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Nr. 21 Mittwoch, den 27. Januar 1904. Erscheint tätlich nachm, mil Aufnahme der «onn- und gjksinicze. «e»«aspreiS! Vicneljährl » Mk. 5» Pf. «ohne «eslellaeld,. Sei cii!ft»rvkulscheii Pvslacisiali. lt. .ieitunqspreisl. Einzelnummer lO Pf. Nedakiiüiis-Sprechsiunde: ll 1 Nhr. !1. Jahrgang. ^nsrralc werden die UgeiUnUeue PelilzeUe oder deren Raum mit l!» Pf. dereäniel. !>ei Äiederdolun,z dedeniender Acidatl. Puchdriiitcrci. Redaktion und tScschäsiSfiellk: Dresden, PiUniiier strafte t!t. geru-I'rc-chc'ic Ami l Nr INU«. Gebuvtstag -es Raisers. Zunr (Nachdruck verboten.! Heil Hairer! »ein vom bringt vir Huldigend dar Sein innigster vrüsren rum keuilgen Lage! Hukr neue beginnst vu ein Kommender IM, Mit Hoffen unO llliinrcken und sorgender frage? Und bllekrt vu auch ernst aufs vergangne zurück. Vas frei nickt von Hrankkeit und manckeriei Sorgen. So dankst vu dock Sott auck kür Segen und «iiicir. Vas reicklick im Zckosre es dennock geborgen! Und mit vir Sein Uoik. das angstvoll und bang Lum Lkrone einst lenkte die fragenden klicke. Ms Hunde ikm ward, sein Herrsckrr wär' krank. )Vr dedrokt er vlck glaubte von ernstem verckicke. gottlob, war geregnet die ärrtiicke Hand! Sott vank! kr besckütrie vein kostbares Heben? Vas Leid, da; gedrokt. - er Kai es gewandt! vir ward ein kroker genesen gegeben. vrum jubelt verdoppelt am keutigen Lag vein Volk, o Halser. vir kostend entgegen, v. tükie der Herren begeisterten Sckiag. ver Heil vir erbittet, gesundkeit und Segen. Nock lange regiere in Miskeit und Hratt Und kalte die Lügei in würdigen Händen! Und aller, was glück vir und freude versckaM. vein Volk ertlekt's. der Himmel mag's wenden! Unser Kaiser vollendet heilte sein füiiftiildvierzigstes Lebensjahr, Fast Jahre hat er den Thron seiner Väter inne, — eine gesegnete Zeit des Friedens, der rnhigen, stetigen Fort- entwickelnng der heimatlichen Kultur. Und Kaiser Wilhelm hat sie treulich genutzt. Ein im besten Sinne moderner Geist, ist er stets voran, wo es gilt, den wahren geistigen Fortschritt der Menschheit zu fördern, wo es gilt, eine große neue Idee dem Vaterlande, das ihm und nnS gemeinsam ist. nutzbar zu machen. Tenn das Vaterland in ihm das höchste irdische Gut, es gibt keinen besseren Patrioten als Wilhelm ll. Nach dem Vorbilde seines lwhen Ahnen der erste Diener des Staates zu sein, ist sein stetes Streben. Hm Sinne seiner erlauchten Vorfahren das ihm anvertraute Zepter zu führen, in ihrem Geiste weiter- zmvirken zirr Ehre Gottes und zur Wohlfahrt des Vater- landes, betrachtet unser geliebter Kaiser als seine vornehmste Lebensaufgabe. Möge es ihm vergönnt sein, sie zu erfüllen, wie er eS sich vorgesetzl hat! Möge er allezeit treue Diener finden, die seinem Wollen verständnisvoll entgegenkoinmen und das Vollbringen redlich fördern! lind vor allem möge seine glücklich wiedergewonnene Gesundheit beständig sein! Gott schütze den Kaiser! Der änsjerliche Autoritätsglaube Roms. Herr Superintendent Hartung hat am 21. Haimar im Dresdner Vereinshaussaale für den inneren Missions- verein einen Vortrag über das Thema „Glauben und Wissen" gehalten. Hierbei führt er nach dem Referat in Nr. 22 des „Dr. Anz." ans, daß Glauben und Wissen nicht im Widerspruch miteinander stehen. Man hätte an- nehmen sollen, daß Redner den philosophischen Begriff für Glauben und Wissen zur Grundlage nehmen werde; dem entsprach aber die Ausführung des Themas nicht. Tenn er sagte: Unter Glauben verstehe man freilich nicht den äußerlichen Autoritätsglauben Roms, sondern, wie Luther ihn definiert, die persönliche innere Gewißheit ans grnnd der Offenbarung Gottes in Ehristo. Tiefe Aenßernng dünkt uns also geformt, mn gegen die katholische Kirche eine Spitze hineinznlegen. Aber gerade dieser Unter schied des Wörtchens „Glauben" hat den Schreiber dieser Zeilen zur katholischen Kirche geführt. Nirgends ist eben die Offenbarung Gottes in Ehristo mit größerer Gewißheit zum Ausdruck gebracht, als in der katholischen Kirche, und wer sich in die lehren, in die von ihr dargestellte Form des Christentums oder, wie der Redner sich ansdrnckle, in den Autoritätsglauben Roms vertieft, dabei mit aller Kraft die anerzogenen protestantischen Vor urteile unberücksichtigt läßt und voranssetznngslos, mit ^ einzigen Annahme, daß das Evangelium Gottes Wort enthält, das katholisä e mil dem protestantischen Prinzip vergleicht, dem wird der römisch-katholische Glaube zur vollen persönlichen, inneren Gewißheit, welche eine Festigkeit und eine Ueberzeugnng annimmt, die durch nichts mehr in j der Welt vernichtet werden kann. Hier liegt die Erklärung des treuen Festhaltens hoch gestellter und hervorragender Männer an der katholischen Kirche trotz aller Verleumdungen und Anfeindungen, hierin die Kraft des Heroismus so vieler einzelner Bekenner des Katholizismus, hierin auch die Ursache der von vielen Pro- ! testamen so sehr gehaßten Macht Roms. Werden wohl ! die Gegner Einsehen, daß solche Ueberzeugnng nicht ans Aenßerlichkeiten, sondern ans innerer Gewißheit beruht? Und ist es etwa bei den gebildeten Protestanten anders? Tie einen halten sich an die Autorität Luthers oder eines ähnlichen Mannes, andere an diejenige der l Landeskirche, der größte Teil aber wohl an die Autorität I des eigenen Geistes; ja das letztere ist das Hdeal des § modernen Protestantismus, wie es echt pharisäisch in der Weihnachts-Nummer der „Wartburg' geschildert worden ist. Es kommt nun darauf an, welche Autorität die Ver heißung der göttlichen Leitung für sich hat. Konnte wohl Gott den Bestand und die Entwickelung des Christentums den lEehrineimmgen einzelner impulsiver Männer oder dein sich ans tausendfachen Irrwegen bewegenden Menschengeisle anvertrant haben? Gewiß, auch die Träger der Autorität RomS sind arme schwache Menschen, aber ihre Autorität ist fortlaufend gegründet auf die von Christus dem Herrn direkt verliehene und nach seiner Verheißung für alle Zeiten geleiteten Autorität der Apostel. DaS in das wahre Wesen des „äußerlichen Autoritätsglaubens Roms", welcher bei den gebildeten Katholiken „zur persönlichen inneren Gewiß heit ans grnnd der Offenbarung Gottes in Christo" geworden nt. Und die große Menge, deren Verhältnisse es gar nicht gestatten, sich zu einer eigenen freien Uebezengnng durch- zuringen? Ha,' sie folgt in überwiegender Mehrheit einer äußerlichen Autorität, bei den .Katholiken der religiösen, bei den Protestanten einer verschwommenen, unklaren oder religionslosen. Gewiß sind in neuerer Zeit von letzterer Strömling auch viele Katholiken, weniger in DeiNselstand. ! vielfach aber in andern 2änoern mit sorlgerissen worden. Aber es wird auch wieder besser werden. Ans jeden Fall hat das deutsche, katholische Volk im Knltnrkampse gezeigt, zu welchen Opfern es durch den „äußerlichen Autoritäts glauben Roms" begeistert werden kann und daß dieser Glaube mindestens dieselbe Achtung und Geltung verlangt und verdient, als wie der durch „innere Gewißheit" er langte Glaube der Protestanten. Z. X. Reichstag. o. Berlin. W. Sitzung MN 2-">. ^miliar INOl. Präsiden! Gras Bat lest rem eröffnet die Sitzung mn 1 lltzr 20 Minnlcn. Tie zweite Ecsnng des Etats wird Iienle begonnen mit dem Etat des R c i ci, s ! a g s: hierzu liegt eine nationalliberale Re solution ans die Einführung von t'tnwesenheitsgetdern an Reictis- lagsabgeordneie in der Höhe von 20 M. für den Tag vor. Tie Bnndesralsinclie sind anfangs nnbefetzN später erscheint Staats sekretär Gnu von Posadoivskh. Tr. Paafwe mal. lib.f begründet die nationaltiberalc Reso lution. Worum nimmt der Bnndesrat so wenig Rücksicht ans den Reichstag? Gröber (stcntr.i: Tieicr Antrag ist alt wie der Reichstag selbst: es ist ein großer Unierlassnngsfehler. daß der BnndeSrat nicht am Ende der Eegislalnrperiode die Tagegelder gegeben hat. Ter Grundsatz: .Zeder Arbeiter ist seines VohncS wert", sollte nicht nur für die Mitglieder des Bnndcsro.ts gelten, sonder» auch für die Reichslagsabgeordneten. sür die eine Flimnzresorm auch angczcigt sein würde. Biele Erwerbsstände des deutschen Bolkes können bei der Ttälenlosigkeit nicht an unseren Arbeite» teilnehmen. Tie Ab geordneten LÜddentichlands werden der Reichsarbeit entfremdet und können nicht immer hier sein: Wo sitzen die Hindernisse? Die preußische Regierung iß es allein! Sie treibt engherzige preußische parliknlarislische Politik! sSehr richtig'. Das st,entrinn stimmt ein mütig sür die Resolution. Pfau »such cSozd.i: Seine Partei stimmt einmütig sür die Resolution. Tie nur diätarisch Angestellten im Reichstage sollten besser bezahlt werde». Präsident Gras Ballestrem: Erziehe diese Anregung in Er wägung. G a m p «Reichst'.) ist gegen den Tiälenanirag: ein Teil seiner freunde sei dafür. Tie st-nhistailcii der Abgeordneten sollten das ganze s>ahr für ganz Tenischland gellen. Tr. Wolfs lReichsp.i fordert AnwesenheitSgelder. v. Norman» ckonf.) lehnt die Resolution ab. — Schräder «Freis. Berg.i nnlerslützt die Resolution. Müller-Meiningen «,Ireif- Bolisp.) befürwortet die Annahme: auch im Reichstage soll der Reichskanzler sich nach der Mehrheit richten, nicht allein im preußischen Abgeordnetenhause. Staatssekretär Graf Posadowsli: Wenn der Bnndesrat an den seitherigen Bestimmungen festhalte. so ist dies leine Unhöflich keil gegen den Reichstag und kein antokralisches Regiment. Tr. Spahn «ßenir.i: Zi der Tiälenirage sieht cs jetzt schlechter als im Borjahrc. Tie Sozialdemokratie leidet nicht unter der Tiälcnlvsigkeil. Ter Reichstag ist jetzt nie in der Nage. Schluß in der Teballe zu machen. «Sehr richtig!» Tie Toppclmandale sind ein Nachteil für den Reichstag. Preußen allein isi es. das; Widerspruch erhebt gegen Tiäicn. «Sehr richtig!« Tiefes schädigt dadurch den Reichsaedanken. G o l h e i ii <st-r. Bei.« wünscht einstimmige Annahme der Reso lution. Arendt (Reichsp.« eillärl ßch persönlich für Tinten. — Tie vatikanischen Finanzen sind unausgesetzt der Gegenstand von Berichten lind längeren Erörterungen der akatholischen, besonders mich der sogen. Parteilosen Presse. Wir geben zu diesem Thema folgende Darstellung wieder, welche von einem wohlunterrichteten hohen vatikanischen Würdenträger und der C.-A. S. ge geben wurde: Der Papst ist Nieder ..steinreich", noch besitzt er „heim liche Fonds", noch ist er „verschuldet", »och „nagt er am Hungertuch". DaS päpstliche bewegliche Vermögen besteht ans der Hinterlassenschaft Pins IX. an D'eo XIII. und 2eos XIII. cm Pins X., i«I«w den jährlichen freiwilligen Geldspenden der Gläubigen, dem sogen. Peterspfennig. Das eben erwähnte Kapital wird in Htalien, England, Frankreich. Bahern. Oesterreich cc. angelegt, ähnlich wie das Vermögen eines reichen Privatmannes, der nicht an der Börse spickt oder spekuliert, soidern alle soliden Chancen benutzt. Bei einer solchen Verwaltung kommen Glück und Unglück in der Anlage, das Schicksal von Depositen, Hntelligenz bezw. Hrrtümcr und Fehler von Verwaltern und Ratgebern selbstredend in Betracht. Daher vermehrte und verminderte sich das Vermögen des Papstes seit dein Tode Pins IX. beständig. Die jetzige Finanzlage ist so. daß die Zinsen des erwähnten Kapitals kaum ansreichen, die Hälfte der jährlichen laufenden Ausgaben des Papstes zu decken. Woher nimmt der Papst die andere Hälfte? Der katholische Erdkreis ergänzt das Einkommen des heiligen Vaters freiwillig. Es ist klar, daß auch die Höhe des jährlichen Peterspsennig sehr schwankt, überhaupt nicht im Voraus zu berechnen ist. Der Papst braucht aber alljähr- lich — außerordentliche Ausgaben abgerechnet — mindestens N Millionen Cstre. Und wofür? Wir wollen nur einige der stets wiederkehrenden Auslagen nennen: Tie Gehälter der Kardinäle an der Kurie (über :!<>>; die Unterstützungen an die Armen Roms <i. H. >!">:! zirka 1««>n'R>> Frcs.); die Bezahlung seines Hofstaaates, von welchem der größte Teil ihm jedoch nm Ehren halber, d. h. ohne Sold, dient; der Unterhalt seiner Garden; die Gehälter der Nuntien, Hüter- nnntien, Telegaten mit ihrem gesamten Personal; die'Bei träge für arme Bischöfe, sür Missionen und Kirchenbanlen; die Zuschüsse an die von seinen Vorgängern gegründeten Kollegien, Schulen und frommen Stiftungen; die Hnstand- haltnng seiner Paläste, von denen der Vatikan allein einen Flächeninhalt von <11,1 ohne die Gärten bedeckt; die Verwaltung der Bibliotheken. Museen und Galerien, deren großes Personal auch Gehalt beziehen will, und dergl. notwendige Tinge mehr. Man muß ferner bedenken, daß der italn nische Staat die Propaganda, die Kirchen. Spitäler und sonstige fromme Stiftungen in den letzten Fahren wiederholt empfindlich geschädigt bezw. ans- geraubt hat. Ans diesem Grunde und obendrein wegen der mangelhaften Unterrichtsverhältnisse im radikal-atheistischen Königreich Htalien muß heutzutage der Papst persönliche Opfer bringen, die vor 1-K70 nicht von ihm verlangt wurden. Seine außerordentlichen Ausgaben sind natürlich garnicht zu tarieren, wenigstens nicht im Voraus. Sicher ist, daß viele Katholiken, die Verständnis für diese Tinge haben, dem Papste größere oder kleinere Beiträge als >>«"!«> ,Ii 8rr„ I'mtrcG z» überreichen Pflegen, aber ebenso sicher ist. daß mindestens ebenso viele den Vatikan nicht verlassen, ohne gebeten und empfangen zu haben! Ein Papst muß Unterstützungen, Zuschüsse, Almosen »nd Belohnungen spenden: Das entspricht nicht nur der Würde seiner Stellung, sondern oft genug auch den Geboten der Pflicht! Ans all' diesen Angaben und Andeutungen wird jeder Unbefangene j selber folgern, was von den Berichten gewisser Blätter zu > halten ist, die bald von einem innigen Defizit, bald von . enormen Schätzen im Vatikan fabeln. ^ Aber, so fragt der Mißtrauische, wird das päpstliche Kapital auch gut verwaltet? Sie antworten: so gut wie jedes andere Vermögen, dessen Herr sich nickst ans Speku lationen emläßt. sondern eine solide Anlage nach modernen Fincinzmarimen betreibt. Eine Kommission von Kardinälen. welcher der jeweilige Staatssekretär viäsidiert. verwaltet das Vermögen des Papste-.-, wird aber von Hnristen und Sachoerüändigen Caien dabei beraten. Tiefe Kam- mission berät nnd entscheidet über Finanzoperationen, aber auch darüber, ob z. V. eine wünschenswerte Ausgabe in dem belr. Fahre gemacht werde» kann oder nicht. Eines der hervorragendsten Mitglieder dieser Kommission erwähnte mir gegenüber neulich verschiedene Fälle, in denen es hieß: „nein, dieses Mal noch nicht, denn etwas noch dringenderes kommt zuerst daran." Ter Kommission gehören z. Z. auch der ehemalige Staatssekretär Ramvolla und Kardinal Gotti an. letzterer gilt als derjenige Kardinal, der am meisten Einsicht in Fiiianzverivaltmigsfragen besitzt, und daraus sind vielleicht so manche Märlein über ihn in halb oder garnicht unterrichteten Vlätler» entstanden. Es ist mir übrigens bekannt, daß auch in vielen römischen Kreisen über die Finanzlage des Vatikans mit Vorliebe gefaselt wird. Hn dieser Richtung zeichnet sich besonders eine viel in der Gesellschaft verkehrende Persönlichkeit ans. die in einem halbosfiziellen Verhältnis zu einer Botschaft und einer Gesandtschaft steht — beides Missionen, die beim heiligen Stuhle beglaubigt sind."