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ZiiGscheUolksmlMg «»*aat>» t mu 2 «etlaaen Di ' v«»«,«»»,»«, clt« »I« F». I„I et Hau» »S» L. re»d«n und gai» Deutschland in Oesterreich 4,48 X. ««»aabe » nur mit Feierabend dtertetjLbrltch 1,8« Dresden und na», Deutschland srel Hau« Oesterreich 4,«V L — ikinzel-Rummer I« z. Äacheniaz» erscheint die Kelluna regelmäßig tu den ersten s RachmlltagSslunden: die Sonnabendnummer erscheint später. I I» M I Unabhängige» Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Die illustrierte Jeit und Sonntagsbeilage Feierabend , «»»eigen, »»nähme don »eichLU»a,»zeigen bi» I« Uhr, von Ftmltte»- anzeigen dt» I I Uhr. stielt sür die Pettt-Spaltzeile !t« im Rellameieil ««4-1 Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aus-1 > gegebene »nzcigen lünnen wir die Veraniworttichketl sür die I Nichugleit de» TcltcS nicht itbenrchmcn, »>edaklion»-Sprcchstunde: 1« dt» II Uhr vormiiiag». I Für Rückgabe etngesandter Schriftstücke macht sich die Redaktion I mchl verbindlich! Rücksendung ersolgt, wenn Rückporto bei-1 gefügt ist. Briesltchen itlnsragen ist iintworiSporto betzusügen. I ! !I Nr. 107 Geschäftsstelle und Redaktion Dresden-A. 16, Holbeinstratze 46 Sonnabend, den 10. Mai 1913 - r^ssts DasußsgusUal ,7, »«ns rurä xodrsriokts, «Ms Lol»- rivL SUlKrds» «ovris Lsiolmruiz von 80 »Q Ni,»,z, Xo»re»ki, giio»u^« 2»kiee«i»«, kok» L»»»»»r»b»tt. l l IoI»«»-t>,org,»-LU»« 1» Fernsprecher 1366 12. Jahrg Ailmankl 8 unil Ppsgen Slnske 22 870 ktutbrvssirung von u.V/ollrscken cucivr tlarantia pogoo dlotivir u. ß'ouvrcicesknkr. Umaedeitung jeäee tti-t solruvlt uncl hillij-. Paul Neinrs, ^erisl-pelmmeii um! Men Deesäen-tt., Ningsteske 26 feeneut 5979 Pfingsten Die Einweihung der Kirche geschah am Pfingstfeste. Jnr Brausen des Windes und im Feuer der Zungen wohnte der Heilige Geist. Er ist die Seele der Kirche. Der Augenblick seiner Ankunft war unendlich feierlicher und größer, als der gewesen ist, von dem die Bibel gesagt hat: „. . . . und hauchte in sein Antlitz den Atem des Lebens." (1. Mos. 2, 7.) Die Kirche lebt, und ihre Jahr bücher beginnen mit dem ersten Blatt, ganz überstrahlt von der Herrlichkeit des Heiligen Geistes. Nun Apostel hinaus in die ganze Welt! Bekenner ge faßt, Märtyrer bereit! Krieg der Sünde! Der Leiden- schaft, dein Laster Krieg! GeististüberFleischge- kommen, Geist muß herrschen, Fleisch nur dienen. Gott ist sin Geist: geistig müssen werden, die berufen sind in sein wunderbares Licht. (1. Petr. 2. 9.) Das Evangelium des Pfingstfestes ist das Evangelium von der Kirche. Im Scheine dieses Tages und in der Schönheit ihrer ewigen Jugend lenkt die Kirche Augen und Herzen ihrer Kinder auf sich. Wenn wir uns ihre erhabene Gestalt vorstellen, wie sie aus der Nacht der Katakomben ans Licht steigt und vor dem Altäre des Friedens in stummem Jubel niedersinkt, wenn wir sie begleiten durch die Jahrtausende, über Berge, durch Schluchten. ... tot geglaubt und doch lebend, verwundet und doch stack, traurig und doch fröhlich, und wenn das Be- wußtsein uns erfüllt, zu dieser Kirche, ihrem Heiland und seinen Gnaden zu gehören wie ein Kind zu seiner Mutter — so übcrkommt uns die ganze Würde unseres Berufes: . . ein auserlvähltes Geschlecht, ein könig- liches Priestertum, ein heiliges Volk." (1. Petr. 2, 9.) Am 1. Pfingsttage, wo in der ewigen Stadt die Haupt - feier des Konstantinischen Jubiläums stattfindet, vereinigen sich die Gebete der streitenden, leidenden und trinin- vhierenden Kirche vor dem Throne Gottes um Frieden und Freiheit. Und wenn Friede und Freiheit nicht beschlossen liegen in Gottes Nat, dann laßt uns beten um Bekenner und Märtyrer, flehen um den Geist dessen, der gesagt hat: .... seid getrost, ich habe die Welt überwunden!" OJow '9, 33.) Christi Geist in seiner Kirche! „,^ch habe deine Werke betrachtet und gezittert." (Hg- hak. 3, 2.) Alles was man darüber sagen kann, verschwindet vor ihrer Majestät, — selbst „wenn ich die Sprachen der Menschen und Engel redete." (1. Kor. 13, 1.) Die Größe der Kirche ist die Größe der Erbarmungen Gottes. Reden wir nicht von äußeren Siegen und Triumphen. Die Kirche hat keinen anderen und größeren Triumph als den von Golgatha, keinen anderen Glanz als den vom Pfingstfeste. In seinen, Lichte verstehen wir ihr Licht, in seiner Kraft ihre .Kraft und Stärke. Auch die Kirche hat Fleisch und Fehler, weil sie der Menschen, nicht der Engel Kirche, eine Schule mit vielen Stufen und verschiedenen Schülern ist, weil sie hienicden niemand auch nach ungezählten Kommunionen vollendet, damit niemand sich überhebo, stolz und eitel werde. Ter Feind sieht nur das Aeußere, weil er Feind ist und draußen wohnt. Der Freund schaut die Liebe, fühlt den Odem ihres Geistes. Nur Liebe kann Liebe verstehen, Geist nur kann Geist verspüren. Komm, heilige Liebe, Geist Gottes, komm! Mehr schwach als schlecht ist der Erdenmensch. Mit schwachen Menschen hat die Kirche es zu tun. Deutlich bat Gottes Geist das an den Anfang ihrer Ge schichte geschrieben, hat in der Schwachheit des PetruS Und in der Blindheit des Saulus einen Felsen und auf dem Felsen einen Leuchtturm errichtet, dessen Licht hinlveist auf die Stärkung des Pfingsttages, auf jenes Aller- heiligste. in dem die Seele der Kirche, ihr Rätsel und seine Lösung liegt. Ihrem innersten Wesen nach Geist, beugt sich die Kirche liebevoll zu dem Menschen herab, nimmt ihn, wie er ist, um ihn zu dem zu machen, waS sie selber i st. Wie der Gottessohn Mensch geworden ist, um uns zu Gott zu erheben, so wird die Kirche Fleisch, um unS Geist zu geben. Was man ihr vorwirft: Aeußerlichkeit, Bündnis mit den Sinnen, reiche Verwendung der Kunst, Popularität ihrer Sitten und Gebräuche — ist nur der Anfang, nicht das Ende ihrer Erziehung, und weil das Ende sich verliert in die Sphären des Geistes, in die Stille der Seele und die Demut des Herzens, so hat man sie in der Welt verklagt, verklagt um ihrer Liebe willen. ES ist einfacher, Geist und Freiheit zu reden, als zn bringen. Wer von goldenen Zeiten spricht, ist dein Lehrer voraus, der die Gesetze der Arbeit und die Mühen der Tugend erklärt. Es gibt Evangelien und Manifeste, die leichter und angenehmer klingen als die der Kirche, wahrer aber, reiner, erhabener und ewiger sind keine. Zwei Banner wehen ans der Erde, rot vom unschuldigen Blute des Lammes und vom schuldigen des Tigers. A u t o- rität und Anarchie sind ihre wissenschaftlichen Namen, Ter Anarchie des Geistes folgt die Anarchie des Fleisches Fleisch ko mint über Geist, Fleisch herrscht, Geist dient. Die Anarchie in der Politik ist selten und nur geschickt, die Anarchie der Seele ergreifend darznstcllen. Autorität verlangt auch der Umsturz. Nur die Autori tät des Heiligen Geistes und der Kirche will er nicht. Am liebsten wäre jeder seine eigene Autorität. „Die Gelehrten sind sich nicht einig." Wie könnten es die Ungelehrten sein! Nicht anszurechnen ist der Segen der Kirche. Ihr Geist ist wie „der Geist Gottes über den Wassern", ihr Untergang wäre der Untergang des Lichtes und der Wahrheit, die Ver nichtung aller Autorität und jeglicher Freiheit. Atheismus und Sozialismus haben bald ein Jahr hundert in Deutschland gearbeitet. Schauerlich klangen ihre Hammcrschläge, als sie den Glauben kreuzigten. Mit dem scharfen Messer der Kritik pflügten sie den heiligen Boden der Seele auf und streuten den giftigen Samen. Samenkörner, unschuldige Samenkörner! Wissenschaft, Theorien, Systeme! Harmlos steht das neue Buch vom „toten Gott" neben dem alten vom „lebendigen Gott". So die Saat! Und die Ernte? Klüger und konse quenter als der Sämann ist oft die Saat. Sie geht auf und folgt dem Gesetze eines Schöpfers, den er längst geleugnet hat. DaS entfesselte und ermattete Fleisch aber schreit nach dein Geiste, und die Anarchie, wenn sie erfüllt, lechzt nach Autorität. Es neigt sich das rote Banner der Schuld vor der Unschuld, vor dom Lamme, der Ordnung und dem Gesetz. Zur ü ck zur Kirche, zum Geiste, zum heiligen Pfingstfest müssen sie alle! Lebendige Steins bauen die Kirche, Seelen im Schmucke heiligmachender Gnade. Pfingsten muß in die Herzen kommen. Da drinnen muß blühen und glühen die feu rige Pracht. Im Innern muß Sturmwind wehen, ver jagen die Wolken, verschlagen die Wellen der eitlen, sün digen Welt, Licht wird an Licht, Geist an Geist, Menschen geist an Gottes Geist entzündet. Der heilige Geist ist das Größte in der Kirche, ihr Anfang, ihr Ende, ihr ewiges, seliges Glück! K. Das konstanttusjubiläum das die katholische Kirche in den nächsten Monaten feiert, hat bei deren Gegnern eine arge Nervosität hervorgerufen, die sich zurzeit in allerhand nörgelnden Broschüren äußert. Das ist nicht überraschend, sondern durchaus begreiflich. Ein lOOOjähriges Jubiläum! Das allein schon sollte und könnte ihren Feinden zu denken geben! Denn welche Macht der Erde kann ihr das gleich tun? Es ist ein bitteres Los, das über allem Menschenwerk schwebt: das Los des Unterganges und des Todes. Und nichts ist so geeignet, trübselige Gedanken wachzurufen, als ein Blick über die Menschengeschichte. Ist diese nicht ein Niesenkirch- Hof, wo Weltreiche und Völker, vor denen einst die Erde ge zittert, begraben liegen? Wo sind sie heute? Ueber alle hat die Weltgeschichte ihr Bahrtuch geworfen, und alle, alle sind sie der furchtbaren Macht der — Zeit erlegen. Daß sie nnd nursieallein von diesem Gesetze der Weltgeschichte, dem Gesetze „Versunken und Vergessen" ausgenommen ist. daran erinnert die Kirche heute alle ihre Feinde durch die Feier eines 1600jährigen Siegesjubiläums. WaS sind im Vergleiche damit die Sektlein und Kirchlein, die Rcligiön- lein, wie sie vorgestern von Apostaten gegründet worden. gestern schon zusammenbrachen nnd heute bereits vergessen sind? Was damit verglichen jene Kirchlein, wie sie heute zn bauen unternommen werden unter dieser oder jener Flagge? Armselige Kartenhäuser, die der nächste Luftzug umbläst. Man versteht da wohl, wenn die Bewohner solcher Kartenhäuser nervös werden, wenn die katholische Kirche, deren Untergang sie mit so viel Aufgebot ihrer Lungenkrast — auch ein Mittel, um Felsen zu stürzen! — augekündigt, ein 1600jähriges Jubiläum feiert. Noch mehr aber, wenn bei dieser Gelegenheit die katho lische Kirche noch daran erinnert wird, ü berwelchcGe g- ner sie gesiegt hat. Denn dieses Jubiläum gilt dem Sieg über einen Gegner, wie er mit einem stärkeren Aufgebote nicht gegen die Kirche zu Felde gezogen ist: dem Sieg über das alte römische Weltreich. Man muß sich vergegenwärtigen, was es heißt, daß das römische Weltreich die ganze Niesenmasckiine seines Bcam- tenapparates aufgeboten hat, um dein Christentum den Gar aus zn machen und mit brutalster Gewalt, mit Anwendung der raffiniertesten Versuchungen znm Abfall cs unterneh men wollte, das Gedächtnis des christlichen Namens auszu tilgen von der Erde. Das wenigstens ist die Praxis seit dem Jahre 219, seitdem der Kaiser Dccius die Christenver- folgung systematisch zu einer Sache des Reiches machte. Es ist unwissenschaftlich, wenn eine dieser Nörgler broschüren die Sache so hinzustellen versucht, als ob eigent lich vorher die Lage der Kirche und des Christentum gar keine so sonderlich bedrohte gewesen sei. (Vergl. Hugo Koch, Konstantin der Große und das Christentum, München 1913, der jetzt an Stelle Pins X. den Berliner Professor Harnack als unfehlbaren Papst sich erkoren hat, dessen sämtliche Auf stellungen er ticfgläubig entgegennimmt und nachbetet) und zu diesem Beleg auf die Antwort Trajans verweist, die dieser seinem Freunde Plinius gegeben hat: Oonguii'encli »on mint, die Christen sollen nicht polizeilich ausgesucht werden. Gewiß, so heißt es in diesem Schreiben, aber in der un mittelbaren Fortsetzung heißt es auch: „aber man muß sie bestrafen, wenn sie angegeben und überwiesen werden". Und über die Folgen dieser Wendung? Hier die Antwort eines neueren Historikers: „Wie viele Tawendo von Todesurteilen über unschuldige und gute Menschen sind aus diesem Reskript geflossen. Welcher maßlose Jam mer wäre dem Reiche erspart geblieben, wenn der Kaiser die Frage des Plinius, ob das Christentum als solches zn bestrafen sei, in anderer Weise beantwortet bäile" (Amel's. Das Christentum in den erst-u drei sla'irlw.ndei len II. -36) Und auch bei Harnack hätte Koch lesen können: „Man wurde sich irren, wenn man sich die Lage für die Christen ganz er träglich vorstellte Gewiß, sie haben sich faktisch uu Reiche oinbürgern können, allein über jeden Christen schwebte daS Damoklesschwert." (Mission und Ausbreitung I, 103.) Und fragen wir nach den Gründen, aus denen es zwi schen dein römischen Staat und der Kirche zu einem so furcht baren Zusammenstoß gekommen ist, ja komme» mußte, so lautet die Antwort sehr einfach: das war von dem Augen- blick an unvermeidlich, als der römische Staat von seinen Staatsangehörigen nicht bloß die Erfüllung ihrer staats bürgerlichen Pflichten, wie Steuern usw. forderte, sondern auch ausdrückliche Anteilnahme am Kult der Kaiser. Moch ten andere in der Leistung eines Opfers an den Kaiser, iu dessen göttlicher Verehrung den Ausdruck der staatsbürger- lichen Loyalität und Zuverlässigkeit sehen und bekunden, die Christen konnten dieses Stück Heidentum nickt mitniacken. „Es war ein Akt der Befreiung, daß das Christentum den Gläubigen verbot, dem Kaiser zn opfern", so urteilt der P>o- testant Ranke: der Erkatholik Hugo Koch schreibt zwar: „Dem Kaiserkult stellte die Kirche einmütig und allezeit ein entschiedenes Nein entgegen. Hier hat sie niemals Paktiert, niemals sich auf ein Kompromiß eingelassen" (12), aber eS macht den Eindruck, als ob der Kirche daraus wegen ihres „unfreundlichen" Verhaltens zum Staate sollte ein Vor wurf gemacht werden, als handle es sich lediglich um „Stim mung" und mit der späteren freundlichen Stellung zum Staat in der Zeit nach Konstantin um einen „Stimmungs wechsel". Das ist alles so grundfalsch als nur möglich; nicht eine „Stimmung" hat die Kirche zum schärfsten Gegensatz gegen den heidnischen Staat getrieben, sondern der Kampf um die « Wegen des Pfingstfestes erscheint die nächste Nnmmer erst Dienstag den 13. Mai nachmittags.