Volltext Seite (XML)
Nr. VV 18. Iahrg. Somiaber»d, dev 5. April 1V1V abends H« X »U tvustr. vrüaor dirrttNLHrli» ^ F». A» D««»«n ml» amu Drugch- bi Orgerrrt« »«»,«», » »turlMrltq und aanz Dmmchland »<- . «n O«V«k«tch X. «8^». Sn s«i-<m» Otnzil.Nummer I> s «ch«che erscheint «»«enta-en nachmMag«. an allen »cfchSft-ftelle m»d RedakUo«, Vr-Sd-n-«. IS. Holb-inft»«SN 4» Fernsprecher 31 SS« Postscheckkonto Leipzig Nr. 147SV «nna! von Anzeige«, hm» von »«schastran-eiaen kll« 1QUY«, Famtllenanzeige» bis II Uhr »mm Prei« für die Petil-SpaltzeUe »8^.1« Nelia- metei! 80 gamllien-ilnzeigen SO s Kür undeutlich geschriebene, so«ie durch mrccher ausaegebene «nzeiaen können » Lerantworlltchkeit für die Richtigkeit de», nicht übernehmen. kprechstund« der Redaktton: 11-1» Uhr vorm / Einzige katholische Tageszeitung in GiWeck Organ der Zentrumspurie». «asgabe ^ «tt illustrierter Mterhaltuugrbeilage «ud reitg. Wocheubeilage Fei«M>e«b° Ausgabe k «mr «it der Wocheubeilage SS vrnme-rr^ «« NL, Ldiminken, pucler tilr Iksatskdsllütt, Ille Kosollüviiatton, rar iiautptlvao in oairmse ku,.al>l psi-fiimvnv ZetivvÄ^Ioss, Hksslloii-ll. 8oklük-8ti'. 13. Dem Parteitage. H Am Sonntag den 10. November 1918 hat der rhei nische Zentrumsabgeordnete Oberpfarrer Kassiert in Kölu das Wort geprägt: „Wem heute noch nicht klar geworden ist. daß ein deutsches nationales, christliches Zentruni nötig ist, der lernt es nie!" Dieses Work hat in unseren Tagen mehr denn je Geltung. Die letzten Monate haben bewiesen, wie notwendig ein starkes Zentrum auch in Sachsen ist. Aus dieser Notwendigkeit erwachsen uns aber außerordentlich große Aufgaben und Pflichten. Es ist Sache der morgen tagenden Hauptversammlung der sächsischen Zentrumspartei, sich mit diesen Aufgaben und Pflichten zu befassen. Wir hoffen, daß die Beteiligung aus allen Teilen Sachsens eine sehr rege sein wird. Vor allem aber ist es auch Pflicht der Parteifreunde von Dresden, ge schlossen an den Verhandlungen teilzunehmen. Die mor gigen Verhandlungen müssen gewissermaßen auch als Vor arbeit für den kommenden Reichsparteitag ange sehen werden. Wir sind schon im November vorigen Jahres für einen solchen Parteitag eingetreten. Es ist höchste Zeit, daß auch das Reichszentrum die Vertreter unserer Partei aus dem ganzen Reiche um sich versammelt. Trotz aller Schwierigkeiten bezüglich Reise usw. werden die sämtlichen Parteien Deutschlands in den nächsten Wochen solche Tagun gen abhatten. So tagt die Deutsche Volkspartei Mitte April in Jena, die Deutsche demokratische Partei Mitte Mai in Kaffslz-ie Sozialdemokraten und die Deutschnationalen in der Pfingstwoche. Da darf unser Zentrum nicht mehr zurückstehen. Auch die „Kölnische Volkszeitung" Nr. 200 vom 2. April tritt mit aller Entschiedenheit für die Be rufung des ersten Reichspart-eitages der Deutschen Zen trumspartei ein. Sie schreibt: „Die Zeit für einen Reichs parteitag des Zentrums scheint uns gekommen." Eine Fülle von Problemen ist es, mit denen sich nicht nur dieser Reichsparteitag, sondern auch morgen bereits unser sächsischer Parteitag beschäftigen wird. Die großen kulturellen Fragen stehen im Vorder gründe. Uebcr ihre Wichtigkeit braucht kein Wort mehr au dieser Stelle verloren iverden. Aber nicht nur sie allein müssen behandelt werden, wir müssen mit aller Energie und Tatkraft auch an die Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Fragen herantreten. Keine Partei ist auf Grund ihrer Geschichte, ihres Programms und ihrer Tätigkeit so berufen wie die Zentrumspartei, diese Fragen in wahrhaft christlich-demokratischem Sinne zu lösen. Wir dürfen uns von Schlagwortcn allein nickst schrecken lassen. Wir müssen den Fragen und- Problemen vielmehr «uf den Grund gehen und versuchen, die Dinge ins richtige Gleis zu bringen. Es kann das hier natürlich alles nur angedeutet werden. Aber wir möchten nicht verfehlen, dem Parteitag einige Worte auf den Weg zu geben, die der be kannte katholische Schriftsteller Karl Muth soeben i:m Märzheft! seines „Hochlandes" in einem bemerkenswerten Artikel- ausgesprochen hak. Er sagt an einer Stelle: „Es gäbe also so etwas wie einen christlichen Sozia- lsSinus? - Der Ausdruck ist in Deutschland neu und daher befremdend, aber die Sache brauchte es an sich nicht zu seftr/>Mäst h'at den Ausdruck bis jetzt vermieden und mast töird ihn tvahrscheinlich auch künftig vermeiden, selbst ÄeNri nickst der Sache ihr Recht werden ließe, »veil mit ihm nichk stfit eine neue Wirtschaftsordnung, sondern zugleich atsth- üne Weltanschauung proklamiert wurde, die nach öKift iNHtändnis der Urheber der sozialistischen Doktrin vog^ichilosophischen Standpunkt asts dem Rationalis- ni«K, böm religiösen aus dem Atheismus huldigt. Be trachtet man indes den Sozialismus bloß als Wirtschafts system und sieht man von seinen Theorien ab, der Idee der kommunistischen Gleichheit, der Leugnung des natur rechtlichen Charakters des Eigentums, der falschen Auf fassung von Ehe und Familie und der Absolutheit der Staatsgewalt gegenüber dem Individuum und der häuslichen Gesellschaft, Theorien, die ebensowenig wie der materialistische ^Atheismus und die Feindschaft gegen das Christentum dieser Wirtschaftsform wesentlich und eigen find, so ist gar nicht einzusehen, warum man ihn vom christlichen Standpunkt ans ablekncn müßte." Aehnliche Gedanken behandelt auch der Jesnitenpatcr HeinrichPeschin Nr. 4 der Flugschriften der Deutschen Zentrumspartei: „Nicht kommunistischer, sv n - der» christlicher Sozialismus! Tie Volks wirtschot der Zukunft!" Es ist gerade jetzt so außerordent lich viel von Kapitalismus die Rede. Die Auswüchse des Kapitalismus sind zu bekämpfen und gecade vom Zentrum ist stets gegen das liberale kapitalistische Wirtsä-asispiinzip Stellung genommen worden. Das bedeutet noch lange nicht Bekämpfung des gesunden Kapitalismus, soweit er zur Erhaltung der Volkswirtschaft notwendig ist. Eine lehr gute Definition des .Kapitalismus gibt ebenfalls K a r l Muth in seinem Aufsätze, wenn er schreibt: „Unter Kapitalismus verstehe ich nickst bloß das überspannte Erwcrbsst-.eben und jene mammonistisckze Ge- - sinnung, die- über allem Wirtschaftsethos erhaben, nur auf Gewinnsteigerung ausgeht, sondern jenes System einer Wirtschaftsordnung überhaupt, das es dem Besitzer eines Kapitals, gleichviel, wie dieses zustande gekommen ist. ermöglicht, ohne die geringste persönliche Arbeits leistung sich ein großes Einkommen z» sichern, indem er dieses Kapital in industriellen oder geldwirtschaftlichen Instituten „arbeiten" läßt, also aus der Arbeitsleistung von Mitmenschen einen weit über den gewöhnlicheil Zins fuß hinaiisgehcnden Gewinn zieht. In dem alten Kirchen gesetz, das das Nehmen von Zinsen überhaupt verbot, lag eine tiefe Staatsweisheit. Daß wir auch schon vor der Nevolution sie wieder, wenn auch nur erst schüchtern, an- znerkenncn wagten, geht ans mancher Maßnahme zu nächst der Agrarpolitik hervor, wo man z. V. durch Ein führung des Rentenguts neben der kapitalistischen Form die die Rechte des Darleihers beschränkende Rcntenver- schuldungsform wieder einführte." Wir führen diese Stellen nur deshalb an. um zu zeigen, wie schwierig diese Probleme sind und wie notwendig es ist, sich in sie zu vertiefest. Hat ein Steg er Wald nicht recht, wenn er in seiner glänzenden Rede in der Nationalversammlung, die soeben als Nr. 10 der Flug- sthriften der deutschen Zentrumspartei erschienen ist, fol gendes sagt: „Dem deutschen Volke haben sodann in den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege alle Mängel angehastet, dir Emporkömmlingen anzuhasten pflegen. Unsere deutsche Kultur war zu stark veräußerlicht und zu wenig verinner licht. Aeußere Ordnung, saubere Fassaden, reinliche Straßen, viele plastische Gebäude, ein Denkmal neben dem anderen, das war für viele Deutsche der Inhalt des Kul- tnrbegriffs geworden. Die innere Gesinnung aber, das Verantwortlichkeitsbewußtscin gegen andere, das sittliche Pflichtgefühl im politftckzen und öffentlichen Leben, kurz, der Adel der Gesinnung ist im den ticken Volke nicht in dem gleichen Maße gewachsen, und gepflegt worden, wie der äußere Reichtum. Wir waren ein nrammonisierteS und mechanisiertes Volk geworden. An dem Weltwende- pnnkt der Gegenwart haben wir Gewissensersorschunng nird Nutzanwendung anzustellen. Wir müssen als deut sches Volk wieder zur Einfackcheit zurückkchren, und zwar in allen Schicksten. In der gegenwärtigen Stunde kann dem deutieben Volke nicht öffentlich Wasser gepredigt und ^ heimlich Wein getrunken werden. Die Einfachheit muß von den Spitzen der Gesellschaft ausgehen." Es wird überhaupt auch morgen zu ertvägen sein, ans welche Weise man unserer Wählerschaft stets rasch und schnell das aktuelle W e r b e m a t e r i a l zugänglich mackst. Erst wer die Reden unserer Zentrums- sührer, die jetzt fast sämtlich als Flugschriften der Par tei erschienen sind, und pro Stück nur 25—35 Pf. kosten, gelesen hat, der weiß zu würdigen, welche Bedeutung für unser ganzes gegenwmtiges Leben die Stellung der Zen- ti iimspartei einnimmt. Gerade auch den Kreisen unserer gläubigen evangelischen Mitbürger müßten die Reden eines Gröber, gehalten in der 6. Sitzung der verfassunggeben den deutschen Nationalversammlung und erschienen unter dem Titel „Das neue Reich", eines Dr. Wilhelm Mayer.Schwaben in -der 11. Sitzung in der National versammlung über Deutschlands wirtschaftliche und finan zielle Lage und die schon erwähnte Rede Stege r walk - über den sozialen Wiederaufbau Deutschlands in der ß'. Sitzung der. Nationalversammlung zugänglich gemack r werden. Wie schon in diesen Spalten mehrfach erwähnt, werden es dann vor allem auch die Organisation S- fragen kein, die uns morgen zu beschäftigen bal-cu. Teulichland steht am W ende p u n k t. Tai über kann tein Zweifel sein. An uns liegt es, mitzuwirken .n dein Schicksale des deutschen Volkes und des Teuistver. Reiches. Ta muß unser Blick sich nickst nur vorwärts, so.sie-» auch rückwärts wenden und wir müssen an die Männe- denken, die »ns sichrer in großer Zeit gewesen sind. Di muckst in diesen Tagen besonders eine Gestalt mahnend ans und doppelt tritt sie uns- in Erinnerung, wen» wir lesen, was unser kürzlich verstorbener langsädriger Führer Georg von H erkling in seinen Auszeichnungen über seine Jugendzeit (Hochland, 0. Heit, 1918/NO schreibt: „Einen anderen (er sprach vorher vom große» Görres) wahrhaft großen Mann war es mir vergönnt, schon in frühen Jahren persönlich kennen zu lerne:». Es war der Bischof von Mainz, Wilhelm Emmanuel Freiherr von Kettel er. Eine Holze, A-rsurchts-- gebietende Gestalt ragt er in meine Jmzeiiderinn-erungen hinein, seitdem ich ihn znm ersten Male am Krankenbette meines- Vaters getroffen hatte. Oft lind oft habe :ch den Kirchenfürsten in das Gotteshaus meiner Vaterstadt ein- zieben, oft und oft die Kanzel besteigen sehen: nie bade ickj auch später einen Redner gehört, der bei völlw-m Ver schmähen aller gesuchten Kunstmittel w gewaltige Wir kungen erzielte. Aus dem Zentrum einer um-stchiitter- lichen, im Glauben gefestigten Ueberzeugung. aus der Glut christlichen Empfindens und heiliger Liebe zu den Seelen, strömten da wie van selbst die uralten und .-och ewig neuen Wahrheiten: riesengroß wachsen sie >or der Seele de? Zuhörers, entwickelten und entfaltete» sich, bis wir alle im tiefsten Innern ergriffen, sortgerisseu, ge festigt tvaren." Der Geist eines Kettelers muß morgen unsere Ver handlungen durchwehen. Er hat in seiner Zeit die Zeichen richtig gedeutet und es verstanden, die chrisrlickfen Wahr heiten auf diese Zeit anzmvenden. Ja, beherzig-n wir dis Worte eines Hertling, der so viele Jahre mit au.ße. ordent lichem Geschick die Deutsche Zentrumspartei geleitet :x:t und seien wir erfüllt von der „unerschütterlichen, im. Glauben gefestigten llebcrzeugung", lassen wir auch nwrgen „aus der Glut christlichen Empfindens und heiliger Liebe zu den Seelen" die uralten und doch ewig neuen W ahrhe: len auf uns einwirkcn. In diesem Sinne heißen wir die Zentrnmsvertreter von nah und fern in Dresden he zlich willkommen und wünschen den Verhand lungen cincn glllcklickzen Verlauf! >»«1. Christliches Volk, erhebe dich? Der große Schlag gegen den Religionsunterricht. Hd Es klingt ganz harmlos. Ein sozialdenuftraklschkr Antrag verlangt die Vorlegung eines Notgesetz->s zur Rege luna bringender Schnlfragen. Es wurde auch im Ges etz - grb u» gsau S s ch u ß der Volkskammer dem Anträge zu- gestimnit. eine allgemeine Volksschule mit Schulgeldfreiheit zu schaffen, lieber den Zeitpunkt der Durchführung wurde keinerlei Einigung erzielt. Diese Gelegenheit nun benutzken diebeiden sozialdemokratischen Par 1 eienzu einem Vorstoß, und zivar zum entscheidende» Vorstoß gegen den Religionsunterricht in der Volksschule. Die Sozialdemokraten erhoben solgrude» Antrag des Genossen Lehrer Arzt z»m Beschluß: „Aller Unterricht ist GrsittungSunterrichk. Reli-> gionsunterricht wird in der allgemeine» Volks schule nicht erteilt, vielmehr findet in de» letzte» beiden Schuljahrcn eine sittliche Unter »oeisung von wöchentlich zwei Stunden statt." Aus den Kreisen der bürgerlichen Parteien wird dazu folgendes berichtet: „Gegen diesen Antrag legten (ämtliche bürgerlichen Parteien geschlossen die energischste Verwah rung ein. Sie erblicken in ihm die Erhebung des sozial demokratischen Dogmas zum Znxingsfach und bezeichnen ihn als Vergewaltigung aller Staatsangehörigen, die ihre Kinder nicht im sozialdemokratischen Geiste erziehen lassen «vollen. ES sei geistiger Terror, der um so schlimmer sei, als die Privatschnlen verboten werden sollten. Die bürger lichen Parleien machten beide sozialdemokratischen Frak tionen aus die ungeheure Verantwortung aufmerksam, die sie durch diese Beschlüsse auf sich nehmen, und lehnten ihrer seits jegliche Verantwortung ab. Vor allen Dingen fällt di« Eile auf, mit der die sozialdemokratischen Partei«« so Weid»