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Nummer 52 — 23. Iatzr-aitk »mal wöcheatl. vttlMpreirr lLr März 2.25 Rrnt.-Mark kuttistenr Verrchnung der Anzeigen nach Renl .Mart Kreise: Die ringeivaltene Petitzeile Lv^ s. Familien- n. VerrinSanzeigen, Gesuckelb-^. Die tz etit.Rellnmezeile 8Vmm breit. 1 Ost«,tenpebllhr iür Selbstabboler lb^j. bei >>tbe,ie»du»a durch die Post aus erdem4 or'o »ilchiag. kreir sur lUe ciurrlnummer »o «enten-rlennlg. E>»ichüs»ltcher Lrtlr Jose» tzoomanu, Dresden SMMe Sonnabend, 1. März 1924 Im Falle höherer 0'e>va>l erl'M iede Vervstichtung aut Lietenmg sowie Erfüllung von Anzesnen-Ansträaen und Leistunnvon Sckwdeneriatz. För undeutlich nnddurckiFern« iprecher übermiitelte Unreinen iibernebnie» n>ir keine Ver antwortung. Nnverlanat einnechndte und mit Rückporto nicht nerlebene Movnftrinte werd n »ich, anlhewahit Sprechstunde der Redaktion v bis «1 >Ihr nachm: iiagS Hanpt>chriftletter: Dr. Joses Albert, Lresdr» Tageszeitung für christliche Politik «ud Kultur «eschüstSslell« der rüchgscheu «Volk» «tton« nnt» tkrmk und >v«>laa Eaxonta-Biichdnickeret GinbH., DreSden-tl. l«. e-oibetnstrahe »S. Fenirnt S272L, Post« lchecktonto Dresden 11797 MM« Mi» Mo - R Mil »er Fm » M me Ae» - Der Wirsch tiliils Knlin Von unserem eigenen Vertreter beim Münchener Prozeß: Ein führendes Mitglied der Bayerischen Volkspartei ist e» selbst gewesen, das vor einiger Zelt und zwar nach Zusammen, brnch des Hitler-UntcrnehmenS tn öffentlicher Rede ausgesprochen hat: Bayern sei weit entfernt davon, eine „Ordnungszelle" zu sei», eS sei vielmehr eine „Unordnung »zell«", in der man sich auf alles gefaßt machen müsse. Dies Wort hat eine klassische Beleuchtung schon durch den Verlauf des Hitler-ProzcsseS in München erfahren. Man möchte glaube», einen mit erfinderischer Phantasie geschriebenen abenteuer lichen Roman auf der Bühne sich abrollen zu sehen. Was sind das für Tllpen. die als Netter des Reiches sich auf- spielen und die in ihrer Menschlichkeit doch so klein »nd so klein« lich sind! Hitler, ein Prahler, ein Schaber, der seine Ansich ten über den Staat irgendwo zusammengelesen hat, dem eS an jeglicher Fähigkeit fehlt, den Dingen auf den Grund zu gehen, wird als Vorspann für ehrgeizige Hintermänner benutzt, die in Hitler nur ein Werkzeug sehen. Und was sind das für Hintermänner! Da ist ein Tierarzt Weber, der Leiter des Bundes Oberland, der sich als großer Staatsmann vorkommt und der sich brüstet, daß die perfassnngsmäßige Regierung in Bayern ihre Entscheidungen nicht aus eigener Kraft und aus eigenem Willen faßte, sondern gezwungen worden sei, sich ihre Politik von den vaterländischen Verbänden, also einer unverantwortlichen Privat-Einrichtung, vor schreiben z» lassen. Und eine der unerfreulichsten Figuren ist der frühere Poli zeipräsident von München, Poehner, ei» Mann, der sich offen im Gerichtssaal rühmt, daß er seit fünf Jahren schon Hochverrat treibe. Po-Huer erklärt, in LstNiern, also in der „OrdnungSzelle". habe man überhaupt nicht gewußt, wer Koch oder Kellner sei, ob Kahr, Lossow, das Ministerium, der Landtag oder sonst jemand. Aber der konzentrische Vorstoß derjenigen, die vor den Schranken des Gerichts in München erscheinen, geht gegen jene, die nicht als Angeklagte zur Stelle, die lediglich als Zeugen in die .Erscheinung treten, also gegen Herrn v. KirHr, den bisherigen General-Kommissar und gegen den General Losscw, ferner den Obersten Seisser. DaS Bild, das über diese drei Persönlich keiten nach den Zeugenaussagen sich darstellt, ist im höchsten Grade unerfreulich. ES wird von den Zeugen festgestcllt, daß die drei Genannten schon lange miteinander arbeiten zu dem geineinsamen Ziel: dem Ma r s ch n a ch Be r l i n l Ja, dieser Marsch nach Berlin wird geradezu als Regierungsprogramm deS Generalkommissars Kahr bezeichnet. Der General Lossow, der also den Soldateneid geleistet hat, erklärt, er mache jeden Putsch mit, bei dem öl Prozent Chancen für de» Erfolg vor handen sind. Er will aber auch „norddeutsche Landwirte" bei der Aktion mit dabei haben, denn er traut den Diirgen in Nord deutschland doch nicht so recht. Kahr vergibt inzwischen die Rollen, und zwar soll Poehner Zivil-Gouverneur für Sachsen und Thü ringen werden. Poehner ist darüber sehr erstaunt, denn er glaubte, er solle Kommissar für Nordbavern werde». Der Oberst Seisser bringt die Zweifelnden vorwärts mit der Erklärung, daß die Reichswehr im Norden des Reiches sich nicht gegen den Vormarsch wenden werde, wenn er unter schroarz-weiß-roter Fahne, mit Ludendorff an der Spitze erfolge. Die Verwirrung ist aber damit noch lange nicht zu Eude. Der amS dem Leipziger Gefängnis auSgebrochcnc Kapitänleuiiiant Ehrhardt, den die Prinzessin Hohenlohe zu einem Meineid verleitete und der deshalb steckbrieflich verfolgt wird, hat »ach der Aussage deS Polizeipräsidenten Poehner in Bayern sicheres Gel eitI Aber damit »och nickt genug: Er hatte von der bayrischen Negierung den Austrag Notpolizei auszurüsten. Po-Huer stellte auf daS bestimmteste fest, daß zwischen Kahr und Ehrhardt die engsten Beziehungen notwendigerweise herrschen mußten, denn Kapitän Ehrhardt sollte zwischen Koburg »nid Hof doch nicht den Nachtwächter für Herrn v. Kahr spiele». Dieser Fall Ehrhardt ist von einem ganz besonderen Inter esse im Hinblick ans die „OrdnungSzelle" Bayern und auf die Rechtssicherheit, die dort im Zeichen KahrS herrscht. ES erregte geradezu Aussehen, als der erste Staatsanwalt nichts von dem .Aufenthalt Ehrhardts in München wissen wollte. Von einen» Rechtsanwalt wird ihm die Frage vorgelegt, ob eS richtig sei, daß Kapitän Ehrhardt von der StnatSamvaltfchnst Mitteilung erhal ten habe, daß er verhaftet werde, wenn er zur Vernehmung er schiene. Der StaatSaMvalt erklärt diese Behauptung für voll ständig aus der Luft gegriffen, und nun ruft ihm der Rechts anwalt die Adresse Ehrhardts in München in aller Oesfentlickkeit ,u. Der Marsch nach Berlin ist dann nicht zustande gekommen. Die Reichswehr in Novddeutschlaird hat cs avgelehnt, mit den bayrische» Putschisten, unter Führung eines meuternde» Generals, gemeinsnme Sache zu mache». Als sich Herr v. Knhr über diese Lage Gewißheit verschafft hatte, und als er insbesondere er kennen mußte, welche ungemein schwerwiegende» Vorbereitungen gegen den beabsichtigte» Einfall der bayrischen Aufwiegler in den Norden Dc-utschlands geplant waren, da trennte ec sich von den selben Leuten, die heute von ihm behailpten, er sei ja von Anfang an mit ihnen in« Bunde gewesen, er habe ja selber die-Rollen verteilt! lieber daö, was nach dem Gelingen des PutscbeS werden sollte, hatte Hitler disponiert, und zwar sollte Kahr. Reichsvcr« weser werden. Ludendorff sollte die National-Armee übernehmen und Hitler die „politische Abteilung". So sagte der Angeklagte Weber anS. und er fügte hinzu, daß Hitler, gewissermaßen wie Lloyd George im Kriege, „die Rolle des Tambours, des Er. Weckers", spielen sollte. Der ,.norddeutsche Saustall" müsse anf. geräumt werden und bayrische Fäuste müßten in Berlin Ordnung schaffen. Diese Parole, die der Hauptmann Heiß vom Bund der ..Reichsflagge" schon am 20. September anSgegcben hatte, wurde allgemein übernommen und sie wurde auch von Kahr ver. folgt, bis er nach den Zeuqen-AuSsagen -nmgefallcn sei und ei» falsches Spiel getrieben habe. Der bisherige Verlauf des Prozesses gibt naturgemäß noch kein abschließende» Bild, man muß auch die Gegenseite hören. Ätzer da« läßt sich hoch heut« schon erkennen, daß in Bayern von Der zivile Ansntthmeznftand Die Befugnisse des Neichsinnenmlnifter» nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes — Der Ausschluß der Oeffentlichkeit im Hitlerprozetz — Die ungelöste belgische Kabinettskrise — Vor einer Kriegserklärung Jugoslawiens an Bulgarien ? Die Nem-miW des RkichssirWkiileil Berlin, 2l». Februar. Der Reichspräsident hat nachstehende Verordnung über die Aufhebung des militärischen A » S n a h m e z u st a n d c S und die Abwehr staatsfeindlicher Be strebungen vom 28. Februar 1024 erlassen: 8 1. Auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung verordne ich: Die Verordnungen voin 26. September 1920 <RGBl. Teil 1 Seite 965), 8. November 1923 (RGBl. Teil 1 Sette 1084» »nd 23. Dezember <NGBl. 24 Teil 1 Seite 8) werden mit Wirkung vom 1. Mürz 1924 aufgehoben. Außer Kraft treten mit diesen» Zeitpunkte insbesondere die auf Grund dieser Verordnungen im Einzelkalle verfügten Be schränkungen der persönlichen Freiheit, der Pressefreiheit und deS BereinSrcchteS. In Kraft bleiben bis auf weiteres lediglich diejenigen Beschränkungen der persönlichen Freiheit, die vom StaatSgcrichtShofe zum Schuhe der Repnvlik bestätigt sind. Auch diese Beschränkungen treten mit dein IS. März außer K r a f t, soweit sie nicht von den« Reick,sminiftcr des Innern vorher aufgehoben sind oder auf Grund des 8 2 dieser Verordnung er neuert werden. 8 2. Zur Abwehr von Bestrebungen aus gesetzwieiige Acnbernng der verfassungsmäßige» Stna«Ssorn> kann der Reichs minister des I » ncen oder die von ihm bestimmte Stelle der Z i b i l v e r w a l t ii n g die notwendigen Mastnnh - in e n tresfen. Zu diesem Zwecke sind insbesondere Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechtes der freien Mriniingsäuste- rmig einschließlich der Pressefreiheit, deS Vereins- und Bersamm- lungSrechteS, deS Brief-, Post-, Telegraph- und Frrnsprcckigcheim- nisseö, Anordnungen po» Haussuchungen und Beschlagnahmen sowie Beschränkungen deS Eigentumsrechtes auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gcseblichcn Grenzen zulässig. Die Artikel >14, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der «crfasinng deS Deutschen Reiches werden insoweit vorübergehend außer Kraft gesetzt. Alle Zivllverwaltunge» des Reiches, der Länder und der Kommune» haben dem auf Grund deS Absatzes 1 ergehenden Ersuche» des ReichSministeriuma deS Innern oder der von ihm bestimmten Stellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Folge zu leisten. Auf Verbote periodischer Druckschriften, auf Verbote und Auflösungen von Vereinen und Vereinigungen findet der A 5a, aus Beschränkung der persönlichen Freiheit der 8 5b der Ver- ordttiingen vom 26. September 1923 sRGBl. Teil 1 Seite 905) und 23. Dezember 1923 <RGVl. 24 Teil 1 Seite 8s Anwendung. 8 3 Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Auszüge ans Lffeinlichrn Straßen »der Plätzen sind ver. boten. Die LandrSzentralbehörden oder die von ihnen zu bostim. wenden Stellen können Ausnahmen zulasten. 8 4. Wer den auf Grund Vieser Verordnung ergangene» Anord- nnngen deS ReichSministcrö des Innern oder der von ihm bestimm ten Stellen zuwiderbandelt, wird, sofern nickst nach anderen Stras- vorschriften eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis »nd mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 8 5. Diese Verordnung «ritt mit dem Tag« der Vertändniig in Kraft. Der Rcichsmittistcr des Innern kann bestiinmt« Teile des Reich Sgebictev unter Anwendung der Pgraarapben 2 biS 4 der Verordnung anSnehmen. Berlin, 28. Februar 1924. Dcr Reichspräsident: gez. Eber«. Der Reichskanzler: gez. Marx. Der ReickiSministcr deS Innern: gez. Iarrrs. Dcr Reichöwehrminister: ge<- Ge stier Berlin, 29. Februar. Zur Verordnung des Reichspräsidenten über die Aushebung des militärischen Ausnahmezustandes er läßt der N e i ch s m i n i st e r des Innern folgende Ergän- zungSverordiningen: Verordnung 1: Anf Grund oes 8 5 der Verordnung des Herr» Reichspräsidenten über die Aushebung des militärischen Ausnahmezustandes und dcr Abwehr staatsfeindlicher Bestrebungen vom 28. Februar 1924 bestimme 'cb: Das Gebiet des Freistaates Bauer» wirb mit Rücksicht ans den dort bereits bestehenden mcitergehencen AnSnahnirznstani» von der Anwendung der Z 2 b.S 1 der genannten BerorSiinng ansgcnommen. — Vcrardnug 2: Ans Grund des 8 2 dcr Ver ordnung des Herr» Reichspräsidenten über die Aushebung d S militärischen Ausnahmezustandes und die Abwrur staatsfeindlicher Bestrebungen vom 28. Februar bestimme ich: ES ist verbeten, militärische Kamvfgeräte. insbesondere Militärwassen oder Mu nition für Militär,vassen anzubietein ftilzülialtru. an Vcrs'uen. dir nicht zum Besitz solcher Gegenstände berechtigt sind, z» über lassen. den Erwerb oder das liebertasten zu vermitteln oder sich znm Erwerb anznbieteii. Das Verbot findet keine Anivendnng ans die auf Grund des FriedenSvertrageS durch die interalliier ten Militärkoiiimissiinen zngelassenen Firmen, für ihre Lieferung an solche amtliche Steilen, die nach den pellenden Bestimmung » ihre Organe mit vielen Gegenständen versehe» dürfen. Zu widerhandlungen werden nach 8 -t oee Verordnung deo Herr» Reichspräsidenten vom 28. Februar bestraft. Tie Verordnungen sind gezeichnet: Berlin 28. Februar 192t. Ter Jieichsinnenminister, gez. Jarres. Der IliimumMkr über Mini Berlin, 29. Februar. Halbamtlich wird folgende Erklärung veröffentlicht, die der Neichsmniister des Innern in der gestrigen Neichsratssitznng zur Aufhebung des militärische» Ausnahmezu standes abgegeben hat: Nachdem der Reichspräsident sich auf die Anregung des Herrn Chefs der Heeresleitung entschlossen hat, den bisherigen militäri schen Ausnahmezustand aufzuheben, hat die Neichsregierung die Verpflichtung, in sorgfältige Erwägung darüber einzugebcn, ob die völlige Beseitigung jedes Ausnahmezustandes vor dem Volke zu verantworten fest Bon vielen Seiten werden schon leb- haste Bedenken gegen die Beseitigung beS militärischen Ausnahme zustandes erhoben und dessen Aufhebung als vorzeitig bezeichnet. Dies gilt namentlich von dem Freistaat Sachsen, in dem noch in letzter Zeit bedrohliche Erscheinungen festzustellci» sind. Deshalb wurde namentlich nn« Sachsen in zahlreichen und dringlichen Eingaben die Aufrecksterhaltung deS militärischen Ausnahmezu standes gesordcrt. Nach Verhandlungen mit der sächsischen Regierung hat die Reichsregierung davon Abstand genommen, dem Herrn Reichspräsidenten entsprechende Vorstellungen zu machen, obwohl sie sich des besonderen ErnsteS-der Lage in Sachsen. den maßgebendsten Persönlichkeiten, denen der Schuh des Staates des Rechtes und der Ordnung anvertraut war, ein geradezu frivoles Spiel gegen Volk »nd Reich getrieben wurde. Wie ist es möglich, daß ein General-StaatS-Kommissar, der von einer privnlen Gruppe pulschistischer Elemente in diese Rolle erhoben und der als solcher der ordnungsmäßigen Regierung in Bayer» geradezu aufgcdrüngt wurde, eine Aktion mit Porbereiten half, die das Reich nach innen und außen in die furchtbarste Lage gebracht haben würde. Denn, wenn es richtig ist, was Poehner behauptet daß ihm von Kahr der Posten eines StaatS-KommissarS für Sach- sen und Thüringen, also für auhertzar,rische LandcSteile, ange- boten worden ist, dann mußte doch Kahr ein Neberschreite» der bäurischen Grenze, also einen mit militärischen Gewaltmitteln durchznsüyren-dcn Vormarsch beabsichtigen. Es ist von einem anderen Zeugen behauptet worden, daß Kahr zum Generalstaats kommissar nur unter der Bedingung gemacht wurde, daß er sein Amt als „nationale Diktatur" aufsasse und a-uSühe, und daß er unter der Flagge schwarz-wciß-rot auch eine „nationale Berliner Regierung" hcrbeiführe. Und ei» Kommandeur eines sehr bedeutsamen Abschnittes der Reichswehr konspiriert mit dunklen Elementen gegen die Verfassung, die er beschworen hat und gegen das Reich, aus dessen Kasse» er auch heute noch besoldet wird. Zu ihm gesellt sich der Münchener Polizei-Präsident und als Helfer ist ihnen der steckbrieflich wegen Meineid verfolgte Kapitän gut genug. ES sind sehr üble Dinge, die da vor den Schranken des Ge» richls sich abspielen und die überaus charakteristisch sind für daS Fieber. daS auch heute noch weite Schichten -unseres Volkes dnrch- schüttclt. WnS ist das für eine Verwirrung der Rcchtsbegriffe. der Auffassung von Treu »nd Glauben, von Recht und Gerechtig keit, die da zutage treten. Und dabei ist zu bemerken, daß di« Atmosphäre im GcrichtSsaal ganz zweifellos von seiten der Z». Hörerschaft in überwiegendem Maße bei den Angeklagten ist, »nd daß ein Haß insbesondere gegen Kahr sich breit macht, vor dem man sich gar nicht schont, ihm ganz offen de» denkbar bezeich nendsten Ansdruck zu geben. Das Münchener Gericht Hai nunmehr beschlossen, diejenige» Frage», die sich auf den Aufenthalt und die Betätigung deS steck- brieflich verfolgten Kapitänleutnantö Ehrhardt beziehen, in ge schlossener Sitzung zu behandeln. Desgleichen sollen auch die jenigen Frage», die sich auf die Verbindung der bäurischen Putschisten mit norddeutschen Persönlichkeiten beziehen, nicht i» öffentlichen Sitzungen erörtert werde». Man muß diese Beschlüsse im Interesse einer unbedingt wünschenswerte» allseitigen Auf klärung bedauern. Denn sie verhindern eine Klarstellung über sehr interessante Wechselbeziehungen, die zwischen Bauern und bestimmten norddeutschen Kreisen bestehen — Man denke an die Berufung des dcntschvöitischen Abgeordneten v. Graese a» dem Putschtag und an dessen Teilnahme bei dein Deinonstrotivnszug. In» ganzen entrollt der bisherige Prozeß-Verlauf ein trübe? Bild, das uns wieder einmal zeigt, wohin wir kommen, wen» ungezügelte Elemente die Leitung der Geschicke eines Volkes in die Hände nehmen »volle». Man kann es auch in München, und zwar nicht nur im GcrichtSsaal. auf Schritt und Tritt in den Straßen und Cossen bemerken, daß solche Dinge gar nicht möglich gewesen wären, wenn wir nicht den nngehcuren wirtschaftlichen Zusamcnbruch erlebt hätten Die Rentcnmark hat auch in Mün chen auf die politische Atmosphäre eine Wirkung auSgeübt. die cs als unglaublich erscheine» läßt, daß man über solche Prozeß- dinge sich noch unterhalten mufz. Hier ficht man wieder, wie da? Materielle der Nnlergrnnd auch für alle? politische Geschehen ist, wie die Sorge um die Sicherheit der Existenz zu Abenteuern drängt. Und Herr v. Kahr, der gerade wirtschaftlich. — man denke an den Plan einer eigenen bayrischen Währung! — die Verhältnisse meistern zu können glaubte, mußte das Ventil weiter öffnen, um überhaupt sich halten zu können. Aber die Dämpfe sind in einer falsckie» Richtung abgeströmt -und beute bleibt nicht» weiter übria als ein übler Geschmack'