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Nummer 136 - 23. Jahrgang 6m al wöchentl. Bezugspreis: für Juni 2R.-M. ausschl. Bestellgeld. Bcreilimung der Anzeigen nach Rent.-Mark. Preise: Die elngcspaltene Petitzeile 36^, f. Familien- u. Vereinsanz., Gesuche 26 Die PeNt-Rellamezeile 89 mm breit, 1 Offertengebühr für Selbstabholer 26 H, bei Uebersendung d. d. Post außerdem Porto zuschlag. Preis f. d. Einzelnummer 16 Nentcn-Psennig. Geschäftlicher Teil: Zosef Fohmann, Dresden. SäcksWe Freitag» den 13. Juni 1924 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anz.-Aufträgen u Leistung v. Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernspr. übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. mit Rückporto nicht versehene Manuskripte werde,, nicht ausbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 5 bis 6 Uhr nachmittaas. Hauptschriftleiter: D r. I o se s A l b e r t, D r es den, volrsMung Tageszeitung für christliche Politik «ud Kult« r^^^ . NWIlW m» NW »Ae Welt Ke «m - M mm M« Nedaktion der Sächsischen Volkszeitung Dresden»A. 16 Holbeinslrasso 4«; ^ernrui 3272? und 33536 Di- Ministcrliste H-rri-ts Günstiger Eindruck in England über den seitherigen Verlauf der Krise — Herriot gedenkt in in etwa 10 Tagen nach London zu gehen. Norbtteilitng zur Wcltrexiilntiiiii? Von unserem Schweizer Mitarbeiter. Man wird in Deutschland gut tun, die Tätigkeit der Kom munisten der größten Aufmerksamkeit zu unterwerfen. In der Schweiz, in der sehr viele Informationen aus allen Ländern zusammenlanfen, sind in unterrichteten Kreisen Dinge bekannt geworden, d>-> den Beweis liefern, daß die Moskauer Sowjet- Internationäle den Zeitpunkt für gekommen erachtet, um eine Propaganda nicht mit Worten, sondern durch die Tat für die Weltrevolution einzuleiten und daß als Ausgangspunkt und Stoßkeil Deutschland berufen wäre. Der jüngste Wahlerfolg der Kommunisten in Deutschland, der ihnen eine mehr als KOKöpfige Parteigruppe in den Reichs tag verschafft hat, ist der kommunistischen Internationale in Moskau offenbar das Signal, nun mit den stärksten agitatorischen und propagandistischen Mitteln in Deutschland selbst zu ar beiten. Man sagt sich wohl mit Recht in Moskau, daß der Höhe punkt der Kommunisten in Deutschland erreicht ist, denn man ist sich wohl klar darüber, daß mit einer Besserung der poli tischen, wirtscl)aftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland auch die Werbekraft einer rein auf Klassenkampf eingestellten Partei Nachlassen muß. Darum sind den Kommunisten jetzt In struktionen ergangen, die sich einmal darauf beziehen, das strengste Schweigen bei allen Dingen zu beobachten, die die Or ganisation und die Tätigkeit der kommunistischen Partei und der Internationale angehen, andererseits aber jegliche Vertrau lichkeit der Verhandlungen, und zwar nicht nur in den Parla menten als solche, sondern auch in den parlamentarischen Aus schüssen, zu brechen. Insbesondere ist diese Instruktion erteilt worden in bezug auf die Verhandlungen des Auswärtigen Aus schusses des Reichstages, in dem stets die allerwichtigsten Pro bleme internationaler Art behandelt worden. Außerdem kann man nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa eine aus fallende Aktivität der Kommunisten beobachten. Hinter einer ganzen Reihe blutiger Vorgänge, nicht zuletzt hinter den in letzter Zeit begangenen Attentaten, insbesondere das auf den österreichi schen Bundeskanzler Seipel, steckt, wie sich einwandfrei Nachwei sen läßt, kommunistische Regie. Die Presse der Kommunisten ist, ebenfalls russischen Instruktionen entspreck-end auf die aller- schärsste Tonart eingestellt: in den Parteiorganisationen wird die „Propaganda zur Tat" proklamiert, ja man geht schon dazu über, nicht nur mit Bomben und Revolver und Dolch, sondern auch schon mit Gift, mit Bazillen und dergleichen zu arbeiten. Was sich gerade nach dieser Richtung hin bei der Untersuchung über den Anschlag der Kommunisten auf das Potsdamer Denk mal ergeben hat, ist geradezu erschreckend. Dieses Material liegt ausführlich bereits sämtlichen diplomatischen Stellen des Aus landes vor, und insbesondere hat man in der Schweiz über all diese Dinge einen ausgezeichneten veberblick. Und von hier möchte man Deutschland sagen: „Die Augen auf. und alle Kraft angespannt zur Abwehr einer ungeheuren Gefahr!" Die Schweiz hat immer ein sehr feines Gefühl für die bolschewistischen und kommunistischen Agitationen gehabt. Sie hat in ihrem eigenen Lande solche Werber und Agenten aus aller Herren Länder, die oft unter den merkwürdigsten aber auch raffiniertesten Verdeckungen ihrer wahren Persönlichkeit und Gesinnung auftreten. Und all ihre Tätigkeit zeigt, daß man die Probe aufs Exempel zu machen sich anschickt, und daß dafür Deutschland den Sturmbock abgeben soll. » Zu der Tätigkeit der Kommunisten schreibt uns auch unser parlamentarischer Mitarbeiter aus Berlin unter dem Stichwort: „Verrat oder Verpflichtung" folgendes: Die deutschen Kommunisten sind kein unabhängiges Partei gebilde, sondern sie stehen unter der Direktive der Moskauer Internationale, auf deren Bedingungen sie verpflichtet sind. Es ist nun im höchsten Grade bemerkenswert, daß in den Instruk tionen, die den deutschen Kommunisten von Moskau aus für ihre parlamentarische Arbeit im Reichstag erteilt worden sind, sich ausdrücklich die Bestimmung findet, politische und parla mentarische Geheimnisse zu verraten. Hier wird also Verrat zur Pflicht gemacht. Man wird sich kn parlamentarischen Kreisen überlegen müssen, ob bei dieser Sachlage die Kommunisten überhaupt noch als eine deutsche Par tei, die ein Recht darauf hat in der deutschen Volksvertretung zu sitzen, angesprochen werden kann. Die Moskauer Verpflich tung erstreckt sich nämlich insbesonders darauf, daß die Kom munisten die im Auswärtigen Ausschuß verhandelten Dinge, die stets streng vertraulichen Charakter haben, ihren sowjetistischen Brotgebern auf das Genaueste Mitteilen. Bei der sklavischen Unterwürfigkeit, die die deutschen Kommunisten der russischen Knute gegenüber immer gezeigt haben, kann man ganz sicher sein, daß sie diese Bedingungen bis zum letzten erfüllen. Was aber soll dann aus Verhandlungen werden, die die empfindlich sten nationalen und internationalen Probleme behandeln, wenn sie nicht davor sicher sind, in das Ausland getragen und dort zu propagandistischen Zwecken benutzt werden, die, wie es bei den Bolschewisten der Fall ist, ausgesprochenermatzen auf die Her beiführung revolutionärer Entwicklung abzielen. Wir sind der Meinung, daß diese Dinge den Reichstag, aber auch das ganze deutsche Volk nicht unberührt lassen können. Es wird von den Kommunisten eine rückhaltlose Klärung ver langt werden müssen. Sollten sie auf die Erfüllung der mosko- witischen Instruktionen verharren, dann wird man nach Mitteln und Wegen suchen müssen, um den schiveren Schaden, der aus dem Das mmMtlilhc Kabinett Paris, 12. Juni. (Drahtbericht.) Dem „Matin" zufolge ist in parlamentarischen Kreisen folgende Liste für ein Ka binett Herrlot im Umlauf: Ministerpräsident und Acußeres: Herriot, Finanzen: De Monzic, Elemente! oder De Mouy, Justiz: Peytral, Krieg: Benazet oder Renould, Kolonien: Chon oder Raineck, Oefsentliche Arbeiten: Brunet, Arbeits- und Gesundheitsministerium: Justin Godard, Ackerbau: Gueillet, Unterricht: Dekodier oder Besnard, Handel: Clenientel oder Georges Aderli», Befreite Gebiete: Reynaldy. Unterstaatssekrctär für Post und Telegraph: Robert, für Marine: De Cerguezee, für die Handelsmarine: Moro Giafseri. ErbläruM» Hmiats Englands Hoffnungen. London, 12. Juni. Herriot erklärte in einer Unterredung mit dem Berichterstatter des „D a i l y- E xp r e ß", er sei bereit, eine Negierung zu bilden und habe die Liste seiner Kollege,, in der Tasche. Die Liste sei jedoch noch nicht vollständig. Er hoffe, sie vor Ende der Woche fertigzustellen. Keiner der Sozialisten werde seiner Regierung beitreten. Dies bedeute jedoch nicht, daß die geringste Meinungsverschiedenheit zwischen seiner Partei und der Partei Blum bestehe. Die Sozialisten hätten ihm ihre Unter stützung zugesagt. Herriot fuhr fort: Seine Haltung gegenüber Großbritannien sei, sich mit der Londoner Negierung zu- saininenzutun, um die sofortige Anwendung des Sachvcrständigen- berichtes in Angriff zu nehmen. Er gedenke in etwa 16 Tagen nach London z» gehen. Wenn alles programmäßig verlaufe, so werde er sein Kabinett zu Beginn der nächsten Woche am Mon tag oder Dienstag bilden. Er werde das bekannte besondere Pro gramm durchführe». Herriot sagte: Sobald Deutschland in Betracht kommt, sind wir dafür, näher zusammcnznrücken nnd wir werden unser bestes tun, um eine Entspannung in unseren Beziehungen mit Deutschland hcrbcizufiihr m. London, 12. Juni. I» den politischen Kreisen LondonS sctzt man große Hoffnungen auf die Zukunft der Linksregicrung in Frankreich und glaubt, daß nunmehr eine viel freundlichere Zusammenarbeit zwischen Frankreich und England möglich ist. Dkr Kongreß -er Linken Pari», 12. Juni. Die heutige Sitzung der Linksparteien zur Wahl dcS Kandidaten für die Präsidrntcnwahl ist auf 2 Uhr nachmittags festgesetzt. iDesem Kongreß der Linksparteien wird eine große Bedeutung bcigcmcssen. . Tie gemäßigten Elemente der Linksparteien haben i» letzter Stunde die Teilnahme an dem Kongreß abgelchnt, sodaß die folgenden Parteien an dem Kongreß teilnehmc,, werden: die demokratischen Radikalen und die Nadikal- sozialisten des Senats, im ganzen 165, die linksradikalen Abgeord neten im ganzen 36, die republikanisch-sozialistischen Abgeordneten im ganzen 29, die Radikalsozialistcn 147, die sozialdemokratische« Abgeordneten 163. Damit haben die Aussichten dcS Kandidaten der Links parteien beim ersten Wahlgange gewählt zu werden, sehr abgcnommen, da die rrfordrrliche absolute Mehrheit von 456 Stimmen nicht erreicht werden wird. Der SenatSpräsident Doumerguc hat bekanntgcgcbrn, baß er an dem Kongreß nicht trilnchmcn wird und seine Kandidatur offiziell nicht aufzustellcn gedenkt. DnS soll aber nicht heißen, daß ans dem heutigen Kongreß der Linksparteien aus eine Kandi datur Doumergue verzichtet wird. Verrat von Staatsgeheimnissen durch kommunistische Reichstags- abgcordnete droht, abzuweuden. — Die russische Sowjetrcgierung hat sich Deutschland gegenüber in aller Form verpflichtet, keiner lei bolschewistische Propaganda in Deutschland zu machen. Was sie aber jetzt zu tun im Begriffe steht, ist schlimmer und verderb- Iiek)er als solche unmittelbare Propaganda, es züchte! ein System des Landesverrates, der durch die russischen Bedingungen gerade zu zur Verpflichtung gemacht wird, wie man es hinterhältiger gar nicht denken kann. Auch kommunistische Reichstagsabge ordnete sind nach der Verfässüng Vertreter des ganzen Volkes. Wenn sie den Anforderungen der bolschewistischen Internationale Nachkommen, stellen sie sich außerhalb des deutschen Volkes. Es ist für die ganze Nation unerträglich, eine Partei im Reichstag Paiilleok ober DmmM? Pnris, 12. Juni. Die einzelnen Parteigruppen von Kammer und Senat haben gestern im Laufe des Abends Besprechungen abgehalten. Sie wollten diese heute früh weiterführen, um sich über den gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten zu einigen. Heute bier Uhr werden die liuksrepublikauische» Gruppen von Kammer und Senat im Festsaal des Senats einen Kongreß abhalten, um sich durch Abstimmung über den end gültigen Kandidaten der Mehrheit zu einige». Nach dem Resultat der Besprechungen der Linksparteien gewann die Möglichkeit einer Wahl Doumergucs zum Präsidenten gestern abend immer mehr au Boden. Die demokratische Linke, welcher Poin- care angehört, hat bekauntgegeben, das; sie an diesem Kongreß nicht teilnehmc» werde. Das Lin.skortel! hat g:stern abend seiner seits in einer Komitcesitzuug beschlossen, die Kandidatur Pa in- leves als die offizielle Kandidatur der Linksparteien zu erklären. Es sei auch wahrscheinlich, daß dieser Antrag der Linken heute im Generalkongrcß durchdriugt. Das Ministerium von morgen Paris, 12. Juni. Wie HadaS mitieilt. ist von der Mehrheit der Kammer die nächste Sitzung auf Sonnabend eiiibcrufeu wor den, um eine Mitteilung der Negierung ciitgegcnzunehmeii. Die Freunde des Abgeordneten Herriot erklären, er sei bereit, schon am Freitagabend nach der Präsidentenwahl sein Kabinett zu bilden. Da Herriot die Liste seiner Mitarbeiter schon fcrtiggcstellt habe, werde er die Namen seiner Ministcrkollegcn »och im Laufe des Sonnabendmittag bckanntgeben und auch das Kabinett der Kammer bereits 3 Uhr nachmittags Vörstetten. — Die Kammer werde sich dann auf acht Tage vertagen, um Herriot Gelegenheit zu geb.n, mit den Alliierten Fühlung zu nehmen. Millttiinbs AWkd mib AWtcn Paris, 12. Juni. Gestern um 12 Uhr mittags hat im Elysee unter dem Vorsitze MiUerands ein Kabinettsrat stattge- fundeii. Millcrand hat sein Ab d a n k n n g s sch r e ib e n unter zeichnet, welches dann im Senat und der Kammer von den Präsidenten der beiden Kammern verlesen worden ist. — Im Senat kani eS zu keinerlei Manifestationen. In der Kammer brachte Kammerpräsident Paiiilcvc da? Temissionsschreiben des Präsidenten der Republik zur Verlesung. Die Abgeordneten aus der Mitte und ans der Rechten riefen: Es lebe Millerand! Nieder mit der Revolution! Tie Mitglieder der Linken erwiderten durch sarkastische Zwischenrufe. Der Kammerpräsident forderte die Abgeordneten auf, sich würdig und ruhig zu verhalten. Er verkündete alsdann, daß der Kongreß am Freitag 2 Uhr zur Wahl des neuen Präsidenten schreite» werde. Paris. 12. Juni. Die Präsidentschastsfahne wurde gestern nachmittag ans dem'Elysee niedcrgeholt. Millerand ver läßt heute mit seiner Familie die Präsidcnteiiwohnuiig. Gestern hat Millerand auch ein Manifest an das französische Volk er laßen, in dem er auSsiihrt, daß er treu seiner Pflicht als Präsident sich nach den Wahlen am 11. Mai an die Männer ge wandt habe, für die sich der Wille des Volkes ansgH,rochen bättc. Er sei bereit gewesen ohne Voreingenommenheit mit diesen Männern ziisammciiznarbeiteii. Sie aber hätten ihm mit einer Absage geantwortet und seine Demission verlangt. Dieses Vorgehen sei verfassungswidrig. Es würde dadurch ein Präze denzfall geschaffen, welcher die Präsidentschaft zu einem Spiel ball der Wahlkampfe mache. Er habe sich nicht zum Mitschuldigen einer solchen Neuerung machen lassen. Er sei erst gewichen, als alle ihm zur Verfügung stehenden gesetzlichen Mittel er schöpft waren. TaS Manifest schließt: An der Seite aller guten Freunde, welche mir ans allen Teilen des Landes kostbare Beweise ihrer Sympathie eiitgegcngebracht haben, werde ich den Kampf um die Freiheit, den Kampf für die Republik und für Frankreich wieder aufiiehmcii. Es verlautet, daß Millerand sich sehr bald als Kandidat für die Kammer in dem Tepartemciit Maas und Mosel aus stellen lassen wird. zu wissen, die sich einem ausländischen revolutionären Komitee gegenüber verpflichtet, systematisch Landesverrat zu betreiben. Wenn sich fürs erste keine Möglichkeiten finde», um absolute Ga rantien für die Geheimhaltung der Verhandlungen der parla mentarischen Kommissionen, insbesondere der Beratungen des Auswärtigen Ausschusses, zu geben, dann wird man prüfen müssen, ob nicht ein ganz anderes System der Unterrichtung der Abgeordneten durch die Reichsregierung über internationale Fragen eingerichtet werden soll. Die Sabotage der parlamen tarischen Arbeit, die die Kommunisten sich zum Programm ge macht haben, geht tatsächlich auss ganze. Daraus ergibt sich aber die Notwendigkeit, sich mit größter Entschlossenheit dagegen zur Wehr zu setzen.