rache der Natur, der man zuwider handelte? Als Tatsache steht also heute die Verrohung der menschlichen Handlung, die Auswirkung des Gewalt re chtes gegenüber den überzeugenden Rechten des Geistes. Und es ist interessant, diesen Prozeß nicht allein im Hinblick auf die großen welt geschichtlichen Ereignisse, im Hinblick auf die internationalen Beziehungen der Völker zu betrachten, sondern wir begegnen ihm in allen Einzelerscheinungen des menschlichen Lebens auf Schritt und Tritt. Un.ere ganze Zeit trägt den Stempel dieses neu eil Rechts. Wir brauchen nicht jenen Mann, den wir immer i,n Zusammenhänge mit der französischen Politik nennen, als den alleinigen Tppus dieser neuen Aera zu bezeichnen. Allenthalben begegnen uns diese Typen. Allenthalben wird nach oiesem nenen Recht gelebt. Worin bestehen zum großen Teil die De batten, die Kämpfe unserer Parlamente? Wüste parlamentarisch« Szenen haben uns oft genug ein Bild von der neuen Einstellung gegeben. ES ist uns nichts Neues mehr, wenn die Fäuste der Abgeordneten aneinandergeraten, wenn mit Tischen und Bänken und Tintenfässern bombardiert wird, anstatt Männer auf die Rednertribüne zu stellen, oie mit der Glut ihrer Seele, mit oer UebcrzeugungSkrast ihres Herzens ihre Rechte verfechte», dazu aber auch mit derselben Ueberzengungskraft oas Recht des anderen achten und Gründe und Gegengründe gegenüberstellen. Wie weit liegt solche Zeit zurück, in der man so das Recht handhabte? Aber wir brauchen bei diesen Beispielen nicht stehenzubleiben. Was offenbart uns der Hitlerprozeß? Auch die Kämpfe dieser Münchner Hochverräter sind nicht geistiger Art, sondern mit oer Fa>>ft, mit der Kugel wollen sie das Deutsche Reich erneuern Nur losschlagen! Was dann folgt, ist einerlei. DaS arist^e Ziel, die Perspektiven, nach denen stets große Männer gehänselt haben, sind nicht zu erkennen. ^Uud geraoe bei diesem Prozen reift in uns immer mehr die Erkenntnis, daß ausgerechnet so genannte „Führer" das Recht in brutalster Weise vergewaltigen. Wenn wir dann aber Parallelen ziehen: Ludendorff letzt, Luden dorfs als Feldherr, oann steigen allerdings furchtbare Vergleiche auf. Aber davon wollen wir heute nicht reden. Eine traurige Er scheinung jedoch ist es, baß sich Parteien zu oen Ideen vieler Männer bekennen. Was waren ferner die Putsche in den letzten fünf Jahren? Lediglich ein Sichvordrängen der brutalen Macht, das instinkt- mäßige SichauSIebenwollen bestimmter „Größen". Ideen spielen keine Rollen mehr. Es wird höchstens als Köder -in Schlagwort geprägt, das alles Geistige ersetzen soll. Zu dieser Kampfeswesie der Rechtsvutschisten kommt in gleichem Maße die oer Links parteien. Auch hier wird mit Maschinengewehren, mit Fäusten und Fußtritten geherrscht. Wir brauchen das Bild gar nicht weit auszumalen, da wir das Glück haben, im „bestbekannten" deut schen Lande zu wohnen. Ileberail Vergewaltigung der Menschen rechte durch das gemeine Recht der Faust. Dafür aber werden wieder jene berühmten Worte von «.Verfechtung der allgemeinen Menschenrechte" von erster, zweiter und dritter Internationale, von „Brot und Freiheit" usw. geprägt. Wo sich aber geistige Kämpfe (wir müssen schon sagen „schein bare geistige" Kämpfe» entwickeln, wird mit der unglaublichsten WahrlzeitSentstellung gearbeitet. Wir greifen zwei höchst« „Spitzen" heraus. Ludendorff und Poincare. T«S einen Reden in München, und de- anderen unzählige SonntagSreden haben der Welt mit kaum glaublicher Anmaßung die lügenhaftesten Dinge vorgesetzt. Und ein gewisser Teil der Welt scheint immer »zock so veranlagt zu sein, daß sie allzu leicht die Einstellung zu diesen Ideen findet, Aehnlich wie diese beiden „Männer" «» M BW ' Ae Well ükk AM ' M M Lebe» - Die englisch-russische Konferenz Rakorvski al» Führer der russischen Delegation — Der Meinungsaustausch zwischen Paris und London — Großer Derkehrsftreik in London — 300SV Streikende Die rnMk« KmchrcuMitglitder j London, 22. März. Die Mitglieder der russischen Delegation zu der russisch-englischen Konferenz, die in der er sten Apriiwoche eröffnet werden soll, sind nunmehr ernannt wor den. An die Spitze tritt Nakowsky, ihm zur Seite stehen u. a. Litwinow und der Präsident der russischen Staatsbank. Die Delegation umfaßt auch verschiedene Sachverständige für wirt schaftspolitische Fragen. Nach dem diplomatischen Mitarbeiter des Daily Telegraph beabsichtigt die russische Regierung, auch das bessarabische Problem auf der Konferenz zur Sprache zu bringen. Es heißt, daß die russische Regierung sich mit der Ab tretung Bessarabiens unter Umständen nicht abfindet und aus führlich festlegt, daß Großbritannien ohne Rußland zu Rate zu ziehen, die Einverleibung Bessarabiens in das Königreich Ru mänien ausgeführt habe. Die bolschewistische Delegation wird schließlich die Schadenersatzansprüche für die von den verschiedenen weißen Armeen in Rußland angerichteten Verwüstungen bei der britischen Regierung damit begründen, daß sie dem General Deni- kin und Wrangel weitgehende Unterstützung habe angedeihen lasse». Frankreichs Wunsch «ach Aussprache mit Enqland Paris, 22 März. Nach bestimmten Anzeichen plant die französische Regierung noch vor dem Abschluß oer Sachverslän- lngeuarbeiten eine Aussprache mit dem englischen Kabinett über das Sichern ngsproblem uno wahrscheinlich auch über das Rep a r a t > o »Sp ro b l r m. Lee „Temps", das offiziöse Pa. riser Blatt, empfiehlt «ine sofortige französisch-englische Rück- sprache, 1. hinsichtlich der Reparationen, zumal in ver Frage oer interalliierten Schulden uno zur Ermittlung des Betrages, den das britische Schatzamt von Frankreich einzuziehe» beabsichtigt. 2. zu Verhandlungen oes Sicheruttgsproblems. Der „Temps" schlägt hier eine Lösung vor, die sich »n großen uno ganzen mit dem von Lord Grey vorbereiteten uno befürworteten Standpunkt deckt. Großer Derkehrsst ilr in London London, 22. März. (Drahtberichth Alle Vermittlungs versuches eines Verkehrsstreiks sind an oen Forscrungen der Ge werkschaften gescheitert. Seit Mitternacht liege» alle Omnibusse. Straßenbahnen. Kraftfahrer, und sogar ein großer Teil oer Unter grundbahnen st rl. An dem Streik sind bisher etwa 3Ü Ü0Ü Personen beteiligt. - Die amerikanische Anleihe sür Deutschland Neuyork, 22. März. In Wallstreet vermutet man, daß «me durch cngltiche und festläuoikche Interessengruppe» auSgegcb-ne Anleihe für Deutsibland spätestens zu Aujäng des SommcrS ausgelegt werden wird. Arteil im Annaberger Kommunistenprozeß W. T. Chemnitz, 22. März. (Drahtbericht) Im Annaberger Kommilnistenprozeß werden heute vo» der Strafkammer die Urteile gefällt. ES erhalten wegen schweren LandfriedenSbcuches der Angeklagte Langen berger 3)4 Jahre Gefängnis, Meier 1)4 Jahre Gefängnis, Michaelis 2 Jahre, zwei Wochen Gefängnis, Haustein 8 Monate Gefängnis, sodann wegen einfachen Landfriedensbruches Dudinski 6 Monate Ge fängnis. Die Untersuchungshaft wird zum großen Teile ange rechnet. Der Effekt des Hitlerprozeffes Die AiikligtbkhSrdt Hut das Wirt München, 22. März. Am Freitag begannen im Hitlerprozeß die Plädoyers. Zunächst gab der Vorsitzende im Namen des Gerichtes eine Erklärung ab, die feststellt, daß Kronprinz Rupp recht an den Ereignissen an den Vorgängen am 8. und 9. November in keiner Weise beteiligt sei. Darauf nimmt der erste Staatsanwalt Dr. Stenglein das Wort und führt u. a. aus: Ich stelle voraus, daß ich jeder persönlichen Stellungnahme zu Parteifragen mich enthalte. Es soll nur die Tat der Angeklagten erörtert werden. Für die Er eignisse vom 8. und 9. November treten uns vom vaterländischen Standpunkte aus zwei tiefbedauerliche Erscheinungen entgegen. Einmal die Zerklüftung der vaterländisch gesinn ten Kreise, die schroffe Einseitigkeit ihres engen Parteipro gramms, die jeden als schädlich verurteilen, der nur um eine Li nie davon abweicht, und zweitens die heiße und wilde Un geduld, die in den natioiialen Kreisen Platz gegriffen hat, die da meinen, sie könne mit einem Gewaltstreiche oas alte deutsche Reich in seiner strahlenden Herrlichkeit wieder aufrichten. An Stelle dieser Ungeduld muß treten die harte, zähe, eiserne Geduld, die in der Stille arbeitet, die mit zusammcngebissenen Zähnen wartet, bis die Saat reif ist. Weiter liegt die tiefe Wurzel der Geschehnisse in der Zerrüttung der Staatsautorität. Die Achtung vor dem Gesetz, die Erkenntnis, daß die Staatsautori tät eine Lebensnotwendigkeit ist, muß wieder hcrgcstellt werden. ES ist eine gefährliche Ansicht, daß alles, waS auS Liebe zur drutschen Sache, wie man sie auffaßt» geschieht, schlechthin er laubt sei, auch wenn eS noch so sehr gegen das geltende Ge setz verstößt. machen, aber treiben es unzählige Epigonen, unzählige Wauder- ( und Verfaminlungsrevner. Finden sie aber in der eigenen Partei kein Gehör mehr, so ist mit Leichtigkeit eine neue zusammen gestellt. Wann wird das Volk erwachen? Durchdenken wir nur einmal mit allem Ernst die Jahre der Nachkriegszeit, und wir werden Tausende von Beispielen finden, tu denen sich der von uns gezeichnete Prozeß erfüllte. Man könnte das Ganze als einen Zug ins Körper liche bezeichnen. Er ist eine ganz allgemein« Erscheinung ge worden und hat sich bereis auf die ganze Zeitrichtung übertragen. Vernachlässigung des Geistigen, Ueberpflege deS Körperlichen. Die Anzahl der Sportvereine überwiegt heute jede andere Bildung von geistig sich betätigenden Vereinigungen. Die Presse ist zum Teil dazu die Wegbereiterin. Wir können eS heute erleben, daß ein tüchtiger Schneeschuhfahrer oder ein robuster Ringkämpfer Mlf der ersten Seite der Berliner oder sonstigen Illustrierten steht, daß alle möglichen »kleinen" und „großen" Größen uns im Bilde gezeigt werden, daß aber ein Mann der Wissenschaft, ein Mann der Technik und Erfindung in irgendeiner Ecke verzeichnet bleibt. DaS ist gegenwärtig Kulturauffassung. Die geistigen Führer gehen unterdeS zugrunde. Sie hungern, während daS Volk irgendeinem Boxer begeistert zujubelt. DaS deutsche Volk ist sich noch nicht klar darüber, daß die Minderwertung der Wissenschaft Über kurz oder lang der ganzen Nation zum Verhängnis werden wird. Alle Triebkraft zum Aufstieg einer Nation erquillt nur aus den Quellen der Wissenschaft, auS den Geistesquellen unserer Besten. DaS übrige aber hat keinen Bestand, und eine- Morgen- wird die Nation mit leeren Händen nackt und frierend erwachen. ES gibt nur einen Trost, daß es noch Männer gibt, die trotz Not, trotz Hunger und Berachtuna unaufhaltsam Weiterarbeiten in Wis- Die Weimarer Verfassung bildet die Grundlage des Reiches. Die Gegnerschaft gegen die Verfassung darf niemals dazu führe», daß Gesetze mit Gewalt zu ändern oder zu beseitigen versucht werden. Freilich war das, was im November 1918 geschehen ist, ein Ver brechen des Hochverrates. Hitler hat recht, wenn er ausführt, daß der Hochverrat daS einzige Delikt ist, das nur dann bestraft wird, wenn es nicht gelingt. Dieser Grundsatz muß auch auf die Angeklagten angewandt werden. Der äußeren Anteilnahme der Herren v. Kahr, Lossow und Seisser stand ihre Rechtfertigung ent gegen, daß nur die Zwangslage sie bewegt hat. zum Schein mitzutun, um ihre Handlungsfreiheit durch spätere Nieder schlagung des Putsches zu gewinnen. Auch dafür, daß sie etwa zuvor an der Vorbereitung sich beteiligt hätten, wurde kein Be weis erbracht. ES ist also der Tatbestand des Hochverrates nicht feststellbar. Die von der Verteidigung eingeleitete Straf anzeige gegen Kahr, Lossow und Seisser veranlaßte die Prüfung der Strafbarkeit der drei Männer. Sie wird mit aller Gewissen haftigkeit verfolgt. Während die übrigen vaterländischen Verbände sich hinter Kahr stellten, suchte der Kampfbund unter Führung HiilerS von Anfang an eine unabhängige Machtstellung sich zu ver schaffen. Es bestand in der Politik KahrS, Lossows und SeisserS gegenüber dem Kampfbund nach meiner Auf fassung nicht die wünschenswerte Klarheit. Der Kampfbund ist infolge der Aktionslust seiner Mitglieder den Führern entglitten. ES darf nicht vergessen werden, daß sich Kahr. Lossow und Seisser am 8. November in einer furchtbaren Zwangslage befanden, und daß sie rücksichtslos in den Ge waltstreich hineingeschobcn wurden. Die Männer, die das taten, haben eine große Verantwortung und schwere Schuld auf sich ge laden. Das Verhalten Hitlers und seiner Leute bewies, daß sie senschaft und Technik, in Kunst und Literatur. Sie glauben un erschütterlich daran, daß die Götzen der Gegenwart auch dereinst von ihren Thronen stürzen werden, gleich jenen Entthronten, die ehedem von ebendiesen Götzen gestürzt wurden. Wie ist dieser gegenwärtige Zeitgeist zu erklären? Die Ner ven der Menschen sind durch den Krieg und die Folgezeit ruiniert, der Geist ertötet. Und darum drängt der menschliche Körper rein tiermäßig danach, sich irgendwie auSzuleben. Damit ist aber die Menschheit nicht entschuldigt. Im Gegenteil. Sie braucht nur in den Büchern der Vergangenheit zu lesen und die wahre Zielrich tung wieder zu gewinnen, um wieder ein nutzbare? Leben zu leben. Wir wollen aber auch nicht übersehen, woraus sich im tiefsten Grunde rein geistesmäßig diese ganze Entwicklung zum Körperlichen herausyebildet hat. All diese Dinge entspringen letz, ten Endes aus der Lehre von der restlosen Freiheit deS Einzelmenschcn. Das war die Einstellung der vergangenen Jahrzehnte, Sobald der Autoritätsgedanke ausgeschaltet ist, hat der Mensch keinen Halt mehr, keinen Pol, an dem er sich zu orien. tieren vermag. Sobald das Bewußtsein erwacht, daß eS keine ewige Norm deS Sittengesetzes gibt, muß er sich ftlbst verfallen, muß er danach streben, möglichst ungezügelt seinem Instinkt den Lauf zu lassen. Der Instinkt wird dann zum Recht. Diesem Recht aber fehlt die Wahrheit, die Berechtigung. Und aus ihm entwickeln sich dann jene im Anfang gezeichneten Methoden des Kampfes. DaS offenbart sich auf politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gebieten. Wir haben eine Partei, die allerdings auch das Wort „Frei heit" auf ihr Programm geschrieben hat. Aber e» stehen zwei^ andere Worte daneben: „Wahrheit und Recht".. Nach dieser. Parole werden wir den Kampf führen.« I. «.