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Sächsische Volkszeitung : 14.10.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192110141
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19211014
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19211014
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-10
- Tag 1921-10-14
-
Monat
1921-10
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.10.1921
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Lrritag den 14. Oktober ILLt Sachliche voll».zritung Nr. LW. tzeit« » Obwohl diese Meldung abenteuerlich klingt, muß man, wm sie recht zu würdigen, sie mit ähnlich lautenden Meldungen der letzten Zeit ans Genf vergleichen, und mit den Genfer Ge. rüchtrn von der Bildung eines Freistaates Oberscklesien» mit mehr oder minder großer Souveränität, mit dem VorlÄage endlich der Amsterdamer Gewerkschaftler Fimmen uird Jou» «aux. die einen wirtscliaftlichen Zusammenhang mit Deutscki. land befürworteten, sich aber über die politische Zugehörigkeit Oberschlcsiens recht dehnbar aussprache». Ein wirtschaftlich nicht zu Polen, politisch nicht zu Deutschland gehöriges Oberschlesicn würde auch dem tschechischer»,Ikackbarslaate sehr willkommen sein. In diesem Zusammeichang« gewinnt die Rolle de» Tschechen Hodatsch in Gens eine eigenartige Bedeutung. Dieser angc-nch urrparlciische Sachverständige isl während seiner Tätigkeit für den Völkerbundsrat mehrere Male nach Pari» ge fahren. um mit Briand zu konferieren. Zur gleichen Zeit weilt General Lerond in^Prag. sind spielt bei, Ser böhmischen Negierung dasselbe Spiel, das Hodatsch in Paris treibt. Alle» da» darf wohl in ursächlichem Zusam menhang mit der eingangs erwÄhnten Meldung gebracht werden» die dadurch erst in ihrer gefährlichen Bedeutung hervortcitt. Es ist ungeheuerlich, ein Gebiet, dessen Mehr heit sich für Deutschland ausgesprochen hat. dessen Städte rerndeutschen Charakter tragen, durch ein In trigenspiel in einen völlig haltlose» staatsrechtlichen Zustand zu versehe», demzufolge es politisch zu Polen gehören, wirt schaftlich nach Deutschland gravitieren würde, und also eine Art Wechselbalg unter den normalen Staaten Europas darstellte. Oberschlesien selbst würde bei dieser wirtscliaftlichen „Auto nomie" unter Völkerbu>»dskontrolle zu einein Zentrum des wirtschaftlichen Freibeutertu ms werden, woran sein ehedem so blühendes Wirtschaftsleben in kürzester Zeit zu grunde gehen mühte. Das lächerlichste an dein ganzen Plane aber ist, dem Deutschen Reiche zuz» muten, diesem polnisch gewordenen Gebiete unter der Garantie der Reichsbank deutsche Währung zu belassen, ihm deut sches Eisenbahnmatenal und deutsche Verkehrsbeamtc zur Ver fügung zu stellen. Nie und nimmer wird die Neichöregie- rung sich auf ein derartiges wirtschaftspolitisches Kuddelmuddel einlasfen und sie kann sich in der striktesten Ablehnung dieses törichten Vorschlages einig fühlen mit dem oberschlesischen Volke, das weder auseinandergerissen, noch zum Wechselbalg gestempelt werden will. Eins allerding» geht ans diesem Vorschlag glänzend her vor. die wirtschaftliche Einheit zwischen Ober- schlesien und Deutschland, die so unzerreißbar ist, daß sie selbst an diesem ausgeheckten neuen Staatsgebilde noch Möglichkeit bewahrt werden soll. Weitere Kundgebungen für Oberschlesien Breslau, 12. Oktober. Die Deutsche Volkspartei Obcrschle- sieus hat heute an den Reichskanzler und an den Partcivorsitzen- den Dr. Stresemann Telegramme gerichtet, in denen sic nach drücklichstes Eintreten für die Erhaltung des ungeteilten Ober- schlcsien bei Deutschland fordert und die Zusammenarbeit mit einer Regierung, die eine Zerreißung über sich ergehen läßt, für unmöglich erklärt. (W. T. B.) Berlin, 12. Oktober. Ter Allgemeine Deutsche Gewerk- schaftsbuiid und der Allgemeine Freie Angcstelltenbund, der Gewerkschaftsring der Deutschen Arbeiter-, Angestellten- und Be amtenverbände, der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Deutsche Beamtenbund haben an den Völkerbundsrat, Lloyd George und Briand Protesttelegramme gerichtet, in denen gegen die beabsich tigte Teilung Oberschlesiens schärfster Einspruch erhoben wird. Es heißt darin weiter: Die Unterzeichneten Organisationen, die insgesamt l4 Millionen Mitglieder vertreten und mit Familien angehörigen rund 40 Millionen deutscher Staatsangehöriger um fassen, haben sich geschlossen hinter das NeparativnSprogramm der Regierung Wirth gestellt. Sic haben das getan, obwohl sie sich bewußt sind, daß die Wirkungen der Reparationen für sie alle härteste Arbeit und herbe Entbehrungen bedeuten. Jede Ab trennung wichtiger Wirtschaftsquellen von Deutschland macht die Durchführung dieses Punktes un möglich und bedeutet zugleich Verelendung des deutschen Vol kes. das durch seine Bevölkerungsdichte auf wirtschaftliche Be ziehungen, auf Import und Export angewiesen ist. Eine Teilung Oberschlesiens steht auch in Widerspruch mit dem Abstimmungs ergebnis und hätte zur Folge, daß die arbeitende Bevölkerung Deutschlands auf alle sich aus Teil 13 der Friedensvcrhandlungen ergebenden Maßnahmen verzichten müßte. Gerechtigkeit, sowie die Deutschland auferlegten und von ihm anerkannten Pflichten erheischen gebieterisch Belastung Oberschlesiens bei Deutschland. Breslau, 12. Oktober. Die Vereinigten Verbände Hei ni attreu er Oberschlesier richteten an den Völkerbunds rat einen Fernspruch, in dem es heißt: In letzter Stunde erheben die Vereinigten Verbände heimattreuer Oberschlesier, hinter denen die Mehrheit des oberschlesischen Volkes steht, schärfsteil Ein spruch gegen jeden Versuch, einen Teil der oberschlesischen Hei mat zu Polen zu schlagen. Eine solche Entscheidung würde in schärfstem Gegensatz zu den vierzehn Punkten Wilsons stehe». Sie wäre eku vrpch de» Versailler Frledeusdlktats. Endlich for dert dt« Pflicht der Menschlichkeit, daß kein vberschlesier aus der deutschen Kulturariueinschast in ha» polnische Lhao» und östliche Nnktltur und Barbarei gestoßen werde, deren Charakter wir in Pflicht der Menschlichke »ulturarmeinschast in und Barbarei gestoße de» letzten Jahran bei »icht weniger al» drei Polenübrriältzi» und Raudzügen Mm eigen,»kLeibe verspürten. Von Deutschland aber verlange» wir, datz «» die ReparatianS- Pflicht » ur d u e r f >1 l I t, w e»ii daS deutsche Recht b « ach t e t w ir d. E i IIe Tei l II n g O b er s ch l e! ie » s wür de u n s den letzten Rest des Vertrauens anj Recht und Billigreit und.»ns die Solidarität dcrvöl- ker nehmen und eine» ewigen Brandherd tu Lu» ropa schasse«. , ^ Aelmliche Fernsprltch« sandte» die Verbände an Lloyd George, au hardüig, Boaomi und Nitti. Lloyd George wird besonders au seinen Fair-play-Staudpunkt erinnert. (W T. v.) Die Bayerische Presse znr obcrfchlestsche» Frage lEigener Drahlbericht der „Sächs. V o I lsz e i t g.") München, 13. Oktober. Die «Münchner Neuesten Nachrich ten* sagen zur oberschlesischen Frage, die Entscheidung des Völ kerbundes kann Deutschland in die schwersten Wirren werfen. Heute noch ist es Zeit, im letzte» Augenblick das Chaos zu ver. meiden. Dazu ist aber eins not, daß die Beratungen in Berlin in diesen kritischen Stand einsctzen und allein das Wohl des Reiches im Auge habe», daß ein Hineiiizerreii von egoistischen Parteierwägui^cn in die jetzigen Entscheidungen, ein Hinzielen auf Parteivortrile als Hochverrat für immer und ewig stigmati siert werde» müßte». Nur da? ist ausschlaggebend, was zur Rettung des Reiches geschehe» kann. Die „Bayerische SiaatSzeitung" schreibt: Die deutsche» An- sprüche auf Oberschlesien sind uubesirelibar. Sie können durch keinerlei spitzfindige Formeln aus der Welt geschafft werden und sind nicht zuletzt verbrieft und versiegelt durch den Fricdeusver- trag. Möge die Schicksalsstunde, die jetzt hercinsteigt über das deutsche Volk, starke Männer und ein Volk finden, das in der Lage ist, allen Parieihader beiseite zu schiebe» und sich einig und geschlossen mit allen Kräften für Recht und Gerechtigkeit einzusetzcn. Die politische Grenze in Oberschlesien (Eigener Drahtbericht der .Sachs. VolkSzeitg") Paris, 13. Oktober. Ueber die in Aussicht genommene po litische Grenze macht der Pariser TempS" folgende Angaben: Polen erhält den Bezirk Pleß und den größten Teil des Bezirks Rybnik ferner die Bezirke Königshütte. Beuthen-Land, Katto- witz Stadt und Land. Deutschland erhält die Bezirke Gleiwitz, Hindenburg, sowie Benthen-Stadt, ferner die Bezirke Nosenberg, Krentzburg, Oppeln, Großstrehlitz. Tost, Cosel, Oberglogan, Leob- schütz, Ralibor. Bon den Bezirken Tarnowih und Lublinib er hält Deutschland den westlichen, Polen den östliche» Teil. Die Regierungsumbildung Berlin, 13. Oktober. Die NegierungsumbildungSversuche im Reich wie in Preußen sind naturgemäß durch die Meldungen über Oberschlesiens Zukunft nicht nur in den Hintergrund ge treten, sondern auch ins Stocken geraten. Tenn es ist selbst verständlich, daß ohne das Resultat über Oberschlesien kaum etwas unternommen werden kann. Soweit Preußen in Frage kommt, sollten am Mittwoch vormittag interfraktionelle Be sprechungen über die RegieruugSumbildung statifiiideu. Wie ver lautet, ist die geplante Sitzung, ohne daß man überhaupt in eine sachliche Verhandlung cintrat, sofort wieder vertagt worden; inan will die Umbildung der preußischen Negierung erst vor nehmen, wen» die Verhältnisse im Reiche geklärt sind. — Auch am Mittwoche ist das Kabinett zu wiederholte» Malen zu Bera tungen über die oberschlesiscbe Frage zusaimucugetreieu. Weiter hin hört man davon, daß sich auch der Vorsitzende des deutsche» Ausschusses für Oberschlesicn, Laudrai a. D. Lukaschek, in der Rcichshanptstndt befindet, um sich dem Kabinett für eine Bericht erstattung über die oberschlesischen Verhältnisse zur Verfügung zu stellen. — Solange amtliche Nachrichten über eine Entschei dung über Oberschlesien noch nicht vorliegeu, wird eine Stellung nahme der Parteien kaum zu erwarten sein. Man sprach Nation, daß die Fraktionen des Reichstages in diesen Tagen zusammen- treton würden; bisher ist Näheres darüber jedoch noch nicht be kannt. Ter Auswärtige Ausschuß wird aber voranönchilich am Donnerstag oder in den nächsten Tagen zusammentreten. Das demokratische „Tageblatt" teilt mit, daß die demokratische» Frak tionen des Reichstages und des Landtages sich am Mittwoch nach mittag um 5 Uhr zu eingehender Beratung versammelt haben. Ob mit einer früheren Einberufung des Reichstages zu rech nen ist. sieb« nock> nicbt feit, iedoch kann bei der innen- wie antzen- volitische» Bedeutung und ihren Folgen erwartet werden, d. ä das Parlament sich zusammenfindet als geplant tvar. Von der Presse werden Gerüchte verbreitet über eine Unstimmigkeit zwi schen dem Reichskanzler Dr. Wirth und dem Außenminister Dr. Rosen. Diese Gerüchte sind unzutreffend. ch' ft stiegen. Es ist »vahrschein. Kirkh sich heute oder morgen mit Ein neues Kabinett Wirth? (Eigener Drahtbericht der „Sächs. Volk-zrttg.") vcrlin, 13. Oktober. Sollte e» zu einem Rücktritt der Nöichsrcgiernng kommen, so könnte nach einstimmiger Ansicht der KabinettSmitglieder Dr. Wirth gegebenenfalls mit der Bildung de» neuen Reichskabinetts beauftragt werde». Dieser Beschluß geschah gestern nachmittag in Anwesenheit des Reichspräsidenten Cbert. Ihre endgültige Stelfimgnahme zur NücktrittSfragc wird der Neichsregierung jedoch erjt «ach dem Eintreffen der offiziel- len Meldungen über Oberes sich, daß der Reichskanzler T den Parteiführern in Verbindung setze«'wird. Dt« Bepchluna »«r nLchsten RaPchNttionsrot« gesichert (Ei-enec Drahtbericht der „E^chs- V o I k S zr i tg.Z Vrrll», 18. Oktober. Di« Bezahlung der nächsten Nepara. tiou»rate von 809 Millionen Goldman, die am 15. November fällig ist. wie au» Kreisen der ReichSmänncr verlautet, durch den Ankauf von Devisen und Krediten bereits gesichert. DaS deutsche Eiqentum in Italien (Eigener Drahtbericht der „Sächs. Volkszeit g.'j Nom, 13. Oktober. Der frühere italienische Schatzmeister meldet zwar anfragend an den Außenminister und den Handel», minister an, ob es wahr sei. daß die Regierung beabsichtige, da durch den Versailler Vertrag Italien zugesprochene deutsch« Eigentum gegen eine Pauschalsumme, die durch das Reich br- zahlt wird, den früheren deutschen Eigentümern zurückzugeben, ferner, wie die Regierung die Rechte und Interessen der itali enischen Administratoren des deutschen Eigenlums während der KriegSzeit z» schützen gedenke. - '>» > > > - Aus dem französischen Finanzausschuß Paris, 12. Oktober. Finanzminister Doumer 'erklärt? ge stern vor dem Finanzausschüße der Kammer, daß e: neue Nb- striche an dem Budget für 1922 vornehmen werde. Der Ausschuß sprach den Wunsch aus, daß ihm die erforderlichen Mitteilungen über die zu erzielende Herabsetzung der Ausgaben vor dem 15. Oktober zngehen möchten. Heute wird der Finanzausschuß i.ät dem Ministerpräsidenten Briand und dem Kricgsmiuister Barihou über die Kredite für die Levante und Marokko verhan deln. — Wie der „Petit Parisien" mitteilt, soll dem Minüter- Präsidenten die Frage einer eventuellen Aendernng der Politik in Syrien, Phönizien urÄ> Konstantinopcl gestellt werden. Die Aufgabe« Amerikas London, 12. Oktober. Einer Reutermeldung aus N«m :k zufolge erklärte der aus Europa zurückgekehrte Präsident der National-City-Bonk, zur Wiederherstellung des in ternationalen Handels seien vor allem notwendig ein internationaler Ausschuß zur Beschränkung der Rüstungen und Erörterung der Handclsmöglichkciten so wie Neuregelung der Schulden und die Beseitigung oder wenig stens Milderung der Zollschranken. Ohne die Hilfe und Füh rung der Vereinigten Staaten würde die Lage chaotisch bleiben. Der ebenfalls znrückgekebrte Bankier James Speyer erklärte, die wichtigsten Fragen für die Vereinigten Staaten seien die Festigung der ausländischen Wäbrungen, insbesondere der Mar!, sowie die Bezahlung der den Vereinigten Staaten geschuldete» Beträge. Die Konferenz von Venedig Venedig, 12. Oktober. Die «Vertreter Oesterreichs und Ungarns, die sich auf Einladung des Ministers dclla Torretta hier eingefunden hatten, traten heute zu emer Sitzung zusammen. Nachdem der italienische Minister das Z-el der Zusammenkunft dargclegt hatte, zog sich die ungarische Ab ordnung zurück. Darauf sprach sich die österreichische .«bordn: - über die Einzelheiten ibrcr Auffassung der zur Erörterung stehenden Frage aus. Das gleiche geschah von der ungarische» Abordnung, nachdem die Vertreter Oesterreichs den Verband- lnngsranm verlasse» hatten. Die Konferenz gelangte zu einem Einverständnis über die Notwendigkeit, vor allein praktische Maßnahmen zu erwägen, die getroffen werden müßten, um die Durchführung der zu fassenden Entschließung sicherzustelleu. Hierzu soll eine zweite Sitzung stattfindcn. Venedig, 12. Oktober. In der Eröffnungssitzung der *' >.» treter zur Beratung der b » r g e n l ä » d i s ch e n Frage be- tonte die österreichische Abordnung nachdrücklich den onrch d!e Friedensverträge und die Entscheidung der Boischafterkonfereuz bestehenden Rechtsanspruch und schilderte dann eingehend die Lage im Burgenlandc. Oesterreich sei der ungestörte Erwerb und Besitz des Durgenlandes, vor allem also Befreiung von den Freikorps zu garantieren. Eindringen der Serben in Albanien (Eigener Drahtbericht der „Sächs. VolkSzeitg.") Wien, 13. Oktober. Aus Valona wird gemeldet, drei scr- bische Regimenter mit zahlreicher Artillerie und Maschine»! wehren haben die Drina überschritten und vier albanische Dörfer besetzt. Die alliierte Regierung hat beim Völkerbund und rei der Botschasterkonferenz Protest gegen das Eindringen der Ser ben in Albanien erhoben. Sächsische Volkszeitung — Nr. 288 — 14. Oktober 1921 Ni i j' M Zurück zu den heiligen Satzungen Von Franziska Schneider (Nachdruck verboten. — Alle Rechte Vorbehalten.) (19. Fortsetzung.) „Ich habe versucht," fuhr O'Nell fort, „mir den alten Kna be» für die Erntezeit verbindlich zu machen, indem ich ihn al» Tagelöhner angewvrben habe mit der Zusicherung des doppelten Lohnes gegen das Versprechen, während dieser Zeit sich des Al kohols zu enthalten. Diese Zusage hat er mir auch feierlich ge geben. Hoffen wir, daß er dem guten Willen treu bleibt. Ans diese Weise, denke ich, wird es ihm möglich, seine der- lorcncn Ersparnisse zu ersehen, zugleich betrachte ich die erzwun gene Nüchternheit als nützliche Vorübung für den Anfang der MäßigkeitS-Pledge." *) » „Wäre allen Landlorb» ein gleiche» scqiale» Fühlen ge geben wie Ihnen, mein liebe« O'Nell, dann hätten wir nicht so viel Jammer und Elend und Rot." sagte O'Flaherty. O'Nell antwortete mit ablehnender Handbewegung: „WaS ich tun kann, ist nicht nennenswert. Wäre ich ein O'Nell, wie meine Väter es vor Generationen waren, so wüche ich deren Satzungen gemäß gern mehr und Besseres leisten, so muß ich mich beschränken. Ein Pächter ist selbst ein abhängiger Mann." Bei diesen Worte» sHweiste sein Blick -über eine große, eichengeschnthte Tafel, di« inmitten der Längswand d»S Zim mers über dem Kamin hing. In hübsch verzierter Schrift und bemalten Initialen trug sie die Worte: „Treu ErinS Zucht und Erins Sitte, Dem Gotte treu in seiner Mitte, Kraft und Herz dem Vaterland, Sei dir LebenSnnterpfand." „Die Familie O'Nell hat sich bewährt," sagt« der Pnester, dem Blicke seine» Freunde» folgend, „in guten TAgen und viel leicht noch bester in schlechteren Zeiten. Den heiligen Satzungen Ihrer Familie find Sie treu geblieben. Den jungen Spröhlein diese« achtbaren Stamme»," setzte er, lächelnd zu Mart» und Roby hinübersehend hinzu, „kann ich nur empfehlen, den hüb schen Spruch al» Hau», und HerzrnSspvuch hoch zu halten." *) „Die Plebge empfangen" bezeichnet hi« einer Medaille bei Eintritt in den Mäßigkeit-Verein, ^uvch^e« Franzi»kanrrpater Mathew^im Jahr« 1888, besten An- Einhänbigung rin, begründet zwei Jahren auf fünf Millionen gezahlt wurden. Nach einer kleinen Panse begann O'Flaherty von neuem: „Und jetzt, mein lieber O'Nell, komme ich zu der eigentlichen Ur sache meines Besuches. Merkwürdig spät, werden Sie denken, doch schließe» Sie nicht daraus, daß es sich um eine Erörterung unangenehmer Art handele, die man gern hinausschiebt. Im Gegenteil, je nachdem kann die Entscheidung einer Angelegen heit, die ich Ihnen unterbreiten möchte, für unser ganzes Kirch spiel von nutzbringendem Segen sein. Ich kam mit der Ueber- zeugung, Ihr Entgegenkommen zu finden, da ich die Grundsätze der Familie O'Nell kenne. Bei Ihrer Schilderung des gesam ten Verhältnisses zwischen dem irischen und dem sächsischen Haus« geriet meine Zuversicht etwas ins Wanken. Jetzt, oa ich mich von neuem von der rührenden Art Ihrer edlen Denkungs» weise überzeugt habe, will ich Ihnen die Sache unterbreiten: Lord Playfonr war bei mir." Erstaunt blickte O'Nell auf. Das war wohl das erste Mal. daß «in Playfonr sich persönlich zum Pfarrherrn einer irische» Gemeinde bemüht hatte. „Und?" ergänzte er, als wolle er die Erklärung: au« wel chem Grunde und zu welchem Zwecke? beschleunigen. „Der Tod seines Verwalters," fuhr O'Flaherty fort, „und die Unordnungen, die dieser durch Bernntreunngen sich hatte zu- schulden kommen lasten, schienen ihn in einige Ratlosigkeit ge bracht zu haben. Er setzt« mir auseinander, daß er nach reif licher Uebrlegung zur Einsicht gekommen sei, anstelle eines eng- fischen Verwalters einem irischen Mittelmann die Einziehung seiner zahlreichen größeren und kleinere» Pachtbeträge zu über» tragen. Die prcqentuale Vergütung, die er mir andeutete, ist nicht unbedeutend. Verzeihen Sie, daß ich diese Bemerkung mache. Da wir uns aber dem Briten gegenüber auf geschäft lichen Fuß stellen müssen, so hat diese Erwägung auch ihre B«, rechtigung. Die Uebernahme diese« Amtes hat für den Iren aber auch entschieden eine ideale Seite von unschätzbarem Wert«. Die grausamen Unterdrückungen und Vergewaltigungen der kleinen Pachter unseres Bezirkes, das Mißverstehen ihrer Eigen art und das ewige Mißtrauen, die andauernden Schabernacke, die unseligen Verschwörungen und das hieraus resultierende Elend, alle« dieses würde beseitigt werden, wenn Sie lieber O'Nell, mit uneigennütziger Hintansetzung der persönlichen Mühen und Opfer diese» Amt übernehmen »vollen. Bedenk«,, Eie den segenbringenden Einfluß Ihrer Tätigkeit für Ihre Landsleute, deren Wichk und Weh« ihrem Herzen nahe liegt. Im ganze« Gemrindebezirk würde man dem irischen Mittrl«man» da» größt« vertrauen «ntgegrnbringen und de» Nennung Ihre« Namen» ausalmen.' Während d'e'er mit Wärme gesprohei-u Wort? h.iüe t'Nill langsam Tasse und Teller beiseite geschobm und die Hände a>.t die Tischplatte, wie zum Gebete verschlungen, gel^.:. Nacht enkfich »nd ernst sah er darauf b'.. n>rdec. Ux^ v ährend O'Flaherty sprach, redeten in sc:»cm Jumrn die heiligen Satzui^cn seiner Familie. Was der Prieste mit Geschicklichkeit vorbrachte, unterstützten jene mit der Mach hrcr ehrwürdigen Jahrhundertsprache. „Treu Erins Zucht, treu ErinS Sitte, Treu dem Gott in seiner Mitte," rief eS von der Tafel herab. Durste er abschlagrn? Er wußte nur zu gut, daß er zu diesem Zwecke die geeignetste Persöuüä». keit im OrtSbezirk sei. doch war er nicht genug Op; m-st, um nicht sofort die große Verantwortung, sowie die Schw'crigkeiien dieses Amtes zu bewerten. „Kraft und Hand dem Vaterland," redete er weiter von der Wand herab. Große, unschätzbare Dienste konnte er seinen Landsleuten erweisen durch Entgegenkommea, W.'ylwollrn und geeignete Vermittlung. War e» nicht zuletzt auch ein: Errungen schaft der Emanzipation, daß man anfing, nachgiebig r zu wer- den, und irische Großpächter zu Middlcmen zu mach?» ? Al« er da noch immer schwieg, fuhr Father O'Flay-rty fort: „Sie müssen sich die Sache reiflich überlegen, mein Lieber. ES genügt, wenn Sie mir in einer Woche Antwort zukommcn lassen, die ich Playsour übermitteln werde. „Daß es Ihnen nicht angenehm ist. in nähere Verbi'.di'ug mit einem Manne zu treten, dessen Familie sich schwer an Ihnen versündigt hat, ist natürlich. Doch betrachten Sie die Sache, wie gesagt, als rein geschäftlicher Natur und behandeln S.e di« Geschäfte PlayfourS ä>enso kühl, als Sie, wie ich überzeugt bin, mit Wärme sich der Angelegenheit der armen Tenan S zu» wenden werden. Unannehmlichteite» werden Sie nicht so leicht mit ihm be kommen. Die neue Strömung zwingt die Herren Briten zu grö ßerer Nachgiebigkeit. Playfour scheint viel zu schlau zu sein, um diese Notwendigkeit nicht einzuschrn. Die Borkommniste, die durch die Ungerechtigkeit seines Verwalters heraufbeschworen wurden, verurteilt er entschieden. Ob aus Klugheit, ob in wirk- sicher Gesinnung, ob aus Heuchelei — wer will das bei ein»», Brite,, entscheiden? Der Brite spricht zweierlei Worte liebt dehnbare Begriffe, schlägt Master aus Stein, zieht Gold auS leeren Taschen, aber immer lehnt er sich geschickt an Zeitv-rhält. niste und Umstände an. Ist er zur Nachgiebigkeit gezwungen, s» erteilt er sie großmütig, stellen sich ih» lei« Schranke,» ent- «egri^ so wich er zu« Tyrannen. (Kerisetzunz schA
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