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Sächsische Volkszeitung : 30.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192311302
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231130
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-30
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 30.11.1923
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Freitag, den 80. November 1923. Ar. »3S, »ett« » E,le M des ZllllruinMrtts Marr Die Z en tr um S j » g e n d von Groß-Berlin strömte am Bußtag in Scharen zum ehemaligen Herrenhause in Berlin, nm, wie der Vorsitzende des einladenden Windtborit- lnmdes cs anSsprach, vor der Oeffentlichkeit zu bekunde», das; sie gewillt ist, in dieser schweren Notzeit sür da« Vaterland alle« daranz,isetzc». um auch in Berlin die alten bewährten Ideale der Zentrumspartei im öfscntlichen Leben zur Geltung zu bringen. Der gros;e Saal und auch die Tribünen waren vollbesetzt, a>s g';eu halb 6 Uhr der Vorsitzende der Zcnlrumssraktiou de« Reichstags Senatspräsident Marx das Wort ergriff. Ec beglückwünschte den Windthorstbund zu seinem mutigen Eülschliiß gerade in dieser Zeit, no so mancher die Hoffnung auf Rettung schon ausgcgeben hat, der Oeffentlichkeit mit Nachdruck vorzuslelle», daß ei» tatkräftiges Eintreten für das Zentrums. Programm daS deutsche Volk noch einer besseren Zukunst zusührcn kan». Gerade in der heutigen Zeit der grössten Ohnmacht des Vaterlandes müsse die ZcntrumSpartci mit allem Nachdruck er. klaren: nur die a u f ewigen Fundamenten ruhenden Grundsätze unserer Partei verbürgen den Wiederaufbau des Vaterlandes. Es ist eine graucubaste Arbeit, die wir in diesen Tagen im .Parlament zu leisten haben und eö gehört ein sta ler Idealismus dazu, um sie sortzusctzen. Wenn mau sieht, wie das Volk von , P a r t e i l e i d e n scha f t e » zerrissen ist und wie wenig Sinn es zeigt sür die Gefahr der Stunde und für das was not tut, dann gehört ein gewaltiger Idealismus dazu, sich noch weiter dem öffentlichen Leben zu widmen. Wie sind solche Szenen, wie sie am Dienstag der Abg. Nemmele im Reichs tag« heransbcschwor, in einer Zeit möglich, wo jede Minute für da-? Leben unseres Volkes so hochwichtig ist. In einer Zeit, wo außerordentlich wichtige internationale Abmachungen ganz kurz vor dem Abschluß stehen und ihre Erledigung dringlichst geboten ist, wo jede Verzögerung von unheilvollsten Folaen für das deutsche Volk begleitet sein kann, da verhindert ein Mann, der sich Volksvertreter, nennt, den Reichskanzler im Reichstag zu sprechen und macht diesen zum Tummelplatz wildester Leidenschaften. Wir voni Zentrum sind auch in den letzten Jahren viel an- gcgrisse» worden, auch von solchen, die sich früher unsere Freunde nannten. Trotzdem sind wir ehrlich überzeugt, daß wir auch heute noch treu und fest die Grundsätze der Män ner ausführen, die vor 60 Jahren die Partei ge gründet haben. Wer das bestreitet, kennt nicht unsere Grundsätze und die Geschichte der letzten Zeit. Als vor einiger Zeit ein süddeutscher Kirche »für st, die Revolution das schwerste Verbrechen am deutschen Volke nannte, da sagte mir «in nicht auf dem Beben des Zentrums stehender Akademiker: «Diese Rede war sür Sie wohl sehr unangenehm?" Ich er widerte ihm: ,,Keineswegs! Schon Gröber hat zu Beginn der Natioiialversammlnng in Weimar erklärt, „die Revolution war ein Verbrechen!" und Trimborn hat auf dem ersten nachrevolntionären Parteitag dies wiederholt. Wen» aber in dem Buche eines bayerischen Pfarrers zu , lesen ist: Die ganze Verfassung ist ein Staatsverbrechen; denn sie ist durch die Revolution, also durch ein verbrechen, hervor- gerufen, dann muß ich erklären, daß diese Auffassung sowohl vom juristischen wie vom moralischen und theologischen Stand punkte falsch ist. Das deutsche Volk hat in frerester Wahl die Nationalversammlung gebildet, und diese hat in durchaus legaler Weise die Verfassung beschlossen. Mit ihrem Jn- trasttretcn ist an die Stelle des rechtswidrigen Zustandes ein n euer Re chtözusta nd getreten, und wir besitzen wieder eine rechtmäßige Obrigkeit, der wir auch vom Standpunkte der Christenpflicht Gehorsam schulden. Im übrigen ist der Kapp- Putsch und die bayerische Revolution genau vebenso «in verbrechen, wie die erste Revolution. Ich bedauere dußer- rrdentlich, bei uuscrem Verhältnis zu Bayern das konstatieren zu müssen. Alle Versuche, die dort gemacht werden, um die Reichsoerfassuiig gewaltsam umzustür.zen, sind Verbrechen gegen die Verfassung und unchristliche Rechtswidrigkeiten. Der Redner erklärte es im Anschluß an diese Ausführungen sür überaus notwendig, daß man sich in den ZentrumSbereineil mehr in die Bestimmung der Verfassung vertiefe und der falschen Behauptung entgegentrete, daß diese eine Jndciiver- sassung sei und vom christlichen Standpunkte nicht als ein Fort schritt anerkannt werden könne. Wer derartiges behauptete, habe die Verfassung entweder nicht gelesen, oder er spreche gegen sein besseres Wissen, sei also ein Dummkops oder ein Verleumder. Eingehend wies Senatspräsident Marx an de» wichtigsten Bestimmungen der Verfassung die Nichtigkeit seiner Auffassung nach. Nur einige Sätze seien hier wiedcrgegeben. Man sagt: In der Verfassung kommt das Wort „Gott" überhaupt nicht vor. Das ist richtig. Dasselbe gilt aber auch von der Verfassung des alten Reiches und von der preußischen Verfassung, die andererseits vieles enthält, was den katholische» Volksteil in seiner Freiheit beschränkte. Man darf nicht übersehen, daß die Verfassung nicht dazu da ist, dem Gottesdienst zu dienen, sondern dem öffentlichen Leben, und daß es nicht darauf anlommt, daß daS Wort Gott darin steht, sondern welcher Gei st sie durch» strö m t. In dieser Hinsicht ist festziistellen, daß eS in Weimar trotz aller Hindernisse gelungen ist, eine Verfassung durchzusetzen, die von echt christlichem Geist durchdrungen ist und außerordent lich viel Rechte und Freiheiten gerade sür die christliche Kirche in sich tragt. Artikel 110 stellt die Ehe als Grund lage für die Familie unter besonderen Schutz der Ver- fassung — ein durchaus christlicher Standpunkt. 8 120 erklärt die Erziehung des Nachwuchses «IS natürliches Recht der Eltern. — Man vergleiche damit den Standpunkt Bebels in seinem Buch von der Frau und die Grundsätze der Demokratie. Weder die alte Reichsverfassung noch die alte preu ßische Verfassung bekannte» diesen Grundsatz. In den Verfnssnngsbestimiiiiingcn über daS Wirtschaftsleben finden sich die durchaus christlichen Grundsätze: Eigentum verpflich. tct. Jeder hat mit seinem Eigentum dem-Volke und dem Staatsganzen zu diene». Weiter anerkennt die Verfassung die Kirchen als Körperschaften öffentlichen Rechts, die von ihren Angehörigen Steuern erbeben dürfen. Eingehend zeigte der Redner an Vergleichen mit der frühere» preußischen Kirchen- und Ordensgesetzgebung den Un. terschied zwischen der jetzigen durch die Verfassung gewährleisteten völlige» Freiheit und der frühere» Bedrückung und R, chtslciiglcit. Eine Bestimmung der Verfassung, die »ns we:ig gefällt, ist die über die Schule. Auch st- hat übriq-nS ein GnreS. Sie bat be wirkt. daß die Ettern, die sich früher wenig darum kümmerten. wa» die Schule mit ihren Kindern machte, jetz' 'ür dte-Lchuk« interessieren und sich ibrer Verantwortung für d>e Lrz-bunp «,«ch in der Schule voll bewußt geworden jiud. Das Ergebnis einer genauen Prüfung der Verfassung daß wir als Christen mit ihr unter den gegeben«» ven'.ttt» nijsen zufrieden sein können. Wir ».atürttch un!«r« Pflicht und Schuldigkeit auch in der Richru.--g wir r/>a« wie die Gründer unserer Partei stet? o°r ^ttentüchk.-tt !llr die Durchsetzung, unserer Grundsätze weiter unfern Mann ßch.n Das Interesse der VolkSgesamtheit fordert von »»« diese Ha':..- Mit großer Freude begrüßt «S der Nedne^ d> ß die Jugbnd» verbände aller Richtungen einen gemeinsamen Aukru« er!,!ten haben, der die Zusammenarbeit aller Parteien «ur Okcttun» Vaterlandes aus seiner tiefsten Neck al» Entsatz anfttell'. Tn« Kritik muß heute znrückgeslellt werden, und eS mühen ent schlossene Taten geschehen. Da? Zentrum Kat vom Beginn de» nne» Zeit an mitgearbeitet und schwerste Opfer dabei gebrach». Widerstand hat es dabei auch in den eigenen Reihe» geknoben, aber eS bat ans GewiisenSvfli.kt nicht anders handeln können und die Partciintcresscn zurückgestellk. Wir freue» uns. daß die Jugend sich aus unsere Seite stellt. Wenn wir hier in Berlin auch eine Minderheit sind, dürfen wir es doch an tatkrätnger Arbeit im Geilte Windthorst? nickt fehlen lassen. Wi> begrüßen deshalb das Vorgehen der Windthorstbundc Berlins und hoffen, daß die ZentrumSvcreine ihnen folgen. Arbeit im Dienste d«t Volkes nud des Vaterlandes muß auch unsere Paro'e 'ein. Die it>«er»mtioimle Freimmirerei nach dem Kriege Die von den Jesuiten herausgcgebeiie Zeitschrift La Cwilta Cattolica veröffentlicht in ihrem letzten Hefte einen Bericht über t'e Haltung der internationale» Freimaurerei nach dem Kriege, unier besonderer Berücksichtigung der italienischen Logcubrüder. Die antikatholische Lebensaufgabe derselben zielte während des Krieges daraus hi», einen noch engeren Anschluß au die anget- chchsische und namentlich au die amerikninsche Loge zu erlangen, um wirksamere Arbeit zu leisten. Tec Weltkrieg bezweckte de» Triumph der Demokratie über den Absolutismus; so lautete: tatsächlich cher Kricgsruf WilsouS und Lloyd Georges, und das waren, nach Harding, die Ideale, von denen das amerikanische Volk im Kriege erfüllt war. Der AuSgang desselben, erklärte oas "offizielle Organ der 33. . . vo» Washington, war der Triumph jenes Programms, aber nur nach der politischen Seite hin. Nun hieß es, dasselbe auch, was Moral und Kirche anbclrisft, durch- zuführen. Ein mißglückter a nt t k a t h o l i sch e r Kongreß Sofort nach dem Kriege planten die italienische» Freimaurer kn Noin, am 20. September 1920, gelegentlich der 50. Jahres feier der Bresche bei Porta Pia, einen internationalen, wenn möglich einen Weltkongreß der Freimaurerei vis Lebe» zu rufen. Zweck desselben war, einer Vereinigung und der aktiven, gemein schaftlichen wie organischen Mitarbeit aller tu der ganze» Welt zerstreute» srcimaurcrilcheu Kräfte die Wege zu ebnen. DaS Ein ladungsschreiben erforderte höchste Vorsicht, da bis dahin alle Versuche gescheitert waren, daß sich angelsächsische verbände mit laleinischen auf einer Generalverinnimlung zusammengefmid:» hätten. Deshalb drückte sich Großmeister Nathan in seinem nn ..alle Mächte des Universums" erlassenen Rundschreiben Vvm 2<. Avril 1910 in sehr vorsichtig gewählten Worte» n»S, unterdrückt: ober keineswegs den gewohnten gehässigen Hinweis ans „d>c> weltliche Macht de? Oberhauptes einer Religion, die sich seil Jahrbnnderlen die politisch« Herrschaft unter den Fürste» der Erde, auf Grund deS Dogmas anmaßte". Die unmittelbare Wirkung deS Nundschreib-nS btteb gleich Null, denn der Nachfolger NathauS in der Würde des Groß-« meisterS, Tomizio Tvrrigtai», sah sich veranlaßt, eine zweite Efti- ladung „an alle auf der Oberfläche der Erde verbreiteten Brüder" zu erlassen, und zwar tu eigenem Namen, wie Namens der fran zösischen, belgischen, portugiesischen und serbischen Dreipnnkte« Männer, die ihre Zustimmung gegeben hatte». Die Nwista Mai- sontea lfreimanrerische Rundschau), das Organ des italienische'» Großen Orients, teilte mit, daß „die Großlogc vo» Nenyork laut Bericht ihres Großmeisters Farmer erklärt habe, sie könne der Einladung nicht Folge leisten, angeftchts des scharf ab- gegrenzten Zweckes: den Untergang der weltliche,, Macht des Papsttum? zu feiern, was sie folgenderinaßen begründete: in den Vereinigten Staaten arbeitet die Freimaurer-Genvsscmschaft mit jeder Gruppe zusammen, die für die Hebung des Volkes und kür Besserung seiner Verhältnisse eintritt; sie steht in keinem Konslikt mit irgendwelcher Organisation — sei eS nn» di: Kirche oder eine andere — wenn diese sich eben so nachdrücklich sür das allgemeine Wohl abmttht." Wegen dieser Weigerung kam der „Weltkongreß In Nom nicht zustande. Torrigiani blieb nichts anderes übrig, als die unter seiner Jurisdiktion stehenden Mitglieder anszuserdern (Nnnd- schreiben vom 8. September 1920), das; wenigstens sic sich zahl reich zu den in Rom vorbereiteten Festlichkeiten eiusiudeu möch ten. Erst nach langen, hauptsächlich durch Vermittlung der ich ne i« zerischen Großloge Alpina und des GroßvricntS von .Hol and geführten Unterhandlungen konnte endlich ein internationaler Frei- manrerkongreß veranstaltet werden. Freimaurerei und Völkerbund NM dem offiziellen Bericht eines Genfer Loge.ikointti-eS, begrüßte Großmeister Reverchon in einer zu Ehre» des Völker bundes ab gehaltenen Versammlung vom II. Dezember I92tt di« zahlreich Erschienenen — darunter Vertreter der kraiizöftsche». englischen, belgischen, montciiegriuischen und chinesischen Loge», — wobei er überschwengliche Worte des Lobes zu Ebren der Freimaurerei, der Vorberetterin des Völkerbundes, und der Ber- dicste des „Bruders" Leon Bourgeois sür Einrichtung des Ol-erßen Jnlecuationnlen Schiedsgerichts im Haag zollte, n»o den Erb,lg, gegenüber de» stets zu befürchtenden Umtriebe» des Nationalismus, der .Hochfinanz und des Klerikalismus, der unentwegt kein Hauar emporstrecke", i»S rechte Licht stellte. Der belgische Senator La- foittaine erging sich darauf in Klagen, oaß die amerikanische und englische Freimaurerei die Arbeit zugunsten der Annäherung der Völker durchkreuze, und er befürwortete den Plan des interna: a- nalen Freiinaurerkongresses,- aio »nrliames Mittel, um die schwie rigen Friedensprobleme zur Löiung zu bringen. „Wenn d'e u»i- berselle Freimaurerei sich vereinigen würde," sagte er. ,/öunle sic einen ungeheuren Einfluß auf di« Pazifizierung der Welt an'- übcn." Im gleiche» Sinne svracl, auch Favre, der mit een Worten schloß: „Wir alle wollen In unseren Temnelu in Ge meinschaft mit dem Völkerbunde und vornehmlich mit dem Ar- beitsamte Hand in Hand gehen, um den Triumph der Gerechttgkeft npd des Friedend ins Werk zu setze»" Die schweizerische Großloge sandle i»irerdei'--7i Einladungo. schreiben an alle Logen der Welt zue Teiliiabnie an oen Smuog--, eines engeren Konillttattonslointtees in (Yens, welches d«, knssionsbasis des künfligen Kongresses vorzuberoii«» bünr Ans den Vorschlag hin erfolgte eine Znsammenkimst io Genf, am O s und 6. März 1921. Dreizehn reguläre Mächte warn erschienen, hatten Vertreter entsandt oder ihre Zustimmung erteilt, näml'ch: der Große Orient von Frankreich, Holland, Luremvurg, Bn'garttiu Italien, Belgien, Spanien und von der Türkei, sowi: di: Groß« logen von Frankreich, Italien, Wien, Nenyork und die schweizer?' b« Großloge Alpina. Tie Anwesenden beschlossen, daß die Alvftia sich mit den Vorbereitungen zu dein in, Oktober staltftndei'den Kongresse zu beschäftigen habe, und daß sie den Entwurf betreffend «(ines frcimaureriscticn Perbandes nach Art des Völkerbünde.' anS- arbeite, der im weiteren Sinne dem Begrtt? einer pazifistischen, brü derlichen und internationalen Freimaurerei entspreche. Bmneekens- >»ert ist die an die deutschen Logenbrüder ergangene Niisforderann/ ein ZnstimiiiungSbiillettii für den vom 18. bis 23.. Oktober !9t!I i» Genf aözuhaltcmden sreimanrerischeii Weltkongreß zn unter zeichne», worin „der Erobernngsgeift, die Attentate gegen die neu tralen Länder, die im Laufe des leNten Krieges von deutsche» Seite begangenen Unrechtigleiten" mißbilligt werden. Innerer Zwist Der Große Orient von Belgien hatte bei der Begegnung mit den Vertretern der deutschen Loge» die Bedingung anfge- slellt, daß sie eine Erklärung abzngebcn hätten, die „oi: Haltung der deutschen Großlogen gegenüber der belgische,, Freimaurerei wahrend des Krieges" tadele. Der internationale Kongreß fand am 19. Oktober in den Lokalen der Genfer Loge statt. Während der folgenden Tage wurden noch fünf Generalsitzungen abgelialte». Um die Seele unserer Kinder! Von P. Hugo Lang O. S. B., München. >-» >.? (Fortsetzung.) Ist nicht unser ganzes Glaubensleben erschreckend anSgehöhlt? Wenn Gott der Herr bloß im Notfall als eine Art „Wan-Wan" in die Erziehung hereingezogen wird, kann sei» Name nichts fruchten, weil Kiefer Name nicht als höchster Glanz und wunderbarster Schutz das KindeSlebeü ständig über^ sonnt. In der Zeit, da die älteren unter uns groß wurden, war, znmal auf dem Lande die ganze, weite Welt des Glaubens, hie >er heiligen Religion, etwas ganz selbstverständlich Wirkliches und Wirksames, ganz Unproblematisches. Heute empfinden Un zählige, was sonst nur die pfiffigsten Bauern fragten: „Ist nun das wahr, oder muß mau cs bloß glauben?" Immer mehr tntfrrmdete sich das öffentliche Leben des Staates, der Städte und auch der Dörfer dem Segensbereich der Kirche. Mir in Bayern haben ja, gottlob, noch manche herrliche, öffentliche Glaubcns- knndgebunge», unsere Schule ist noch nicht ganz der Hut des Kreuz-I zeicyeilS entzogen. Man verstehe cs uns überall, wenn wir daran geradezu fanatisch festhalten. Die sächsischen Katholiken da gegen haben uns gezeigt, daß noch heute in Einigkeit wertvolle Eroberungen zu machen sind; eS Ist aber nicht unmöglich, daß von Ihnen die nächsten Zeiten helden hafte Martyrien für religiöse „Kleinigkeiten" fordern können! Auch in ganz katholischen Landen sind jedoch in Gebildeten- wie in Arbeitcrkreifen, gänzlich freidenlende Leute genug zu finden, die in rücksicbls. und verständnisloser Weise auch dem Kinde seine «»llercigenste Welt, die Welt des Wunders und Glaubens, durch trwige Kritik und häßliches Absprecheu rauben wollen. Wie t'sr wird dem Religionslehrcr auch au ungemischten Schulen frech teutgegnct oder schon geklagt: „Mein Vater, mein Onkel sagt, es . ibt gar keinen Gott!" Theorien aller Art, von der Wissenschaft längst als altbacken verschmäht, kommen nach dem Gesetz der Schwerkraft jetzt erst recht in die breiten Massen. Nicht immer wirb ein Lehrer so rasch und glücklich damit fertig, wie j:»er Pfarrer, dem ein Arbeiter durch seinen Buben mit einem Gruß meiden ließ: „Wir stammen vom Assen ab," der sofort den Gruft nn den Vater zurückgab mit der Antwort: „Fainttienangelegenhei- ten-gingen ihm nichts an!" Besonders peinlich wirkt in Groß städten, und wohl am meisten in Diasporaorten, das ganz all gemeine Belamttss!» der Kinder m't dem verwirrenden Durch einander von Religionsbekenntnissen, deren sich tagtäglich neue aufttm. S-' oft mau auch Kinder der Unterstufe darum befragt, stellt sich heran?, daß sie von den neuesten Sektentollheftrn besser Bescheid wissen als der berufene Wächter. Das Gleiche ailt von den tausend Spielarten d«S Aberglauben«; Gespenster ftnd den Kindern interessanter als alle guten Geister, N:ligionsstl»iden über Tilchrücken und Kartenschlagen finden begeistertes Gehör. Dieses heillose Durcheinander in den Köpfen nur zu betlage,,; fördert nicht. Auch durch nimmermüdes Auflösen ein:? jeden solchen Knotens kan» der Reltgionslehrcc noch keine einzig:, ganz seste, positive Ueberzeugung schassen. Hier darf die Familie den Priester nicht allein arbeiten lassen: Tie Familie deS Kindes wenigstens muß inmitten eines Jahrinarkttrubels vo» Weltanschauungen ein starker Hort, eine selige Insel des wahren Glaubens sein. Wie »n einzelnen die Arbeit des Neligtonslehrers vom Hause unterstützt weroen kann, durch Abfragen des Katechismus, durch Lesung gnter HanSbüch.r, nach Art des „Gossine", der früher sedem Brautpaar für den netleit Hausstand gegeben wurde, ist wohl allgemein bekannt. Wäre es nur auch allgemein geübt! Das Wichtigste ist, daß die Elt'ln bei den Kleinen und Heranwachsenden str'enge auf religiöse Pflicht erfüllung dringe». Doch hier klafft eine neue Wunde: Ist nicht der religiöse Pfltchtbegriss, besonders das kehre Wort: „Sonntag, Tag des Herrn" am auffälligsten Gusgehöhlt? Früher gab, es vielfach staatlichen Zwang, heute kaum mehr Faniilienzwang. Schulkinder schon'finden den Kirchenbcjuch am Sonntag höchst ent behrlich. In der Diaspora gerade sollte den Heranwachsenden der Kirchgang, die Reise zum Gotteshaus zu einem hohen Erlebnis gestaltet werde». In Thüringen habe ich selbst rührende Bei spiele erlebt, und mich um so mehr schämen gelernt sür oie ritten, die am Kirchorte lebend, snhraus, jahrein das Inner: der Kirche nicht sehen, vielleicht nicht einmal die Lage per größten und schönsten Kirche wissen. In unseren Münchner Pfarreien haben wir die Schulgotwsdienste mit besonderer Liebe ausgebant, dennoch gehören die kläglichsten Entschuldigungen zur Tagesordnung des MontagS. Einen großen Jungen kannte ich, der a» jedem Feier tag mit schönem Wetter „ins Holz" fuhr, d. h. einen schwung haften Holzhandel zn br'reiben schien, jedes schlechte Wetter abrr von morgens 9 Uhr bis in die tiese Nacht hinein mit Kegel- aufsetzen im Wirtshaus verbrachte. Viele Kinder schienen bei ihren Elter» nur als Lansburjchen In Dienst zn stehen. Daß Klnoaufführungen und Volksfeste, auch nur ein VereinSzug mit einigen Troinpeten und Fahnen vorne dran, die Bänke der Schul kinder leerten, wußten wir schon aus solideren Zeitläuften. Gcrad« für die arg naturfremden LcbenSverhältnisse mancher Städte»' mag ja dort eine Ausnahme vom gewohnten Meßbesuch zuweilen, begründet sein; doch müssen solche Ausnahmen als etwas ganz Seltenes, durchaus nicht Selbstverständliches, ja, in jedem Falle Mißliches und Bedauerliches empfunden werde». Wann solche Ausnahmen eintreten können, ohne daß der Religiösität der Fa milie da» Herzstück „herallsgenvmnien" wird, muß di« «igene, verantwortungsbewußte Gewissenhaftigkeit der Ettern enlscheioen: in jedem Einzclsall muß den Kindern die Ausnahme eigens er klärt und begründet werden, daß nicht die Gewissen irre oder locker werden. Ter gemeinsame Goitesdienstbejuch aller Hausgenossen bleibt das Ideal, ein Bild, das Gott und Mensch«!! er'rrtt' Wäre der Begriff: „Sonntagsheiligung" nur der ::nz>ge hühlgewordene Pflichibegriff! Steht es etwa mit oen Auftastungen vom „Eigentum" besftr? Im Zusammenhang mit der allgemeinen Materialisierung des Lebens kann ihre Aushöhlung am wenig sten wundernehnie». Diebstähle und Unterschlagungen von oft beträchtlicher Höhe nehmen bei Schulkindern immerfort zu und werde» bei der notgedrimgenen Geringschätznng riesiger Wertiablen kann, mehr als eine Schuld verspürt. Solcln Missetaten kommen ans der »cm törichten Eltern noch besonders gepslegten unbändi gen Begehrlichkeit, vom steten ncidigen Hinschauen ans anoere, wo bei man freilich merkwürdigerweise immer nur nach oben, und nicht leicht nach unten vergleicht! Einzige Hilf- ist die Nüclkekir zur Genügsamkeit, die ohne jeden „Marxismus" glücklich und — euch nicht ärmer ist! Ten armen Man» unzu'rieoen machen und dabei doch noch christlich erhallen wollen, gttn übe, die Kraft aller mit dem Sozialismus liebäugelnd:», sich aber ge flissentlich christlich aufzutzenden Politiker. Nicht besser ist es mit dem Begriff „Wahrhaftigkeit" bestellt. Gerade in d«r großen Politik hat inan ihn in „Zweckmäßigkeit" nmzmvechsel« verstanden und macht damit Schiebergewinne. Aber auch im eng sten Familienkreise werden solche Wechselgel.häste eis:>^ betriebe« und gelten nickt mehr als gefährlich. Wie manche Mutter lr.t«t ihr Kind, nm kleine Unannehmlichkeiten zu rermeiden, zu falsche« Entschuldigungen beim Lehrer an! Warum soll es diese neri erworbene Kunst nicht auch bei Gelegenheit der Mutter selbst gegenüber verwerten? Kaum eine Mutter, naH »"seien Erlaß- riingen, die nicht auf Vorhalt des Lehrers P- ».trülte« klärte: „Mein Kind lügt nie!" Selbst Frauen aus „gebildeten" Kreisen begreifen nicht, daß sie ftch über diele Behauptung mekne schämen müßten als Uber einen leichtbegreiflichen Ktiidkrskch'er. Ei» drastisches Beispiel sür viele: In einer Fürsorgetrzsehunk»- aiistatt hatten wir einen anscheinend nicht üblen Junge». de!s«„ beträchtliche Verschlungen wir erst begriise», als wir !et»t. übri gens gutburgerliche, Mutter lennenlernten.' Mit heiße» Treuen und viel frommen Reden ermahnte sie ihr. Schoßkind r»e Aus^ richtigkeit und Folgsamkeit gegen den Letter der Anstalt and bat diesen schließlich, dem Jungen ein Mitbringsel aushändigen »a dürsen. Der Dircltor erklärte jedes Weiche»! außer Ziaarrn«!'. ißr angängig. Mit. der Miene tiefsten, dcinkbarui Einvccgänd: ne entsernte sich die Mütter mit dem Sohne uns ---- tzündtgte b-e er» Unmassen von Zigaretten auSi Punktums (Fortsetzung folgt.)
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