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Sächsische Volkszeitung : 19.06.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192406199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240619
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240619
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-06
- Tag 1924-06-19
-
Monat
1924-06
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.06.1924
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Tagesrieiiigketten Schweres Stratzenbahnunglück in Iserlohn 15 Tete. 3V Schwerverletzte. «in TienStagaoend. gegen -/e8 Uhr versagte plötzlich die Mremsc der Stras;cnbahn ans der abschüssigen Tüsingstraßk und rannte gegen die Schliepcrschr Kettenfabrik. Ter Wagen wurde vollständig zertrümmert. Bist,er wurde» 15 Tote und 30 Schwerverletzte festgestiellt. s Ter Dampser „Saarbrücken" wieder flott. Der deutsche Dampser „Saarbrücken" (12 000 Tonnen), der bei Java aus .Grund gelaufen war, ist wieder flott und in den Sabanghafen Lingelausen. Die Passagiere setzten ihre Reise nach Singapore fort. s Umfangreiche Briesmarkenfälschungen entdeckt. Die Aus' becknng großer Briefmarkensälschungen beschäftigt die Wiener Wehörden und Sammlerkreise lebhaft. Es handelt sich um Aus wertung fremdländischer Marken durch nachgemachten Poststempel. Die Entdeckung gelang durch einen Zufall. Bei Baggerarbeiten im Tonaulanal fand man einen Kasten mit fast hundert Post stempeln europäischer und überseeischer Länder, die noch nicht lange im Wasser gelegen haben konnte». Ter Täter, ein berufs mäßiger Philatelist und ehemaliger Hanptmann, hat sich fast zu gleicher Stunde, da der Kasten gefunden wurde, ohne daß er von dem Fund wußte, in seiner Wohnung entleibt. Eine Durch suchung der Wohnung förderte no chweitere Stempel und viele tausend Marken mit Abdrücken der im Fluß versenkten Stempel zutage. 's Gefälschte Dollarnoten. Die Budapcster Polizei ist umfangreichen Dollarsälschungen ans die Spur gekommen, und zwar waren aus 1-Dollarscheinen 10-Dollarscheiue gemacht worden, derartige Fälschung wurde am Montag bei der Tevisenzentrale präsentiert und sofort erkannt. Die Erhebungen der Polizei ergaben, daß die Wege der Fälschungen nach Warschau, Berlin und Wien führen; sie hat sich infolgedessen mit den Polizei behörden dieser Städte sofort in Verbindung gesetzt, um die Fälschergcsellschaft ausfindig zu machen. f- Nauübcrfall bei Stuttgart. Bei Hohenstadt unweit Wimpfen verübte am Sonntagvormittag ein Stuttgarter Arbeiter ans der Landstraße unter Bedrohung mit einem Revolver einen Raubüberfall auf ein des Weges kommendes Ehepaar. Ter Räuber gab auch auf einen in der Nähe des Tatortes mit Garten arbeiten beschäftigten Mann einen Schuß ab und verletzte ihn schwer. Er erschoß sich dann selbst. Der Schwerverletzte wurde in ein Krankenhaus geschafft. Er ist Vater von fünf Kindern. f Flugzeugabsturz in Magdeburg. Auf dem Flugplätze in Magdeburg geriet am Montag ein vom Chefpiloten Khpke geführtes Flugzeug in Flammen und stürzte ab. Khpke ver brannte, der Fahrgast Hanptmann a. D. Rosen steril sprang auS dem Flugzeug und brach das Henick. f Entlassung aller Arbeiter und Angestellten eines großen Untermhmens. Die Verwaltung der zur Obcrschlesischen Eiscubahn- bedarss-Aktiengesellschaft gehörigen großen Friedensy'ntte in Bres lau kündigte sämtlichen Arbeitern und Angestellten wegen Man gels an Aufträgen. f Eisersuchtsdrama. Aus Groß schön au (Oberlausitz) wird gemeldet: In einer Anwandlung von Eifersucht überfiel der 26jnhrige Spinner Bürger aus Obergrund auf dem Heim wege vom Tanze seine Braut, eine 19jährige Samtschneiderin. Er brachte ihr 22 heftig blutende Wunden mit dem Taschenmesser bei und stach, als das Mädchen sich auszurichten versuchte, erneut auf dasselbe ein. Dann wollte er cs in den nahen Teich wersen. Als Leute hinzulramen, unternahm er einen mißlungenen Selbst mordversuch. Das Mädchen liegt schwerverletzt im Kranken haus. f Unschädlich gemacht« Einbrecher. Unter Zusammen wirken der Plauener und Grcizer Kriminalpolizei ist es gelun gen, die beiden Einbrecher sestzunehmen und zu überführen, die in der Nacht zum 8. Juni auf dem Güterboden des Bahnhofs Netzschkau größere Mengen Baumwollgarne und Mischkaffee gestohlen hatten. Es handelt sich um einen 28jührigen Dekora teur und einen 34jährigen Zeichner, beide aus Greiz. Eine Plau ener Kellnerin hatte den Verbrechern beim Wegschassen des Diebesgutes Hilfe geleistet. f Autounfall in Grunewald. Ein Zusammenstoß zwi schen zwei Automobilen ereignete sich auf der Avus in der Nähe des großen Sternes. Hier erlitt ein Wagen, der von dem Chauffeur Mar Ulbrich geführt wurde, und einem Fabrik kauten gehört, einen Motodefekt. Ter Chauffeur ließ ihn auf der rechten Seite der Bahn ohne Aufsicht stehen. Tas Licht der Erkennungszeichen soll aber nach den bisherigen Ermittlungen eingeschaltet gewesen sein. Auf diesen Wagen fuhr nun der von dem Chauffeur Paul Georges geführte Per sonenwagen mit solcher Wucht auf, daß er ihn zum, Teil zer trümmerte und nach rechts aus der Bahn die Eisenbahn- böschung hinunterwarf. Die Insassin des auffahrenden Wagens, Frau Küte Schuch, wurde leicht verletzt. > s Ein Ehedrama. Am Sonntagabend hat der 66jährige Sticker Karl Schöpfin Plauen seine von ihm geschiedene Frau erschossen und sich dann selbst durch Leuchtgas vergiftet. Die Ehe war geschieden worden. Infolge der herrschenden Woh nungsnot war es aber keinen der beiden Geschiedenen möglich, eine andere Wohnung zu finden. Sie hatten sich deshalb die frühere gemeinsame Wohnung geteilt. Am Sonntag war es wieder, wie schon oft, zu Streitigkeiten gekommen. Ein Nach bar hörte Poltern und kurze Rufe, bemerkte auch, daß die Frau, die nach dem Fenster geeilt war, von dort zurückgerissen wurde. Wenige Minuten darauf war es so auffällig ruhig geworden, daß der Beobachter die Hausbewohner alarmierte. Man drang in die Wohnung ein und fand die Beiden tot vor. Der Mann hatte den Gasschlauch im Munde und wies starke Kratzwunden im Ge richte auf, am Halse der Frau zeigten sich starke Würgemerkmale. Aus aller Wett — Autokorsosahrt nach Bad Elster. Am Sonntag, den 6. Juli, veranstaltet der Deutsche Automobilklub, Gauverband Sachsen, eine Autokorsofahrt nach dem sächsischen Staatsbad Elster. Mit der Korsofahrt sind Wettbewerbe verbunden, die in Bad Elster selbst zum Austrag Kaminen, und zwar ein Schönheitswettbewerb, eine Geschicklichkeitsprüfung und eine Bergprüfung. Die Geschicklichkeits-Prüfung findet im Anschluß an die Korsofahrt durch den Ort auf dem Badeplatz statt, wäh rend zur Bergprüsungsfahrt die Straße nach Sohl ausersehen ist. Bis jetzt liegen bereits viele Anmeldungen an den Wett bewerben vor. Nähere Auskunft erteilt die Badedirektion Bad Elster. — Versteigerung in der Hofburg in Wien. Aus der Kunst sammlung des Erzherzogs Franz Ferdinand, die größten- teils bereits vor einiger Zeit unter den Hammer gekommen ist, wird der Rest in der Hofburg versteigert. — Oeffentlicher Verkauf einer kostbaren Perlenkette in Paris. Am Montag wurde in dein Museum du Louvre das kostbarste Perlenhalsband, das sich im Schutz des Louvre befindet, öffent lich verkauft. Es handelt sich um das dreiteilige Kollier, das der Frau des ersten Präsidenten Frankreichs gehört hat. Ter Ertrag wird auf mehrere Millionen geschätzt. Verschiedene aus Amerika und England angekommenc Interessenten besahen sich oen kostbaren Schmuck.-^ Sozialistische Wandlungen Die „wiedervereinigte" sächsische Sozialdemokratie Vor dem 4. Mai hatte man in der sozialdemokratischen Partei nicht den Mut, einen Reichsparteitag zusammen- zurusen. Nach dem vierten Mai in der Pfingstwoche trat der Parteitag in Berlin zusammen und mit glänzender Geste stellt der Vorsitzende Wels in seinem Schlußwort fest: „Noch niemals sei die Einigkeit der Partei stärker zum Ausdruck gekommen als auf diesem Parteitag. Die Partei führe von jetzt ab wieder den Namen .Sozialdemokratische Partei Deutsch lands". weil das Wort „Vereinigte" immer daran erinnert habe, daß die Partei einmal gespalten war." — Mit Worten läßt sich trefflich streiten . . .! Zweifellos hat Herr Wels recht, wenn er durch die doktrinäre Brille kleinlichster Parteipolitik die Dinge betrachtet. Wenn er aber die Hundert Häupter seiner Fraktion zählt und sie zu den 174 Köpfen im letzten Reichstag in Vergleich setzt, wird Herr Wels selbst nicht glauben, daß ihm trotz aller „Einigkeit" seine verbliebene „Hundertschaft" lieber wäre als die entschwundenen 174, da doch nun einmal die Masse, die Zahl den Ausschlag gibt und nicht bloß Geist und Einigkeit. So stellt sich heute das sozialistische Problem dar. Nicht auf diese oder jene sozialistische Partei kommt es in erster Linie an, sondern auf die sozialistische Bewegung als solche. Die sozialistische Partei allerdings hat das unblutige Stahlbad der letzten Neichstagswahl gründlich gesäubert. Die Einheit der sozialistischen Bewegung zu feiern wäre aber heule der un günstigste Zeitpunkt der Weltgeschichte. Und selbst innerhalb dieser einigen Sozialdemokratie sand sich auch diesmal eine Minorität, die den Traum von der Zusammenarbeit mit den Kommunisten noch nicht ausgetrnumt hatte. Ihre Vertreter sitzen in Thüringen und in Sachsen. Ihre Weisheit gipfelt in dein Satz: „Wir dürfen keine „Antibolschcwisten" werden!" Die Mehrheit freilich hat der Lärm der Katz und Schalem vollends aus diesem bösen Traum aufgerüttelt und das Bekenntnis zum Staate hat in der Annahme des Antrages Müller zur Koalitionspolitik mit 262 gegen 105 Stimmen eine wesentliche Stärkung erfahren. „Wartet nicht so lange mit der Klärung eures Verhältnisses zum Staat; sonst könnte, wenn ihr fertig seid, nichts mehr von diesem Staat übrig sein", hat Sollmann, Köln, seinen Genossen unter lebhafter Zustimmung zugerufen. Der Antrag Müller schafft prinzipielle Klarheit. „Die Koalitionspolitik ist keine Frage des Prinzips, sondern der Taktik . . . Die Teilnahme an der Negierung muß die Durchdringung der Demokratie und die Erfüllung der bürger lichen Republik mit sozialem Inhalt zum Ziele haben . . Die Sozialdemokratie ringt um ihre Einstellung zum alten Staat ,dcn sie bisher entschieden abgelchnt hatte trotz ihrer Mit arbeit in der Negierung und in der Koalition. Die Internatio nale bringt kein Brot! Der klare Srich gegenüber ganz Links mußte gezogen werden. Diese Einsicht scheint sich endgültig üurchgesetzt zu haben. Das ist die gepriesene Einigkeit des Ber liner Parteitages, erkauft auf Kosten der Parteistärke. Längst ist die Offensive, bei der man alle sozialistischen Elemente in einer Front sah, zerbröckelt: heute bedeutet der Name „Sozial demokratische Partei Deutschlands" nur mehr das offizielle Signal zum Einrücken in die Desensivstellung. Wie ist man doch bescheiden geworden! Das Erfurter Programm ist längst vermodert. Der errechnete Gewinn der Einigung zwischen Unabhängigen und Mehrheitssozialisten vor nunmehr zwei Jahren iu Nürnberg hat sich als trügerisch erwiesen, weil man Staatsbürger und Staatsleugner einmal nicht in einem Bund zwingen kann. Aber die Zeit hat man verloren — und man steht noch heute mit leeren Händen diesem Staate gegenüber, den man nicht mehr abzulehnen wagt, dem man aber auch nichts Wesent- lichs zu geben hat, iveil man alle Kräfte bisher in anderer Weise vergeudete! Darum verlief der Berliner Parteitag so sensationslos. so ruhig und einig, weil man nichts hatte, um sich darob die Haare auszuraufen, weil sich diese Partei noch nie einer so jammervollen Hilflosigkeit und Ideenlosigkeit gegen über sah. Mit dem Hochziel der „Durchsetzung der bürger lichen Republik mit sozialem „Inhalt" wird man aller dings die Massen ebensowenig wieder zur Offensive zu führen vermögen, wie mit nakten Lohnrechenexempeln, wenn die ver antwortlichen Wirtschastskreise aus der Vergangenheit auch nur etwas gelernt haben! Um die Lebenskräfte zu entwickeln, die dem Staate neuen Geist einhauchen sollen, dazu gehört mehr als eine veraltete, morsche Idee! Jetzt oder nie wird man zu zeigen haben, ob man nur den Geist der Verneinung in sich trägt, oder aber, ob man der trostlosen Welt wirklich etwas positiv Wert volles zu geben hat. Nicht darin liegt das Geheimnis der Macht, daß man sie als ein gutes Geschäft mit einträglicher kommer zieller Geste hinnimmt, sondern darin einzig und allein, daß man in der Lage ist, sie mit i d e a l e n Kräften und geistigen Werten zu durchdringen. Sonst zerflattert das schöne kühne Lied von der „neuen Zeit" in nichts, es bleiben Worte, Schall und Hauch und — ein böser Katzenjammer. In Berlin hat weiter vor allem der Konflikt in der sächsischen Sozialdemokratie eine — wie es heißt — einmütige Lösung gesunden. Nachdem die .Vereinigte" Sozial demokratie hier in Sachsen im Januar nach dem Sturze von Fellisch aufs Neue gesprengt worden war, dadurch, daß sich fünfzehn Linksradikale von der Landtagssraktion offen trennten, während die Fraktionsmehrheit die Koalitionspolitik unter stützte^ hat der Reichsparteitag sich auch hier als „Einigungs künstler" bewährt. Wie man einen zersprungenen Tontopf in ein praktisches Drahtnetz einstrickt, so hat man von Berlin aus um die sächsische Organisation ein Maschennetz von Leitsätzen gelegt. Der Landtagssraktion wird die Entscheidung über tak tische Fragen zuerkannt; in grundlegenden Fragen soll ein Be schluß der Parteiinstnnzen herbeigesührt werden. Wie dem auch sei, die „w i e d c r v e re i n i g t e" sächsische Sozialdemo kratie wir sehr bald den Erfolg der Einigung zu beweisen haben. Wir fürchten, gerade ein Teil der sächsischen Genossen ist von der Grundeinstellung zum gegebenen Staat, wie sie in Ber lin zum Ausdruck gekommen ist, am weitesten entfernt, weil hier wie auch in Thüringen noch am stärksten die Macht- illusioncn der vergangenen Jahre nachwirken. Die äußere Einigung hat man ohne Ziveisel erzielt Die innere Rei nigung aber ist allem Anschein nach noch keineswegs voll endet. Immerhin, auch in Sachsen hat der vierte Mai der Einigung stark Vorschub geleistet. Sonst wäre das Dofensiv- Bekenntnis nicht möglich gewesen, das in diesen Leitsätzen über die sächsische Einigung niedergelegt ist: „Die gesamte sächsi sche Landtagsfraktion wird im Geiste dieser Politik der Gesamt partei daran Mitarbeiten, zu verhüten (!>, daß während der (jetzigen) kritischen Uebergangszeit die Regierung Sachsens in die Hände der Reaktion gerät." Also auch die stolze sächsische Sozialdemokratie in restloser Verteidigung! — — — Oguse mutstio rerum! An der in Berlin zutage getretenen Einigkeit ist also soviel Wahres, daß sich die sozialdemokratische Partei in dem Chaos der sozialistischen Bewegung allmählich zurecht zu finden be ginnt. Es liegt eine tiefe Tragik darin, daß die marxistische Idee des Klassenkampfes sich in unabwendbarer Zersetzung der eigenen Bewegung auswachsen mußte. Sie hat den Trennungskeil in die sozialistischen Massen getrieben und um diese Tatsache kommt man nicht herum: „Wer das Schwert er greift, wird durch das Schwert umkommen!" Vielleicht er innert man sich bei dieser Gelegenheit an diese einfache biblische Weisheit. Die heutige Entwicklung ist das Angebinde, daß der Klassenkampsidee schon mit in die Wiege gelegt ward. Und die Hauptfrage ist noch keineswegs begntwortet: Wie wird sich die Sozialdemokratische Partei auf der Basis des heutigen Staates zurecht finden? Wir vermissen in ihr jene positiven Werte, die dem in gewissen Sinne ausgehöhlten mechanischen Staat von heute Rettung und neuen Ideengehalt bringen sollen. Der Zentralismus von unten ist keinen Deut besser als der bis herige von oben. Beide führen zur Verrohung und Ent- seelung der Menschen, zur Unterdrückung des persönlichen Ge wissens und zur Vergötterung des Staates und der Organisation. Sozialismus ist nichts anderes als Kapitalismus mit umgekehrten Vorzeichen, wie Sombart sagt. Die Idee des Sozialismus ist keineswegs zu indentifizieren mit der Idee des Staates an sich. Mit bloßer Riesentechnik und seelenloser Klassenorganisation ist dem kranken Staat nicht zu helfen. Die Seele der sozialen Wiedergeburt der inhaltsleer gewordenen Staaten Europas ist allein das Christentum, daß seine po sitive Einstellung zum Staatsgedanken längst in einer uner reichten christlich-europäischen Kultur erwiesen hat. Diese Brücke zu einer „neuen Zeit" kann weder Sozialismus noch Nationalismus schlagLN. Sie liegt allein im positiven Christen tum, das den Staat von innen heraus wieder mit neuem Geiste erfüllen kann und wird. M D. Ein neues sächsisches Ministerpenfionsqesetz Dresden, 18. Juni. Dem Rech tSauSschuß des Land tages ist erneut ein Entwurf zu einem MinisterpensionS- gesetz zugcgangcn. Danach soll ein Minister, der nur vier Monate im Amt war, ein Ucbergangsgcld für die Tauer von dree Monaten erhalten. Dieses Ilebcrgangsgcld kann, je nachdem der Minister über vier Monate hinaus im Amte war, bis auf 23 Monate gezahlt werde». War der Minister über vier Jahre im Amte, so soll er ans Lebenszeit eine Pension von 25 bis 40 Prozent des Ministergehalts bekommen, das gegenwärtig über 2060 Mark monatlich beträgt. Minister, die aus dem Be- amtenstande stammen, sollen nach der neuen Vorlage so abge funden werden, daß sie nach dem Ausscheiden aus dem Minister amte Pension nach ihrem zuvor bezogenen Dienstgehalt, min- dcstens aber nach Gruppe zwölf erhalten. Verband der höheren Beamten Sachsens Dresden, 17. Juni. Die höheren Beamten Sachsens haben in unablässiger Arbeit seit 1918 ihren eigenen Zusammenschluß augestrebt und sind führend für den Zusammenschluß aller höheren Beamten der Länder und des Reiches tätig gewesen. Diese Organisationsarbeit hat für das ganze Reich ihren Ab- schluß im Reichsbund der höheren Beamten er halten. Auch in Sachsen darf die Arbeit nunmehr im wesent lichen als abgeschlossen gelten, denn es ist gelungen, den Säch sischen Philologenverein, den Sächsischen Pfarre, Verein die Bereinigung Sächsischer höherer Staatsbeamter, dir Bereinigung Sächsischer Richter und Staatsanwälte, drn Landesverband Säch- sischer Referendare und Assessoren, die Höheren Gemeindebeam- ten non Dresden, Leipzig. Chemnitz uni Plauen, den Verein Extraordinarien und Privatdozenten, die Vereinigung akade mischer Ajsistcnten an der Universität Leipzig, die höheren Be amten der vorm, sächsischen Starisel>'nbahnverwaltui-g. die höheren Pcst- und Telegraphenö.mmien de? Oberpostdirektious- bezirks Dresden, den Verein süchsiscker Polizeiossiziere, Hie Lan- s rssir-o-vamtsgruppe Dresden höherer Finauzbeaaner und die Vereinigung sc el fischer Bibliothekere zu einem Landesver band der höheren Beamten Sachsens zusammen zuschließen. Der Verband tritt mit seiner diesjährigen Mit gliederversammlung am 21. und 22. Juni 1924 iu Dresden zum ersten Male an die breitere Ocffcntlichkeit. Der Svunabend- und Sonntag-Vormittag ist geschäftlichen Verhandlungen gewid met. Die Hauptsitzung findet am Sonntag mittags 12 Uhr im Belvedere statt. Aus dem Münchener Kunstleben Die Münchner Richard-Strauß-Woche. Die Festwoche auS Anlaß von Richard Strauß' 60. Geburtstag begann mit einer guten Aufführung des „Rosenkavaliers". Das Publikum spen dete viel Beifall, aber die richtige Feststiinmung trat doch erst ei», als das Publikum in der Salome den Tondichter ans dem Balkon erblickte. Drec Abende umtoste ihn nicht endeuwollendcr Jubel, aber den Höhepunkt bildete doch die Geburtstagsfeier im Odeon, bei welcher Strauß zum Schlüsse seinen „Ton Juan" dirigierte, nachdem zuvor Knappersbusch den „Till Eulenspicgel", Prof. Schwicckerath a eapclla-Chöre geleitet hatte. Ter Bürger meister Schmid war mit dem güldenen Amtskettlein der guten alten Zeit geschmückt, und noch nie hatte sich der Führer unseres roten Stadtrals so stürmischen Beisalls erfreut, als jetzt, oa er den Ehrenbürgerbricf überbrachte. Die Festrede, deren geist- volle Darlegungen über die festliche Stunde hinaus Wert haben, hielt Akademiedirektor H. Wolsg. von Waltershausen. Sehr shm- pathisch berührten Strauß' Tankworte. Anderen Tages dirigierte er mit größten! Erfolge die „Elektra", dann zog sich Strauß aus dem Festtrubel in die Stille seines Landsitzes zurück. Mit trefflichen Aussühruugcn von „FeucrSnot", „Jvscphslcgcnde" nutz „Ariadne" klang die an starken Eindrücken reiche Straußwoche aus. L- G- Obcrlacu^r.
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