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älhfischkKolksjtitung B»»»abe X mit Dritten und Ve,u,»stre1», Bella«« vierteljährlich »,1« ^ In Deutschland frei Haut »,5» — aan» D> in Oesterreich 4,4» X. m Oesterreich 4,0? K. — Einzel-Nummer IO ^ «ZmlW^ZeÜ-' "" ^ng "S°"n»b's in de» ersten Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit U«rte<Hattm,g«berlage Vie illustrierte Zeit Anzekgewr , i Annahme von «eschüstranze^en bi« tOllhr. von Familien-1 I«reiS für Lle Peti1^pn?tzeile iLO ^. tm Reklametetl OO ^ I Ar undeutlich E I Nür unoeutltch ae mneoene, , I gegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit für I I die RiLttgkeit de» Leite» nicht übernehmen. I Redaktions-Sprechstunde: Iv bls 1 ^hr vormittag». I I Für Rückgabe etngcfaiidler Schnftst. macht sich dl-Redattion I I nicht verbindlich! Rüchendung erfolgt, wenn Rückporto bei-1 I aettiat ist. Brieflichen Anfragen istAiüwortSporto beizufügen.^ «r. 243 «-fchilstsft-ü- und Re-akttou Dresden.«. 16, Holbeinftratz« 48 Donnerstag den 21. Oktober 1915 1 Fernsprecher siaa« 14. Jahrg Grotze ^Zur Tagung des sächsischen Landtages Die ordentliche Tagung des sächsischen Landtages be ginnt, wie bereits mitgeteilt, am 9. November. Da sie augenblicklich in nichtsächsischen Blättern lebhaft besprochen wird, so erscheint es angebracht, ihr einige Worte zu widmen. Zunächst wird die Frage erörtert, ob die Tagung kurz oder lang sein wird. Der Deutsche Reichstag hat seine Kriegstagungen bisher immer sehr kurz gehalten. Er hat alle.dings in dem erweiterten Haushalt-Ausschuß Gelegen heit zu einer kräftigen Aussprache und zu einer aus giebigen Aufklärung gegeben. Damit waren, die meisten Abgeordneten zufrieden und die, die nicht zufrieden waren, I mussten sich bescheiden. Nun läßt sich nicht leugnen, das; die Interessen in einem einheitlichen Lande die ganze Bevölke rung mehr bewegen, wie die großen Neichsintcressen, d. h. es gibt in einem Lande mehr kleine Schmerzen, die alle beseitigt, mehr kleine Wünsche, die alle befriedigt sein wollen. Der Landtagsabgeordnete hat einen kleineren Be zirk wie der Neichstagsabgeordnete, dsiher kommt der elftere mit seinen Wählern mehr in Berührung, hört mehr seine borgen und Wünsche und verspricht dann, sie vorzubringen. Auch sonst sind die Landesinteressen enger begrenzt. Daher ist der Wunsch nach einer gründlichen Aussprache wohl zu verstehen. Sozialdemokraten und Nationalliberale haben ihn geäußert und in einigen Blättern wurde bereits ange deutet, daß die Tagung nicht vor Weihnachteil beendigt sein würde. Von anderer Seite wird wieder erklärt, daß in der Kürze die Würze liegt. Die Reden seien in der Kriegszeit nicht so notwendig, wie die Taten. Es ist daher heute noch nicht zu sagen, ob in der Frage der Dauer des Landtages eine Einigung erzielt wird. Eine solche Frage ist für das Land von großer Wichtigkeit, denn bei langer Toner und gründlicher Aussprache kann auch manches in den Vordergrund treten, was jetzt besser wegbliebe, anderer seits hat eine rege Aussprache immer eine Beseitigung von viel Zündstoff zur Folge, sie reinigt die Luft und klärt durch die ihr folgenden Aufklärungen viel Mißverständnisse auf. To hat jedes Ding zwei Seiten. Die Negierung ist für eine kurze Tagung. Sie spart dadurch Arbeit und Aerger und kommt doch zum Ziele. Die wichtigste Aufgabe, die der Landtag zu lösen hat, ist die Verabschiedung des Staats haushaltsplanes. Soweit wir unterrichtet sind, ist er fertig. Er weist naturgemäß eine größere Ausgabe auf, denn der Krieg hat dem Lande manche Lasten gebracht. Ob die Mehrausgabe durch eine Erhöhung der Einkommen steuer oder durch neue Steuern oder durch eine Anleihe ge deckt wird, ist noch nicht entschieden. Die Negierung wird sich erst in den nächsten Tagen darüber schlüssig werden. Soviel steht aber fest, wenn man den Weg der Erhöhung der Einkommensteuer beschreitet, so wird sie wenigstens 30 Prozent betragen. Das klingt nicht sehr erfreulich, aber es ist nicht zu umgehen. Die Kriegsfürsorge verlangt auch Kriegsopfer und es läßt sich das Opfer für den Staat nicht vermeiden. Der Kriegszuschlag, denn um einen solchen kann es sich nur handeln, droht, daher mache man sich darauf gefaßt. Welcher Art die weitere Kriegsfürsorge der Regierung ist, steht noch dahin. Jedenfalls wird sie unter stützt von allen Parteien, denn in diesem Punkte sind sich wohl alle einig. Aus dem Hause selbst ist die Erhöhung der Unterstützung der Kriegerfamilien gewünscht worden. Tie Teuerung rechtfertigt einen solchen Antrag vollauf. Tann muß den arbeitslos gewordenen Textilarbeitern ge holfen werden. Der Staat hat die Rohmaterialien an sich genommen, alle Firmen können nicht mit Kriegslicferungen betraut werden, alle können auch nicht ihre Betriebe um ändern, und Baumwolle braucht man auch zu anderen Zwecken als zu Kleidungsstücken, daher mußten Textil arbeiter arbeitslos werden, und ihnen zu helfen, ist eine Pflicht des Staates. Die Konservativen wünschen eine Teurnngszulage für die mittleren und unteren Beamten — die Privatbcamten konnten sic auch brauchen —, die Ne gierung scheint sich nicht dagegen zu sträuben. Einige Sozialdemokraten wünschen, daß den zum Militär einge- zogcnen Bea,nten Abzüge gelpacht werden, in der Höhe, die durch den persönlichen Gebrauch festgesetzt werden kann. Ter Wunsch ist zu verstehen, denn die Privatbeamten be kommen während der Kriegszeit meistens keinen Gehalt. Weiter wird angeregt, daß den Feldzugsteilnehmern, die durch den Krieg geschäftlich schwer gelitten haben, eine ent sprechende Vergütung oder wenigstens ein Vorschuß gewährt wird, damit ihr Geschäftskarrcn wieder ins Rollen kommt. Auch der Wohnungsfürsorge für die Kriegsinvaliden muß jetzt schon Aufmerksamkeit zugewenhet werden, und zwar muß da der Staat mi( eingreifen, denn für die einzelnen Gemeinden ist dse Last zu schwer. So sehen wir schon eine serbische Verluste M AM « M Niescnverluste der Serben Berlin, 21. Oktober. Die nintlichcn deutschen, österreichisch - nngarischcn und bulgarische» Tagesberichte stimmen darin überein, daß die Bulgaren bei ihrem Vor gehen gegen Äninnnviva 2» Ott Serben gefangen genommen habe». Alle nichtfciiidlichcn Kriegs berichterstatter erklären, daß auf allen Schlachtfeldern die Serben große blutige Verluste erlitten haben. Ter Vicr- verband beeilt sich, Reserven hcrbrizuschaffen, doch wird diese Tätigkeit durch das stete Vvrrücken der Bulgaren sehr erschwert. Tic Lage der Serben ist kritisch. Zum hentigcn Hohcnzollerntage bringen alle Blätter ernst, dankbar und zuversichtlich ge haltene Artikel. Tie „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: „Wie eine leuchtende Inschrift strahle durch die Jahrhunderte der Schwur des Markgrafen Friedrich des Ersten: „ein Amt mann Gottes zu sein, damit das Recht gestärkt, das Unrecht gekränkt werde". Im „Lokalanzeiger" heißt es: Unsere Truppen da draußen ersetzen alles, was die Heimat an diesem Tage an festlicher Erregung Niederhalten muß, durch die Leiden schaft der Tat, die der Hohenzollernfeier von 1915 den Grundton gebe. Das „Berl. Tagcbl." sagt: Wie vor hundert Jahren das Hohenzollernhaus erst recht mit dem preußischen Volke zusammenwuchs, so werde dieser Krieg das Kaiserhaus mit dem Reiche zu untrennbarer Einheit zu- s a m m enschweißen. , Tic Schwierigkeiten des Vormarsches in Serbien Ein Bericht im „Berl. Tagebl." schildert die außer ordentlichen Schwierigkeiten des Vormarsches in Serbien. Der Regen verwandelt di? Wege in Sümpfe, aber stärker als alle Schwierigkeiten sei der Wille der Soldaten, die sich gexadezu hervorragend geschlagen hätten. Asguiths Befinden London, 20. Oktober. (Reuter-Meldung.) Uebcr Asguiths Befinden wurde ein Bulletin ausgegeben, wo nach eine Besserung cingctrcten sei, der Kranke aber das Zimmer nicht verlassen dürfe. Große Truppenlandungen in Saloniki Paris, 2tt. Oktober. Wie der „TempS" ans Athen meldet, landen französische und englische Truppen unaus gesetzt in Saloniki. Die Franzosen bilden weitaus d i e M chrzah l. Ta die Eisenbahn nicht nnsrcicht, wer den große Truppenmassrn in Eilmärschen nach Norden ge schafft. Turin, 20. Oktober. Ter Sonderberichterstatter der „Stampa" meldet aus Athen, daß die bis jetzt in Saloniki gelandeten 30000 Mann Ententetruppcn aus schließlich von Gallipoli weggenommen worden seien. Vertreibung englischer Unterseeboote Trelleborg, 20. Oktober. Nach hier eingetroffener Meldung wurde auf Mitteilung zweier deutscher Flieger, daß sich bei Stubbenkammer zwei englische Unterseeboote befänden, Torpedojäger ausgesandt, die sie zwangen, sich in nordöstlicher Richtung zurückzuziehcn. Da sic sich die ganze Zeit unter Wasser hielten, war eine Beschießung unmöglich. Freie Fahrt der Bulgaren durch Griechenland Sofia, 20. Oktober. (Vom Privatkorr. des W. T. B.) Tic griechischen Behörden haben den bulgarischen Reser visten aus eigenem Antriebe freie Eisenbahnfahrt bewilligt, was hier einen vortrefflichen Eindruck hervorricf. Bezeichnend für das zielbewusste Vorgxhrn der Bulgaren ist, daß sie in dem am Sonnabend eroberten Orte Pctschewo tagsdarauf eine bulgarische Schule eröffneten. Die Serben hatten bekanntlich alle bulgarischen Schule» und Kirchen in Mazedonien gesperrt. In Egri-Palanka wurde bereits eine bulgarische Verwaltung eingesetzt. ganze Menge Kriegsaufgaben, die alle Geld kosten und die nicht zu umgehen sind. Große Regierungsvorlagen sind nicht zu erwarten, zumal werden diesmal keine Eisenbahn- Wünsche befriedigt. Dagegen wird es wohl zu einer leb- haften Teuerungsdebatte kommen, wenn die Negierung bis dahin nicht zu den erhofften Maßregeln geschritten ist. Schließlich ist die Handhabung der Preßzensur ein Gegen- stand, der nicht unbesprochen bleiben wird. Was noch im Schoße der einzelnen Parteien ruht, läßt sich nicht ermessen. Zweifellos kommt es aber noch zur Stellung zahlreicher Anträge, die alle erledigt sein wollen. So sehen wir den kommenden ordentlichen Landtag vor eine Reihe wichtiger Fragen gestellt, deren Lösung herbeigeführt werden muß. Wir können heute nur den Wunsch äußern, daß es gelingen möge, die Arbeiten rasch und gut zu fördern, damit sie dem Lande zum Segen gereichen. X Heimatdank! Wir erhalten folgende Zuschrift: Ein Krieger, der in der Schlacht den rechten Arm vcr loren hatte, schrieb mühsam mit der linken Hand einen offenen Brief an die Redaktion eines Blattes etwa folgen den Inhaltes: „Mitbürger! Warum gafft ihr uns Jnva liden auf der Straße so an? Schwer genug tragen wir an unserem Schicksal, macht es uns nicht noch schwerer. Laßt uns in Ruhe, bis wir uns mit unserem Lose abgefunden haben." Angenommen, die Ermahnung wird befolgt, was ev gibt sich für ein Bild, z. B. wenn ein Soldat auf zwei Krücken daherkommt? Jedermann sieht, geht fort oder bleibt stehen, um seine Begleitung auf etwas Nebensäch liches, etwa auf das Spiel von Kindern oder auf einen vor übereilenden Hasen aufmerksam zu machen. Und unbe achtet humpelt mein Held durch die Anstandslücke. Dann möchte er wohl klagen: „Sie achten und beachten mich nicht. Das Kreuz auf der Brust, mein Leid, das ich mein Lebtag nicht los werde, sie schätzen es nicht. Auf Kinderei ruht ihr Auge, mich würdigen sie keines Blickes." So ge< dacht und ähnlich einer Redaktion geschrieben — jedem Deutschen, der es liest, steigt die Zornesröte ins Gesicht ob solchen H e i m a t d a n k e s. Zwei Briefe und zwei berechtigte Klagen! Wo lieg die Wahrheit? Gewiß, wie so oft, in der Mitte. Friedrich v. Hardenberg (Novalis) schrieb in seinem Tagebuch über seine Braut, Sophie v. Kühn: „Sie kann zu große Aufmerksamkeit nicht leiden und nimm doch Vernachlässigung übel." In diesen Worten dürfte das allgemein menschliche Gefühl richtig ausgcdrückt sein. Blicke einem Gesunden scharf auf die gesunden Füße, möglich, daß der Sichere unsicher wird. Taktfeste Kapell meister haben den Taktstock hingelegt, wenn sie sich zu kri tisch beobachtet fühlten. Nun erst unsere Invaliden mit dem wunden Gemüt, der schwachen Brust, den empfindlichen Nerven, den verlorenen Gliedern und den ungewohnten Krücken! Da ist Vorsicht in Blicken, Worten und Handlungen für uns Mitbürger am Platze. Denken und fühlen wir uns hinein in die Seele unserer Braven, fragen wir uns, was würdest du in solcher Lage gern wünschen, hören und sehen, dann werden wir das Rechte finden, zumal wenn der medizinische Grundsatz fcstgehalten wird: Zuviel Auf- merksamkeit verträgt unser Organismus ebenso wenig wie V e r u a ch l Ls s i g u n g. Auch das dar! nicht vergessen werden, daß der Inva lide nicht in einem Schacht verunglückt, nicht in der Fabrik eines Großindustriellen „ins Zeug gekommen" ist, sondern daß er in unserem „Betriebe", für uns, für sein Vater- land sich geopfert hat. Solche Gedanken geben die ge eignete Stimmung im Verkehr mit den verwundeten Kriegern. Falsches Mitleid aber wäre cs, den Unglücklichen etwas vorzujammern oder ihnen das Bleigewicht eines törichten Pessimismus an die ohnedies schon schweren Füße zu hängen. Mut brauchen unsere Verwundeten, Liebe, Freudeund Sonnenschein. Man ängstige die noch Schwachen nicht mit Schauermärchen und niit allen möglichen oder nichtmöglichen traurigen Folgen ihrer Ver- wundung, male ihnen nicht alle Teufel der Krankenstube an die Wand. Dos ist Gift. Es gehört mit zu den Segnungen des Krieges, daß wir uns in die Seele der Verwundeten Hineintasten, mit den Armen und Aermsten, mit den Blinden und Lahmen mitfühlen wie Brüder. So werden wir erzogen, geschliffen und veredelt durch den Krieg, werden im Anblick der furcht- baren Kriegsopfer selbst angetrieben zu Opfern und gründ- lich geheilt von allem Egoismus.