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Sächsische Volkszeitung : 19.03.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192403190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240319
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-03
- Tag 1924-03-19
-
Monat
1924-03
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.03.1924
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Mittwoch, t»L>i 19. März 1924 vember einen Sonderboten nach Berlin gesandt in der Frage der Gewinnung einiger geeigneter Persönlichkeiten für das Direk torium. AIS Zeuge dafür soll der Rcichstagsabg. v. Graefe ge. laden werden. Ei» weiteres Zeugcuaugebot bezieht sich darauf, daß bei dem Zuge in der Stadt auf Verlange» Ludendorffs ent, lade» wurde. Die Zulassung der Frage nach der Urheberschaft der weih- blauen Broschüre wird vom Gericht als unerheblich abge» lehnt. In der N a ch in i t t a g s s i tz u n g wird Oberlandesgerichts, rat P a r st-N ü r nb e rg vernommen. Nus die Frage, ob ihm bekannt sei, tos; Ehrhardt un Austrage des Generalstaatskommis sars Kahr nach Nürnberg gelommen sei und dort in dessen Auf trag selber zum Marsch nach Berlin gesammelt habe, erklärt der Zeuge, er habe Ehrhardt me gesehen und nie gesprochen. In einer Sitzung des Vereins Alter Burschenschafter habe der Schrift führer Uihlein geankert, Ehrhardt wäre vor einigen Tagen in Nürnberg gewesen und Hütte in einer geschlossenen Versamm lung vor Vertretern der Nürnberger Kaufmannschaft gesagt, er käme im Aufträge Kölns, der sich entschlossen habe, loszuschlagen. Von einem Marsch nach Berlin im wörtlichen Sinne sei nicht ge sprochen worden. Es sei in der Sihunq auch nnkgcteilt worden, das; zu diesem Zweck die Nürnberger Industrie um Geldmittel angegangen worden sei. Es sei ein Betrag oon 30 000 Dol» lar genannt norden. Als nächster Zeuge wird Kapitänleutnant Kautter ver nommen. Ter Zeuge erklärt: Ter Streit zwischen Berlin und München habe seit der Berufung Kahrs zum Generalstaatskom- missar den juristischen Charakter verloren und einen politischen angenommen. Zn den Vorgängen in den Tagen des 8. und 9. No vember erklärte der Zeuge u. a., das; er, um sich zu orientieren, daS GcneralslaatSkommissariat angcrufen habe. Dort sei ihm von Varon Frehberg bestätigt worden, das; es sich um einen Staats streich handele. Tann sei Herr v. Kahr erschienen, der einen sehr erregten Eindruck machte und nur kurz sagte, das; ihm die Vor- aänge !m Bürgerbräukeller keine» anderen Weg gelassen hätten. Ich gewann den Eindruck, das« Kahr der ganzen Sache passiv, wenn nicht gar ablehnend gegenüberstand. Ich schlug Herrn von Kahr vor, eine P r o k l a m a t i o n zu erlassen etwa des Inhalts: Putsch niedergeschlagen. Ich habe als Statthalter der Monarchie die ganze Macht des Staates in meiner Hand. Babern hält nach wie vor am Reiche fest. Später bat ich Herrn von Kahr'in der Jn- santeriekaserne um eine Unterredung, die er mir auch gewährte. Ich sagte ihm, er solle doch versuchen, eine Brücke zu Hitler-Lu dendorff zu schlagen, um einen Kampf zu verhindern. Hierauf wird Freibankmeistcr Graf, der Begleiter Hitlers, vernommen, zunächst unvereidigt. Zeuge erklärt, Lossow und Seisser hätten bei den Besprechungen im Vürgerbräukcller ge. äußert, sie müßten sich die Sache erst überlegen; er, Zeuge, habe den Eindruck gehabt, daß beide Herren einverstanden waren. Lndendorff scheine bei dem Vorgang irgend etwas nicht recht gewesen zu sein. Auf Zureden Hitlers habe dann schließlich Kahr seine ablehnende Haltung geändert und gesagt: „Sie habe» mich nun überzeugt, und ich bin bereit, den Posten als Statthalter z» übernehmen." Darauf habe es ein Treugelöbnis gegeben, Lnden dorff und Lossow hätten sich fest die Hände geschüttelt. Die Vcr. nchmiing des Zeugen Ilzhöfer ergab nichts Wesentliches Nach Auffassung des Gerichtshofes erscheint nun ein wei terer ZrugenbeweiS zur Klärung des Sachverhalts nicht mehr nötig. Auch die Angelegenheit Lossow wird vom Oie richt für erledigt erachtet. Tie Verteidigung erklärt sich im allgemeinen mit dem Gerichtsbeschluß einoerstanden, der Erste Staatsanwalt besteht jedoch noch aus der Vernehmung des Hanpt- mannS H u n gli n g e r. Das Gericht wird über diesen Antrag noch Beschluß fassen, Tie nächste Sitzung findet am Dienstag vormittag statt Vas Urteil im Uarchimer Mardxraiek sWcgen eines technischen Zwischenfalles in der gestrigen Nummer nicht mitgetcilt.) Leipzig, 18. März. Am Sonnaveiib abend wurde vom Stantsgerichtshof Im Parchimer Moriwrozest das Nrtell gefällt. ES winden verurteilt wegen schwerer Körperverletzung und «ollen, beten Totschlags die Angeklagten H ö fi zu IN Jahren Zucht haus, Wicmeper zu 12 Jahren « Monaten Zuchthaus, Zabel z,i N Jahren K Monaten Zuchthaus, Pfeifer zu li Jahren N Monaten Zuchthaus, Zenz zu 6 Jahren N Monate,, ZuchlhauS „nb I » risch unter Znbilllgnnq mildernder Umstände zn 6 Jahre» N Monaten Gefängnis. Sechs Monate der Untcr- snchnngShnft werden den Angeklagten ans die Strafe angerechne». Außerdem wurden wegen Beihilfe und Begünstigung verurteilt, die Angeklagten Pcrmann z„ 1 Jahr Gefängnis, Fricke z„ IN Monaten Gefängnis, sowie Hoffman«, Thomsen, Mackensen. Wnlbrede und Richter zn se N Monate» Gefananls. Tie Kosten des Verfahrens fallen den Angeklagte,, zur Last. Berliner Devisenkurse vom 18. MSrz (amtlich) mitaeteilt von der Commerz» und Privatbank, A.-G.. D««den Die NnNerittige» erfolgen vom 4. Mär, ab für ie Ina Einheiten der an«, ländische,, Währung, ausgenommen England und Amerika, die mit I Pfund bezw. , Dollar notiert werden, lowie Oesterreich mit lvooaa «krönen imd Polen mit IN MiMone». lAotlernnae» In VMlonen --- Moldmark., Teteamvbttche klnS- ,nhl»»a mtt ft- IS Meid 3. Briet ft- >7. Geld S. Brief Amsterdam . 2 >8871 >«««« 3 I88SI 186 89 Brüssel . . 2 1738 >7.3« 2 18 88 >89« Cknttlianla . 2 86 »8 871« 88 86 872« . oppnkmf'kn . 2 65 04 S8.3S 2 85 V« 68 36 Etorkbolm . 2 >1073 III2S 3 Iw 73 III 2g .0»etti»q,orr . 2 >087 >os. 2 W87 10 63 Nom . . . 2 ISV8 ISI8 2 >808 IS 18 London . . 2 >8008 isoss 2 ISV08 1SV98 Nendork , . I «iS 431 , «IS «71 Pari- . . . 2 31 VS 71.18 r 30 28 ross Mrich. . . 2 73S? 73 SS 3 72.82 73.0« Madrid . . 2 83.37 83 83 3 8« 06 8« 34 Wien . . . s so» 813 3 5VS 6.13 Pro» . . . 2 >3.2, >32S 3 >2.71 >3.79 Rndavest. , 88 SSS 703 6.38 633 Totta . . . 3.1 »8 3.118 3.IIS 3.196 Buenos Aires 3 >.«oo >.«>» 3 I.8S5 I«08 Rio de llaneiro «380 80 80 «9.80 80.80 Knitawih. . 4,58 471 46« 478 Warschau. . Japan. . , 3 >.778 1.7SS 3 1.778 1.788 Äarani . , 8M S«3 8.Z» 8.43 Lissabon , . >0 I3.S« I3.V« 5 13 96 12 t« Riqa . . . S«.8«S 06 388 «7 868 «4.838 Nepal. . . I I«S I.,78 Kowno . . «3 8« ««.«« «3.86 «««« Bukarest . . . 3.3SS 3,«>8 3IS 7.7g Berliner Börse Nktlenlnrle In Billionen Berliner Unsangsrurs« IS S. 17. S. pvroz. ReichSanIethe SV — Kch-intnna-Bakni . . >0 II fionada-Poctlic. . . W7S — kiambnrg. Palettahrt «8 » Mord!», tllovd .... 7 kJ Bereu,.ikihelchlitahrt 478 — Com.- „. Privatdanl 8.6-8 8.78 Darmllädter Bank . >> >>-b denllche Bant. ... >>.I 17 dtSlontoNommand» >98 ISIS dresdner Bank . . . SST« 7 tzeivztger Kredits»». 7.8 7S vesterr. Kredit ... 0,8 0I3S kiochumer «nhstabl. 6« S7 denlch-Luxemburger «6 78 80,78 Hettenkirchen Bergw. 83.78 6S darvener Bergwerk. 67 7t Loheniobe ««6 SS.» jvanrahlltle >6 6 >6 zvimmeemmm-Rödr. 36.38 LS pkkchl. Cilenbahnbdi. 73.8 73.6 „ Cttenindnitrie >6.8 77.8 PHSnir........ Mombacher Cbem lche He,, den. . Dhnamit Nobel . . . PH. Moldlchmidl. . . Lbchlter flkarbwerte. Oberlchi. KokSwerle. Alla-Clelkr.-cheielllch. Bergmann Clektr.. . PSg» Sleltr. Sachlenwer, SlSrlttzer Waggon. . Link»- stoffmann. . . NgSb.-Alirnb. Molch Berlln.Anbatt.Malch. Berliner Maschine». Daimler-Molaren . startmann Match.. . Oreitttein ». Kavvel. llimmermaiinwerle . «ing-Äerke stackethal .stirlch-KnPler. . . . Snao Schneider. . . Norddentlche Wolle. Slbbr Kammgarn. . Zelllioff.Waidhosf . . Olavi IS. 3. 3» 8 riTs SS 8 >«« 14, 838 >0.378 >7.38 3 7.8 S> 28.8 3> >3 >828 « ssr; >8 78 IMS 4178 3 36 7 «7.8 73.78 17 37.78 17.3. Z«S75 32378 S.> «838 I«,8 88 II.I7S IS 3.« 3 813 378 338 >1.8 18.28 4.28 7 >7,128 I » 438 3., 87 7« 33,,' ,Mitaeteilt von, tschechoslowakische» Bankverein. Jlliale Dresden. Nr. 67. Seite 2j Für das Neichsgesetz für Jukendwohlfahrt Drrsdr«, 18. Mcft-z. Die Arbeit des KaritaSoerda»- des der Diözese Meißen steht heute stark im Zeichen da:» I Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes. Beweis dafür sind I die zahlreichen Vorträge und Kurse, die in diesen Tagen der Ka- I ritasverband in Dresden und in zahlreichen andrren Städte» des Landes veranstaltet, unter tatkräftiger Leitung des Herrn Ge neralsekretärs Tr. Beeking von der Zentrale des Verbandes in Freiburg, Nachdem bereits vom Freitag bis znm Sonntag in Dresden ein kleinerer Kreis in einem eingehenden Kursus ge. schult wurden war, fand am Montagabend im Ballhanssaal, veranstaltet vom Karitasverband für Dresden und Umgebung, eine machtvolle Kundgebung für das ReichSjugendwohlfahrtSgesetz statt. Der Besuch war außerordentlich stark und der Vorsitzende, Herr Direktor v. Wolski, konnte in seinen BegrüßiingSworten der Freude Ausdruck geben, daß daS Interesse für He Zukunft unserer Jugend, besonders auch in den katholisckfen Gemeinden DresdcuS, so überaus stark sei. Der hochwürdigste Herr Bischof Tr. Schreiber zeichnete die Versammlung durch seine An wesenheit aus. Außerdem konnte der Vorsitzende zahlreiche Ver treter der Behörden begrüßen, u. a. auch von der freien Wohl fahrtspflege, Herrn Tr. Vogel von der Inneren Mission, Frl. .Kapitänin Brandt von der Heilsarmee »und Frl. Lotte S ch u- r t g von der sozialen Franenschulc. Dem Charakter de? Abend?, dem Geiste der christlichen KaritaS vortrefflich angepaßte Lieder der Iobannstädtcr „Eäcilia" gaben dem Glanzen einen künstleri. scheu Nahmen, und ein Liebe weckender lvorspruch „Karitas", vor- getrogcn von unserem Vortragsmeistcr Ludwig Flehn er, lei» tete über zu der Hauptrede des- Herrn Generalsekretär Dr. Bceking, Frciburg i. Br. Redner überbrachte zunächst die Grütze der Freiburger Zen- träte und wies hin a>u,f die ungeahnte Nnfwärtsentwicke- l u n g der katholischen K a r i t a s b e w e g u n g in Deutschland, die sich ans 85 KaritaSvcrbäiidcn vor dem Kriege bis ans 3000 bis «000 heute entwickelt hat, so das; wir heute mit 30 Kräfte» an der Zentrale noch nicht die Arbeit leisten können, die wir leisten möchten und müssen. ES war mir eine Freude zu sehen, das; hier in Sachsen die Karitasbewcgung nicht nur gleichen Schritt hält mit der im Reiche, sondern mit an der Spitze der ganzen KaritaS- bewcgnng im Reiche steht. Redner zeichnete dann ein Bild oon der großen materiellen Not insbesondere unserer Jugend, die fast die Hälfte des ganzen deutschen Volkes ausmache, die Jugend bis zum 21. Jahre gerechnet. An nüchternen erschrecklichen Zahlen zeigte er die Notwendigkeit, a»S allen Kräften gerade heute der Jugend zu dienen. Gibt eS doch mehr als eine Stadt, in der nicht mir 60. nicht nur 70, in der wohl 80 bis 90 Prozent der In- gend nicht als vollwertig ernährt gilt, ist es dock, die Regel, daß in Städten drciviertcl der gesamten Jugend schwindsuchtskrank oder stark gefährdet ist. Dazu kommt die große wirtschaftliche Not. Nach einem Berichte aus Düsseldorf sind dort noch) heute von den Schulentlassenen aus dem vorigen Jahre 80 Prozent nicht in Lehrstellen untergebracht. Wieviele unserer studierenden Jungen müssen vorzeitig ihr Studiium abbrechen. Wenn soviel« nicht etwas Ganzes lernen, dann bedeutet das eine Gefährdung des deutschen Wirtschaftslebens und der deutschen Zukunft. Noch wichtiger ist die Bedeutung der Jugend für die kul turelle Zukunft unseres Volkes. Hier bietet die Gegenwart wenigstens einen Hoffnungsstern, die deutsche Jugendbewe. gung, die aus dem Chaos heraus daS Feste sucht, die sich durch- ringt von der Oberflächlichkeit, von dem Versagen, wo es sich um die Gemeinschaft handelt, in der daS tiefste Streben lebt, ganze Menschen werden zu wollen »nd sich organisch einzubaucn in die Gemeinschaft. So hat die Jugend schon der Gegenwart etwa? zu geben Nur die Jugend, die, ans klare Ziele hingeführt, zu Nüch. ternhcit und Arbeit erzogen ist, wird für die Zukunft des deut schen Volkes etwas bedeuten. Und wenn man heute unser Volk noch ein unpolitisches Volk nennt, dann hat daS darin seinen Grund, das; so wenige durch diese ganz klare Führung hindurch- gegangcn sind, daß nur so wenige diese LebenSeroberung, diese Tieferbildiing selber diirchmnchcn konnten, um dann später nicht auf jedes Schlagwort hcreinzufallen. So schauen wir die Be deutung der Jugend für »imsereS deutschen Vaterlandes große Zu kunft. Woraus eS in letzter Linie ankommt, daS sind ja doch die inneren Werte, die ethischen Qualitäten, daS sittlich- religiöse Sein unserer Heranwachsenden Jugend. Auch auf diesem Gebiete wird unsere Jugend Träger der Zukunft sein. Auch hier abeWlreten uns traurige Zahlen entgegen. 80 000 Jugendliche standen schon vor dem Kriege jährlich vor dem Strafrichter, eine Zahl, die während de? Krieges ans 170 000 jugendliche RechiS- verbrecher gestiegen ist; 80 000 Fürsorgezöglinge, 260 000 unter öffentlicher Armenpflege stehende Jugendliche, etwa 1000 000 un eheliche Kinder, über deren Jugend sich nicht das schützende Dach eines- Elternhauses wölbt, 760 000 Jugendliche, die von LandcS- versichcrungcn Renten beziehen, über 1000 000 Halbwaisen, und 60—100 000 Vollwaisen, daS sind Zahlen, die zeigen, wie stark unsere Jugend gefährdet ist, und daß die Volksgemeinschaft mehr als je die Pflicht bat, der Jugend zu dienen, die Trägerin ihrer Znkunft werden soll. Muß ein Volk dieser Jugend durchaus schon aus Sclbst- erhaliungsinicrcsse dienen, dann erst recht, wenn eS den Anspruch erhebt, ein Kulturvolk, ein Volksstaat zu sein. In die ser Hinsicht dürfen wir aus unser demtsch«? Vaterland stolz sein. Kaum waren die Wogen der Revolution verebbt, da regte sich die Arbeit, ein Gesetz zu schaffen, daS die Möglichkeiten bieten sollte, um der Jugend die größte Hilfe angedeihen zu lassen. Dieses Gesetz, das das weiteste Interesse der führenden Schichten der freien Wohlfahrtspflege fand, wurde am 14. Juni 1922 vom Reichstag fast einstimmig beschlossen und am 9. Juli 1922 ver kündet. Da ist cs uns eine Pflicht und Aufgabe, daß wir als Vertreter des Hclferwillcns des katholischen VolkLteilS der deut schen Nation sagen, daß es hier auch die Kirche als ihre Auf. gäbe ansehcn mußte, an der Gestaltung eines solchen Gesetzes ernsteste Mitarbeit zu leisten, nicht nuS Partei, oder Macht-In teresse, sondern aus dem tiefsten Interesse um das Wohl der deutschen Jugend. Auf diesem Boden finden wir uns mit dem ganzen freien Helferwillen zusammen, wie er vor allem auch in der imkeren Mission dcö protestantischen VolkStcileS seine Ver tretung findet. In fester Zusammenarbeit hat man dahin ge. strebt, in da? Gesetz das Veste knneinz»ba»uen, damit unserer Jn- gend eine ganze Hilfe wird. Wir hatten die Genugtuung, daß unsere Forderungen, die wir in einer Denkschrift als Ver treter der katholischen Jugendfürsorge ausgearbcitet haben, fast restlos in ihren Resultaten in daS Gesetz hincingearbeitet wurden; und eS zeigt sich, daß auf der Plattform dieses Gesetzes sich disj verschiedensten Weltanschauungen finden können. Inzwischen ist die Not weiter gestiegen, das Reich mußte durch die 3. Steuer- Notverordnung die Wohlfahrtspflege auf die Länder Übertrages und ihnen gewisse Freiheiten in der Durchführung des Gesetzes einräumen. Da haben sich in den letzten Tagen in Würzburg die Führer der einzelnen Staatsbehörden zusammengefunden, »>»w sich über einheitliche Richtlinien der Durchführung des Gesetzes klar zu werden, und man hat so erreicht, daß die >v e s e n t l i ch e n Sicherungen trotz der Erleichterung erhalten blieben. Grundlegend wurde in das Gesetz hincingearbeitet, daß auch der freie Helferwille des Volkes nicht gehemmt werden solle. Wir haben erreicht, daß die sreie Liebestätigkeit als gleich», berechtigter Dritter in die Reihe von Familie, freier Liebeslätig- keit »und Staat tritt. Wir wollen und dürfen uns auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege »irgendwie, nirgendwo und »irgendwann einen Kampf leisten, denn wir haben ini deutschen Volke wahrlich Gegensätze genug und brauchen Brücke», auf denen wir uns sin, den. Und eine der Hauptbcücken ist sicherlich das erbarmende Hel»; se». die Wohlfahrtspflege. Nur ist Klarheit notwendig. Der Weg wild wohl der sein, wenn leine neuen Jugendämter ge schaffen werden, daß die kommenden Bczirksfürsorgcverbände die Anisgabcn der Jugendämter übertragen bekommen. Gleichwohl müssen diese Jugendamtsbehörden in das Volk hineingcbaut ble!» den, dadurch, das; sie eine kollegiale Leitung haben, daß ein Aus- schuß an ihrer Spitze steht, mit beschließender Stimme. Behörd liche und freie Wohlfahrtspflege müssen hier Hand in Hand ar beiten. So hat Frau Ministerialrat Bäumer offiziell der Auf fassung Ausdruck gegeben, daß die im 8 9 vorgesehene Beteiligung der freien Wohlfahrtspflege zn zwei Fünftel auch dann maß gebend sein soll, wenn andere Behörden die Aufgaben der Jugend ämter übernehmen. Wir brauchen eine Form, die uns die ^.Mög lichkeit bietet,' als Gleichberechtigte mit der öffentlichen Wohlfahrts pflege zusammcnzuarbeiten. Wir glauben gern, das; heute in dieser ernsten Frage die Behörden daS kleine Opfer a»»f sich neh^ men werden, weil wir darin die Möglichkeit sehen, aus einer klaren Basis zur Zusammenarbeit zu kommen. Weiter regelt das Gesetz neu das Pflegekindcrwesen, daS Vormundschaftswesen, besonders durch die sogen, gesetzliche Amts» Vormundschaft, wobei der Einzclvormundschast freier Spielrauift bleibt, wo es die Erziehung des Kindes besser erscheinen läßt; Auch Frauen und Lc-Hrer können in Znkunft die Vormundschaft ausüben. Mir hoffen, das; wir die Aufklärung über diese Fragen weit genug ins Land tragen können und daß uns die Helfer nicht fehlen werden. Neugeregclt wird ferner das Fürsorgewesen mi die Schutzaufsicht. Wir brauchen hinter uns den Willen der ganzen ka tholischen Volksgemeinschaft. Wir brauchen viel» mehr katholische Familien zur Aufnahme eines katholischen Pflege« kindes. Es muß die seligste Freude sein, Menschen das Schönstci gegeben zu haben. Wir brauchen den Mut zur llebernahme de« Vormundschaft. Die Erziehuiigsleitung wollen wir ans unsere Schultern nehmen. Und wenn man nächstens für die Vormund schaft werben wird, seien Sie mutig genug und glauben Sie end lich auch nicht, daß ein jedes Fürsorgekind ein Uebeltäter seif Wer wollte so selbstgerecht sein, ein solches Kind hart abzuweisen? Wir müssen in der christlichen Wohlfahrtspflege, in der Ka ritas ein unentwegtes Hclfenwollen« des deutschen Volkes sehen. WaS gerade die freie Wohlfahrtspflege und die Karitas geben kann, daS ist die Urmacht des Lebens, die rettende Liebe, nicht Sentimentalität, sondern Liebe, die den Menschen auf wärtsführt. Stürmischer Beifall lohnte die warmen aus priesterlichen Her zens gesprochenen Worte und Herr v. WolSki, der den Dan^ der Versammlung in Worte faßte, gab der Zuversicht Ausdruck, daß das kathoftschv Volk Dresdens zur Stelle sein wird, wenn in Zukunft der Nus der Karitas sür unsere Jugend ins Land geht. Im Anschluß daran nahm der Hochw. Herr Bischof Dr. Christian Schreiber daS Wort und gab seiner Freude Ausdruck über die allseitig Teilnahme, um in bischöflichen Mahnworten die praktischen For derungen Herau-Zzugreifen, die das ReichSjugendwohlfahrtSgesetz unserem katholischen Volksteil stellt. Es muß bei allen Beteiligten der Grundsatz der unbedingten Freiheit restlos zur Gel tung komme», Freiheit für alle diejenigen, die durch das Gesetz irgendwie berufen sind, an der Jugendwohlfahrt mitzuarbeiten, Freiheit für die Behörden, ebenso, wie sür die freie Lieibestätig- keit in einer Toleranz, von der wir hoffen, das; wir sie im 20. Jahrhundert doch endlich errungen haben. Wir können nicht ge nug aufbauende Kräfte frei machen, weil es sich um die wichtigste ZiftunftLaufgabe unseres Volkes handelt. So müssen wir alle, Regierung, Vertreter der Stadt, der Inneren Mission, der Heils armee, uns cinstcllen im Geiste weitherziger Freiheit, kluger und aufrichtiger Toleranz. Die Jugend ist das Vermächtnis unseres Herrn »und .Heilands an uns. darum setzen wir für sie alles ein. In diesem Zusammenhänge möchte ich vor allem auch die Herren Lehrer bitten, daß sie zur Ausführung dieses Gesetzes in jeder Weise Mitarbeiten. Wir werden uns auch als 60-Millioncn-Volk nur halten, wenn wir eine gute und tüchtige Jugend baben. Ich bin optimistisch, weil ich schon so gute und günstige Ansätze sehe in der Jugendbewegung. So scbe ick, snM all--,,, am deutsche» Horizont ein Morgenrot lieblich und hell leuchtend, das Morgenrot unserer Jugend, und ich sehe den Tag, wo aus dieser Morgen röte die Sonne geboren wird, die ihren Lauf nimmt am Himmel erleuchtend, verklärend, belebend, die Sonne einer sittlich starken, klaren Jugend. Mit stürmischem Beifall wurden mich diese bischöflichen Worte ausgenommen. Herr b. Wolski schloß niit warmen Dan- keSwortcn. Nicht zuletzt haben zum Gelingen des Abends die Lie der der „Cäcstia" unter der verdienten Leit»«» Herrn Kantor Schröters bcigetragen, die ganz auf das Motto der KaritaS abgestimmt waren. Der Chor sang u. a. ein eigens von Kapell meister Pembaur komponiertes Lied: „Die Wobltätigkeit". Dia Worte des Prologs mögen hincniSklingen in? ganze Land: „Komm' Geist der KaritaS in »unsre Herzen, entzünd' in uns der Liebe Opferkerzen — Auf daß es endlich wieder Frieden werde, auf der von Völkcrhas; erstarrten Erde!" Die Reise des Kanzlers Berlin, 17. März. Der Reichskanzler Marx wird seine an- gekündigte Reise nach Wien am Freitag nachmittag in Begleitung des ReichSanhenministers und de? Staatssekretär? tu der Reick,s- kanzlei antrctcn. Zweck der Reise ist in erster Linie ein Höflich keitsbesuch, daneben sollen aber auch ole Handelsbeziehungen zwi schen dem Reich und Dentschösterreich besprochen werden. Der Brief CirolidKes Neiilwrk, 18. März. lDnrch Funkspruch.) Nach Meldungen and Washington lautet der Brief, den Präsident Coolidge durch Ver mittlung der deutschen Botschaft an Anton Lang sandte, wie folgt: Es ist in einem Teil der Presse berichtet worden, das; es zu einem Mißverständnis bei Ihren, Besuche am Sonnabend gekommen sei. Es war mir ein großes Vergnügen, wie ich bereits gesagt habe, das; Sie una Ihre Begleiter zu mir ins Weiße Hans ge kommen sind. Es war mir eine Freude, mit Ihnen allen einen Händcoriick wechseln und Ihnen Erfolg zn Ihrem guten Merle wünschen zw können. Ich halte mir den großen Einfluß zum Guten gegenwärtig, den Sie in aller Welt geübt haben. ES ist aber für den Präsidenten nicht angängig, öffentliche Adressen von Angehörigen einer anderen Nation anzunehme», wenn sie ihm nicht durch die üblichen divlomatischen Kanäle zugehen. "Ins diesem Grunde allein war es mir. nachdem, ich mit Ihnen und Ihre» Begleitern einen Händedruck gewechselt und die Worte des Herrn, der Sie einsührte. gehört und Sie bewillkommnet, hatte, nicht möglich, wettere Adressen anzunehme». Rechlsrellierttnll in Schwerin, 18. MS«. Der neue Landtag ist gestern nach mittag zusammengetreten. Zum Präsidenten wurde der dentsich- nationale Forstmeister Jven gewählt. Das Kabinett Stel- l,ng ist znrückgetreten, die neue Regierung ist noch nicht gebildet. Es heißt, aast sic nur.aus drei Minister» bestehen wird und zwar werocn satgeade Namen genannt: Inneres und Justiz:, von Brandeustcin, Dentschnaftoiial. früherer Gesandter. Vorsitzender des mecklenburgische» Lauabundes. Landwirtschaft und Finanzen: Amtsgerichtsrat a. D. Dietrich van Serben, Deutschnational, Mitglied des Landbnvdes. Kultus und Untcrrlchtk Pastor Stamm. Rostock, Deutsche Poftsnartei. Die endgültige Negierunasbildung erfolgt heute nachmittag. Die Tculschvölkstchen haben sich bereit erklärt, die Negierung z» unterftübe» und am» den Haushalt zn bewilligen. Noch eine neue Linkspartei Berlin, 18, März. (Drahtbericht.) Unter der Bezeichn»»» „Sozialer Bund" hat der auS der USP a»Sgeschiede«s RcichstagSabgcordnete Ledebour eine neue Partei gegründet.
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