Volltext Seite (XML)
Steuerreform sollte sich damit beschäftigen, wenigstens die »»gerechtesten indirekten Steuern zu beseitigen. Abg. Dr. Arendt (Neichsp.): Hätte Herr Gothein sich mit seinen politischen Freunden aus der Budgetkom mission verständigt, so hätte er die uns vorgetragenen Zahlen nicht ausgesprochen. Unzweifelhaft hat nicht eine Beschränkung des Verkehrs stattgefunden, sondern vielmehr eine erhebliche Zunahme des Verkehrs, Eisenbahn und Post, Reichsbank und der gesamte Handel liefern den Beweis, das; die Steuern keineswegs ungünstig gewirkt haben. Abg. Erzberger (Ztr): Tie Rede Gotheins müßte mit den Korrekturen des Staatssekretärs in Millionen von Exemplaren unter der Wähleruiasse verbreitet werden. Abg. Dr. M ü l l e r - Meiningen (F. Vpt.): Tie Rede des Staatssekretärs Werniuth wurde im Aufträge des schwarz-blauen Blacks gehalten: sie war eine Verbeugung vor Herrn Mathias Erzberger. (Große Heiterkeit.) DaS Haus vertagte sich auf Dienstag. Sächsischer Landtag. Dresden den 4 Dezember »vll. Zweite K a in m e r. Die Zweite Kammer trat heute nachmittag 2 Uhr zu ihrer 16. öffentlichen Sihuug zusammen, in der nur zwei Petitionen in Schlußberatung genommen wurden. Am M i n i st e r c i s ch e bemerkte man einige Räte des Finanzministeriums. Abg. R e n t s ch (Kons.) erstattete zunächst den Bericht der Finanzdeputation ti über die Petition der Gemeinde räte zu Großschönan, Ionsdorf und Wattersdorf um Wet terführung der Vertsdorf-Ionsdorfer Schmalspurbahn über Waltersdorf noch Großschönau. Im Hanse herrschte an dauernde Unruhe, so das; das Referat fast gänzlich unver ständlich war. Im Namen der Finanzdeputation li bean tragte er, die Petition zurzeit auf sich beruhen zu lassen. Abg. Riem (Soz.) weist daraus hi», das; die Lansih am Verkehr außerordentlich wenig beteiligt sei und er wünsche deshalb eine Verbesserung der Verbindungen zwi schen der Lausitz und den Verkehrszeutre». Er wolle aber keinen besonderen Antrag stellen, sondern dem Finanzmini sterium empfehlen, der Lausitz fernerhin besondere Beach tung zu schenken. Gemäß dem Tepntationsantrage beschloß die Kammer hierauf einstimmig, die Petition zurzeit auf sich beruhen zu lassen. Abg. Gleisberg tNatl.) referiert im Namen der Finanzdeputation I! über die Petition der Gemeinde Colm- nitz um Errichtung einer Haltestelle an der Linie Dresden— Freiberg und beantragt, die Petition der Gemeinde Colm nitz auf sich bernheu zu lassen, »vorauf die Kammer ein stimmig demgemäß beschließt. Nächste Sitzung: Tienstag vormittags 1t> Uhr. Tages ordnung: Interpellation des Abg. Schmidt-Freiberg betr. die Maul- und Klauenseuche. Gemeinde- und VereinsnachriMt'n. * Zittau. Reiche Anregungen gab der an» 20. No vember im Zittauer Schützenhaus veranstaltete Eltern abend, der bei der Wichtigkeit der Tagesordnung noch besser Hütte besucht sein sollen. Der Pfarr-Cäcilienverein verschönte ihn durch einige Lieder. Gespannt lauschten die Zuhörer den treffenden Ausführungen des Herrn Lehrer Ernst, der über das jetzt vor Weihnachten besonders aktuelle Thema „Unsere Lektüre" sprach. Dem äußerst bei fällig aufgenommenen Vortrage sei folgendes entnommen: Das Lesen ist in unseren Tagen zu einem allgemeinen Be dürfnisse geworden. Leider verwenden aber viele Menschen cine sehr geringe Sorgfalt auf die Auswahl ihres Lese stoffes. Vieles Minderwertige und Schlechte wird heut zutage in Presse und Literatur hervorgebracht und leider auch gelesen. Tie Schund- und Schmutzliteratur richtet un ermeßliche Verwüstungen an Geist und Gemüt unserer Jugend und unseres Volkes an. Redner beleuchtet die ver derblichen Folgen solcher Lektüre und gibt einige Proben aus derartigen „Kunstwerken". Und für solchen Schund gibt das deutsche Volk nach zuverlässigen Angaben jährlich ungefähr 60 Millionen Mark aus. Ter Schundliteratur bedenklich nahe stehen auch gewisse Zeitungen, welche, um der Sensationslust der Leser zu genügen, die Gerichtsver handlungen über gewisse Verbrechen und Skandalgeschichten mit größter Ausführlichkeit wiedcrgeben und hierdurch fast zu einer Schule für Verbrechen werden. Für uns Katho liken ist aber die Auswahl des Lesestoffes noch mit einer besonderen Schwierigkeit verknüpft: denn manches an sich gute Buch müssen wir ablehnen wegen seiner der katholischen Kirche feindlichen Tendenz. Wo von Lehren und Einrich tungen unserer Kirche, von ihren Priestern und Ordens- lenten die Rede ist, werden sie nicht selten als rückständig, schlecht und vcrabscheuungswürdig dargestellt. Leider be zahlen viele Katholiken Bücher und Zeitungen, in denen solche Zerrbilder ihrer Kirche geboten werden, noch mit ihrem Gelde, während sie ihrer eigenen Presse, die ihre Interessen vertritt und sic verteidigt, die notwendige Unter stützung versagen. Wir müssen uns endlich einmal ent schließ"», derartige Schriften zu boykottieren. In jede katholische Familie gehört eine katholische Zeitung l„Sächs. Volkszeitung") und nicht minder ein katholischer Kalender, deren es jetzt recht viele und schöne gibt. Wer aus Ge- schästsrüclsichten ein liberales Lokalblatt lesen muß, der bedarf erst recht eines katholischen Blattes als Gegengift. In manchen besscrgestellten katholischen Familien findet man immer noch die „Gartenlaube" und andere »katholische Zeitschriften: warum so selten eine unserer prächtigen Fan'ilienzeitschriften: „Deutscher Hausschatz", „Alte und Nene Welt" n. a.? Zur religiösen Fortbildung werden be sonders die in unserer Zeit so nötigen apologetischen Schrif ten empfohlen. Auch in der Auswahl der Unterhaltnngs- leltüre in Buchform (Romane, Novellen) ist Vorsicht nötig. Einige Stichproben aus den Werken von Ganghoser, Klara Viebig, Paul Keyse u. n. lieferten den Beweis dafür. Darauf wurde ein kurzer Gang durch das Gebiet der schönen Litera tur unternommen, wobei besonders die Werke unserer katho lischen Dichter und Schriftsteller gewürdigt wurden. Redner empfahl die fleißige Benutzung der vereinigten Bibliothek des Katholischen Kasinos und des Borromäusvereins, die schon über 800 Bände zählt, sowie den Beitritt zu dem letzt genannten Vereine. Aber auch für unsere Jugend ist heut zutage das Lesen ein Bedürfnis geworden, und es ist eine heilige Pflicht der Eltern und Erzieher, die Lektüre der Kinder sorgfältig zu überwachen, damit nicht zeitliches und ewiges Heil durch Lesen schlechter und ungeeigneter Bücher gefährdet werde. Durch kurze Besprechung der Jugend literatur und durch Verteilung geeigneter Bücherverzeichnisse gab der Redner den anwesenden Eltern Fingerzeige für die Auswahl von Büchern, die sie ihren Kindern als WeihnachtS- geschenke zugedacht haben. In einer Ecke des Saales hatte Herr Buchhändler Klotz (Fiedlers Antiquariat) eine reich- haltige Ausstellung von guten Jugendschriften veranstaltet, unter denen auch solche aus katholischem Verlage (Bachem- Köln, Manz-Regensburg, Styria-Graz) in großer Zahl ver treten waren und die von den Airwesenden mit großem Interesse besichtigt wurde. Auch Herr Jos. Weider (altes katholisches Schulhaus) hat schöne katholische Jugendschriften in großer Auswahl vorrätig. 8 Dresden. Am 29. November fand die diesjährige Generalversammlung des Dresdner Zweigvereins des Kath. Frauenbundes statt. Nachdem der Vorsitzende die Mitglieder begrüßt und Herrn Lehrer Schröter das Wort gegeben, erfreute derselbe die Anwesenden durch einen höchst interessanten Vortrag über den Reichstag und seine Parteien. Nachdem die Vorsitzende, Baronin v. Gaertner, dem Vortragenden n>arm und verbindlich gedankt hatte, ging sie zur Berichterstattung der Tätigkeit des letzten Iah- res über, von der wir hier kurz folgendes hervorheben wollen: Die Angelegenheiten des Vereins wurden in fünf Vorstandssitzungen, denen sich zweimal Sitzungen des Aus schusses nnschlossen. besprochen. Die Haus pflege bei Wöchnerinnen konnte in 40 Fällen ausgeübt »verden. Bei dem großen Elend und der entsetzlichen Armut, die man oft fand, mußte kräftig geholfen werden, man sorgte für Be- sorguug des Haushaltes und der Kinder, für Essen, für Wäsche für Mutter und Kind, was dem Verein oft große Kosten verursachte, und heute die dringende Bitte ausspre chen läßt, ihn in dieser Tätigkeit reichlich zu unterstützen durch persönliche Hilfe in Uebernahme von Untersuchungen — besonders in Löbtau fehlt es da sehr an Damen —, durch Uebersendung von trockenem Gemüse, von Wäsche, Stoffen und nicht zuletzt an Geld. Die B a h.n h o f s m i s s i o n arbeitet unverdrossen weiter, hat aber die große Schwierig keit, daß es immer an Helferinnen fehlt. An der Iugend- fürsorge beteiligte sich der Zweigverein auch in diesem Jahre durch Tätigkeit im Verbände für Jugendhilfe, Be such der Jugendgerichte, sobald katholische Kinder dort in Frage kommen, und Uebernahme der Voruntersuchung für die Fälle, und von Schutzaufsichten. Für noch nicht schul pflichtige gefährdete Kinder wurde im Amalienhause eine kleine Durchgangsstätte zu deren Aufenthalt, bis über ihr Geschick entschieden ist. gegründet und schon oft in Anspruch genommen. In der Stellenvermittelung konnte. l4 jungen Mädchen Stellen verschafft werden. In der Be rufsausbildung junger Mädchen wurde eine als Kinderpflegerin ausgebildet, eine im Weißnähen, und vier kau.cn in die.Haushaltschule nach St. Afra. Auch in die sem Jahre legte der Zweigverein den größten Wert auf ge diegene zeitgenössische Vorträge. Sieht doch der katholische Frauenbund seine Hauptaufgabe in der Aufklärung über alle das Frauenleben betreffenden Fragen. Immer wieder muß es betont »verden, daß die Entwickelung der Neuzeit die Frauenwelt vor ganz neue Probleme gestellt Hot. Wenn demnach Herr Tr. Hohn aus M.-Gladbach einen Vortrag — 82 — „Der wilde Bube," sagte Frau Wick. „Ich will froh sein, wenn er die Schule hinter sich hat und unter meines Mannes Aussicht kommt. Ganz toll ist er. Ein rechtes Kreuz ist es, wenn eine Mutter so still liegen mnß . . ." Iris tröstete sie. Tie Knaben müßten doch auch ihre Freude haben, und bei ihr würde cs auch wieder besser gehen, wenn das Frühjahr käme. Dann ging sie und versprach, abends ein bißchen hereinzuschauen. Draußen lehnte Rudi an der Türe mit unterschlagenen Armen. Er vertrat ihr den Weg. „Winnetou ist stark wie der graue Bär und flink wie der springende Hirsch," sagte er, „aber die weiße Prärieblume ist klug wie die Schlange. Keines von beiden ist besiegt. Wir »vollen die Friedenspfeife zu sammen rauchen." Er zog das für diesen Fall extra präparierte Instrument aus der Tascl)e eine leere, mit zerschnittenem Hanf gefüllte Walnnßschale, in die der Schaft einer Kielfeder gesteckt war und bot es Iris an. Aber diese lehnte lachend ab. „Das Spiel hat ein Ende, Rudi. Ich muß an dir Arbeit. Ten Apachen und ihrem tapferen Häuptling Winnetou wünsche ich Glück auf dem Kriegspfade!" — „Meine große weiße Schwester möge sich hüten, die feindlichen Jagd gründe dieser Coyole» von Sionr zu betreten, damit sie nicht in ihre Hände füllt. Mein großer weißer Bruder Old Shatterhand ist ihr Gefangener: aber Winnetou wird ihn befreien. Howgh!" „Hotvgh!" sagte Iris lachend und ging ihres Weges. Die Straßen waren jetzt leer, von der Fabrik her ertönte der schrille Ton der Pfeifen, die zur Arbeit riefen. / Iris schritt rasch über das glitzernde Schneefeld. Einen Augenblick hatte die Jugend bei :hr augepoclst: jetzt verlangte wieder die Pflicht ihr Recht: „An die Arbeit' . . " Hinter den Häusern standen Gruppen von Knaben beisammen und rüsteten sich zu dem Kampfe, der heute entbrennen sollte. Die einen trugen lange, mit Roßhaaren geschmückte und bunt bemalte Lanzen, andere hatten eine alte Armbrust oder ein anderes ungefährliches Schießzeug über den Rücken gehängt. Fast alle trugen bunten Kopfschmuck aus Hahnenfedern oder die Schwingen abgetaner Gänse und kamen sich ungeheuer wichtig vor . . ." „Glückliche Jugend," dachte Iris. „Die kennt weder Sorgen noch Not und nimmt das Leben als leichtes, frohes Spiel, dem stets ein heiterer Mor gen folgt." Sie trat in die ruß- und rauchgeschwärzte Fabrik. Der tosende Lärm der ihr entgegcnbranste, dos Knarren. Aechzen und Sausen der Näder, das Zischen des Dampfes, das Klingen und Dröhnen der Hämmer, das Rasseln der Maschinen: all das klang wie ein gewaltiges, donnerndes Lied durch das Lol — wie das Heldenlied der Arbeit, das trotzig und kühn seine eherne Melodie in die Welt hinaussingt. Sie blickte noch einmal zurück nach dem »veißen, leuchtenden Schnccfeld. das sich mit bunten Gestalten belebte, und cine stille Sehnsucht erfüllte ihre Seele — das Heimwch »ach dem Jugendlande mit seinen süßen Märchcn- träumen. Aber daS lag weit hinter ihr und war dahin — ewig verloren! Iris schloß einen Augenblick die Augen und trat dann ein. Der Traum war vorüber, das Leben forderte seine Rechte. Auch ihr sang daS Leben cine rauschende Melodie ins Ohr: „Auf, an die Arbeit!" — 83 — 12. Leo Bergmann, Baron Weißenhosen und Alice saßen beim Wein. „Man sollte jedes wichtige Geschäft mit einem Opfer an Bacchus einlciten," sagte Bergmann. „Es bekommt dann gleich ein anderes Gesicht — ein helleres Und die Geschichte mit dem Auto sollten Sie sich einmal überlegen, Baron. Das ist doch etwas anderes als Ihr armseliges Gig. Auch der Kaiser treibt diesen Sport." Bergmann war nun einmal im Zug: er setzte seinem Gaste die Vorteile des „Automobilismus" auseinander und pries seine „Weiße Alice" als ein Wunderwerk. Dann kam er ans die große Zukunft zu sprechen, die den» Automobil bevorstehe. „Sehen Sie," sprach er, „da liegen Millionen auf de» Straße und man braucht sie bloß auszuheben. Das Fahrzeug der Zukunft »st das Auto. England allein braucht in einem Jahre für 20 Millionen! . . . Ist das nichts? Davon hol' ich niir einen Teil. Todsicher! . . . Meine „Weiße Alice" melde ich zum Gordon-Benett-Rennen an, und »nenn ich mir einen Preis hole, habe ich 6 Millionen in der Tasche." Seine Arme griffen" in die Luft, als reiße er die zukünftigen Millionen schon an sich. Weißenhofen schwindelte es fast, als er von solcl-em Reichtum reden börte: er wollte sich die Erbin dieser fabelhaften Neichtümer sichern. Der Alte würde hoffentlich keine Schwierigkeiten machen. „Ich wollte tvegen Alice mit Ihnen reden," sagte er, als Bergmann eine Pause machte. „Schön," lachte Bergmann. „Ein großartiges Fahrzeug! Ich will Ihnen 'mal die Zeichnungen holen." — Er lief davon. Alice und der Baron sahen sich zuerst verdutzt an, dann brachen sie in ein lautes Gelächter aus. „Ich wollte ja wegen der wirklichen — der lebenden Alice reden," sagte der Baron. „Diese Verwechslung ist köstlich," sagte das Mädchen. „Bester Baron, Sie müssen also vorderhand mit mir verlieb nehmen." „Tu' ich auch," sagte dieser und fvßte ihre Hände. „Wie wäre es, Frau- lein Alice, wenn wir Hand in Hand durchs Leben fahren würden? Hätten Sie etwas dagegen?" Alice errötete, ihr Atem ging schwer. Die siebenzackige Krone winkt«! Hinter ihr versank ein JugendtraumI > . Sie ließ Weißenhofen ihre Hände und lächelte: „Wenn Sie glauben, datz rs eine gute Fahrt wird, so können wir es ja wagen." Weißenhofen nahm sie in seine Arme und küßte sie. „Meine Braut! —" Da trat Bergmann ein. „Herr Baron! . . . Alice — was soll Las?" rief er. Alice lächelte und sagte: „Papa — wir haben uns eben verlobt —" Weißenhosen legte Alices Arm in den seinigen und trat mit ihr vor den Fabrikherrn. „Ich habe die Ehre, Sie um die Hand Ihrer Tochter zu bitten," sprach er feierlich. Bergmanns Gesicht strahlte. „Donnerwetter, — daS ist ja ein bißchen fix gegangen, was? Ja, Alice, Mädel, ja liebst du ihn tvirklich?" „Natürlich, Papa! Hast du daS nicht bemerkt?" „Keine Ahnung," log Bergmann. „Ja, da bleibt mir wohl nicht? anderes übrig, als Ja und Amen zu sagen. Ich schätze Sie sehr hoch, lieber